Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 1. Leipzig, 1846.denen viele Maschinen und Hunderte von Menschen arbeiteten! Wie malerisch nahmen sich auf diesem Bilde die Hütten aus, welche die Arbeiter bewohnten -- und in der Mitte des hofartigen Platzes der kleine Thurm mit der Uhr, welche man weithin sehen konnte, und der großen, freischwebenden Glocke. Auch ein prachtvoller Garten mit Terrassen blühender Blumen und seltner Bäume fehlte nicht. "Und dieser reizende Aufenthalt," dachte Pauline, "wird mein bleibender Aufenthalt sein, ist meine Heimath! Wie glücklich werde ich sein! --" Jetzt freilich war es Winter, wie sie ankam. Sie reis'te allein, ihr Vater und ihr ältester Bruder hatten nicht Zeit gehabt, sie abzuholen -- ihr jüngerer Bruder wurde selbst erst später erwartet. Es that ihr doch leid, daß der Vater keine Zeit hatte für sein Kind, das er so lange nicht gesehen -- doch sie dachte, es müsse wohl einmal so sein, und beruhigte sich dabei. -- Sie hatte einen Tag lang zu fahren. Es war Abend geworden, als sie auf der Höhe ankam, von welcher aus sie die Fabrik zuerst konnte liegen sehen. "Da," sagte der Kutscher, und zeigte auf die seitwärts liegende Ebene, in welche sie jetzt einen Blick thun konnten. "Dort ist das Haus des Vaters!" rief Pauline jubelnd, klopfte fröhlich in die kleinen Hände, und eine Thräne der Rührung und Freude fiel aus ihren Augen. "Aber was ist denn das?" sagte sie nach einem Weilchen, als sie denen viele Maschinen und Hunderte von Menschen arbeiteten! Wie malerisch nahmen sich auf diesem Bilde die Hütten aus, welche die Arbeiter bewohnten — und in der Mitte des hofartigen Platzes der kleine Thurm mit der Uhr, welche man weithin sehen konnte, und der großen, freischwebenden Glocke. Auch ein prachtvoller Garten mit Terrassen blühender Blumen und seltner Bäume fehlte nicht. „Und dieser reizende Aufenthalt,“ dachte Pauline, „wird mein bleibender Aufenthalt sein, ist meine Heimath! Wie glücklich werde ich sein! —“ Jetzt freilich war es Winter, wie sie ankam. Sie reis’te allein, ihr Vater und ihr ältester Bruder hatten nicht Zeit gehabt, sie abzuholen — ihr jüngerer Bruder wurde selbst erst später erwartet. Es that ihr doch leid, daß der Vater keine Zeit hatte für sein Kind, das er so lange nicht gesehen — doch sie dachte, es müsse wohl einmal so sein, und beruhigte sich dabei. — Sie hatte einen Tag lang zu fahren. Es war Abend geworden, als sie auf der Höhe ankam, von welcher aus sie die Fabrik zuerst konnte liegen sehen. „Da,“ sagte der Kutscher, und zeigte auf die seitwärts liegende Ebene, in welche sie jetzt einen Blick thun konnten. „Dort ist das Haus des Vaters!“ rief Pauline jubelnd, klopfte fröhlich in die kleinen Hände, und eine Thräne der Rührung und Freude fiel aus ihren Augen. „Aber was ist denn das?“ sagte sie nach einem Weilchen, als sie <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0127" n="117"/> denen viele Maschinen und Hunderte von Menschen arbeiteten! Wie malerisch nahmen sich auf diesem Bilde die Hütten aus, welche die Arbeiter bewohnten — und in der Mitte des hofartigen Platzes der kleine Thurm mit der Uhr, welche man weithin sehen konnte, und der großen, freischwebenden Glocke. Auch ein prachtvoller Garten mit Terrassen blühender Blumen und seltner Bäume fehlte nicht. „Und dieser reizende Aufenthalt,“ dachte Pauline, „wird mein bleibender Aufenthalt sein, ist meine Heimath! Wie glücklich werde ich sein! —“ Jetzt freilich war es Winter, wie sie ankam. Sie reis’te allein, ihr Vater und ihr ältester Bruder hatten nicht Zeit gehabt, sie abzuholen — ihr jüngerer Bruder wurde selbst erst später erwartet. Es that ihr doch leid, daß der Vater keine Zeit hatte für sein Kind, das er so lange nicht gesehen — doch sie dachte, es müsse wohl einmal so sein, und beruhigte sich dabei. — Sie hatte einen Tag lang zu fahren. Es war Abend geworden, als sie auf der Höhe ankam, von welcher aus sie die Fabrik zuerst konnte liegen sehen.</p> <p>„Da,“ sagte der Kutscher, und zeigte auf die seitwärts liegende Ebene, in welche sie jetzt einen Blick thun konnten.</p> <p>„Dort ist das Haus des Vaters!“ rief Pauline jubelnd, klopfte fröhlich in die kleinen Hände, und eine Thräne der Rührung und Freude fiel aus ihren Augen. „Aber was ist denn das?“ sagte sie nach einem Weilchen, als sie </p> </div> </body> </text> </TEI> [117/0127]
denen viele Maschinen und Hunderte von Menschen arbeiteten! Wie malerisch nahmen sich auf diesem Bilde die Hütten aus, welche die Arbeiter bewohnten — und in der Mitte des hofartigen Platzes der kleine Thurm mit der Uhr, welche man weithin sehen konnte, und der großen, freischwebenden Glocke. Auch ein prachtvoller Garten mit Terrassen blühender Blumen und seltner Bäume fehlte nicht. „Und dieser reizende Aufenthalt,“ dachte Pauline, „wird mein bleibender Aufenthalt sein, ist meine Heimath! Wie glücklich werde ich sein! —“ Jetzt freilich war es Winter, wie sie ankam. Sie reis’te allein, ihr Vater und ihr ältester Bruder hatten nicht Zeit gehabt, sie abzuholen — ihr jüngerer Bruder wurde selbst erst später erwartet. Es that ihr doch leid, daß der Vater keine Zeit hatte für sein Kind, das er so lange nicht gesehen — doch sie dachte, es müsse wohl einmal so sein, und beruhigte sich dabei. — Sie hatte einen Tag lang zu fahren. Es war Abend geworden, als sie auf der Höhe ankam, von welcher aus sie die Fabrik zuerst konnte liegen sehen.
„Da,“ sagte der Kutscher, und zeigte auf die seitwärts liegende Ebene, in welche sie jetzt einen Blick thun konnten.
„Dort ist das Haus des Vaters!“ rief Pauline jubelnd, klopfte fröhlich in die kleinen Hände, und eine Thräne der Rührung und Freude fiel aus ihren Augen. „Aber was ist denn das?“ sagte sie nach einem Weilchen, als sie
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Zitationshilfe: | Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 1. Leipzig, 1846, S. 117. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/otto_schloss01_1846/127>, abgerufen am 16.02.2025. |