klärt, noch vor den Leuten als solche behandelt, wie's doch mit seiner Schwester Laura Friedrich that. Drum neckte sie just auch Niemand miteinander -- aber unser Schul- meister ließ sich's doch nicht ausreden, daß sie zusammen- hielten, aus all' den Gründen, die wir schon oft geschil- dert, zumeist aus dem, daß er sie noch nächtlicher Weile an jenem Sonntag Abend beisammen und so vertraut gesehen, das eben war ihm das Quälendste, dies Heim- lichthun dabei. War es denn nicht vielleicht auch gerade dies, was Suschen jetzt quälte? Meint' es Johannes auch ernstlich mit seiner Liebe und konnt' er's ernstlich damit meinen? und wenn nicht, was sollte aus Suschen werden? -- Sie dauerte ihn nun wieder mehr als jemals und an der Unruhe seines Herzens um sie fühlt' er, wie sehr er sie immer noch lieben mußte. -- Wär' es nicht Suschen gewesen, sondern ein ander Mädchen, das ihm gleichgültiger -- er hätte bei Johannes Freundesrecht ge- braucht, hätte ihm gesagt, daß die Jungfer sich's zu Her- zen nehmen werde, mehr als er denke und vielleicht wolle, daß sie zu gut sei zu einer Liebelei, einem Zeitvertreib, daß sie daran zu Grunde gehen werde, wenn sie ihm nie mehr sein solle; er möge daher einlenken, weil's noch Zeit sei. Aber über Suschen konnt' er ihm Nichts sa- gen -- dann hätte Johannes doch gedacht: er redet nur so, weil er das Mädchen für sich will und würde gar
klaͤrt, noch vor den Leuten als ſolche behandelt, wie’s doch mit ſeiner Schweſter Laura Friedrich that. Drum neckte ſie juſt auch Niemand miteinander — aber unſer Schul- meiſter ließ ſich’s doch nicht ausreden, daß ſie zuſammen- hielten, aus all’ den Gruͤnden, die wir ſchon oft geſchil- dert, zumeiſt aus dem, daß er ſie noch naͤchtlicher Weile an jenem Sonntag Abend beiſammen und ſo vertraut geſehen, das eben war ihm das Quaͤlendſte, dies Heim- lichthun dabei. War es denn nicht vielleicht auch gerade dies, was Suschen jetzt quaͤlte? Meint’ es Johannes auch ernſtlich mit ſeiner Liebe und konnt’ er’s ernſtlich damit meinen? und wenn nicht, was ſollte aus Suschen werden? — Sie dauerte ihn nun wieder mehr als jemals und an der Unruhe ſeines Herzens um ſie fuͤhlt’ er, wie ſehr er ſie immer noch lieben mußte. — Waͤr’ es nicht Suschen geweſen, ſondern ein ander Maͤdchen, das ihm gleichguͤltiger — er haͤtte bei Johannes Freundesrecht ge- braucht, haͤtte ihm geſagt, daß die Jungfer ſich’s zu Her- zen nehmen werde, mehr als er denke und vielleicht wolle, daß ſie zu gut ſei zu einer Liebelei, einem Zeitvertreib, daß ſie daran zu Grunde gehen werde, wenn ſie ihm nie mehr ſein ſolle; er moͤge daher einlenken, weil’s noch Zeit ſei. Aber uͤber Suschen konnt’ er ihm Nichts ſa- gen — dann haͤtte Johannes doch gedacht: er redet nur ſo, weil er das Maͤdchen fuͤr ſich will und wuͤrde gar
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klaͤrt, noch vor den Leuten als ſolche behandelt, wie’s doch
mit ſeiner Schweſter Laura Friedrich that. Drum neckte
ſie juſt auch Niemand miteinander — aber unſer Schul-
meiſter ließ ſich’s doch nicht ausreden, daß ſie zuſammen-
hielten, aus all’ den Gruͤnden, die wir ſchon oft geſchil-
dert, zumeiſt aus dem, daß er ſie noch naͤchtlicher Weile
an jenem Sonntag Abend beiſammen und ſo vertraut
geſehen, das eben war ihm das Quaͤlendſte, dies Heim-
lichthun dabei. War es denn nicht vielleicht auch gerade
dies, was Suschen jetzt quaͤlte? Meint’ es Johannes
auch ernſtlich mit ſeiner Liebe und konnt’ er’s ernſtlich
damit meinen? und wenn nicht, was ſollte aus Suschen
werden? — Sie dauerte ihn nun wieder mehr als jemals
und an der Unruhe ſeines Herzens um ſie fuͤhlt’ er, wie
ſehr er ſie immer noch lieben mußte. — Waͤr’ es nicht
Suschen geweſen, ſondern ein ander Maͤdchen, das ihm
gleichguͤltiger — er haͤtte bei Johannes Freundesrecht ge-
braucht, haͤtte ihm geſagt, daß die Jungfer ſich’s zu Her-
zen nehmen werde, mehr als er denke und vielleicht wolle,
daß ſie zu gut ſei zu einer Liebelei, einem Zeitvertreib,
daß ſie daran zu Grunde gehen werde, wenn ſie ihm nie
mehr ſein ſolle; er moͤge daher einlenken, weil’s noch
Zeit ſei. Aber uͤber Suschen konnt’ er ihm Nichts ſa-
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Otto-Peters, Louise: Ein Bauernsohn. Leipzig, 1849, S. 196. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/otto_bauernsohn_1849/204>, abgerufen am 23.11.2024.
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