Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Novalis: Heinrich von Ofterdingen. Berlin, 1802.

Bild:
<< vorherige Seite

ihn bald in den einbrechenden Abgrund, um
aus Hand in Hand zu gehen, und so ihre
Neigung, Allen anzugehören, allmählich zu
befriedigen.

Wie ruhig arbeitet dagegen der arme ge¬
nügsame Bergmann in seinen tiefen Einöden,
entfernt von dem unruhigen Tumult des Ta¬
ges, und einzig von Wißbegier und Liebe zur
Eintracht beseelt. Er gedenkt in seiner Ein¬
samkeit mit inniger Herzlichkeit seiner Genos¬
sen und seiner Familie, und fühlt immer er¬
neuert die gegenseitige Unentbehrlichkeit und
Blutsverwandtschaft der Menschen. Sein
Beruf lehrt ihn unermüdliche Geduld, und
läßt nicht zu, daß sich seine Aufmerksamkeit
in unnütze Gedanken zerstreue. Er hat mit
einer wunderlichen harten und unbiegsamen
Macht zu thun, die nur durch hartnäckigen
Fleiß und beständige Wachsamkeit zu über¬
winden ist. Aber welches köstliche Gewächs

ihn bald in den einbrechenden Abgrund, um
aus Hand in Hand zu gehen, und ſo ihre
Neigung, Allen anzugehören, allmählich zu
befriedigen.

Wie ruhig arbeitet dagegen der arme ge¬
nügſame Bergmann in ſeinen tiefen Einöden,
entfernt von dem unruhigen Tumult des Ta¬
ges, und einzig von Wißbegier und Liebe zur
Eintracht beſeelt. Er gedenkt in ſeiner Ein¬
ſamkeit mit inniger Herzlichkeit ſeiner Genoſ¬
ſen und ſeiner Familie, und fühlt immer er¬
neuert die gegenſeitige Unentbehrlichkeit und
Blutsverwandtſchaft der Menſchen. Sein
Beruf lehrt ihn unermüdliche Geduld, und
läßt nicht zu, daß ſich ſeine Aufmerkſamkeit
in unnütze Gedanken zerſtreue. Er hat mit
einer wunderlichen harten und unbiegſamen
Macht zu thun, die nur durch hartnäckigen
Fleiß und beſtändige Wachſamkeit zu über¬
winden iſt. Aber welches köſtliche Gewächs

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0155" n="147"/>
ihn bald in den einbrechenden Abgrund, um<lb/>
aus Hand in Hand zu gehen, und &#x017F;o ihre<lb/>
Neigung, Allen anzugehören, allmählich zu<lb/>
befriedigen.</p><lb/>
            <p>Wie ruhig arbeitet dagegen der arme ge¬<lb/>
nüg&#x017F;ame Bergmann in &#x017F;einen tiefen Einöden,<lb/>
entfernt von dem unruhigen Tumult des Ta¬<lb/>
ges, und einzig von Wißbegier und Liebe zur<lb/>
Eintracht be&#x017F;eelt. Er gedenkt in &#x017F;einer Ein¬<lb/>
&#x017F;amkeit mit inniger Herzlichkeit &#x017F;einer Geno&#x017F;¬<lb/>
&#x017F;en und &#x017F;einer Familie, und fühlt immer er¬<lb/>
neuert die gegen&#x017F;eitige Unentbehrlichkeit und<lb/>
Blutsverwandt&#x017F;chaft der Men&#x017F;chen. Sein<lb/>
Beruf lehrt ihn unermüdliche Geduld, und<lb/>
läßt nicht zu, daß &#x017F;ich &#x017F;eine Aufmerk&#x017F;amkeit<lb/>
in unnütze Gedanken zer&#x017F;treue. Er hat mit<lb/>
einer wunderlichen harten und unbieg&#x017F;amen<lb/>
Macht zu thun, die nur durch hartnäckigen<lb/>
Fleiß und be&#x017F;tändige Wach&#x017F;amkeit zu über¬<lb/>
winden i&#x017F;t. Aber welches kö&#x017F;tliche Gewächs<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[147/0155] ihn bald in den einbrechenden Abgrund, um aus Hand in Hand zu gehen, und ſo ihre Neigung, Allen anzugehören, allmählich zu befriedigen. Wie ruhig arbeitet dagegen der arme ge¬ nügſame Bergmann in ſeinen tiefen Einöden, entfernt von dem unruhigen Tumult des Ta¬ ges, und einzig von Wißbegier und Liebe zur Eintracht beſeelt. Er gedenkt in ſeiner Ein¬ ſamkeit mit inniger Herzlichkeit ſeiner Genoſ¬ ſen und ſeiner Familie, und fühlt immer er¬ neuert die gegenſeitige Unentbehrlichkeit und Blutsverwandtſchaft der Menſchen. Sein Beruf lehrt ihn unermüdliche Geduld, und läßt nicht zu, daß ſich ſeine Aufmerkſamkeit in unnütze Gedanken zerſtreue. Er hat mit einer wunderlichen harten und unbiegſamen Macht zu thun, die nur durch hartnäckigen Fleiß und beſtändige Wachſamkeit zu über¬ winden iſt. Aber welches köſtliche Gewächs

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/novalis_ofterdingen_1802
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/novalis_ofterdingen_1802/155
Zitationshilfe: Novalis: Heinrich von Ofterdingen. Berlin, 1802, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/novalis_ofterdingen_1802/155>, abgerufen am 22.11.2024.