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Otto-Peters, Louise: Ein Bauernsohn. Leipzig, 1849.

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wieder zu erkennen sei. Um nun aber selbst aus dem
Spiele zu bleiben, hatte Christlieb einige handfeste Kerle
gedungen, einige waren arme Knechte, andere wüste Tage-
diebe, die für Geld zu Allem zu gebrauchen waren. Diese
nun sollten in der Schenke Händel suchen und die Prü-
gelei anfangen, vielleicht gar noch Johannes schlagen, der,
wie sie wußten, hitzig genug war, um einen Schlag nicht
ruhig hinzunehmen.

Andererseits war auch die Obrigkeit auf ihrer Hut,
die, wie wir wissen, noch ehe des Grafen Schreiben ein-
traf, ein schacfes Aug' auf Johannes hatte, und ent-
schlossen war, ihn bei ehester Gelegenheit beim Schopf zu
fassen, deshalb allein hatte auch der Amtmann das Turn-
fest gestattet, da er hoffte, hierbei könne sich vielleicht die
günstige Gelegenheit finden. Es wurden deshalb zwei
Gensdarmen beauftragt, die genau auf Alles aufpassen
und beim geringsten bedenklichen Anlaß nicht viel Feder-
lesens mit Johannes machen sollten.

Der Bote des Grafen hatte sich Etwas verspätet und
kam erst am Nachmittag des Sonntags, an dem das
Turnfest Statt finden sollte, bei dem Amtmann an, dem
er zuerst das Schreiben überbringen sollte. Der Amt-
mann lächelte teuflisch triumphirend: der gewünschte An-
laß war nun gefunden -- sogleich ward das Nöthige ver-
fügt und so geschah es denn, daß der Bote des Grafen,

wieder zu erkennen ſei. Um nun aber ſelbſt aus dem
Spiele zu bleiben, hatte Chriſtlieb einige handfeſte Kerle
gedungen, einige waren arme Knechte, andere wuͤſte Tage-
diebe, die fuͤr Geld zu Allem zu gebrauchen waren. Dieſe
nun ſollten in der Schenke Haͤndel ſuchen und die Pruͤ-
gelei anfangen, vielleicht gar noch Johannes ſchlagen, der,
wie ſie wußten, hitzig genug war, um einen Schlag nicht
ruhig hinzunehmen.

Andererſeits war auch die Obrigkeit auf ihrer Hut,
die, wie wir wiſſen, noch ehe des Grafen Schreiben ein-
traf, ein ſchacfes Aug’ auf Johannes hatte, und ent-
ſchloſſen war, ihn bei eheſter Gelegenheit beim Schopf zu
faſſen, deshalb allein hatte auch der Amtmann das Turn-
feſt geſtattet, da er hoffte, hierbei koͤnne ſich vielleicht die
guͤnſtige Gelegenheit finden. Es wurden deshalb zwei
Gensdarmen beauftragt, die genau auf Alles aufpaſſen
und beim geringſten bedenklichen Anlaß nicht viel Feder-
leſens mit Johannes machen ſollten.

Der Bote des Grafen hatte ſich Etwas verſpaͤtet und
kam erſt am Nachmittag des Sonntags, an dem das
Turnfeſt Statt finden ſollte, bei dem Amtmann an, dem
er zuerſt das Schreiben uͤberbringen ſollte. Der Amt-
mann laͤchelte teufliſch triumphirend: der gewuͤnſchte An-
laß war nun gefunden — ſogleich ward das Noͤthige ver-
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[280/0288] wieder zu erkennen ſei. Um nun aber ſelbſt aus dem Spiele zu bleiben, hatte Chriſtlieb einige handfeſte Kerle gedungen, einige waren arme Knechte, andere wuͤſte Tage- diebe, die fuͤr Geld zu Allem zu gebrauchen waren. Dieſe nun ſollten in der Schenke Haͤndel ſuchen und die Pruͤ- gelei anfangen, vielleicht gar noch Johannes ſchlagen, der, wie ſie wußten, hitzig genug war, um einen Schlag nicht ruhig hinzunehmen. Andererſeits war auch die Obrigkeit auf ihrer Hut, die, wie wir wiſſen, noch ehe des Grafen Schreiben ein- traf, ein ſchacfes Aug’ auf Johannes hatte, und ent- ſchloſſen war, ihn bei eheſter Gelegenheit beim Schopf zu faſſen, deshalb allein hatte auch der Amtmann das Turn- feſt geſtattet, da er hoffte, hierbei koͤnne ſich vielleicht die guͤnſtige Gelegenheit finden. Es wurden deshalb zwei Gensdarmen beauftragt, die genau auf Alles aufpaſſen und beim geringſten bedenklichen Anlaß nicht viel Feder- leſens mit Johannes machen ſollten. Der Bote des Grafen hatte ſich Etwas verſpaͤtet und kam erſt am Nachmittag des Sonntags, an dem das Turnfeſt Statt finden ſollte, bei dem Amtmann an, dem er zuerſt das Schreiben uͤberbringen ſollte. Der Amt- mann laͤchelte teufliſch triumphirend: der gewuͤnſchte An- laß war nun gefunden — ſogleich ward das Noͤthige ver- fuͤgt und ſo geſchah es denn, daß der Bote des Grafen,

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Zitationshilfe: Otto-Peters, Louise: Ein Bauernsohn. Leipzig, 1849, S. 280. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/otto_bauernsohn_1849/288>, abgerufen am 25.11.2024.