Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Novalis: Heinrich von Ofterdingen. Berlin, 1802.

Bild:
<< vorherige Seite

Zeichen meiner Dankbarkeit, und laßt es ein
Pfand eures Andenkens an die arme Zulima
seyn. Wir werden uns gewiß wiedersehn,
und dann bin ich vielleicht glücklicher. Hein¬
rich weinte; er weigerte sich, diese ihr so un¬
entbehrliche Laute anzunehmen: gebt mir,
sagte er, das goldene Band mit den unbe¬
kannten Buchstaben aus euren Haaren, wenn
es nicht ein Andenken eurer Eltern oder Ge¬
schwister ist, und nehmt dagegen einen
Schleyer an, den mir meine Mutter gern
abtreten wird. Sie wich endlich seinem Zure¬
den und gab ihm das Band, indem sie sag¬
te, Es ist mein Name in den Buchstaben
meiner Muttersprache, den ich in bessern Zei¬
ten selbst in dieses Band gestickt habe. Be¬
trachtet es gern, und denkt, daß es eine lan¬
ge, kummervolle Zeit meine Haare festgehal¬
ten hat, und mit seiner Besitzerin verbleicht

Zeichen meiner Dankbarkeit, und laßt es ein
Pfand eures Andenkens an die arme Zulima
ſeyn. Wir werden uns gewiß wiederſehn,
und dann bin ich vielleicht glücklicher. Hein¬
rich weinte; er weigerte ſich, dieſe ihr ſo un¬
entbehrliche Laute anzunehmen: gebt mir,
ſagte er, das goldene Band mit den unbe¬
kannten Buchſtaben aus euren Haaren, wenn
es nicht ein Andenken eurer Eltern oder Ge¬
ſchwiſter iſt, und nehmt dagegen einen
Schleyer an, den mir meine Mutter gern
abtreten wird. Sie wich endlich ſeinem Zure¬
den und gab ihm das Band, indem ſie ſag¬
te, Es iſt mein Name in den Buchſtaben
meiner Mutterſprache, den ich in beſſern Zei¬
ten ſelbſt in dieſes Band geſtickt habe. Be¬
trachtet es gern, und denkt, daß es eine lan¬
ge, kummervolle Zeit meine Haare feſtgehal¬
ten hat, und mit ſeiner Beſitzerin verbleicht

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0135" n="127"/>
Zeichen meiner Dankbarkeit, und laßt es ein<lb/>
Pfand eures Andenkens an die arme Zulima<lb/>
&#x017F;eyn. Wir werden uns gewiß wieder&#x017F;ehn,<lb/>
und dann bin ich vielleicht glücklicher. Hein¬<lb/>
rich weinte; er weigerte &#x017F;ich, die&#x017F;e ihr &#x017F;o un¬<lb/>
entbehrliche Laute anzunehmen: gebt mir,<lb/>
&#x017F;agte er, das goldene Band mit den unbe¬<lb/>
kannten Buch&#x017F;taben aus euren Haaren, wenn<lb/>
es nicht ein Andenken eurer Eltern oder Ge¬<lb/>
&#x017F;chwi&#x017F;ter i&#x017F;t, und nehmt dagegen einen<lb/>
Schleyer an, den mir meine Mutter gern<lb/>
abtreten wird. Sie wich endlich &#x017F;einem Zure¬<lb/>
den und gab ihm das Band, indem &#x017F;ie &#x017F;ag¬<lb/>
te, Es i&#x017F;t mein Name in den Buch&#x017F;taben<lb/>
meiner Mutter&#x017F;prache, den ich in be&#x017F;&#x017F;ern Zei¬<lb/>
ten &#x017F;elb&#x017F;t in die&#x017F;es Band ge&#x017F;tickt habe. Be¬<lb/>
trachtet es gern, und denkt, daß es eine lan¬<lb/>
ge, kummervolle Zeit meine Haare fe&#x017F;tgehal¬<lb/>
ten hat, und mit &#x017F;einer Be&#x017F;itzerin verbleicht<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[127/0135] Zeichen meiner Dankbarkeit, und laßt es ein Pfand eures Andenkens an die arme Zulima ſeyn. Wir werden uns gewiß wiederſehn, und dann bin ich vielleicht glücklicher. Hein¬ rich weinte; er weigerte ſich, dieſe ihr ſo un¬ entbehrliche Laute anzunehmen: gebt mir, ſagte er, das goldene Band mit den unbe¬ kannten Buchſtaben aus euren Haaren, wenn es nicht ein Andenken eurer Eltern oder Ge¬ ſchwiſter iſt, und nehmt dagegen einen Schleyer an, den mir meine Mutter gern abtreten wird. Sie wich endlich ſeinem Zure¬ den und gab ihm das Band, indem ſie ſag¬ te, Es iſt mein Name in den Buchſtaben meiner Mutterſprache, den ich in beſſern Zei¬ ten ſelbſt in dieſes Band geſtickt habe. Be¬ trachtet es gern, und denkt, daß es eine lan¬ ge, kummervolle Zeit meine Haare feſtgehal¬ ten hat, und mit ſeiner Beſitzerin verbleicht

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/novalis_ofterdingen_1802
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/novalis_ofterdingen_1802/135
Zitationshilfe: Novalis: Heinrich von Ofterdingen. Berlin, 1802, S. 127. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/novalis_ofterdingen_1802/135>, abgerufen am 24.05.2024.