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Novalis: Heinrich von Ofterdingen. Berlin, 1802.

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chen an ihrem Eingange von geraubten und
verzehrten Menschen und Thieren fände. Ei¬
nige andre vermeinten, daß ein Geist diesel¬
ben bewohne, wie sie denn einigemal aus der
Ferne eine seltsame menschliche Gestalt ge¬
sehn, auch zur Nachtzeit Gesänge da herüber
gehört haben wollten.

Der Alte schien ihnen keinen großen
Glauben beyzumessen, und versicherte lachend,
daß sie unter dem Schutze eines Bergmanns
getrost mitgehn könnten, indem die Unge¬
heuer sich vor ihm scheuen müßten, ein
singender Geist aber gewiß ein wohlthätiges
Wesen sey. Die Neugier machte viele be¬
herzt genug, seinen Vorschlag einzugehn;
auch Heinrich wünschte ihn zu begleiten, und
seine Mutter gab endlich auf das Zureden
und Versprechen des Alten, genaue Acht auf
Heinrichs Sicherheit zu haben, seinen Bitten
nach. Die Kaufleute waren eben so entschlos¬

sen.

chen an ihrem Eingange von geraubten und
verzehrten Menſchen und Thieren fände. Ei¬
nige andre vermeinten, daß ein Geiſt dieſel¬
ben bewohne, wie ſie denn einigemal aus der
Ferne eine ſeltſame menſchliche Geſtalt ge¬
ſehn, auch zur Nachtzeit Geſänge da herüber
gehört haben wollten.

Der Alte ſchien ihnen keinen großen
Glauben beyzumeſſen, und verſicherte lachend,
daß ſie unter dem Schutze eines Bergmanns
getroſt mitgehn könnten, indem die Unge¬
heuer ſich vor ihm ſcheuen müßten, ein
ſingender Geiſt aber gewiß ein wohlthätiges
Weſen ſey. Die Neugier machte viele be¬
herzt genug, ſeinen Vorſchlag einzugehn;
auch Heinrich wünſchte ihn zu begleiten, und
ſeine Mutter gab endlich auf das Zureden
und Verſprechen des Alten, genaue Acht auf
Heinrichs Sicherheit zu haben, ſeinen Bitten
nach. Die Kaufleute waren eben ſo entſchloſ¬

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[160/0168] chen an ihrem Eingange von geraubten und verzehrten Menſchen und Thieren fände. Ei¬ nige andre vermeinten, daß ein Geiſt dieſel¬ ben bewohne, wie ſie denn einigemal aus der Ferne eine ſeltſame menſchliche Geſtalt ge¬ ſehn, auch zur Nachtzeit Geſänge da herüber gehört haben wollten. Der Alte ſchien ihnen keinen großen Glauben beyzumeſſen, und verſicherte lachend, daß ſie unter dem Schutze eines Bergmanns getroſt mitgehn könnten, indem die Unge¬ heuer ſich vor ihm ſcheuen müßten, ein ſingender Geiſt aber gewiß ein wohlthätiges Weſen ſey. Die Neugier machte viele be¬ herzt genug, ſeinen Vorſchlag einzugehn; auch Heinrich wünſchte ihn zu begleiten, und ſeine Mutter gab endlich auf das Zureden und Verſprechen des Alten, genaue Acht auf Heinrichs Sicherheit zu haben, ſeinen Bitten nach. Die Kaufleute waren eben ſo entſchloſ¬ ſen.

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Zitationshilfe: Novalis: Heinrich von Ofterdingen. Berlin, 1802, S. 160. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/novalis_ofterdingen_1802/168>, abgerufen am 04.05.2024.