Oest, Johann Friedrich: Versuch einer Beantwortung der pädagogischen Frage: Wie man Kinder und junge Leute vor dem Leib und Seele verwüstenden Laster der Unzucht überhaupt, und der Selbstschwächung insonderheit verwahren, oder, wofern sie schon davon angesteckt waren, wie man sie davon heilen könne? Wien, 1787.gen, die verschiedenen Kindern beim Lesen einfallen können, schon im Voraus zu begegnen. Zudem kommt gerade bei diesem Unterricht manches vor, wovon es schwer ist, eine deutliche Beschreibung zu machen, und wovon ein Begriff, durch den Augenschein gefaßt, weit leichter und selbst weit unschädlicher seyn würde, als in einer Beschreibung, bei der die Phantasie so leicht erhitzt wird. Denn nur blos das Sinnen, was dabei hin und wieder nöthig wäre, wäre eine Veranlassung, die Phantasie in Bewegung zu setzen. Auch ist es nicht zu leugnen, daß bei einer schriftlichen Belehrung nicht der Ausdruck von Zutraulichkeit, nicht das lebhafte Theilnehmen des Lehrers, das der ganzen Sache zum großen Vortheil gereicht, so sichtbar werden könne. Zu erwarten ist es auch nicht, daß die Jugend dies alles in der Ordnung lesen würde, in der es geschrieben wäre, und es käme doch sehr darauf an, daß ihre Begriffe in einer bestimmten Folge entstünden. Wenn auch einige Kinder es gehörig lesen würden, so würden manche andere nur darin blättern und hie und da etwas erhaschen. Manche Eltern würden denn auch glauben, es sey nun damit alles gut, daß sie ihren gen, die verschiedenen Kindern beim Lesen einfallen können, schon im Voraus zu begegnen. Zudem kommt gerade bei diesem Unterricht manches vor, wovon es schwer ist, eine deutliche Beschreibung zu machen, und wovon ein Begriff, durch den Augenschein gefaßt, weit leichter und selbst weit unschädlicher seyn würde, als in einer Beschreibung, bei der die Phantasie so leicht erhitzt wird. Denn nur blos das Sinnen, was dabei hin und wieder nöthig wäre, wäre eine Veranlassung, die Phantasie in Bewegung zu setzen. Auch ist es nicht zu leugnen, daß bei einer schriftlichen Belehrung nicht der Ausdruck von Zutraulichkeit, nicht das lebhafte Theilnehmen des Lehrers, das der ganzen Sache zum großen Vortheil gereicht, so sichtbar werden könne. Zu erwarten ist es auch nicht, daß die Jugend dies alles in der Ordnung lesen würde, in der es geschrieben wäre, und es käme doch sehr darauf an, daß ihre Begriffe in einer bestimmten Folge entstünden. Wenn auch einige Kinder es gehörig lesen würden, so würden manche andere nur darin blättern und hie und da etwas erhaschen. Manche Eltern würden denn auch glauben, es sey nun damit alles gut, daß sie ihren <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0249" n="250"/> gen, die verschiedenen Kindern beim Lesen einfallen können, schon im Voraus zu begegnen. Zudem kommt gerade bei diesem Unterricht manches vor, wovon es schwer ist, eine deutliche Beschreibung zu machen, und wovon ein Begriff, durch den Augenschein gefaßt, weit leichter und selbst weit unschädlicher seyn würde, als in einer Beschreibung, bei der die Phantasie so leicht erhitzt wird. Denn nur blos das Sinnen, was dabei hin und wieder nöthig wäre, wäre eine Veranlassung, die Phantasie in Bewegung zu setzen. Auch ist es nicht zu leugnen, daß bei einer schriftlichen Belehrung nicht der Ausdruck von Zutraulichkeit, nicht das lebhafte Theilnehmen des Lehrers, das der ganzen Sache zum großen Vortheil gereicht, so sichtbar werden könne. Zu erwarten ist es auch nicht, daß die Jugend dies alles in der Ordnung lesen würde, in der es geschrieben wäre, und es käme doch sehr darauf an, daß ihre Begriffe in einer bestimmten Folge entstünden. Wenn auch einige Kinder es gehörig lesen würden, so würden manche andere nur darin blättern und hie und da etwas erhaschen. Manche Eltern würden denn auch glauben, es sey nun damit alles gut, daß sie ihren </p> </div> </body> </text> </TEI> [250/0249]
gen, die verschiedenen Kindern beim Lesen einfallen können, schon im Voraus zu begegnen. Zudem kommt gerade bei diesem Unterricht manches vor, wovon es schwer ist, eine deutliche Beschreibung zu machen, und wovon ein Begriff, durch den Augenschein gefaßt, weit leichter und selbst weit unschädlicher seyn würde, als in einer Beschreibung, bei der die Phantasie so leicht erhitzt wird. Denn nur blos das Sinnen, was dabei hin und wieder nöthig wäre, wäre eine Veranlassung, die Phantasie in Bewegung zu setzen. Auch ist es nicht zu leugnen, daß bei einer schriftlichen Belehrung nicht der Ausdruck von Zutraulichkeit, nicht das lebhafte Theilnehmen des Lehrers, das der ganzen Sache zum großen Vortheil gereicht, so sichtbar werden könne. Zu erwarten ist es auch nicht, daß die Jugend dies alles in der Ordnung lesen würde, in der es geschrieben wäre, und es käme doch sehr darauf an, daß ihre Begriffe in einer bestimmten Folge entstünden. Wenn auch einige Kinder es gehörig lesen würden, so würden manche andere nur darin blättern und hie und da etwas erhaschen. Manche Eltern würden denn auch glauben, es sey nun damit alles gut, daß sie ihren
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/oest_kinder_1787 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/oest_kinder_1787/249 |
Zitationshilfe: | Oest, Johann Friedrich: Versuch einer Beantwortung der pädagogischen Frage: Wie man Kinder und junge Leute vor dem Leib und Seele verwüstenden Laster der Unzucht überhaupt, und der Selbstschwächung insonderheit verwahren, oder, wofern sie schon davon angesteckt waren, wie man sie davon heilen könne? Wien, 1787, S. 250. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/oest_kinder_1787/249>, abgerufen am 16.02.2025. |