Oest, Johann Friedrich: Versuch einer Beantwortung der pädagogischen Frage: Wie man Kinder und junge Leute vor dem Leib und Seele verwüstenden Laster der Unzucht überhaupt, und der Selbstschwächung insonderheit verwahren, oder, wofern sie schon davon angesteckt waren, wie man sie davon heilen könne? Wien, 1787.der seine Leidenschaften, Wünsche und Empfindungen so wenig zu dem kälteren Grad des Mannes herabstimmen, als seine Einsichten zu der Höhe eines bejahrten Weisen hinaufschrauben kann. Jmmer wird er für ihn die Gefahr verhältnißmäßig größer und der Widerstand geringer seyn. Wünschen will ich es also, und einen jeden, der dazu beitragen kann, inständigst bitten, daß nie ein öffentliches Hurenhaus gelitten, noch weniger aus Grundsätzen erlaubt werden möge. Bei einer möglichst guten Erziehung im Staat werden sie freilich endlich von selbst wegfallen; aber die ist denn doch nicht gleich da und muß immer langsamer kommen, je mehr Hindernisse ihr im Wege stehen, oder ihren guten Erfolg vereiteln. Jndeß würkt jenes Uebel immer fort und schadet einem sehr großen Theil der Menschheit, gesetzt auch, daß wir Mittel wüsten, die Jugend der vornehmeren Stände dagegen zu schützen. Wenn wir auch nur noch im Einzelnen verbessern können, so müssen wir doch immer das Allgemeine vor Augen haben, sonst stürzt ein Theil ein, indem der andere gebaut wird. Es wäre also die Frage, wie es zu machen sey, daß solche Skandale für die Mensch- der seine Leidenschaften, Wünsche und Empfindungen so wenig zu dem kälteren Grad des Mannes herabstimmen, als seine Einsichten zu der Höhe eines bejahrten Weisen hinaufschrauben kann. Jmmer wird er für ihn die Gefahr verhältnißmäßig größer und der Widerstand geringer seyn. Wünschen will ich es also, und einen jeden, der dazu beitragen kann, inständigst bitten, daß nie ein öffentliches Hurenhaus gelitten, noch weniger aus Grundsätzen erlaubt werden möge. Bei einer möglichst guten Erziehung im Staat werden sie freilich endlich von selbst wegfallen; aber die ist denn doch nicht gleich da und muß immer langsamer kommen, je mehr Hindernisse ihr im Wege stehen, oder ihren guten Erfolg vereiteln. Jndeß würkt jenes Uebel immer fort und schadet einem sehr großen Theil der Menschheit, gesetzt auch, daß wir Mittel wüsten, die Jugend der vornehmeren Stände dagegen zu schützen. Wenn wir auch nur noch im Einzelnen verbessern können, so müssen wir doch immer das Allgemeine vor Augen haben, sonst stürzt ein Theil ein, indem der andere gebaut wird. Es wäre also die Frage, wie es zu machen sey, daß solche Skandale für die Mensch- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0203" n="204"/> der seine Leidenschaften, Wünsche und Empfindungen so wenig zu dem kälteren Grad des Mannes herabstimmen, als seine Einsichten zu der Höhe eines bejahrten Weisen hinaufschrauben kann. Jmmer wird er für ihn die Gefahr verhältnißmäßig größer und der Widerstand geringer seyn.</p> <p>Wünschen will ich es also, und einen jeden, der dazu beitragen kann, inständigst bitten, daß nie ein öffentliches Hurenhaus gelitten, noch weniger aus Grundsätzen erlaubt werden möge. Bei einer möglichst guten Erziehung im Staat werden sie freilich endlich von selbst wegfallen; aber die ist denn doch nicht gleich da und muß immer langsamer kommen, je mehr Hindernisse ihr im Wege stehen, oder ihren guten Erfolg vereiteln. Jndeß würkt jenes Uebel immer fort und schadet einem sehr großen Theil der Menschheit, gesetzt auch, daß wir Mittel wüsten, die Jugend der vornehmeren Stände dagegen zu schützen. Wenn wir auch nur noch im Einzelnen verbessern können, so müssen wir doch immer das Allgemeine vor Augen haben, sonst stürzt ein Theil ein, indem der andere gebaut wird. Es wäre also die Frage, wie es zu machen sey, daß solche Skandale für die Mensch- </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [204/0203]
der seine Leidenschaften, Wünsche und Empfindungen so wenig zu dem kälteren Grad des Mannes herabstimmen, als seine Einsichten zu der Höhe eines bejahrten Weisen hinaufschrauben kann. Jmmer wird er für ihn die Gefahr verhältnißmäßig größer und der Widerstand geringer seyn.
Wünschen will ich es also, und einen jeden, der dazu beitragen kann, inständigst bitten, daß nie ein öffentliches Hurenhaus gelitten, noch weniger aus Grundsätzen erlaubt werden möge. Bei einer möglichst guten Erziehung im Staat werden sie freilich endlich von selbst wegfallen; aber die ist denn doch nicht gleich da und muß immer langsamer kommen, je mehr Hindernisse ihr im Wege stehen, oder ihren guten Erfolg vereiteln. Jndeß würkt jenes Uebel immer fort und schadet einem sehr großen Theil der Menschheit, gesetzt auch, daß wir Mittel wüsten, die Jugend der vornehmeren Stände dagegen zu schützen. Wenn wir auch nur noch im Einzelnen verbessern können, so müssen wir doch immer das Allgemeine vor Augen haben, sonst stürzt ein Theil ein, indem der andere gebaut wird. Es wäre also die Frage, wie es zu machen sey, daß solche Skandale für die Mensch-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/oest_kinder_1787 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/oest_kinder_1787/203 |
Zitationshilfe: | Oest, Johann Friedrich: Versuch einer Beantwortung der pädagogischen Frage: Wie man Kinder und junge Leute vor dem Leib und Seele verwüstenden Laster der Unzucht überhaupt, und der Selbstschwächung insonderheit verwahren, oder, wofern sie schon davon angesteckt waren, wie man sie davon heilen könne? Wien, 1787, S. 204. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/oest_kinder_1787/203>, abgerufen am 16.07.2024. |