Die Sprache, sagte Heinrich, ist wirklich eine kleine Welt in Zeichen und Tönen. Wie der Mensch sie beherrscht, so möchte er gern die große Welt beherrschen, und sich frey darinn ausdrücken können. Und eben in dieser Freude, das, was außer der Welt ist, in ihr zu offenbaren, das thun zu kön¬ nen, was eigentlich der ursprüngliche Trieb unsers Daseyns ist, liegt der Ursprung der Poesie.
Es ist recht übel, sagte Klingsohr, daß die Poesie einen besondern Namen hat, und die Dichter eine besondere Zunft ausmachen. Es ist gar nichts besonderes. Es ist die ei¬ genthümliche Handlungsweise des menschli¬ chen Geistes. Dichtet und trachtet nicht jeder Mensch in jeder Minute? -- Eben trat Mathil¬ de in's Zimmer, als Klingsohr noch sagte: Man betrachte nur die Liebe. Nirgends wird wohl die Nothwendigkeit der Poesie
Die Sprache, ſagte Heinrich, iſt wirklich eine kleine Welt in Zeichen und Tönen. Wie der Menſch ſie beherrſcht, ſo möchte er gern die große Welt beherrſchen, und ſich frey darinn ausdrücken können. Und eben in dieſer Freude, das, was außer der Welt iſt, in ihr zu offenbaren, das thun zu kön¬ nen, was eigentlich der urſprüngliche Trieb unſers Daſeyns iſt, liegt der Urſprung der Poeſie.
Es iſt recht übel, ſagte Klingsohr, daß die Poeſie einen beſondern Namen hat, und die Dichter eine beſondere Zunft ausmachen. Es iſt gar nichts beſonderes. Es iſt die ei¬ genthümliche Handlungsweiſe des menſchli¬ chen Geiſtes. Dichtet und trachtet nicht jeder Menſch in jeder Minute? — Eben trat Mathil¬ de in's Zimmer, als Klingsohr noch ſagte: Man betrachte nur die Liebe. Nirgends wird wohl die Nothwendigkeit der Poeſie
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Die Sprache, ſagte Heinrich, iſt wirklich
eine kleine Welt in Zeichen und Tönen.
Wie der Menſch ſie beherrſcht, ſo möchte er
gern die große Welt beherrſchen, und ſich
frey darinn ausdrücken können. Und eben
in dieſer Freude, das, was außer der Welt
iſt, in ihr zu offenbaren, das thun zu kön¬
nen, was eigentlich der urſprüngliche Trieb
unſers Daſeyns iſt, liegt der Urſprung der
Poeſie.
Es iſt recht übel, ſagte Klingsohr, daß
die Poeſie einen beſondern Namen hat, und
die Dichter eine beſondere Zunft ausmachen.
Es iſt gar nichts beſonderes. Es iſt die ei¬
genthümliche Handlungsweiſe des menſchli¬
chen Geiſtes. Dichtet und trachtet nicht jeder
Menſch in jeder Minute? — Eben trat Mathil¬
de in's Zimmer, als Klingsohr noch ſagte:
Man betrachte nur die Liebe. Nirgends
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Novalis: Heinrich von Ofterdingen. Berlin, 1802, S. 259. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/novalis_ofterdingen_1802/267>, abgerufen am 25.11.2024.
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