Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Novalis: Heinrich von Ofterdingen. Berlin, 1802.

Bild:
<< vorherige Seite

der Erziehung, weil wir in euren Gärten
waren und die eigentliche Offenbarung der
Kindheit, die unschuldige Blumenwelt, un¬
merklich in unser Gedächeniß und auf unsre
Lippen die Erinnerung der alten Bekannt¬
schaft brachte. Mein Vater ist auch ein
großer Freund des Gartenlebens und die
glüklichsten Stunden seines Lebens bringt er
unter den Blumen zu. Dies hat auch gewiß
seinen Sinn für die Kinder so offen erhal¬
ten, da Blumen die Ebenbilder der Kinder
sind. Den vollen Reichthum des unendlichen
Lebens, die gewaltigen Mächte der spätern
Zeit, die Herrlichkeit des Weltendes, und die
goldene Zukunft aller Dinge sehen wir hier
noch innig in einander verschlungen, aber
doch auf das deutlichste und klarste in zarter
Verjüngung. Schon treibt die allmächtige
Liebe, aber sie zündet noch nicht: es ist kei¬
ne verzehrende Flamme, es ist ein zerrinnen¬

C 2

der Erziehung, weil wir in euren Gärten
waren und die eigentliche Offenbarung der
Kindheit, die unſchuldige Blumenwelt, un¬
merklich in unſer Gedächeniß und auf unſre
Lippen die Erinnerung der alten Bekannt¬
ſchaft brachte. Mein Vater iſt auch ein
großer Freund des Gartenlebens und die
glüklichſten Stunden ſeines Lebens bringt er
unter den Blumen zu. Dies hat auch gewiß
ſeinen Sinn für die Kinder ſo offen erhal¬
ten, da Blumen die Ebenbilder der Kinder
ſind. Den vollen Reichthum des unendlichen
Lebens, die gewaltigen Mächte der ſpätern
Zeit, die Herrlichkeit des Weltendes, und die
goldene Zukunft aller Dinge ſehen wir hier
noch innig in einander verſchlungen, aber
doch auf das deutlichſte und klarſte in zarter
Verjüngung. Schon treibt die allmächtige
Liebe, aber ſie zündet noch nicht: es iſt kei¬
ne verzehrende Flamme, es iſt ein zerrinnen¬

C 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0381" n="35"/>
der Erziehung, weil wir in euren Gärten<lb/>
waren und die eigentliche Offenbarung der<lb/>
Kindheit, die un&#x017F;chuldige Blumenwelt, un¬<lb/>
merklich in un&#x017F;er Gedächeniß und auf un&#x017F;re<lb/>
Lippen die Erinnerung der alten Bekannt¬<lb/>
&#x017F;chaft brachte. Mein Vater i&#x017F;t auch ein<lb/>
großer Freund des Gartenlebens und die<lb/>
glüklich&#x017F;ten Stunden &#x017F;eines Lebens bringt er<lb/>
unter den Blumen zu. Dies hat auch gewiß<lb/>
&#x017F;einen Sinn für die Kinder &#x017F;o offen erhal¬<lb/>
ten, da Blumen die Ebenbilder der Kinder<lb/>
&#x017F;ind. Den vollen Reichthum des unendlichen<lb/>
Lebens, die gewaltigen Mächte der &#x017F;pätern<lb/>
Zeit, die Herrlichkeit des Weltendes, und die<lb/>
goldene Zukunft aller Dinge &#x017F;ehen wir hier<lb/>
noch innig in einander ver&#x017F;chlungen, aber<lb/>
doch auf das deutlich&#x017F;te und klar&#x017F;te in zarter<lb/>
Verjüngung. Schon treibt die allmächtige<lb/>
Liebe, aber &#x017F;ie zündet noch nicht: es i&#x017F;t kei¬<lb/>
ne verzehrende Flamme, es i&#x017F;t ein zerrinnen¬<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">C 2<lb/></fw>
</p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[35/0381] der Erziehung, weil wir in euren Gärten waren und die eigentliche Offenbarung der Kindheit, die unſchuldige Blumenwelt, un¬ merklich in unſer Gedächeniß und auf unſre Lippen die Erinnerung der alten Bekannt¬ ſchaft brachte. Mein Vater iſt auch ein großer Freund des Gartenlebens und die glüklichſten Stunden ſeines Lebens bringt er unter den Blumen zu. Dies hat auch gewiß ſeinen Sinn für die Kinder ſo offen erhal¬ ten, da Blumen die Ebenbilder der Kinder ſind. Den vollen Reichthum des unendlichen Lebens, die gewaltigen Mächte der ſpätern Zeit, die Herrlichkeit des Weltendes, und die goldene Zukunft aller Dinge ſehen wir hier noch innig in einander verſchlungen, aber doch auf das deutlichſte und klarſte in zarter Verjüngung. Schon treibt die allmächtige Liebe, aber ſie zündet noch nicht: es iſt kei¬ ne verzehrende Flamme, es iſt ein zerrinnen¬ C 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/novalis_ofterdingen_1802
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/novalis_ofterdingen_1802/381
Zitationshilfe: Novalis: Heinrich von Ofterdingen. Berlin, 1802, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/novalis_ofterdingen_1802/381>, abgerufen am 19.05.2024.