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Novalis: Heinrich von Ofterdingen. Berlin, 1802.

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durch den schlicht gekleideten ehrwürdigen
Greis und den bescheidnen Anstand des
Sohnes erhöhet wurde. Der Alte hielt sie
gleich für eine zum Hof gehörige Per¬
son, wozu ihre kostbare Tracht, und ihr
edles Betragen ihm Anlaß genug gab.
Während der Abwesenheit des Sohnes be¬
fragte sie ihn um einige Merkwürdigkeiten,
die ihr vorzüglich in die Augen fielen, wor¬
unter besonders einige alte, sonderbare Bil¬
der waren, die neben ihrem Sitze auf dem
Heerde standen, und er war bereitwillig sie
auf eine anmuthige Art damit bekannt zu
machen. Der Sohn kam bald mit einem
Kruge voll frischer Milch zurück, und reichte
ihr denselben mit ungekünsteltem und ehr¬
furchtsvollem Wesen. Nach einigen anzie¬
henden Gesprächen mit beyden, dankte sie
auf die lieblichste Weise für die freundliche
Bewirthung, bat erröthend den Alten um

durch den ſchlicht gekleideten ehrwürdigen
Greis und den beſcheidnen Anſtand des
Sohnes erhöhet wurde. Der Alte hielt ſie
gleich für eine zum Hof gehörige Per¬
ſon, wozu ihre koſtbare Tracht, und ihr
edles Betragen ihm Anlaß genug gab.
Während der Abweſenheit des Sohnes be¬
fragte ſie ihn um einige Merkwürdigkeiten,
die ihr vorzüglich in die Augen fielen, wor¬
unter beſonders einige alte, ſonderbare Bil¬
der waren, die neben ihrem Sitze auf dem
Heerde ſtanden, und er war bereitwillig ſie
auf eine anmuthige Art damit bekannt zu
machen. Der Sohn kam bald mit einem
Kruge voll friſcher Milch zurück, und reichte
ihr denſelben mit ungekünſteltem und ehr¬
furchtsvollem Weſen. Nach einigen anzie¬
henden Geſprächen mit beyden, dankte ſie
auf die lieblichſte Weiſe für die freundliche
Bewirthung, bat erröthend den Alten um

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[70/0078] durch den ſchlicht gekleideten ehrwürdigen Greis und den beſcheidnen Anſtand des Sohnes erhöhet wurde. Der Alte hielt ſie gleich für eine zum Hof gehörige Per¬ ſon, wozu ihre koſtbare Tracht, und ihr edles Betragen ihm Anlaß genug gab. Während der Abweſenheit des Sohnes be¬ fragte ſie ihn um einige Merkwürdigkeiten, die ihr vorzüglich in die Augen fielen, wor¬ unter beſonders einige alte, ſonderbare Bil¬ der waren, die neben ihrem Sitze auf dem Heerde ſtanden, und er war bereitwillig ſie auf eine anmuthige Art damit bekannt zu machen. Der Sohn kam bald mit einem Kruge voll friſcher Milch zurück, und reichte ihr denſelben mit ungekünſteltem und ehr¬ furchtsvollem Weſen. Nach einigen anzie¬ henden Geſprächen mit beyden, dankte ſie auf die lieblichſte Weiſe für die freundliche Bewirthung, bat erröthend den Alten um

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Zitationshilfe: Novalis: Heinrich von Ofterdingen. Berlin, 1802, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/novalis_ofterdingen_1802/78>, abgerufen am 05.05.2024.