Novalis: Heinrich von Ofterdingen. Berlin, 1802.seine Sänger vor ihn kamen und schöne Lie¬ ſeine Sänger vor ihn kamen und ſchöne Lie¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0096" n="88"/> ſeine Sänger vor ihn kamen und ſchöne Lie¬<lb/> der mitbrachten, war es, als ließe ſich die<lb/> alte Freude wieder vor ihm blicken; ſeine<lb/> Tochter dünkte ihm nah, und er ſchöpfte<lb/> Hofnung, ſie bald wieder zu ſehen. War<lb/> er aber wieder allein, ſo zerriß es ihm von<lb/> neuem das Herz und er weinte laut. Dann<lb/> gedachte er bey ſich ſelbſt: Was hilft mir<lb/> nun alle die Herrlichkeit, und meine hohe<lb/> Geburt. Nun bin ich doch elender als die<lb/> andern Menſchen. Meine Tochter kann mir<lb/> nichts erſetzen. Ohne ſie ſind auch die Geſän¬<lb/> ge nichts, als leere Worte und Blendwerk.<lb/> Sie war der Zauber, der ihnen Leben und<lb/> Freude, Macht und Geſtalt gab. Wollt' ich<lb/> doch lieber, ich wäre der geringſte meiner<lb/> Diener. Dann hätte ich meine Tochter noch;<lb/> auch wohl einen Eydam dazu und Enkel, die<lb/> mir auf den Knieen ſäßen: dann wäre ich ein<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [88/0096]
ſeine Sänger vor ihn kamen und ſchöne Lie¬
der mitbrachten, war es, als ließe ſich die
alte Freude wieder vor ihm blicken; ſeine
Tochter dünkte ihm nah, und er ſchöpfte
Hofnung, ſie bald wieder zu ſehen. War
er aber wieder allein, ſo zerriß es ihm von
neuem das Herz und er weinte laut. Dann
gedachte er bey ſich ſelbſt: Was hilft mir
nun alle die Herrlichkeit, und meine hohe
Geburt. Nun bin ich doch elender als die
andern Menſchen. Meine Tochter kann mir
nichts erſetzen. Ohne ſie ſind auch die Geſän¬
ge nichts, als leere Worte und Blendwerk.
Sie war der Zauber, der ihnen Leben und
Freude, Macht und Geſtalt gab. Wollt' ich
doch lieber, ich wäre der geringſte meiner
Diener. Dann hätte ich meine Tochter noch;
auch wohl einen Eydam dazu und Enkel, die
mir auf den Knieen ſäßen: dann wäre ich ein
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