Oberwinder, Heinrich: Der Fall Buschoff. Berlin, 1892.Eßlar, Skurz, Korfu etc. mit den vermutlichen Trägern identifiziert hat! Wenn so ein Christ irgendwo eines Kapitalverbrechens angeklagt wird, wer kümmert sich dann um ihn und seinen Prozeß? Bilden sich dann etwa auch Finanz- und Rabbinerkomitees, um der Untersuchung ihren Weg vorzuschreiben, oder überlaufen unsere Geistlichen dann etwa die Minister und Gerichte, damit dem Angeschuldigten nur ja kein Haar gekrümmt werde? Allein schon diese Durchstechereien während der Untersuchung, diese offene Aktion zu Gunsten des so schwer belasteten Schächters fordern arge Besorgnis und Befürchtungen geradezu heraus. Wenn die Herren Minister von vornherein so bereitwillig auf die sehr verdächtigen Vorstellungen der Rabbiner eingegangen sind, so mögen sie jetzt, wo sich die öffentliche Meinung wider das Vorgehen der Lokalbehörden auflehnt, denselben Eifer umgekehrt bethätigen und nicht dulden, daß dieselben über das Wolffsche Belastungsmaterial kurzer Hand zur Tagesordnung übergehen! Daß Verdunkelungsversuche gemacht worden sind, werden wir beweisen! Ist es nicht auch im höchsten Grade befremdlich, daß, als am 29. Juni das geschächtete Kind dicht bei den Buschoffschen Schlachthause gefunden wurde, der erste Staatsanwalt in Cleve es unterließ, sofort an Ort und Stelle zu eilen und die von vornherein verschleppte Untersuchung persönlich zu leiten? Mit Recht erklärte der hier erscheinende, von einem angesehenen Geistlichen herausgegebene "Bote", er könne diese unglaubliche, aber nur zu wahre Unterlassung diesem Beamten nimmer vergessen. Ist denn so eine grauenhafte Mordthat gar nichts? Verlohnt es sich etwa nicht der Mühe, den drei Meilen weiten Weg von Cleve nach hier zurückzulegen, wenn am hellen lichten Tage ein unschuldiges Christenkind nach allen Regeln der Kunst geschächtet und ausgeblutet in einem Kuhstalle vorgefunden wird? Dieser Punkt erheischt zunächst eine authentische Aufklärung, die wir durch diese Verwahrungen provocieren wollen. Aber das Ungeheuerlichste, das Befremdlichste bleibt, abgesehen von der Freilassung Buschoffs, die Thatsache, daß, obwohl die Volksstimme unterschiedslos von vornherein diesen der gräßlichen That bezichtigte, trotzdem von Eßlar, Skurz, Korfu etc. mit den vermutlichen Trägern identifiziert hat! Wenn so ein Christ irgendwo eines Kapitalverbrechens angeklagt wird, wer kümmert sich dann um ihn und seinen Prozeß? Bilden sich dann etwa auch Finanz- und Rabbinerkomitees, um der Untersuchung ihren Weg vorzuschreiben, oder überlaufen unsere Geistlichen dann etwa die Minister und Gerichte, damit dem Angeschuldigten nur ja kein Haar gekrümmt werde? Allein schon diese Durchstechereien während der Untersuchung, diese offene Aktion zu Gunsten des so schwer belasteten Schächters fordern arge Besorgnis und Befürchtungen geradezu heraus. Wenn die Herren Minister von vornherein so bereitwillig auf die sehr verdächtigen Vorstellungen der Rabbiner eingegangen sind, so mögen sie jetzt, wo sich die öffentliche Meinung wider das Vorgehen der Lokalbehörden auflehnt, denselben Eifer umgekehrt bethätigen und nicht dulden, daß dieselben über das Wolffsche Belastungsmaterial kurzer Hand zur Tagesordnung übergehen! Daß Verdunkelungsversuche gemacht worden sind, werden wir beweisen! Ist es nicht auch im höchsten Grade befremdlich, daß, als am 29. Juni das geschächtete Kind dicht bei den Buschoffschen Schlachthause gefunden wurde, der erste Staatsanwalt in Cleve es unterließ, sofort an Ort und Stelle zu eilen und die von vornherein verschleppte Untersuchung persönlich zu leiten? Mit Recht erklärte der hier erscheinende, von einem angesehenen Geistlichen herausgegebene „Bote“, er könne diese unglaubliche, aber nur zu wahre Unterlassung diesem Beamten nimmer vergessen. Ist denn so eine grauenhafte Mordthat gar nichts? Verlohnt es sich etwa nicht der Mühe, den drei Meilen weiten Weg von Cleve nach hier zurückzulegen, wenn am hellen lichten Tage ein unschuldiges Christenkind nach allen Regeln der Kunst geschächtet und ausgeblutet in einem Kuhstalle vorgefunden wird? Dieser Punkt erheischt zunächst eine authentische Aufklärung, die wir durch diese Verwahrungen provocieren wollen. 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Mit Recht erklärte der hier erscheinende, von einem angesehenen Geistlichen herausgegebene „Bote“, er könne diese unglaubliche, aber nur zu wahre Unterlassung diesem Beamten nimmer vergessen. Ist denn so eine grauenhafte Mordthat gar nichts? Verlohnt es sich etwa nicht der Mühe, den drei Meilen weiten Weg von Cleve nach hier zurückzulegen, wenn am hellen lichten Tage ein unschuldiges Christenkind nach allen Regeln der Kunst geschächtet und ausgeblutet in einem Kuhstalle vorgefunden wird? Dieser Punkt erheischt zunächst eine authentische Aufklärung, die wir durch diese Verwahrungen provocieren wollen. Aber das Ungeheuerlichste, das Befremdlichste bleibt, abgesehen von der Freilassung Buschoffs, die Thatsache, daß, obwohl die Volksstimme unterschiedslos von vornherein diesen der gräßlichen That bezichtigte, trotzdem von </p> </div> </body> </text> </TEI> [22/0022]
Eßlar, Skurz, Korfu etc. mit den vermutlichen Trägern identifiziert hat! Wenn so ein Christ irgendwo eines Kapitalverbrechens angeklagt wird, wer kümmert sich dann um ihn und seinen Prozeß? Bilden sich dann etwa auch Finanz- und Rabbinerkomitees, um der Untersuchung ihren Weg vorzuschreiben, oder überlaufen unsere Geistlichen dann etwa die Minister und Gerichte, damit dem Angeschuldigten nur ja kein Haar gekrümmt werde? Allein schon diese Durchstechereien während der Untersuchung, diese offene Aktion zu Gunsten des so schwer belasteten Schächters fordern arge Besorgnis und Befürchtungen geradezu heraus.
Wenn die Herren Minister von vornherein so bereitwillig auf die sehr verdächtigen Vorstellungen der Rabbiner eingegangen sind, so mögen sie jetzt, wo sich die öffentliche Meinung wider das Vorgehen der Lokalbehörden auflehnt, denselben Eifer umgekehrt bethätigen und nicht dulden, daß dieselben über das Wolffsche Belastungsmaterial kurzer Hand zur Tagesordnung übergehen! Daß Verdunkelungsversuche gemacht worden sind, werden wir beweisen! Ist es nicht auch im höchsten Grade befremdlich, daß, als am 29. Juni das geschächtete Kind dicht bei den Buschoffschen Schlachthause gefunden wurde, der erste Staatsanwalt in Cleve es unterließ, sofort an Ort und Stelle zu eilen und die von vornherein verschleppte Untersuchung persönlich zu leiten? Mit Recht erklärte der hier erscheinende, von einem angesehenen Geistlichen herausgegebene „Bote“, er könne diese unglaubliche, aber nur zu wahre Unterlassung diesem Beamten nimmer vergessen. Ist denn so eine grauenhafte Mordthat gar nichts? Verlohnt es sich etwa nicht der Mühe, den drei Meilen weiten Weg von Cleve nach hier zurückzulegen, wenn am hellen lichten Tage ein unschuldiges Christenkind nach allen Regeln der Kunst geschächtet und ausgeblutet in einem Kuhstalle vorgefunden wird? Dieser Punkt erheischt zunächst eine authentische Aufklärung, die wir durch diese Verwahrungen provocieren wollen. Aber das Ungeheuerlichste, das Befremdlichste bleibt, abgesehen von der Freilassung Buschoffs, die Thatsache, daß, obwohl die Volksstimme unterschiedslos von vornherein diesen der gräßlichen That bezichtigte, trotzdem von
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