lassene Landschaft von der aufgehenden Sonne auf einmal erleuchtet wurde, so fie¬ len dem überraschten Jüngling alte Melo¬ dien seines Innern in den trüben Wechsel seiner Gedanken ein. Er sah sich an der Schwelle der Ferne, in die er oft vergebens von den nahen Bergen geschaut, und die er sich mit sonderbaren Farben ausgemahlt hatte. Er war im Begriff, sich in ihre blaue Flut zu tauchen. Die Wunderblume stand vor ihm, und er sah nach Thüringen, wel¬ ches er jetzt hinter sich ließ mit der seltsamen Ahndung hinüber, als werde er nach langen Wanderungen von der Weltgegend her, nach welcher sie jetzt reisten, in sein Vater¬ land zurückkommen, und als reise er daher diesem eigentlich zu. Die Gesellschaft, die anfänglich aus ähnlichen Ursachen still gewe¬ sen war, fing nach gerade an aufzuwachen, und sich mit allerhand Gesprächen und Er¬
laſſene Landſchaft von der aufgehenden Sonne auf einmal erleuchtet wurde, ſo fie¬ len dem überraſchten Jüngling alte Melo¬ dien ſeines Innern in den trüben Wechſel ſeiner Gedanken ein. Er ſah ſich an der Schwelle der Ferne, in die er oft vergebens von den nahen Bergen geſchaut, und die er ſich mit ſonderbaren Farben ausgemahlt hatte. Er war im Begriff, ſich in ihre blaue Flut zu tauchen. Die Wunderblume ſtand vor ihm, und er ſah nach Thüringen, wel¬ ches er jetzt hinter ſich ließ mit der ſeltſamen Ahndung hinüber, als werde er nach langen Wanderungen von der Weltgegend her, nach welcher ſie jetzt reiſten, in ſein Vater¬ land zurückkommen, und als reiſe er daher dieſem eigentlich zu. Die Geſellſchaft, die anfänglich aus ähnlichen Urſachen ſtill gewe¬ ſen war, fing nach gerade an aufzuwachen, und ſich mit allerhand Geſprächen und Er¬
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0045"n="37"/>
laſſene Landſchaft von der aufgehenden<lb/>
Sonne auf einmal erleuchtet wurde, ſo fie¬<lb/>
len dem überraſchten Jüngling alte Melo¬<lb/>
dien ſeines Innern in den trüben Wechſel<lb/>ſeiner Gedanken ein. Er ſah ſich an der<lb/>
Schwelle der Ferne, in die er oft vergebens<lb/>
von den nahen Bergen geſchaut, und die er<lb/>ſich mit ſonderbaren Farben ausgemahlt<lb/>
hatte. Er war im Begriff, ſich in ihre blaue<lb/>
Flut zu tauchen. Die Wunderblume ſtand<lb/>
vor ihm, und er ſah nach Thüringen, wel¬<lb/>
ches er jetzt hinter ſich ließ mit der ſeltſamen<lb/>
Ahndung hinüber, als werde er nach langen<lb/>
Wanderungen von der Weltgegend her,<lb/>
nach welcher ſie jetzt reiſten, in ſein Vater¬<lb/>
land zurückkommen, und als reiſe er daher<lb/>
dieſem eigentlich zu. Die Geſellſchaft, die<lb/>
anfänglich aus ähnlichen Urſachen ſtill gewe¬<lb/>ſen war, fing nach gerade an aufzuwachen,<lb/>
und ſich mit allerhand Geſprächen und Er¬<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[37/0045]
laſſene Landſchaft von der aufgehenden
Sonne auf einmal erleuchtet wurde, ſo fie¬
len dem überraſchten Jüngling alte Melo¬
dien ſeines Innern in den trüben Wechſel
ſeiner Gedanken ein. Er ſah ſich an der
Schwelle der Ferne, in die er oft vergebens
von den nahen Bergen geſchaut, und die er
ſich mit ſonderbaren Farben ausgemahlt
hatte. Er war im Begriff, ſich in ihre blaue
Flut zu tauchen. Die Wunderblume ſtand
vor ihm, und er ſah nach Thüringen, wel¬
ches er jetzt hinter ſich ließ mit der ſeltſamen
Ahndung hinüber, als werde er nach langen
Wanderungen von der Weltgegend her,
nach welcher ſie jetzt reiſten, in ſein Vater¬
land zurückkommen, und als reiſe er daher
dieſem eigentlich zu. Die Geſellſchaft, die
anfänglich aus ähnlichen Urſachen ſtill gewe¬
ſen war, fing nach gerade an aufzuwachen,
und ſich mit allerhand Geſprächen und Er¬
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Novalis: Heinrich von Ofterdingen. Berlin, 1802, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/novalis_ofterdingen_1802/45>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.