in diesem Sinne nicht mehr abhängig von einigen We- nigen, die alle Weisheit für sich allein in Anspruch neh- men; es liest was es will und nimmt sich daraus, was ihm Recht scheint und ihm gefällt; es läßt sich nicht mehr am Gängelband führen; es ist selbstständig ge- worden und geht seinen eigenen Weg. Das Licht der Aufklärung soll Allen scheinen. Durch die Eisenbahn nun können auch Tausende reisen, die es sonst nicht konnten, sie lernen die Welt kennen und die früher nur in Büchern lasen, die lernen nun in der Welt selber lesen. Die Völker rücken einander näher. Was sonst durch weite Entfernungen getrennt war, kommt jetzt zur innigen Vereinigung. Die durch viele Meilen Ge- trennten sehen sich nun und erkennen sich auch als Brüder und Schwestern. Ein gegenseitiger Austausch dessen, was man erfahren, führt oft zu einem gemein- schaftlichen Streben, einem Streben im Dienste des hei- ligen Geistes. Die Zeit der Aufklärung und des Lichtes ist mit der Erfindung der Buchdruckerkunst an- gebrochen -- die Zeit der Vereinigung und der Liebe, der allgemeinen Verbrüderung aller Menschen wird durch die Eisenbahnen erscheinen. Und so begrüßen wir denn den heutigen Tag auch noch des- halb mit hoher Freude, weil er auch unserm Vaterlande ja sogar uns selbst in unsrer kleinen Heimath eine
in dieſem Sinne nicht mehr abhaͤngig von einigen We- nigen, die alle Weisheit fuͤr ſich allein in Anſpruch neh- men; es lieſt was es will und nimmt ſich daraus, was ihm Recht ſcheint und ihm gefaͤllt; es laͤßt ſich nicht mehr am Gaͤngelband fuͤhren; es iſt ſelbſtſtaͤndig ge- worden und geht ſeinen eigenen Weg. Das Licht der Aufklaͤrung ſoll Allen ſcheinen. Durch die Eiſenbahn nun koͤnnen auch Tauſende reiſen, die es ſonſt nicht konnten, ſie lernen die Welt kennen und die fruͤher nur in Buͤchern laſen, die lernen nun in der Welt ſelber leſen. Die Voͤlker ruͤcken einander naͤher. Was ſonſt durch weite Entfernungen getrennt war, kommt jetzt zur innigen Vereinigung. Die durch viele Meilen Ge- trennten ſehen ſich nun und erkennen ſich auch als Bruͤder und Schweſtern. Ein gegenſeitiger Austauſch deſſen, was man erfahren, fuͤhrt oft zu einem gemein- ſchaftlichen Streben, einem Streben im Dienſte des hei- ligen Geiſtes. Die Zeit der Aufklaͤrung und des Lichtes iſt mit der Erfindung der Buchdruckerkunſt an- gebrochen — die Zeit der Vereinigung und der Liebe, der allgemeinen Verbruͤderung aller Menſchen wird durch die Eiſenbahnen erſcheinen. Und ſo begruͤßen wir denn den heutigen Tag auch noch des- halb mit hoher Freude, weil er auch unſerm Vaterlande ja ſogar uns ſelbſt in unſrer kleinen Heimath eine
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in dieſem Sinne nicht mehr abhaͤngig von einigen We-
nigen, die alle Weisheit fuͤr ſich allein in Anſpruch neh-
men; es lieſt was es will und nimmt ſich daraus, was
ihm Recht ſcheint und ihm gefaͤllt; es laͤßt ſich nicht
mehr am Gaͤngelband fuͤhren; es iſt ſelbſtſtaͤndig ge-
worden und geht ſeinen eigenen Weg. Das Licht der
Aufklaͤrung ſoll Allen ſcheinen. Durch die Eiſenbahn
nun koͤnnen auch Tauſende reiſen, die es ſonſt nicht
konnten, ſie lernen die Welt kennen und die fruͤher nur
in Buͤchern laſen, die lernen nun in der Welt ſelber
leſen. Die Voͤlker ruͤcken einander naͤher. Was ſonſt
durch weite Entfernungen getrennt war, kommt jetzt zur
innigen Vereinigung. Die durch viele Meilen Ge-
trennten ſehen ſich nun und erkennen ſich auch als
Bruͤder und Schweſtern. Ein gegenſeitiger Austauſch
deſſen, was man erfahren, fuͤhrt oft zu einem gemein-
ſchaftlichen Streben, einem Streben im Dienſte des hei-
ligen Geiſtes. Die Zeit der Aufklaͤrung und des
Lichtes iſt mit der Erfindung der Buchdruckerkunſt an-
gebrochen — die Zeit der Vereinigung und der
Liebe, der allgemeinen Verbruͤderung aller
Menſchen wird durch die Eiſenbahnen erſcheinen. Und
ſo begruͤßen wir denn den heutigen Tag auch noch des-
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Otto-Peters, Louise: Ein Bauernsohn. Leipzig, 1849, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/otto_bauernsohn_1849/30>, abgerufen am 21.11.2024.
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