deutlich und vollkommen beschreiben kann, was er genau kennt, dessen Theile, dessen Entstehung und Folge, dessen Zweck und Ge¬ brauch ihm gegenwärtig sind: denn sonst wird keine Beschreibung, sondern ein verwirrtes Ge¬ misch von unvollständigen Bemerkungen ent¬ stehn. Man lasse ein Kind eine Maschine, einen Landmann ein Schiff beschreiben, und gewiß wird kein Mensch aus ihren Worten einigen Nutzen und Unterricht schöpfen können, und so ist es mit den meisten Geschichtschrei¬ bern, die vielleicht fertig genug im Erzählen und bis zum Überdruß weitschweifig sind, aber doch gerade das Wissenswürdigste vergessen, dasjenige, was erst die Geschichte zur Geschich¬ te macht, und die mancherley Zufälle zu ei¬ nem angenehmen und lehrreichen Ganzen ver¬ bindet. Wenn ich das alles recht bedenke, so scheint es mir, als wenn ein Geschichtschreiber
deutlich und vollkommen beſchreiben kann, was er genau kennt, deſſen Theile, deſſen Entſtehung und Folge, deſſen Zweck und Ge¬ brauch ihm gegenwärtig ſind: denn ſonſt wird keine Beſchreibung, ſondern ein verwirrtes Ge¬ miſch von unvollſtändigen Bemerkungen ent¬ ſtehn. Man laſſe ein Kind eine Maſchine, einen Landmann ein Schiff beſchreiben, und gewiß wird kein Menſch aus ihren Worten einigen Nutzen und Unterricht ſchöpfen können, und ſo iſt es mit den meiſten Geſchichtſchrei¬ bern, die vielleicht fertig genug im Erzählen und bis zum Überdruß weitſchweifig ſind, aber doch gerade das Wiſſenswürdigſte vergeſſen, dasjenige, was erſt die Geſchichte zur Geſchich¬ te macht, und die mancherley Zufälle zu ei¬ nem angenehmen und lehrreichen Ganzen ver¬ bindet. Wenn ich das alles recht bedenke, ſo ſcheint es mir, als wenn ein Geſchichtſchreiber
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deutlich und vollkommen beſchreiben kann,
was er genau kennt, deſſen Theile, deſſen
Entſtehung und Folge, deſſen Zweck und Ge¬
brauch ihm gegenwärtig ſind: denn ſonſt wird
keine Beſchreibung, ſondern ein verwirrtes Ge¬
miſch von unvollſtändigen Bemerkungen ent¬
ſtehn. Man laſſe ein Kind eine Maſchine,
einen Landmann ein Schiff beſchreiben, und
gewiß wird kein Menſch aus ihren Worten
einigen Nutzen und Unterricht ſchöpfen können,
und ſo iſt es mit den meiſten Geſchichtſchrei¬
bern, die vielleicht fertig genug im Erzählen
und bis zum Überdruß weitſchweifig ſind, aber
doch gerade das Wiſſenswürdigſte vergeſſen,
dasjenige, was erſt die Geſchichte zur Geſchich¬
te macht, und die mancherley Zufälle zu ei¬
nem angenehmen und lehrreichen Ganzen ver¬
bindet. Wenn ich das alles recht bedenke, ſo
ſcheint es mir, als wenn ein Geſchichtſchreiber
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Novalis: Heinrich von Ofterdingen. Berlin, 1802, S. 181. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/novalis_ofterdingen_1802/189>, abgerufen am 24.11.2024.
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