Die electrische Naturfunction wieder- kehrt in dem Nervensystem als Geruchsinn. Es ist überhaupt nicht schwer zu bewei- sen, dass der Geruch nicht durch das Me- chanische der Berührung ausge- dünsteter Theilchen hervorgebracht werde, weil sonst alles Geruch haben müsste, was in die Nase gezogen wird, dagegen be- kanntlich alle Materien gerochen werden, von denen es gewiss ist, dass sie vorzüg- lich electrisch sind, und diese Electricität der Luft mittheilen, die dann, heterogen mit unserer Nase electrisirt, diese in Thätig- keit versezt, wodurch sie so, wie das Auge die Stralen des Lichts, die empi- risch noch zu findenden electrischen Stralen der Körper wahrnimmt. Riechen ist der Ue- bergang der so wenig als das Licht nur in zwei specifische Actionen trennbaren, elec- trischen Processe der Natur in die Nase, welche durch ihre lamellenartige Form der feinste Electrometer geworden: Die Schnei- dersche Haut ist die Retina, worauf das electrische Farbenbild von den Natur-
kör-
V. Sinn. Electrismus — Leber — Nase.
Die electriſche Naturfunction wieder- kehrt in dem Nervenſyſtem als Geruchſinn. Es iſt überhaupt nicht schwer zu bewei- sen, daſs der Geruch nicht durch das Me- chanische der Berührung ausge- dünſteter Theilchen hervorgebracht werde, weil sonſt alles Geruch haben müſste, was in die Naſe gezogen wird, dagegen be- kanntlich alle Materien gerochen werden, von denen es gewiſs iſt, daſs sie vorzüg- lich electriſch sind, und dieſe Electricität der Luft mittheilen, die dann, heterogen mit unſerer Naſe electriſirt, diese in Thätig- keit verſezt, wodurch sie so, wie das Auge die Stralen des Lichts, die empi- riſch noch zu findenden electriſchen Stralen der Körper wahrnimmt. Riechen iſt der Ue- bergang der so wenig als das Licht nur in zwei specifiſche Actionen trennbaren, elec- trischen Proceſſe der Natur in die Naſe, welche durch ihre lamellenartige Form der feinſte Electrometer geworden: Die Schnei- derſche Haut iſt die Retina, worauf das electrische Farbenbild von den Natur-
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V. Sinn.
Electrismus — Leber — Nase.
Die electriſche Naturfunction wieder-
kehrt in dem Nervenſyſtem als Geruchſinn.
Es iſt überhaupt nicht schwer zu bewei-
sen, daſs der Geruch nicht durch das Me-
chanische der Berührung ausge-
dünſteter Theilchen hervorgebracht werde,
weil sonſt alles Geruch haben müſste, was
in die Naſe gezogen wird, dagegen be-
kanntlich alle Materien gerochen werden,
von denen es gewiſs iſt, daſs sie vorzüg-
lich electriſch sind, und dieſe Electricität
der Luft mittheilen, die dann, heterogen
mit unſerer Naſe electriſirt, diese in Thätig-
keit verſezt, wodurch sie so, wie das
Auge die Stralen des Lichts, die empi-
riſch noch zu findenden electriſchen Stralen
der Körper wahrnimmt. Riechen iſt der Ue-
bergang der so wenig als das Licht nur in
zwei specifiſche Actionen trennbaren, elec-
trischen Proceſſe der Natur in die Naſe,
welche durch ihre lamellenartige Form der
feinſte Electrometer geworden: Die Schnei-
derſche Haut iſt die Retina, worauf das
electrische Farbenbild von den Natur-
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Oken, Lorenz: Abriß des Systems der Biologie. Göttingen, 1805, S. 117. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/oken_biologie_1805/135>, abgerufen am 16.02.2025.
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