Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Nyland, Petrus: Desz Schauplatzes Irdischer Geschöpffe. Bd. 2. Osnabrück, 1687.

Bild:
<< vorherige Seite

gern mit weniger Mühe gefangen und getödtet werden.

Ihre erschreckliche Grimmigkeit ist vor einiger Zeit in Franckreich kund worden: Dann nach dem Todt des Königes Francisci haben zwey Leoparden/ ein Männlein und Weiblein/ auß ihren Schott sich loß gebrochen/ und umb Orleans her viel Menschen grausamlich zerrissen/ und hat man angemercket/ daß sie vielen Frauen allein die Brüste abgefressen gehabt. Wiewohl nun dies Thier sehr grimmig und wütendt ist/ so hat man dennoch an denselben einige Zeichen der Danckbahrkeit und Sanfftmuht verspüret: Denn die Geschicht-Schreiber vermelden/ daß eine Leopardin/ deren Junge in eine Grube gefallen waren/ ohnversehens des Philim Vatter angetroffen/ sich vor denselben gleichsam erniedriget/ und als flehend ihre Betrübnis und Schwermühtigkeit zu erkennen gegeben/ endlich ihre Klauwen sänfftiglich in seine Kleider geschlagen/ und habe ihn also nach der Gruben hin geleitet/ und ihre gefangene Jungen ihm gezeiget. Welche/ wie er sie auß der Gruben herauß geholet/ sonderliche Freuden-Zeichen gegen ihm bezeiget/ und ihn ohnbeschädiget wieder auß dem Gebüsche auff seinen vorigen Weg geführet.

Der Leopard übertrifft alle andere Thiere/ außgenommen die Zibet-Katze und Muscus-Geiß/ in einem sehr angenehmen Geruch/ dadurch alle andere Thiere angereitzet werden sich zu ihm zu nahen/ also daß er/ wann er schon durchs Alter abgemattet und geschwächet/ gleichwohl durch dies Mittel mit Speise und Wildfange versehen wird.

Wann das Weiblein ihre Junge geworffen hat/ setzet es sich vor die Höle/ umb allen feindlichen Anfall anderer Thiere abzuwähren/ und ihre Junge zu beschirmen; Inzwischen gehet das Männlein auff den Raub auß/ umb sie mit Speise zu versorgen.

Der Leopard ob er wohl von Natur sehr begierig ist auff das Bocksfleisch/ so hat dennoch/ nach AEliani Bericht/ ein gewisser Leopard von einem Bock oder Geiß / womit er von jugend auff aufferzogen/ nicht essen wollen/ ob schon seyn Herr durch Hunger ihn dazu pressen wollen. Worauß etliche noch einige Zeichen der Bescheidenheit und des Mitleidens abnehmen wollen.

Wann der Leopard geht oder läuft/ ziehet er seine Klauwen als in eine Scheide hinterwerts zu/ damit sie nicht sollen verschleißen oder Stumpff werden/ aber den Raub anzutasten strecket er sie wieder auß.

Er hat einen sonderbaren Eckel und

gern mit weniger Mühe gefangen und getödtet werden.

Ihre erschreckliche Grimmigkeit ist vor einiger Zeit in Franckreich kund worden: Dann nach dem Todt des Königes Francisci haben zwey Leoparden/ ein Männlein und Weiblein/ auß ihren Schott sich loß gebrochen/ und umb Orleans her viel Menschen grausamlich zerrissen/ und hat man angemercket/ daß sie vielen Frauen allein die Brüste abgefressen gehabt. Wiewohl nun dies Thier sehr grimmig und wütendt ist/ so hat man dennoch an denselben einige Zeichen der Danckbahrkeit und Sanfftmuht verspüret: Denn die Geschicht-Schreiber vermelden/ daß eine Leopardin/ deren Junge in eine Grube gefallen waren/ ohnversehens des Philim Vatter angetroffen/ sich vor denselben gleichsam erniedriget/ und als flehend ihre Betrübnis und Schwermühtigkeit zu erkennen gegeben/ endlich ihre Klauwen sänfftiglich in seine Kleider geschlagen/ und habe ihn also nach der Gruben hin geleitet/ und ihre gefangene Jungen ihm gezeiget. Welche/ wie er sie auß der Gruben herauß geholet/ sonderliche Freuden-Zeichen gegen ihm bezeiget/ und ihn ohnbeschädiget wieder auß dem Gebüsche auff seinen vorigen Weg geführet.

Der Leopard übertrifft alle andere Thiere/ außgenommen die Zibet-Katze und Muscus-Geiß/ in einem sehr angenehmen Geruch/ dadurch alle andere Thiere angereitzet werden sich zu ihm zu nahen/ also daß er/ wann er schon durchs Alter abgemattet und geschwächet/ gleichwohl durch dies Mittel mit Speise und Wildfange versehen wird.

Wann das Weiblein ihre Junge geworffen hat/ setzet es sich vor die Höle/ umb allen feindlichen Anfall anderer Thiere abzuwähren/ und ihre Junge zu beschirmen; Inzwischen gehet das Männlein auff den Raub auß/ umb sie mit Speise zu versorgen.

Der Leopard ob er wohl von Natur sehr begierig ist auff das Bocksfleisch/ so hat dennoch/ nach AEliani Bericht/ ein gewisser Leopard von einem Bock oder Geiß / womit er von jugend auff aufferzogen/ nicht essen wollen/ ob schon seyn Herr durch Hunger ihn dazu pressen wollen. Worauß etliche noch einige Zeichen der Bescheidenheit und des Mitleidens abnehmen wollen.

Wann der Leopard geht oder läuft/ ziehet er seine Klauwen als in eine Scheide hinterwerts zu/ damit sie nicht sollen verschleißen oder Stumpff werden/ aber den Raub anzutasten strecket er sie wieder auß.

Er hat einen sonderbaren Eckel und

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0053" n="49"/>
gern mit weniger Mühe gefangen und                      getödtet werden.</p>
        <p>Ihre erschreckliche Grimmigkeit ist vor einiger Zeit in Franckreich kund worden:                      Dann nach dem Todt des Königes Francisci haben zwey Leoparden/ ein Männlein und                      Weiblein/ auß ihren Schott sich loß gebrochen/ und umb Orleans her viel                      Menschen grausamlich zerrissen/ und hat man angemercket/ daß sie vielen Frauen                      allein die Brüste abgefressen gehabt. Wiewohl nun dies Thier sehr grimmig und                      wütendt ist/ so hat man dennoch an denselben einige Zeichen der Danckbahrkeit                      und Sanfftmuht verspüret: Denn die Geschicht-Schreiber vermelden/ daß eine                      Leopardin/ deren Junge in eine Grube gefallen waren/ ohnversehens des Philim                      Vatter angetroffen/ sich vor denselben gleichsam erniedriget/ und als flehend                      ihre Betrübnis und Schwermühtigkeit zu erkennen gegeben/ endlich ihre Klauwen                      sänfftiglich in seine Kleider geschlagen/ und habe ihn also nach der Gruben hin                      geleitet/ und ihre gefangene Jungen ihm gezeiget. Welche/ wie er sie auß der                      Gruben herauß geholet/ sonderliche Freuden-Zeichen gegen ihm bezeiget/ und ihn                      ohnbeschädiget wieder auß dem Gebüsche auff seinen vorigen Weg geführet.</p>
        <p>Der Leopard übertrifft alle andere Thiere/ außgenommen die Zibet-Katze und                      Muscus-Geiß/ in einem sehr angenehmen Geruch/ dadurch alle andere Thiere                      angereitzet werden sich zu ihm zu nahen/ also daß er/ wann er schon durchs                      Alter abgemattet und geschwächet/ gleichwohl durch dies Mittel mit Speise und                      Wildfange versehen wird.</p>
        <p>Wann das Weiblein ihre Junge geworffen hat/ setzet es sich vor die Höle/ umb                      allen feindlichen Anfall anderer Thiere abzuwähren/ und ihre Junge zu                      beschirmen; Inzwischen gehet das Männlein auff den Raub auß/ umb sie mit Speise                      zu versorgen.</p>
        <p>Der Leopard ob er wohl von Natur sehr begierig ist auff das Bocksfleisch/ so hat                      dennoch/ nach AEliani Bericht/ ein gewisser Leopard von einem Bock oder Geiß /                      womit er von jugend auff aufferzogen/ nicht essen wollen/ ob schon seyn Herr                      durch Hunger ihn dazu pressen wollen. Worauß etliche noch einige Zeichen der                      Bescheidenheit und des Mitleidens abnehmen wollen.</p>
        <p>Wann der Leopard geht oder läuft/ ziehet er seine Klauwen als in eine Scheide                      hinterwerts zu/ damit sie nicht sollen verschleißen oder Stumpff werden/ aber                      den Raub anzutasten strecket er sie wieder auß.</p>
        <p>Er hat einen sonderbaren Eckel und
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[49/0053] gern mit weniger Mühe gefangen und getödtet werden. Ihre erschreckliche Grimmigkeit ist vor einiger Zeit in Franckreich kund worden: Dann nach dem Todt des Königes Francisci haben zwey Leoparden/ ein Männlein und Weiblein/ auß ihren Schott sich loß gebrochen/ und umb Orleans her viel Menschen grausamlich zerrissen/ und hat man angemercket/ daß sie vielen Frauen allein die Brüste abgefressen gehabt. Wiewohl nun dies Thier sehr grimmig und wütendt ist/ so hat man dennoch an denselben einige Zeichen der Danckbahrkeit und Sanfftmuht verspüret: Denn die Geschicht-Schreiber vermelden/ daß eine Leopardin/ deren Junge in eine Grube gefallen waren/ ohnversehens des Philim Vatter angetroffen/ sich vor denselben gleichsam erniedriget/ und als flehend ihre Betrübnis und Schwermühtigkeit zu erkennen gegeben/ endlich ihre Klauwen sänfftiglich in seine Kleider geschlagen/ und habe ihn also nach der Gruben hin geleitet/ und ihre gefangene Jungen ihm gezeiget. Welche/ wie er sie auß der Gruben herauß geholet/ sonderliche Freuden-Zeichen gegen ihm bezeiget/ und ihn ohnbeschädiget wieder auß dem Gebüsche auff seinen vorigen Weg geführet. Der Leopard übertrifft alle andere Thiere/ außgenommen die Zibet-Katze und Muscus-Geiß/ in einem sehr angenehmen Geruch/ dadurch alle andere Thiere angereitzet werden sich zu ihm zu nahen/ also daß er/ wann er schon durchs Alter abgemattet und geschwächet/ gleichwohl durch dies Mittel mit Speise und Wildfange versehen wird. Wann das Weiblein ihre Junge geworffen hat/ setzet es sich vor die Höle/ umb allen feindlichen Anfall anderer Thiere abzuwähren/ und ihre Junge zu beschirmen; Inzwischen gehet das Männlein auff den Raub auß/ umb sie mit Speise zu versorgen. Der Leopard ob er wohl von Natur sehr begierig ist auff das Bocksfleisch/ so hat dennoch/ nach AEliani Bericht/ ein gewisser Leopard von einem Bock oder Geiß / womit er von jugend auff aufferzogen/ nicht essen wollen/ ob schon seyn Herr durch Hunger ihn dazu pressen wollen. Worauß etliche noch einige Zeichen der Bescheidenheit und des Mitleidens abnehmen wollen. Wann der Leopard geht oder läuft/ ziehet er seine Klauwen als in eine Scheide hinterwerts zu/ damit sie nicht sollen verschleißen oder Stumpff werden/ aber den Raub anzutasten strecket er sie wieder auß. Er hat einen sonderbaren Eckel und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Theatrum-Literatur der Frühen Neuzeit: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-11-26T12:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-11-26T12:54:31Z)
Arne Binder: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-11-26T12:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nylandt_schauplatz02_1678
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nylandt_schauplatz02_1678/53
Zitationshilfe: Nyland, Petrus: Desz Schauplatzes Irdischer Geschöpffe. Bd. 2. Osnabrück, 1687, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nylandt_schauplatz02_1678/53>, abgerufen am 21.11.2024.