zu Gefallen einmal so redeten, dann aber doch das Land- mädchen über die Achsel ansehen würden!
Unter all' diesem Hin- und Hersinnen suchte Mutter Eva, um sich nur etwas zu thun zu machen, nach jun- gen Schoten auf den Gartenbeeten. Johannes war im- mer neben ihr im nächsten Gange auf- und abgegangen und wunderte sich, warum die Mutter heut gar nicht so gesprächig war wie sonst immer, wo sie Tausenderlei zu fragen hatte und er Nichts als antwortend zu erzählen. Heute aber redete sie nur davon, daß die Schoten gar nicht recht wachsen wollten, und daß es gut wäre, wenn bald Regen käme, sonst vertrockne am Ende noch Alles -- mit dem Gießen lasse es sich gar nicht mehr erzwingen. Johannes trat endlich mit nahe an das Beet und begann auch in den Schoten zu suchen. Er pflückte sich ein paar reife, knickte sie auf und strich sich mit den Zähnen die zarten Körnlein heraus, die wundersam darin angereiht, von der dichten Schale gehütet lagen.
Mutter Eva sah es und lachte: "Da machst Du es nun wieder, wie da, als Du noch mein kleines Johan- neslein warst und immer hinter den Schoten her, daß man sie nicht genug vor Dir hüten konnte! -- Ja, es ist wie ich sagte," fuhr sie mit einem Seufzer nachdenklich fort, "daß war damals oft eine meiner größten Sorgen,
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zu Gefallen einmal ſo redeten, dann aber doch das Land- maͤdchen uͤber die Achſel anſehen wuͤrden!
Unter all’ dieſem Hin- und Herſinnen ſuchte Mutter Eva, um ſich nur etwas zu thun zu machen, nach jun- gen Schoten auf den Gartenbeeten. Johannes war im- mer neben ihr im naͤchſten Gange auf- und abgegangen und wunderte ſich, warum die Mutter heut gar nicht ſo geſpraͤchig war wie ſonſt immer, wo ſie Tauſenderlei zu fragen hatte und er Nichts als antwortend zu erzaͤhlen. Heute aber redete ſie nur davon, daß die Schoten gar nicht recht wachſen wollten, und daß es gut waͤre, wenn bald Regen kaͤme, ſonſt vertrockne am Ende noch Alles — mit dem Gießen laſſe es ſich gar nicht mehr erzwingen. Johannes trat endlich mit nahe an das Beet und begann auch in den Schoten zu ſuchen. Er pfluͤckte ſich ein paar reife, knickte ſie auf und ſtrich ſich mit den Zaͤhnen die zarten Koͤrnlein heraus, die wunderſam darin angereiht, von der dichten Schale gehuͤtet lagen.
Mutter Eva ſah es und lachte: „Da machſt Du es nun wieder, wie da, als Du noch mein kleines Johan- neslein warſt und immer hinter den Schoten her, daß man ſie nicht genug vor Dir huͤten konnte! — Ja, es iſt wie ich ſagte,“ fuhr ſie mit einem Seufzer nachdenklich fort, „daß war damals oft eine meiner groͤßten Sorgen,
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zu Gefallen einmal ſo redeten, dann aber doch das Land-
maͤdchen uͤber die Achſel anſehen wuͤrden!
Unter all’ dieſem Hin- und Herſinnen ſuchte Mutter
Eva, um ſich nur etwas zu thun zu machen, nach jun-
gen Schoten auf den Gartenbeeten. Johannes war im-
mer neben ihr im naͤchſten Gange auf- und abgegangen
und wunderte ſich, warum die Mutter heut gar nicht ſo
geſpraͤchig war wie ſonſt immer, wo ſie Tauſenderlei zu
fragen hatte und er Nichts als antwortend zu erzaͤhlen.
Heute aber redete ſie nur davon, daß die Schoten gar
nicht recht wachſen wollten, und daß es gut waͤre, wenn
bald Regen kaͤme, ſonſt vertrockne am Ende noch Alles —
mit dem Gießen laſſe es ſich gar nicht mehr erzwingen.
Johannes trat endlich mit nahe an das Beet und begann
auch in den Schoten zu ſuchen. Er pfluͤckte ſich ein paar
reife, knickte ſie auf und ſtrich ſich mit den Zaͤhnen die
zarten Koͤrnlein heraus, die wunderſam darin angereiht,
von der dichten Schale gehuͤtet lagen.
Mutter Eva ſah es und lachte: „Da machſt Du es
nun wieder, wie da, als Du noch mein kleines Johan-
neslein warſt und immer hinter den Schoten her, daß
man ſie nicht genug vor Dir huͤten konnte! — Ja, es
iſt wie ich ſagte,“ fuhr ſie mit einem Seufzer nachdenklich
fort, „daß war damals oft eine meiner groͤßten Sorgen,
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Otto-Peters, Louise: Ein Bauernsohn. Leipzig, 1849, S. 179. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/otto_bauernsohn_1849/187>, abgerufen am 25.11.2024.
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