Oest, Johann Friedrich: Versuch einer Beantwortung der pädagogischen Frage: Wie man Kinder und junge Leute vor dem Leib und Seele verwüstenden Laster der Unzucht überhaupt, und der Selbstschwächung insonderheit verwahren, oder, wofern sie schon davon angesteckt waren, wie man sie davon heilen könne? Wien, 1787.sie dem Spiel so viel Wahrheit geben werden, als sie nur können und sicher werden sie alles, was sie an ihren Eltern gesehen haben und was nur irgends ausführbar ist, mit einmischen. Haben diese nun nicht immer die größte Vorsicht beobachtet, so werden ihre Kinder durch ein anfangs ganz unschuldiges Spiel nach und nach auf Abwege gebracht. Jch habe es selbst gesehen, daß Kinder sich bei diesem Spiel mit einer Jnnigkeit umschlangen und herzten, die mich in Erstaunen setzte. Und was soll man vollends von dem Genuß der geheimsten ehelichen Freuden sagen, wenn, wie oft geschehen ist, das Kind der lauschende Zeuge davon gewesen ist? Jn kleinen Häusern, wo Eltern ihre Kinder oft in derselben Kammer, worin sie sich befinden, ja oft in demselben Bette schlafen lassen, ist es nicht zu erwarten, daß dem Auge und Ohr des Kindes nicht manches bemerkbar seyn solte. Muß dies nicht zu höchstgefährlichen Spielen Anlaß geben? "Ueber Unvorsichtigkeiten dieser Art sehe man Salzmanns Schrift. Eine eigene Erfahrung füge ich indessen hinzu: R** hatte das Unglück gehabt, etwas nur zu entdecken, und so geschieht es, daß er aus bloßem Nachah- sie dem Spiel so viel Wahrheit geben werden, als sie nur können und sicher werden sie alles, was sie an ihren Eltern gesehen haben und was nur irgends ausführbar ist, mit einmischen. Haben diese nun nicht immer die größte Vorsicht beobachtet, so werden ihre Kinder durch ein anfangs ganz unschuldiges Spiel nach und nach auf Abwege gebracht. Jch habe es selbst gesehen, daß Kinder sich bei diesem Spiel mit einer Jnnigkeit umschlangen und herzten, die mich in Erstaunen setzte. Und was soll man vollends von dem Genuß der geheimsten ehelichen Freuden sagen, wenn, wie oft geschehen ist, das Kind der lauschende Zeuge davon gewesen ist? Jn kleinen Häusern, wo Eltern ihre Kinder oft in derselben Kammer, worin sie sich befinden, ja oft in demselben Bette schlafen lassen, ist es nicht zu erwarten, daß dem Auge und Ohr des Kindes nicht manches bemerkbar seyn solte. Muß dies nicht zu höchstgefährlichen Spielen Anlaß geben? „Ueber Unvorsichtigkeiten dieser Art sehe man Salzmanns Schrift. Eine eigene Erfahrung füge ich indessen hinzu: R** hatte das Unglück gehabt, etwas nur zu entdecken, und so geschieht es, daß er aus bloßem Nachah- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0119" n="120"/> sie dem Spiel so viel Wahrheit geben werden, als sie nur können und sicher werden sie alles, was sie an ihren Eltern gesehen haben und was nur irgends ausführbar ist, mit einmischen. Haben diese nun nicht immer die größte Vorsicht beobachtet, so werden ihre Kinder durch ein anfangs ganz unschuldiges Spiel nach und nach auf Abwege gebracht. Jch habe es selbst gesehen, daß Kinder sich bei diesem Spiel mit einer Jnnigkeit umschlangen und herzten, die mich in Erstaunen setzte.</p> <p>Und was soll man vollends von dem Genuß der geheimsten ehelichen Freuden sagen, wenn, wie oft geschehen ist, das Kind der lauschende Zeuge davon gewesen ist? Jn kleinen Häusern, wo Eltern ihre Kinder oft in derselben Kammer, worin sie sich befinden, ja oft in demselben Bette schlafen lassen, ist es nicht zu erwarten, daß dem Auge und Ohr des Kindes nicht manches bemerkbar seyn solte. Muß dies nicht zu höchstgefährlichen Spielen Anlaß geben?</p> <p>„Ueber Unvorsichtigkeiten dieser Art sehe man Salzmanns Schrift. Eine eigene Erfahrung füge ich indessen hinzu: R** hatte das Unglück gehabt, etwas nur zu entdecken, und so geschieht es, daß er aus bloßem Nachah- </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [120/0119]
sie dem Spiel so viel Wahrheit geben werden, als sie nur können und sicher werden sie alles, was sie an ihren Eltern gesehen haben und was nur irgends ausführbar ist, mit einmischen. Haben diese nun nicht immer die größte Vorsicht beobachtet, so werden ihre Kinder durch ein anfangs ganz unschuldiges Spiel nach und nach auf Abwege gebracht. Jch habe es selbst gesehen, daß Kinder sich bei diesem Spiel mit einer Jnnigkeit umschlangen und herzten, die mich in Erstaunen setzte.
Und was soll man vollends von dem Genuß der geheimsten ehelichen Freuden sagen, wenn, wie oft geschehen ist, das Kind der lauschende Zeuge davon gewesen ist? Jn kleinen Häusern, wo Eltern ihre Kinder oft in derselben Kammer, worin sie sich befinden, ja oft in demselben Bette schlafen lassen, ist es nicht zu erwarten, daß dem Auge und Ohr des Kindes nicht manches bemerkbar seyn solte. Muß dies nicht zu höchstgefährlichen Spielen Anlaß geben?
„Ueber Unvorsichtigkeiten dieser Art sehe man Salzmanns Schrift. Eine eigene Erfahrung füge ich indessen hinzu: R** hatte das Unglück gehabt, etwas nur zu entdecken, und so geschieht es, daß er aus bloßem Nachah-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/oest_kinder_1787 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/oest_kinder_1787/119 |
Zitationshilfe: | Oest, Johann Friedrich: Versuch einer Beantwortung der pädagogischen Frage: Wie man Kinder und junge Leute vor dem Leib und Seele verwüstenden Laster der Unzucht überhaupt, und der Selbstschwächung insonderheit verwahren, oder, wofern sie schon davon angesteckt waren, wie man sie davon heilen könne? Wien, 1787, S. 120. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/oest_kinder_1787/119>, abgerufen am 16.07.2024. |