Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Oken, Lorenz: Abriß des Systems der Biologie. Göttingen, 1805.

Bild:
<< vorherige Seite

Der Kunsttrieb der Insecten geht auf
regelmässige krystallische Formen, und was
bedeutend ist, meistens auf Sechseke, wel-
che dadurch entstehen, dass der Radius in
die Peripherie getragen, und so der voll-
kommenste Kreis, insofern er als Krystall
existiren kann, dargestellt wird. Die Zel-
len der Bienen sind ein nach Aussen kry-
stallisirtes, polyödisches Auge, dessen sechs-
seitige Fasetten aufs bewundrungswürdigste
in jeder Zelle erhalten sind. Das Kunst-
product ist das in der Aussenwelt abgedruk-
te Sinnorgan, ich verändere daher das so
unedel herabgezogene Wort Kunsttrieb in
Sinntrieb, eigentlich kann man nur dem
Menschen Kunsttrieb und seinen Produc-
ten den Namen Kunstproduct beilegen.

Weil das Aug in die weibliche Reihe
der Natur fällt, so hat auch in dieser Klasse
der weibliche Charakter das Uebergewicht,
meistens sind die Männchen kleiner, und
sterben gleich den Staubfäden unmittelbar
nach der Begattung, die Weibchen dage-
gen sind sehr productiv, legen viele und
sehr grosse Eier, ja die Blattläuse pflanzen
sich lange auf blos weibliche Weise fort.

In

Der Kunſttrieb der Inſecten geht auf
regelmäſsige kryſtalliſche Formen, und was
bedeutend iſt, meiſtens auf Sechseke, wel-
che dadurch entſtehen, daſs der Radius in
die Peripherie getragen, und so der voll-
kommenſte Kreis, inſofern er als Kryſtall
exiſtiren kann, dargeſtellt wird. Die Zel-
len der Bienen sind ein nach Auſſen kry-
ſtalliſirtes, polyödiſches Auge, deſſen sechs-
seitige Faſetten aufs bewundrungswürdigſte
in jeder Zelle erhalten sind. Das Kunſt-
product iſt das in der Auſſenwelt abgedruk-
te Sinnorgan, ich verändere daher das so
unedel herabgezogene Wort Kunſttrieb in
Sinntrieb, eigentlich kann man nur dem
Menſchen Kunſttrieb und seinen Produc-
ten den Namen Kunſtproduct beilegen.

Weil das Aug in die weibliche Reihe
der Natur fällt, so hat auch in dieſer Klaſſe
der weibliche Charakter das Uebergewicht,
meiſtens sind die Männchen kleiner, und
ſterben gleich den Staubfäden unmittelbar
nach der Begattung, die Weibchen dage-
gen sind sehr productiv, legen viele und
ſehr groſse Eier, ja die Blattläuſe pflanzen
sich lange auf blos weibliche Weiſe fort.

In
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0159" n="141"/>
          <p>Der Kun&#x017F;ttrieb der In&#x017F;ecten geht auf<lb/>
regelmä&#x017F;sige kry&#x017F;talli&#x017F;che Formen, und was<lb/>
bedeutend i&#x017F;t, mei&#x017F;tens auf Sechseke, wel-<lb/>
che dadurch ent&#x017F;tehen, da&#x017F;s der Radius in<lb/>
die Peripherie getragen, und so der voll-<lb/>
kommen&#x017F;te Kreis, in&#x017F;ofern er als Kry&#x017F;tall<lb/>
exi&#x017F;tiren kann, darge&#x017F;tellt wird. Die Zel-<lb/>
len der Bienen sind ein nach Au&#x017F;&#x017F;en kry-<lb/>
&#x017F;talli&#x017F;irtes, polyödi&#x017F;ches Auge, de&#x017F;&#x017F;en sechs-<lb/>
seitige Fa&#x017F;etten aufs bewundrungswürdig&#x017F;te<lb/>
in jeder Zelle erhalten sind. Das Kun&#x017F;t-<lb/>
product i&#x017F;t das in der Au&#x017F;&#x017F;enwelt abgedruk-<lb/>
te Sinnorgan, ich verändere daher das so<lb/>
unedel herabgezogene Wort <hi rendition="#g">Kun&#x017F;</hi>ttrieb in<lb/><hi rendition="#g">Sinnt</hi>rieb, eigentlich kann man nur dem<lb/>
Men&#x017F;chen <hi rendition="#g">Kun&#x017F;tt</hi>rieb und seinen Produc-<lb/>
ten den Namen <hi rendition="#g">Kun&#x017F;tp</hi>roduct beilegen.</p><lb/>
          <p>Weil das Aug in die weibliche Reihe<lb/>
der Natur fällt, so hat auch in die&#x017F;er Kla&#x017F;&#x017F;e<lb/>
der weibliche Charakter das Uebergewicht,<lb/>
mei&#x017F;tens sind die Männchen kleiner, und<lb/>
&#x017F;terben gleich den Staubfäden unmittelbar<lb/>
nach der Begattung, die Weibchen dage-<lb/>
gen sind sehr productiv, legen viele und<lb/>
&#x017F;ehr gro&#x017F;se Eier, ja die Blattläu&#x017F;e pflanzen<lb/>
sich lange auf blos weibliche Wei&#x017F;e fort.<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">In</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[141/0159] Der Kunſttrieb der Inſecten geht auf regelmäſsige kryſtalliſche Formen, und was bedeutend iſt, meiſtens auf Sechseke, wel- che dadurch entſtehen, daſs der Radius in die Peripherie getragen, und so der voll- kommenſte Kreis, inſofern er als Kryſtall exiſtiren kann, dargeſtellt wird. Die Zel- len der Bienen sind ein nach Auſſen kry- ſtalliſirtes, polyödiſches Auge, deſſen sechs- seitige Faſetten aufs bewundrungswürdigſte in jeder Zelle erhalten sind. Das Kunſt- product iſt das in der Auſſenwelt abgedruk- te Sinnorgan, ich verändere daher das so unedel herabgezogene Wort Kunſttrieb in Sinntrieb, eigentlich kann man nur dem Menſchen Kunſttrieb und seinen Produc- ten den Namen Kunſtproduct beilegen. Weil das Aug in die weibliche Reihe der Natur fällt, so hat auch in dieſer Klaſſe der weibliche Charakter das Uebergewicht, meiſtens sind die Männchen kleiner, und ſterben gleich den Staubfäden unmittelbar nach der Begattung, die Weibchen dage- gen sind sehr productiv, legen viele und ſehr groſse Eier, ja die Blattläuſe pflanzen sich lange auf blos weibliche Weiſe fort. In

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/oken_biologie_1805
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/oken_biologie_1805/159
Zitationshilfe: Oken, Lorenz: Abriß des Systems der Biologie. Göttingen, 1805, S. 141. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/oken_biologie_1805/159>, abgerufen am 28.04.2024.