Kammer. Laura schüttelte darüber den Kopf, wußte nicht, was sie davon denken sollte und nahm sich endlich vor, an gar Nichts weiter als an ihren Friedrich zu denken. Das war nun für sie eine ziemlich leichte Sache. --
Das Herz unsres Schulmeisters schlug zu edel, und für seine Schwester in zu treuer Geschwisterliebe, als daß ein Gefühl, wie Neid hätte hineinkommen können -- aber er konnte doch nicht dafür, daß er in der Stille ei- nen Vergleich machen mußte, daß er sich sagte, er sei so unglücklich, als sie glücklich! Wie schön wäre es gewe- sen, wenn Alles geblieben, wie er sich's vor ein paar Wo- chen dachte, und nun so gekommen wäre. Daß er seiner Schwester hätte sagen können: so glücklich wie Du und Friedrich, gerade so glücklich, oder wenn das möglich ist, noch glücklicher sind ich und Suschen -- und wenn Du nun mein Häuschen verläßt, so zieht Suschen ein. -- -- Dieser Gedanke brachte ihn darauf, daß Laura, wenn sie heirathe, ihm nun auch zureden werde zu heirathen und daß alle Leut' im Dorfe sagen würden, er müsse nun Je- mand haben, der ihm die Wirthschaft und das Haus ver- sorge an Lauras Stelle; die Leute würden sich wundern, wenn er ledig bliebe und Alle ihn zum Heirathen drän- gen -- aber daran meint' er, sei nun gar nicht zu denken, da es nicht Suschen sein könne, solle es nun auch gar keine sein!
Kammer. Laura ſchuͤttelte daruͤber den Kopf, wußte nicht, was ſie davon denken ſollte und nahm ſich endlich vor, an gar Nichts weiter als an ihren Friedrich zu denken. Das war nun fuͤr ſie eine ziemlich leichte Sache. —
Das Herz unſres Schulmeiſters ſchlug zu edel, und fuͤr ſeine Schweſter in zu treuer Geſchwiſterliebe, als daß ein Gefuͤhl, wie Neid haͤtte hineinkommen koͤnnen — aber er konnte doch nicht dafuͤr, daß er in der Stille ei- nen Vergleich machen mußte, daß er ſich ſagte, er ſei ſo ungluͤcklich, als ſie gluͤcklich! Wie ſchoͤn waͤre es gewe- ſen, wenn Alles geblieben, wie er ſich’s vor ein paar Wo- chen dachte, und nun ſo gekommen waͤre. Daß er ſeiner Schweſter haͤtte ſagen koͤnnen: ſo gluͤcklich wie Du und Friedrich, gerade ſo gluͤcklich, oder wenn das moͤglich iſt, noch gluͤcklicher ſind ich und Suschen — und wenn Du nun mein Haͤuschen verlaͤßt, ſo zieht Suschen ein. — — Dieſer Gedanke brachte ihn darauf, daß Laura, wenn ſie heirathe, ihm nun auch zureden werde zu heirathen und daß alle Leut’ im Dorfe ſagen wuͤrden, er muͤſſe nun Je- mand haben, der ihm die Wirthſchaft und das Haus ver- ſorge an Lauras Stelle; die Leute wuͤrden ſich wundern, wenn er ledig bliebe und Alle ihn zum Heirathen draͤn- gen — aber daran meint’ er, ſei nun gar nicht zu denken, da es nicht Suschen ſein koͤnne, ſolle es nun auch gar keine ſein!
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Kammer. Laura ſchuͤttelte daruͤber den Kopf, wußte nicht,
was ſie davon denken ſollte und nahm ſich endlich vor,
an gar Nichts weiter als an ihren Friedrich zu denken.
Das war nun fuͤr ſie eine ziemlich leichte Sache. —
Das Herz unſres Schulmeiſters ſchlug zu edel, und
fuͤr ſeine Schweſter in zu treuer Geſchwiſterliebe, als daß
ein Gefuͤhl, wie Neid haͤtte hineinkommen koͤnnen —
aber er konnte doch nicht dafuͤr, daß er in der Stille ei-
nen Vergleich machen mußte, daß er ſich ſagte, er ſei ſo
ungluͤcklich, als ſie gluͤcklich! Wie ſchoͤn waͤre es gewe-
ſen, wenn Alles geblieben, wie er ſich’s vor ein paar Wo-
chen dachte, und nun ſo gekommen waͤre. Daß er ſeiner
Schweſter haͤtte ſagen koͤnnen: ſo gluͤcklich wie Du und
Friedrich, gerade ſo gluͤcklich, oder wenn das moͤglich iſt,
noch gluͤcklicher ſind ich und Suschen — und wenn Du
nun mein Haͤuschen verlaͤßt, ſo zieht Suschen ein. — —
Dieſer Gedanke brachte ihn darauf, daß Laura, wenn ſie
heirathe, ihm nun auch zureden werde zu heirathen und
daß alle Leut’ im Dorfe ſagen wuͤrden, er muͤſſe nun Je-
mand haben, der ihm die Wirthſchaft und das Haus ver-
ſorge an Lauras Stelle; die Leute wuͤrden ſich wundern,
wenn er ledig bliebe und Alle ihn zum Heirathen draͤn-
gen — aber daran meint’ er, ſei nun gar nicht zu denken,
da es nicht Suschen ſein koͤnne, ſolle es nun auch gar
keine ſein!
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Otto-Peters, Louise: Ein Bauernsohn. Leipzig, 1849, S. 168. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/otto_bauernsohn_1849/176>, abgerufen am 26.11.2024.
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