[N. N.]: Der berühmte Ertz-Dieb und Strassen-Räuber Cartouche. Leipzig, 1722.gen nicht wenig incommodiret, wie denn auch 16. biß 18. Personen theils Einige haben vor gewiß vorgeben wollen, daß Cartouche seine Rail- Gegen
gen nicht wenig incommodiret, wie denn auch 16. biß 18. Perſonen theils Einige haben vor gewiß vorgeben wollen, daß Cartouche ſeine Rail- Gegen
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0024" n="18"/> gen nicht wenig <hi rendition="#aq">incommodir</hi>et, wie denn auch 16. biß 18. Perſonen theils<lb/> durch das groſſe Gedraͤnge, theils auch durch die ausgetheilten<lb/> Schlaͤge getoͤdtet und <hi rendition="#aq">bleſſir</hi>et worden. Den 29. Nachmittags um 1.<lb/> Uhr ward endlich <hi rendition="#aq">Cartouche</hi> wieder auf den Richt-Platz gebracht, all-<lb/> wo er von dem Scharffrichter 11. Schlaͤge mit einer eiſernen Keule,<lb/> nemlich 3. auf den rechten, 3. auf den lincken Arm, 2. auf das lincke, 2.<lb/> auf das rechte Bein und den letzten auf die Bruſt empfieng. Hierauf<lb/> ward der zertruͤmmerte aber noch lebende Coͤrper auf das Rad geleget,<lb/> auf welchem man ihn bey nahe noch eine Viertel-Stunde leben ließ,<lb/> endlich aber, auf Vorbitte des Beicht-Vaters, die ihm um den Halß<lb/> gemachte Schnure zuzog und ihn erdroſſelte. Dieſes war das ſchmertz-<lb/> liche Ende eines der groͤſten Raͤuber, Diebe und Spitzbuben in Franck-<lb/> reich, von welchem man noch eine ziemliche Weile in Paris zu reden<lb/> haben, biß etwann eine andere abenthenerliche Begebenheit ſein Anden-<lb/> cken verdunckeln wird. Der ungluͤckſeelige Leichnam blieb ſo dann noch<lb/> einige Zeit auf dem Rade liegen, ward aber endlich abgenommen, auf<lb/> eine Baare geleget und von den Henckers-Knechten auf den Kirch-Hof<lb/> der unſchuldigen Kinder gebracht; Allein es bekam auch hierdurch die<lb/> Tragoͤdie von <hi rendition="#aq">Cartouche</hi> noch kein Ende, denn die <hi rendition="#aq">Chirurgi</hi> von <hi rendition="#aq">S.<lb/> Coſmo</hi> kaufften dem Scharffrichter den <hi rendition="#aq">Cartouchi</hi>ſchen Coͤrper unter<lb/> dem Vorwand ab, daß ſie zum Nutzen ihrer Lehrlinge, eine <hi rendition="#aq">Anatomie</hi><lb/> oder Zerlegung damit anſtellen wolten; Allein ſie haben einen <hi rendition="#aq">curieuſ</hi>en<lb/> Wucher mit ſelbigem getrieben, und ihn vor Geld ſehen laſſen, da denn<lb/> der Zulauff ſo groß geweſen, daß man noch im Zweiffel ſtehet: Ob <hi rendition="#aq">Car-<lb/> touche</hi> bey ſeiner Freyheit mit ſeiner Mord- und Diebs-<hi rendition="#aq">Profeſſion,</hi><lb/> oder die Comoͤdianten bey ſeiner Gefangenſchafft mit der von ihm ge-<lb/> ſpielten Comoͤdie, oder die <hi rendition="#aq">Chirurgi</hi> nach ſeinem Tode mit ſeinem Coͤr-<lb/> per mehr verdieuet.</p><lb/> <p>Einige haben vor gewiß vorgeben wollen, daß <hi rendition="#aq">Cartouche</hi> ſeine <hi rendition="#aq">Rail-<lb/> leri</hi>en auch mitten unter den Todes-Gedancken nicht laſſen koͤnnen, ſon-<lb/> dern etlichemal zu dem Beicht-Vater geſaget: Mein <hi rendition="#aq">Syſtema</hi> iſt von kei-<lb/> ner groͤſſern Dauer, als des Herrn Law ſeines geweſen. Dieſen Tag<lb/> ward weiter nichts vorgenommen; weil die Gerichts-Perſonen ſehr er-<lb/> muͤdet waren, den folgenden Morgen aber ſahe man wieder 4. Raͤder und<lb/> 2. Galgen auf dem Platz <hi rendition="#aq">de Greve</hi> ſtehen.</p><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Gegen</fw><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [18/0024]
gen nicht wenig incommodiret, wie denn auch 16. biß 18. Perſonen theils
durch das groſſe Gedraͤnge, theils auch durch die ausgetheilten
Schlaͤge getoͤdtet und bleſſiret worden. Den 29. Nachmittags um 1.
Uhr ward endlich Cartouche wieder auf den Richt-Platz gebracht, all-
wo er von dem Scharffrichter 11. Schlaͤge mit einer eiſernen Keule,
nemlich 3. auf den rechten, 3. auf den lincken Arm, 2. auf das lincke, 2.
auf das rechte Bein und den letzten auf die Bruſt empfieng. Hierauf
ward der zertruͤmmerte aber noch lebende Coͤrper auf das Rad geleget,
auf welchem man ihn bey nahe noch eine Viertel-Stunde leben ließ,
endlich aber, auf Vorbitte des Beicht-Vaters, die ihm um den Halß
gemachte Schnure zuzog und ihn erdroſſelte. Dieſes war das ſchmertz-
liche Ende eines der groͤſten Raͤuber, Diebe und Spitzbuben in Franck-
reich, von welchem man noch eine ziemliche Weile in Paris zu reden
haben, biß etwann eine andere abenthenerliche Begebenheit ſein Anden-
cken verdunckeln wird. Der ungluͤckſeelige Leichnam blieb ſo dann noch
einige Zeit auf dem Rade liegen, ward aber endlich abgenommen, auf
eine Baare geleget und von den Henckers-Knechten auf den Kirch-Hof
der unſchuldigen Kinder gebracht; Allein es bekam auch hierdurch die
Tragoͤdie von Cartouche noch kein Ende, denn die Chirurgi von S.
Coſmo kaufften dem Scharffrichter den Cartouchiſchen Coͤrper unter
dem Vorwand ab, daß ſie zum Nutzen ihrer Lehrlinge, eine Anatomie
oder Zerlegung damit anſtellen wolten; Allein ſie haben einen curieuſen
Wucher mit ſelbigem getrieben, und ihn vor Geld ſehen laſſen, da denn
der Zulauff ſo groß geweſen, daß man noch im Zweiffel ſtehet: Ob Car-
touche bey ſeiner Freyheit mit ſeiner Mord- und Diebs-Profeſſion,
oder die Comoͤdianten bey ſeiner Gefangenſchafft mit der von ihm ge-
ſpielten Comoͤdie, oder die Chirurgi nach ſeinem Tode mit ſeinem Coͤr-
per mehr verdieuet.
Einige haben vor gewiß vorgeben wollen, daß Cartouche ſeine Rail-
lerien auch mitten unter den Todes-Gedancken nicht laſſen koͤnnen, ſon-
dern etlichemal zu dem Beicht-Vater geſaget: Mein Syſtema iſt von kei-
ner groͤſſern Dauer, als des Herrn Law ſeines geweſen. Dieſen Tag
ward weiter nichts vorgenommen; weil die Gerichts-Perſonen ſehr er-
muͤdet waren, den folgenden Morgen aber ſahe man wieder 4. Raͤder und
2. Galgen auf dem Platz de Greve ſtehen.
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