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Oest, Johann Friedrich: Versuch einer Beantwortung der pädagogischen Frage: Wie man Kinder und junge Leute vor dem Leib und Seele verwüstenden Laster der Unzucht überhaupt, und der Selbstschwächung insonderheit verwahren, oder, wofern sie schon davon angesteckt waren, wie man sie davon heilen könne? Wien, 1787.

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nicht wußten, was es für Folgen nach sich ziehe. Denn die meisten Schullehrer handeln in dieser Sache so gewissenlos, daß sie entweder aus Trägheit oder Mangel an Beobachtungsgeist, sich gar nicht um dergleichen bekümmern, und ganz keine Erwähnung davon thun, oder, wenn sie davon abmahnen, es so lau und ohne Nachdruck thun, daß ihre Vorstellungen darüber gar keinen Eindruck machen. Mit tiefer Schaam und Reue gestehe ichs, daß ich selbst zu den Unglücklichen gehöre, die dieses Laster ausgeübt. Die Folgen davon sind mir nur gar zu gegenwärtig, als daß ich sie vor mir selbst verbergen könnte. Einen durch dieses ewig verfluchte Laster geschwächten Körper und einen nicht unmerklichen Abgang meiner Seelenkräfte habe ich mir dadurch zugezogen. Tiefe Schwermuth und ein melancholisches Wesen hat seitdem sich meiner ganz bemeistert; und mein sonst munteres und aufgewecktes Wesen ist von schwarzer Melancholie bis jetzt so sehr verdrengt, daß nicht selten die fürchterlichsten Gedanken von Selbstzerstörung in mir aufsteigen. Das Bewußtseyn meiner schwarzen That, begleitet von den Gedanken, was für ein Mensch ich seyn

nicht wußten, was es für Folgen nach sich ziehe. Denn die meisten Schullehrer handeln in dieser Sache so gewissenlos, daß sie entweder aus Trägheit oder Mangel an Beobachtungsgeist, sich gar nicht um dergleichen bekümmern, und ganz keine Erwähnung davon thun, oder, wenn sie davon abmahnen, es so lau und ohne Nachdruck thun, daß ihre Vorstellungen darüber gar keinen Eindruck machen. Mit tiefer Schaam und Reue gestehe ichs, daß ich selbst zu den Unglücklichen gehöre, die dieses Laster ausgeübt. Die Folgen davon sind mir nur gar zu gegenwärtig, als daß ich sie vor mir selbst verbergen könnte. Einen durch dieses ewig verfluchte Laster geschwächten Körper und einen nicht unmerklichen Abgang meiner Seelenkräfte habe ich mir dadurch zugezogen. Tiefe Schwermuth und ein melancholisches Wesen hat seitdem sich meiner ganz bemeistert; und mein sonst munteres und aufgewecktes Wesen ist von schwarzer Melancholie bis jetzt so sehr verdrengt, daß nicht selten die fürchterlichsten Gedanken von Selbstzerstörung in mir aufsteigen. Das Bewußtseyn meiner schwarzen That, begleitet von den Gedanken, was für ein Mensch ich seyn

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[41/0040] nicht wußten, was es für Folgen nach sich ziehe. Denn die meisten Schullehrer handeln in dieser Sache so gewissenlos, daß sie entweder aus Trägheit oder Mangel an Beobachtungsgeist, sich gar nicht um dergleichen bekümmern, und ganz keine Erwähnung davon thun, oder, wenn sie davon abmahnen, es so lau und ohne Nachdruck thun, daß ihre Vorstellungen darüber gar keinen Eindruck machen. Mit tiefer Schaam und Reue gestehe ichs, daß ich selbst zu den Unglücklichen gehöre, die dieses Laster ausgeübt. Die Folgen davon sind mir nur gar zu gegenwärtig, als daß ich sie vor mir selbst verbergen könnte. Einen durch dieses ewig verfluchte Laster geschwächten Körper und einen nicht unmerklichen Abgang meiner Seelenkräfte habe ich mir dadurch zugezogen. Tiefe Schwermuth und ein melancholisches Wesen hat seitdem sich meiner ganz bemeistert; und mein sonst munteres und aufgewecktes Wesen ist von schwarzer Melancholie bis jetzt so sehr verdrengt, daß nicht selten die fürchterlichsten Gedanken von Selbstzerstörung in mir aufsteigen. Das Bewußtseyn meiner schwarzen That, begleitet von den Gedanken, was für ein Mensch ich seyn

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Zitationshilfe: Oest, Johann Friedrich: Versuch einer Beantwortung der pädagogischen Frage: Wie man Kinder und junge Leute vor dem Leib und Seele verwüstenden Laster der Unzucht überhaupt, und der Selbstschwächung insonderheit verwahren, oder, wofern sie schon davon angesteckt waren, wie man sie davon heilen könne? Wien, 1787, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/oest_kinder_1787/40>, abgerufen am 29.03.2024.