Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Oken, Lorenz: Abriß des Systems der Biologie. Göttingen, 1805.

Bild:
<< vorherige Seite

der organischen Massen sind, und daher
den Keim zu Pflanzen und Thieren, ich
möchte mit den Evolutionisten sagen, ein-
geschachtelt in sich pflegen. Es ist beina-
he unbegreiflich, dass man die Polypen
vorzüglich deswegen für Thiere hält, weil
sie sogenannte willkührliche Bewegungen
äussern, als wenn die Bewegung nicht vor
aller Idee der Thierheit entstände, als
wenn sie nicht grade eben das wäre, was
das eigentlich Unthierische in der Natur
ist, als wenn sie nicht Phenomen der
starren, polaren Reihe wäre, und eben
deswegen hervorbrechen muss, wo die bei-
den starren Elemente sich vereinigen, und
ebenda unterdrükt sein muss, wo der Or-
ganismus dem (galvanischen) Bewegungs-
process der Natur entgegensteht, wie es in
den Pflanzen ist.

Ihr Uebergehen in die Pflanzenwelt
erweist sich am unwidersprechlichsten
beim Entstehen der Tremellen, bei dem
Wechsel der priestleyischen grünen Mate-
rie bald in Infusorien, bald in Kryptoga-
men. Diese sind so wenig Pflanzen, als
die Infusorien Thiere, aber den schon

ent-

der organischen Maſſen sind, und daher
den Keim zu Pflanzen und Thieren, ich
möchte mit den Evolutioniſten sagen, ein-
geschachtelt in sich pflegen. Es iſt beina-
he unbegreiflich, daſs man die Polypen
vorzüglich deswegen für Thiere hält, weil
sie sogenannte willkührliche Bewegungen
äuſſern, als wenn die Bewegung nicht vor
aller Idee der Thierheit entſtände, als
wenn sie nicht grade eben das wäre, was
das eigentlich Unthierische in der Natur
iſt, als wenn sie nicht Phenomen der
ſtarren, polaren Reihe wäre, und eben
deswegen hervorbrechen muſs, wo die bei-
den ſtarren Elemente sich vereinigen, und
ebenda unterdrükt sein muſs, wo der Or-
ganismus dem (galvanischen) Bewegungs-
proceſs der Natur entgegenſteht, wie es in
den Pflanzen iſt.

Ihr Uebergehen in die Pflanzenwelt
erweist sich am unwidersprechlichſten
beim Entſtehen der Tremellen, bei dem
Wechsel der priestleyischen grünen Mate-
rie bald in Infusorien, bald in Kryptoga-
men. Diese sind so wenig Pflanzen, als
die Infusorien Thiere, aber den schon

ent-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0072" n="54"/>
der organischen Ma&#x017F;&#x017F;en sind, und daher<lb/>
den Keim zu Pflanzen und Thieren, ich<lb/>
möchte mit den Evolutioni&#x017F;ten sagen, ein-<lb/>
geschachtelt in sich pflegen. Es i&#x017F;t beina-<lb/>
he <choice><sic>unbegreiflieh</sic><corr>unbegreiflich</corr></choice>, da&#x017F;s man die Polypen<lb/>
vorzüglich deswegen für Thiere hält, weil<lb/>
sie sogenannte <choice><sic>willkübrliche</sic><corr>willkührliche</corr></choice> Bewegungen<lb/>
äu&#x017F;&#x017F;ern, als wenn die Bewegung nicht <hi rendition="#g">vor</hi><lb/>
aller Idee der Thierheit ent&#x017F;tände, als<lb/>
wenn sie nicht grade eben das wäre, was<lb/>
das eigentlich Unthierische in der Natur<lb/>
i&#x017F;t, als wenn sie nicht Phenomen der<lb/>
&#x017F;tarren, <hi rendition="#g">polaren</hi> Reihe wäre, und eben<lb/>
deswegen hervorbrechen mu&#x017F;s, wo die bei-<lb/>
den &#x017F;tarren Elemente sich vereinigen, und<lb/>
ebenda unterdrükt sein mu&#x017F;s, wo der Or-<lb/>
ganismus dem (galvanischen) Bewegungs-<lb/>
proce&#x017F;s der Natur entgegen&#x017F;teht, wie es in<lb/>
den Pflanzen i&#x017F;t.</p><lb/>
          <p>Ihr Uebergehen in die Pflanzenwelt<lb/>
erweist sich am unwidersprechlich&#x017F;ten<lb/>
beim Ent&#x017F;tehen der Tremellen, bei dem<lb/>
Wechsel der priestleyischen grünen Mate-<lb/>
rie bald in Infusorien, bald in Kryptoga-<lb/>
men. Diese sind so wenig Pflanzen, als<lb/>
die Infusorien Thiere, aber den schon<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ent-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[54/0072] der organischen Maſſen sind, und daher den Keim zu Pflanzen und Thieren, ich möchte mit den Evolutioniſten sagen, ein- geschachtelt in sich pflegen. Es iſt beina- he unbegreiflich, daſs man die Polypen vorzüglich deswegen für Thiere hält, weil sie sogenannte willkührliche Bewegungen äuſſern, als wenn die Bewegung nicht vor aller Idee der Thierheit entſtände, als wenn sie nicht grade eben das wäre, was das eigentlich Unthierische in der Natur iſt, als wenn sie nicht Phenomen der ſtarren, polaren Reihe wäre, und eben deswegen hervorbrechen muſs, wo die bei- den ſtarren Elemente sich vereinigen, und ebenda unterdrükt sein muſs, wo der Or- ganismus dem (galvanischen) Bewegungs- proceſs der Natur entgegenſteht, wie es in den Pflanzen iſt. Ihr Uebergehen in die Pflanzenwelt erweist sich am unwidersprechlichſten beim Entſtehen der Tremellen, bei dem Wechsel der priestleyischen grünen Mate- rie bald in Infusorien, bald in Kryptoga- men. Diese sind so wenig Pflanzen, als die Infusorien Thiere, aber den schon ent-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/oken_biologie_1805
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/oken_biologie_1805/72
Zitationshilfe: Oken, Lorenz: Abriß des Systems der Biologie. Göttingen, 1805, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/oken_biologie_1805/72>, abgerufen am 03.05.2024.