Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Oest, Johann Friedrich: Versuch einer Beantwortung der pädagogischen Frage: Wie man Kinder und junge Leute vor dem Leib und Seele verwüstenden Laster der Unzucht überhaupt, und der Selbstschwächung insonderheit verwahren, oder, wofern sie schon davon angesteckt waren, wie man sie davon heilen könne? Wien, 1787.

Bild:
<< vorherige Seite

natürliche Beschaffenheit des Körpers und andere zufällige Umstände können die Folgen mehren oder mindern. Aber wie selten sind denn doch die Fälle, daß ein unkeuscher Mensch nur mit einer leidlichen Gesundheit davon kommt! Tausend Beispiele sind gegen eins, daß sie die flüchtigen Augenblicke, in denen sie sich glücklich wähnten, mit langen martervollen Jahren oder mit einem hingewelkten trüben Leben oder mit einem frühen Tode büßen musten. Wie viele dieser Unglücklichen schleichen wie lebendige Leichen umher! Der Geist ist niedergedrückt, der Körper zur Erde gebeugt, das matte Auge unfähig, an irgend einer Schönheit in der Natur sich zu weiden. Ueberall sind Spuren einer verwüstenden Leidenschaft, die das Meisterstück der Schöpfung in ein Scheusaal verwandelten. Doch - ich wollte nicht schildern.

Man bedenke denn auch, daß einer, der sich der Unkeuschheit ergiebt, so viele Andere zugleich unglücklich macht und in dieser Hinsicht das schädliche Glied in der menschlichen Gesellschaft ist. Kein Laster hat so allgemeinen Einfluß auf den ganzen Verfall der Menschheit, als Unzucht. Man nehme an, daß Wollüstlinge in den ersten Jahren ihrer kraftvollen Jugend gesunde und

natürliche Beschaffenheit des Körpers und andere zufällige Umstände können die Folgen mehren oder mindern. Aber wie selten sind denn doch die Fälle, daß ein unkeuscher Mensch nur mit einer leidlichen Gesundheit davon kommt! Tausend Beispiele sind gegen eins, daß sie die flüchtigen Augenblicke, in denen sie sich glücklich wähnten, mit langen martervollen Jahren oder mit einem hingewelkten trüben Leben oder mit einem frühen Tode büßen musten. Wie viele dieser Unglücklichen schleichen wie lebendige Leichen umher! Der Geist ist niedergedrückt, der Körper zur Erde gebeugt, das matte Auge unfähig, an irgend einer Schönheit in der Natur sich zu weiden. Ueberall sind Spuren einer verwüstenden Leidenschaft, die das Meisterstück der Schöpfung in ein Scheusaal verwandelten. Doch – ich wollte nicht schildern.

Man bedenke denn auch, daß einer, der sich der Unkeuschheit ergiebt, so viele Andere zugleich unglücklich macht und in dieser Hinsicht das schädliche Glied in der menschlichen Gesellschaft ist. Kein Laster hat so allgemeinen Einfluß auf den ganzen Verfall der Menschheit, als Unzucht. Man nehme an, daß Wollüstlinge in den ersten Jahren ihrer kraftvollen Jugend gesunde und

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0020" n="21"/>
natürliche Beschaffenheit des Körpers und andere zufällige Umstände können die Folgen mehren oder mindern. Aber wie selten sind denn doch die Fälle, daß ein unkeuscher Mensch nur mit einer leidlichen Gesundheit davon kommt! Tausend Beispiele sind gegen eins, daß sie die flüchtigen Augenblicke, in denen sie sich glücklich wähnten, mit langen martervollen Jahren oder mit einem hingewelkten trüben Leben oder mit einem frühen Tode büßen musten. Wie viele dieser Unglücklichen schleichen wie lebendige Leichen umher! Der Geist ist niedergedrückt, der Körper zur Erde gebeugt, das matte Auge unfähig, an irgend einer Schönheit in der Natur sich zu weiden. Ueberall sind Spuren einer verwüstenden Leidenschaft, die das Meisterstück der Schöpfung in ein Scheusaal verwandelten. Doch &#x2013; ich wollte nicht schildern.</p>
          <p>Man bedenke denn auch, daß einer, der sich der Unkeuschheit ergiebt, so viele Andere zugleich unglücklich macht und in dieser Hinsicht das schädliche Glied in der menschlichen Gesellschaft ist. Kein Laster hat so allgemeinen Einfluß auf den ganzen Verfall der Menschheit, als Unzucht. Man nehme an, daß Wollüstlinge in den ersten Jahren ihrer kraftvollen Jugend gesunde und
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[21/0020] natürliche Beschaffenheit des Körpers und andere zufällige Umstände können die Folgen mehren oder mindern. Aber wie selten sind denn doch die Fälle, daß ein unkeuscher Mensch nur mit einer leidlichen Gesundheit davon kommt! Tausend Beispiele sind gegen eins, daß sie die flüchtigen Augenblicke, in denen sie sich glücklich wähnten, mit langen martervollen Jahren oder mit einem hingewelkten trüben Leben oder mit einem frühen Tode büßen musten. Wie viele dieser Unglücklichen schleichen wie lebendige Leichen umher! Der Geist ist niedergedrückt, der Körper zur Erde gebeugt, das matte Auge unfähig, an irgend einer Schönheit in der Natur sich zu weiden. Ueberall sind Spuren einer verwüstenden Leidenschaft, die das Meisterstück der Schöpfung in ein Scheusaal verwandelten. Doch – ich wollte nicht schildern. Man bedenke denn auch, daß einer, der sich der Unkeuschheit ergiebt, so viele Andere zugleich unglücklich macht und in dieser Hinsicht das schädliche Glied in der menschlichen Gesellschaft ist. Kein Laster hat so allgemeinen Einfluß auf den ganzen Verfall der Menschheit, als Unzucht. Man nehme an, daß Wollüstlinge in den ersten Jahren ihrer kraftvollen Jugend gesunde und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-11-05T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-11-05T10:30:31Z)
Frederike Neuber: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-11-05T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien
  • Überschriebene „e“ über den Vokalen „a“, „o“ und „u“ werden als moderne Umlaute transkribiert.
  • Bindestriche werden nicht als =, sondern als - transkribiert.
  • Das Anführungszeichen „ wird am Ende eines Zitats als “ transkribiert.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/oest_kinder_1787
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/oest_kinder_1787/20
Zitationshilfe: Oest, Johann Friedrich: Versuch einer Beantwortung der pädagogischen Frage: Wie man Kinder und junge Leute vor dem Leib und Seele verwüstenden Laster der Unzucht überhaupt, und der Selbstschwächung insonderheit verwahren, oder, wofern sie schon davon angesteckt waren, wie man sie davon heilen könne? Wien, 1787, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/oest_kinder_1787/20>, abgerufen am 22.11.2024.