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Oest, Johann Friedrich: Versuch einer Beantwortung der pädagogischen Frage: Wie man Kinder und junge Leute vor dem Leib und Seele verwüstenden Laster der Unzucht überhaupt, und der Selbstschwächung insonderheit verwahren, oder, wofern sie schon davon angesteckt waren, wie man sie davon heilen könne? Wien, 1787.

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Gewinnt man nun im Ganzen, wenn man die Belehrung aufschiebt, oder gewinnt man durch die frühe Belehrung?

Durch aufgeschobenen Unterricht gewinnt man nur eine Zeitlang, und dies ist noch höchst ungewiß: denn auf welche Art kann man sich von der Unkunde des Kindes vergewissern? Wie kann man den Zeitpunkt voraussehen, da sie aufhören wird? Einige werden früher, andere später, einige auf diese, andere auf andere Art zur Kenntniß gelangen. Bei der großen Wißbegierde der Kinder in diesem Stück läßt es sich gar nicht erwarten, daß ihre Unwissenheit (die doch ja auch nach der Einrichtung der Natur einmal aufhören soll und muß) lange dauern werde.*)

Erlangen sie nun Kenntnisse durch eigenes Nachdenken, eigene Vermuthungen, eigene Untersuchungen,

*) "Unserer Erfahrung nach ist wol vom 8ten bis 14ten Jahre die Zeit, wo die Jugend nach diesem Unterricht verlangt. Wenige unter meinen Mitschülern (auf zwei Schulen) und Zöglingen (in Privatinformationen, einem Jnstitut und einer besuchten Schule, deren jüngere Schüler ich zu beobachten Gelegenheit hatte) habe ich gefunden, die nicht nach dem 15ten Jahre bereits alles gewußt hätten, was nach der Meinung derer, die diese Erziehungsbelehrung bestreiten, ihnen nach 15 Jahr ein Geheimniß hätte bleiben sollen."

Gewinnt man nun im Ganzen, wenn man die Belehrung aufschiebt, oder gewinnt man durch die frühe Belehrung?

Durch aufgeschobenen Unterricht gewinnt man nur eine Zeitlang, und dies ist noch höchst ungewiß: denn auf welche Art kann man sich von der Unkunde des Kindes vergewissern? Wie kann man den Zeitpunkt voraussehen, da sie aufhören wird? Einige werden früher, andere später, einige auf diese, andere auf andere Art zur Kenntniß gelangen. Bei der großen Wißbegierde der Kinder in diesem Stück läßt es sich gar nicht erwarten, daß ihre Unwissenheit (die doch ja auch nach der Einrichtung der Natur einmal aufhören soll und muß) lange dauern werde.*)

Erlangen sie nun Kenntnisse durch eigenes Nachdenken, eigene Vermuthungen, eigene Untersuchungen,

*) „Unserer Erfahrung nach ist wol vom 8ten bis 14ten Jahre die Zeit, wo die Jugend nach diesem Unterricht verlangt. Wenige unter meinen Mitschülern (auf zwei Schulen) und Zöglingen (in Privatinformationen, einem Jnstitut und einer besuchten Schule, deren jüngere Schüler ich zu beobachten Gelegenheit hatte) habe ich gefunden, die nicht nach dem 15ten Jahre bereits alles gewußt hätten, was nach der Meinung derer, die diese Erziehungsbelehrung bestreiten, ihnen nach 15 Jahr ein Geheimniß hätte bleiben sollen.“
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[242/0241] Gewinnt man nun im Ganzen, wenn man die Belehrung aufschiebt, oder gewinnt man durch die frühe Belehrung? Durch aufgeschobenen Unterricht gewinnt man nur eine Zeitlang, und dies ist noch höchst ungewiß: denn auf welche Art kann man sich von der Unkunde des Kindes vergewissern? Wie kann man den Zeitpunkt voraussehen, da sie aufhören wird? Einige werden früher, andere später, einige auf diese, andere auf andere Art zur Kenntniß gelangen. Bei der großen Wißbegierde der Kinder in diesem Stück läßt es sich gar nicht erwarten, daß ihre Unwissenheit (die doch ja auch nach der Einrichtung der Natur einmal aufhören soll und muß) lange dauern werde. *) Erlangen sie nun Kenntnisse durch eigenes Nachdenken, eigene Vermuthungen, eigene Untersuchungen, *) „Unserer Erfahrung nach ist wol vom 8ten bis 14ten Jahre die Zeit, wo die Jugend nach diesem Unterricht verlangt. Wenige unter meinen Mitschülern (auf zwei Schulen) und Zöglingen (in Privatinformationen, einem Jnstitut und einer besuchten Schule, deren jüngere Schüler ich zu beobachten Gelegenheit hatte) habe ich gefunden, die nicht nach dem 15ten Jahre bereits alles gewußt hätten, was nach der Meinung derer, die diese Erziehungsbelehrung bestreiten, ihnen nach 15 Jahr ein Geheimniß hätte bleiben sollen.“

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Zitationshilfe: Oest, Johann Friedrich: Versuch einer Beantwortung der pädagogischen Frage: Wie man Kinder und junge Leute vor dem Leib und Seele verwüstenden Laster der Unzucht überhaupt, und der Selbstschwächung insonderheit verwahren, oder, wofern sie schon davon angesteckt waren, wie man sie davon heilen könne? Wien, 1787, S. 242. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/oest_kinder_1787/241>, abgerufen am 22.11.2024.