Oest, Johann Friedrich: Nöthige Belehrung und Warnung für Jüngling und solche Knaben. In: Allgemeine Revision des gesammten Schul- und Erziehungswesens: von einer Gesellschaft practischer Erzieher, Bd. 6. Wolfenbüttel, 1787. S. 293-434dein Gesetz, so lege dir selbst allerlei Strafen auf. Verursache dir freiwillig einen Schmerz, damit du nur von der Fertigkeit los kommest, wider dein Bewußtseyn eine gefährliche Stellung anzunehmen. Gewiß war es nicht immer dein Vorsatz: "nun will ich meine schändliche Gewohnheit ausüben," sondern durch angewöhnte Gebehrden kamst du unvermerkt darauf. Bringst du es erst so weit, daß du keine Gebehrde annimmst, ohne es dir bewust zu seyn, daß du sie annimmst: so darfst du nicht fürchten, daß deine Sünde dich übereile. Aber oft würde, wenn du darauf nicht Acht hättest, auch die ernsthafteste Vorstellung bei dir zu spät kommen und ohne Würkung seyn. Wenn die Leidenschaft schon erregt und bis auf einen gewissen Grad gestiegen ist, so sind alle Vernunftgründe zu schwach. Gehe daher auf die erste Veranlassung, die meistens sehr zufällig ist, immer zurück, und da fange mit allem Ernst an, sonst wirst du immer nicht fehlen wollen und doch tausendmal fehlen. 3) Höre und ahme nach, was ein Jüngling, der mit dir in ein und eben dasselbe Unglück gerathen war, von der Art und Weise meldet, wie er sich aus demselben empor gearbeitet habe. dein Gesetz, so lege dir selbst allerlei Strafen auf. Verursache dir freiwillig einen Schmerz, damit du nur von der Fertigkeit los kommest, wider dein Bewußtseyn eine gefährliche Stellung anzunehmen. Gewiß war es nicht immer dein Vorsatz: “nun will ich meine schändliche Gewohnheit ausüben,„ sondern durch angewöhnte Gebehrden kamst du unvermerkt darauf. Bringst du es erst so weit, daß du keine Gebehrde annimmst, ohne es dir bewust zu seyn, daß du sie annimmst: so darfst du nicht fürchten, daß deine Sünde dich übereile. Aber oft würde, wenn du darauf nicht Acht hättest, auch die ernsthafteste Vorstellung bei dir zu spät kommen und ohne Würkung seyn. Wenn die Leidenschaft schon erregt und bis auf einen gewissen Grad gestiegen ist, so sind alle Vernunftgründe zu schwach. Gehe daher auf die erste Veranlassung, die meistens sehr zufällig ist, immer zurück, und da fange mit allem Ernst an, sonst wirst du immer nicht fehlen wollen und doch tausendmal fehlen. 3) Höre und ahme nach, was ein Jüngling, der mit dir in ein und eben dasselbe Unglück gerathen war, von der Art und Weise meldet, wie er sich aus demselben empor gearbeitet habe. <TEI> <text> <body> <div n="2"> <div> <div n="1"> <p><pb facs="#f0111" n="403"/> dein Gesetz, so lege dir selbst allerlei Strafen auf. Verursache dir freiwillig einen Schmerz, damit du nur von der Fertigkeit los kommest, wider dein Bewußtseyn eine gefährliche Stellung anzunehmen. Gewiß war es nicht immer dein Vorsatz: “nun will ich meine schändliche Gewohnheit ausüben,„ sondern durch angewöhnte Gebehrden kamst du unvermerkt darauf. Bringst du es erst so weit, daß du keine Gebehrde annimmst, ohne es dir bewust zu seyn, daß du sie annimmst: so darfst du nicht fürchten, daß deine Sünde dich übereile. Aber oft würde, wenn du darauf nicht Acht hättest, auch die ernsthafteste Vorstellung bei dir zu spät kommen und ohne Würkung seyn. Wenn die Leidenschaft schon erregt und bis auf einen gewissen Grad gestiegen ist, so sind alle Vernunftgründe zu schwach. Gehe daher auf die erste Veranlassung, die meistens sehr zufällig ist, immer zurück, und da fange mit allem Ernst an, sonst wirst du immer nicht fehlen wollen und doch tausendmal fehlen.</p> <p>3) Höre und ahme nach, was ein Jüngling, der mit dir in ein und eben dasselbe Unglück gerathen war, von der Art und Weise meldet, wie er sich aus demselben empor gearbeitet habe.</p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [403/0111]
dein Gesetz, so lege dir selbst allerlei Strafen auf. Verursache dir freiwillig einen Schmerz, damit du nur von der Fertigkeit los kommest, wider dein Bewußtseyn eine gefährliche Stellung anzunehmen. Gewiß war es nicht immer dein Vorsatz: “nun will ich meine schändliche Gewohnheit ausüben,„ sondern durch angewöhnte Gebehrden kamst du unvermerkt darauf. Bringst du es erst so weit, daß du keine Gebehrde annimmst, ohne es dir bewust zu seyn, daß du sie annimmst: so darfst du nicht fürchten, daß deine Sünde dich übereile. Aber oft würde, wenn du darauf nicht Acht hättest, auch die ernsthafteste Vorstellung bei dir zu spät kommen und ohne Würkung seyn. Wenn die Leidenschaft schon erregt und bis auf einen gewissen Grad gestiegen ist, so sind alle Vernunftgründe zu schwach. Gehe daher auf die erste Veranlassung, die meistens sehr zufällig ist, immer zurück, und da fange mit allem Ernst an, sonst wirst du immer nicht fehlen wollen und doch tausendmal fehlen.
3) Höre und ahme nach, was ein Jüngling, der mit dir in ein und eben dasselbe Unglück gerathen war, von der Art und Weise meldet, wie er sich aus demselben empor gearbeitet habe.
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Zitationshilfe: | Oest, Johann Friedrich: Nöthige Belehrung und Warnung für Jüngling und solche Knaben. In: Allgemeine Revision des gesammten Schul- und Erziehungswesens: von einer Gesellschaft practischer Erzieher, Bd. 6. Wolfenbüttel, 1787. S. 293-434, S. 403. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/oest_knaben_1787/111>, abgerufen am 16.02.2025. |