und es damit bleiben wird, wie es einmal immer gewe- sen seit Menschengedenken. Es kann schon Vieles mit und in der Zeit besser werden, aber ich glaube, das wird am ehesten dadurch, daß Jeder bei sich selber anfängt mit dem Bessern, eh' er sich an andre Menschen und grö- ßere Zustände wagt. Das soll nicht etwa ein Vorwurf sein für Euch Johannes, Jhr seid gut, ich weiß es, und Jhr denkt Euch dabei doch nicht vollkommen zu sein -- aber mit schlechten Menschen ist doch Nichts anzufangen und die bloße Aufklärerei macht sie nicht besser und bringt kein Heil. Seht, so denk' ich in meinem einfachen Sinn: sind die Menschen erst gut, so werden's auch die Zeiten sein. Sonst hilft doch Alles Nichts."
Johannes ergriff die Hand der Pfarrerin und drückte sie warm. Er achtete die Pfarrerin zu hoch und war davon, daß sie es gut mit ihm meinte und ihr Alles so recht von Herzen ging, was sie da sagte, so innig über- zeugt, daß er um keinen Preis durch Widerspruch, der doch auch Nichts genützt hätte, ihr weh' thun wollte. Er sagte daher nur: "Das mögt Jhr mir wohl Alle glau- ben, wie sehr diese Beweise Eurer Liebe mich rühren, die Jhr mir da in der Sorge um mich gebt -- ich werde auch erkenntlich dafür sein und wo es möglich ist, alle Rathschläge zu nützen suchen. Aber wenn ich das Gute nicht thäte und förderte wie und wo ich könnte -- wär'
und es damit bleiben wird, wie es einmal immer gewe- ſen ſeit Menſchengedenken. Es kann ſchon Vieles mit und in der Zeit beſſer werden, aber ich glaube, das wird am eheſten dadurch, daß Jeder bei ſich ſelber anfaͤngt mit dem Beſſern, eh’ er ſich an andre Menſchen und groͤ- ßere Zuſtaͤnde wagt. Das ſoll nicht etwa ein Vorwurf ſein fuͤr Euch Johannes, Jhr ſeid gut, ich weiß es, und Jhr denkt Euch dabei doch nicht vollkommen zu ſein — aber mit ſchlechten Menſchen iſt doch Nichts anzufangen und die bloße Aufklaͤrerei macht ſie nicht beſſer und bringt kein Heil. Seht, ſo denk’ ich in meinem einfachen Sinn: ſind die Menſchen erſt gut, ſo werden’s auch die Zeiten ſein. Sonſt hilft doch Alles Nichts.“
Johannes ergriff die Hand der Pfarrerin und druͤckte ſie warm. Er achtete die Pfarrerin zu hoch und war davon, daß ſie es gut mit ihm meinte und ihr Alles ſo recht von Herzen ging, was ſie da ſagte, ſo innig uͤber- zeugt, daß er um keinen Preis durch Widerſpruch, der doch auch Nichts genuͤtzt haͤtte, ihr weh’ thun wollte. Er ſagte daher nur: „Das moͤgt Jhr mir wohl Alle glau- ben, wie ſehr dieſe Beweiſe Eurer Liebe mich ruͤhren, die Jhr mir da in der Sorge um mich gebt — ich werde auch erkenntlich dafuͤr ſein und wo es moͤglich iſt, alle Rathſchlaͤge zu nuͤtzen ſuchen. Aber wenn ich das Gute nicht thaͤte und foͤrderte wie und wo ich koͤnnte — waͤr’
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und es damit bleiben wird, wie es einmal immer gewe-
ſen ſeit Menſchengedenken. Es kann ſchon Vieles mit
und in der Zeit beſſer werden, aber ich glaube, das wird
am eheſten dadurch, daß Jeder bei ſich ſelber anfaͤngt
mit dem Beſſern, eh’ er ſich an andre Menſchen und groͤ-
ßere Zuſtaͤnde wagt. Das ſoll nicht etwa ein Vorwurf
ſein fuͤr Euch Johannes, Jhr ſeid gut, ich weiß es, und
Jhr denkt Euch dabei doch nicht vollkommen zu ſein —
aber mit ſchlechten Menſchen iſt doch Nichts anzufangen
und die bloße Aufklaͤrerei macht ſie nicht beſſer und bringt
kein Heil. Seht, ſo denk’ ich in meinem einfachen Sinn:
ſind die Menſchen erſt gut, ſo werden’s auch die Zeiten
ſein. Sonſt hilft doch Alles Nichts.“
Johannes ergriff die Hand der Pfarrerin und druͤckte
ſie warm. Er achtete die Pfarrerin zu hoch und war
davon, daß ſie es gut mit ihm meinte und ihr Alles ſo
recht von Herzen ging, was ſie da ſagte, ſo innig uͤber-
zeugt, daß er um keinen Preis durch Widerſpruch, der doch
auch Nichts genuͤtzt haͤtte, ihr weh’ thun wollte. Er
ſagte daher nur: „Das moͤgt Jhr mir wohl Alle glau-
ben, wie ſehr dieſe Beweiſe Eurer Liebe mich ruͤhren, die
Jhr mir da in der Sorge um mich gebt — ich werde
auch erkenntlich dafuͤr ſein und wo es moͤglich iſt, alle
Rathſchlaͤge zu nuͤtzen ſuchen. Aber wenn ich das Gute
nicht thaͤte und foͤrderte wie und wo ich koͤnnte — waͤr’
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Otto-Peters, Louise: Ein Bauernsohn. Leipzig, 1849, S. 240. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/otto_bauernsohn_1849/248>, abgerufen am 22.11.2024.
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