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Wiener Zeitung. Nr. 286. [Wien], 30. November 1850.

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[Beginn Spaltensatz] Minderung nicht innerhalb 8 Tagen nach eingetretener
Rechtskraft eines verurtheilenden Erkenntnisses ergänzt
worden ist; wenn eine Druckschrift durch Hausiren, An-
bieten, Vertheilen und Anschlagen derselben an öffent-
liche Orte verbreitet wird, und endlich wenn der Jnhalt
der Schrift ein im öffentlichen Jnteresse von Amtswegen
zu verfolgendes Vergehen oder Verbrechen begründet,
und zwar selbst dann, wenn die Druckschrift noch nicht
ausgegeben, oder die Handschrift erst zum Drucke abge-
geben ist, vorausgesetzt, daß dringender Verdacht vorliegt,
daß der Jnhalt der Schrift ein Vergehen oder Verbre-
chen der bezeichneten Art begründe. Auch der Antrag
eines Privatklägers auf Beschlag einer Druckschrift vor
oder nach ihrem Ausgeben, oder einer zum Druck abge-
gebenen Handschrift ist statthaft, wenn er genügend be-
scheinigt, daß ihm durch Verbreitung der Schrift eine
Rechtsverletzung zugehe, und wenn er zugleich, wo sol-
ches erforderlich erscheint, für etwaigen Schaden und
Kosten Sicherheit leistet. Das Gericht verfügt über
jedes Beschlaggesuch nach dessen Empfang. Was oben von
Druckschriften verordnet ist, gilt auch von allen durch
mechanische oder chemische Mittel vervielfältigten Schrif-
ten oder Bildwerken und den zur Vervielfältigung dienen-
den Platten oder Formen. Da, wo der Staatsanwalt
oder die Polizeibehörde den Beschlag verfügt, haben diese
innerhalb der nächsten 24 Stunden die Acten dem Ge-
richte vorzulegen, welches binnen drei Tagen diese Be-
schlagnahme bestätigt oder aufhebt und erstern Falls von
Amtswegen die Untersuchung einleitet. Hat aber die Po-
lizeibehörde im öffentlichen Jnteresse wegen eines Ver-
gehens oder Verbrechens den Beschlag verfügt, so muß
sie binnen derselben Frist die Acten dem Staatsanwalte
einhändigen, der binnen 10 Tagen die Anklage, sofern er
eine solche für begründet hält, beim Gerichte einreicht, das
sodann über dessen Aufhebung oder Fortbestand binnen
weitern drei Tagen erkennt und letztern Falls eine Unter-
suchung von Amtswegen einleitet. Wird in den Fällen,
wo der Staatsanwalt oder die Polizeibehörde nicht we-
gen Vergehen oder Verbrechen, sondern aus den oben
erwähnten anderweiten Gründen den Beschlag verfügt hat,
demjenigen, gegen welchen derselbe verfügt wurde, die
richterliche Bestätigung oder Aufhebung desselben nicht
innerhalb dreier Tage, von der polizeilichen Beschlag-
nahme an gerechnet, eröffnet, so verliert der Be-
schlag ohne weitere Verfügung von Rechtswegen seine
Wirksamkeit, und dem durch ihn Beschädigten ge-
bührt der Ersatz des Schadens und der Kosten aus
der Staatscasse. Wird der Beschlag wegen Vergehen
oder Verbrechen angelegt, so beträgt die Frist 16 Tage,
nämlich 3 Tage zur Vorlage an den Staatsanwalt,
10 Tage zur Erhebung der Klage und 3 Tage zur Er-
lassung des Erkenntnisses. Wenn derjenige, gegen wel-
chen der Beschlag verfügt wurde, abwesend oder nicht
aufzufinden ist, so gilt der Anschlag der Verfügung am
Gerichtslocal als Eröffnung. Wohnt er nicht am Sitze
des Gerichts, so erhöht sich die dreitägige Frist auf acht
Tage. Die Erlöschung oder Aufhebung des Beschlags,
so wie der Verzicht des Anklägers auf denselben hindert
nicht die weitere Verfolgung des Schuldigen.

-- Am 21sten überreichten die beiden Bürgermeister
hiesiger Stadt, so wie der Obmann des Bürgerausschus-
ses und einer Abordnung von Gemeinderaths= und Bür-
gerausschuß=Mitgliedern aus Veranlassung des Abmar-
sches der königl. Preußischen Truppen aus Baden und
der nahe bevorstehenden Abreise des General=Lieutenants
v. Schreckenstein demselben eine Adresse. General
v. Schreckenstein erwiderte: "daß er gerne die in der
Adresse ausgesprochenen Wünsche und Gesinnungen Sr.
königl. Hoheit dem Prinzen von Preußen und den Trup-
pen mittheilen werde. Seit Jahren sei eine falsche
Ansicht über das Preußische Heer, namentlich in Süd-
Deutschland, verbreitet gewesen; er hoffe aber, daß der
längere Aufenthalt der Preußischen Truppen in Baden
diese Ansicht berichtigt habe. Sie hätten stets Sitte
und Ordnung zu halten gesucht, und wenn sie hie und
da mit Strenge aufgetreten, so sei dies in Folge der
Gesetze und Befehle geschehen, und Gehorsam sei die
erste Pflicht des Soldaten; mit Wissen habe er kein
Kind beleidigt. Er glaube, daß mit Beruhigung der
Aufrechthaltung der gesetzlichen Ordnung im Lande ent-
gegensehen werden könne, auch wenn das Preußische
Heer Baden verlassen habe, da die Badischen Truppen
durch die seit ihrer Reorganisation bewiesene Manns-
zucht und Ordnungsliebe, welche auch der Badische
Truppentheil während seines Aufenthalts in Preußen
bethätigt habe, die nothwendige Bürgschaft hiefür bö-
[Spaltenumbruch] ten. Die Verbindung, welche ihre Anwesenheit zwischen
Preußen und Süd=Deutschland angeknüpft, werde nicht
ohne gute Folgen für Deutschland sein, die Verhält-
nisse möchten sich auch gestalten, wie sie wollten."

-- Heute Mittag um 1 Uhr ist die gesammte großh.
Badische Fuß=Artillerie ( vier Batterien ) hier eingetroffen.
Se. großh. Hoh. der Prinz Friedrich, der Kriegs=Präsi-
dent Oberst v. Roggenbach, der Commandant der Artil-
lerie, Oberstlieutenant Ludwig, der Stadt=Commandant
Major v. Griesheim, so wie eine große Anzahl Badi-
scher Stabs= und andere Officiere empfingen die Ankom-
menden an dem Ludwigsthor, von wo sie unter dem
Vorantritt der Musik des großh. Badischen 1. Reiter-
regiments über den Akademieplatz, bei dem vordern Zir-
kel vorbei, durch die Carl=Friedrich=Straße und die Lange
Straße zum Durlacher Thor hinaus nach Gottesau mar-
schirten. Die Mannschaft wird daselbst bis zum Abmarsch
nach Rastatt kasernirt bleiben.     ( Karlsr. Ztg. )

-- Am 22. November Abends brachte die Bürger-
wehr der hiesigen Residenz, um auch ihrer Seits den
Preußischen Truppen vor ihrem Scheiden aus Baden
ein Zeichen der Hochachtung und dankbaren Erkenntlich-
keit zu geben, Sr. Excellenz dem commandirenden
General Freiherrn v. Schreckenstein eine Serenade nebst
Fackelzug.

Koburg, 18. Nov. Der Landtag hat den Gesetz-
entwurf über die Unverantwortlichkeit und Unverletzlich-
keit der Landtags=Abgeordneten angenommen. Eine ein-
zige Abänderung hatte derselbe vorgenommen; er hatte
nämlich anstatt des Ausdruckes "während der Tagung"
könne ein Abgeordneter ohne Zustimmung des Landtages
nicht verhaftet werden, ausgenommen die Ergreifung auf
frischer That, gesetzt: "während des versammelten Land-
tages ". Das Einführungsgesetz zum neuen ( Thüringischen )
Strafgesetzbuche wurde ohne Debatte angenommen.

    ( Frankf. J. )

Frankreich.

Paris. Der Herzog von Nemonrs soll an Herrn
Guizot ein langes Schreiben über Frankreichs gegen-
wärtige Lage gerichtet haben. Man glaubt, Guizot
werde dasselbe veröffentlichen.

-- Die Nationalgarde von Mühlhausen, welche den
Präsidenten bei seiner Durchreise mit Hochs auf die
Republik empfangen hatte, ist aufgelöst worden.

-- Jn der gestrigen zahlreich besuchten Parteiversamm-
lung der Legitimisten in der Rue Rivoli führte Falloux
den Vorsitz. Die nach seiner Ansicht von der Partei fest-
zuhaltende Politik ist: Kluger, aber entschiedener Wider-
stand gegen jeden Versuch, jedes Auskunftsmittel, welche
das monarchische Princip verletzen oder gefährden könn-
ten, daher strenges Festhalten an den Bestimmungen der
Verfassung. Diese Politik wurde einstimmig und mit
rauschendem Beifall angenommen. Berryer erklärte sich
in einer längeren Rede vollkommen damit einverstanden.
Nichts thun, ist jetzt nach seiner Ansicht die kräftigste
Handlung.

-- Zwei legitimistische Journale wurden gestern wegen
Beleidigung des Präsidenten der Republik verurtheilt.
Der beschuldigte Artikel war im "Corsaire" unter dem
Titel: "Das Zeitalter der Cäsaren" erschienen. Sein
Verfasser, Courtois, wurde zu Ein Jahr Gefängniß,
2000 Fr. Geldbuße, der Geschäftsführer des Blattes
aber zu 6 Monaten Gefängniß und 2000 Fr. Geldbuße
verurtheilt. Der Geschäftsführer der legitimistischen
"Opinion publique", welche den Artikel nachgedruckt hatte,
wurde zu 3 Monat Gefängniß und 1000 Fr. Geldbuße
verurtheilt.

-- Die Verläumdungsklage gegen Allais geht von den
3 Krämern der Rue de Saussaie aus. Es befremdet, daß
Allais noch immer mit größter Entschiedenheit bei seiner
ersten Aussage beharre.

-- Heute und gestern sind mehrere Regimenter zur
Rhein=Armee in Marsch gesetzt worden.

-- Die Actionäre des "Vote universel" haben in einer
Versammlung beschlossen den Preis des Blattes auf 2
Sous herabzusetzen.

-- Es wird jetzt behauptet, daß Kinkel gar nicht in
Paris gewesen sei. Das Schiff, heißt es, auf welchem
Kinkel sich mit einigen Freunden befunden, habe bei Jer-
sey angelegt und von da sei die Nachricht von seiner Flucht
nach Paris gekommen, wo seine Freunde deshalb ein
Bankett veranstaltet hätten; daher habe sich das Gerücht
von seiner Anwesenheit in Paris verbreitet. Jetzt, wird
hinzugefügt, befinde er sich auf dem Wege nach New-
York. Die Nachricht, daß er sich nach London gewendet
sei ebenfalls unwahr.

[Spaltenumbruch]

-- Die Nationalgarde zu St. Andreol ist wegen der
neulichen Unruhen aufgelöst worden und die Ordnung völ-
lig hergestellt. Etwa 300 Gewehre wurden nebst 17 Ver-
hafteten nach Privas gebracht; die Untersuchung ist be-
reits im Gange.

-- Nach Berichten aus Martinique vom 30. October
war dort noch Alles ruhig, die Behörde indessen bei der
fortwährend herrschenden großen Aufregung nicht ohne
Besorgniß. Auf Guadeloupe waltete noch immer der
Belagerungszustand. Das Kriegsgericht zu Point-a=Pitre
hatte wieder mehrere Urtheile gefällt, unter anderen ein
Todesurtheil gegen eine Negerin wegen Brandstiftung.

-- Die letzte Luftfahrt der bekannten Brüder Godard in
Marseille war nicht die glücklichste. Als ein heftiger Wind
den Ballon dem Meere zutrieb, ließ Herr Godard das
Gas ausströmen und warf den Anker aus. Dieser konnte
jedoch auf den kahlen Felsen nicht fassen. Der Ballon
stieß fortwährend stark an die Felsen; die drei im Na-
chen befindlichen Personen wurden arg verletzt, kamen je-
doch mit dem Leben davon.

-- Der Präsident hat die über einen Artillerie=Corpo-
ral wegen Ermordung eines Cameraden verhängte Todes-
strafe in lebenslängliche Zwangsarbeit umgewandelt.

-- Die Polizei ließ gestern zu Jsly Placate abrei-
ßen, worin ein angebliches "Widerstands=Comit e " ge-
gen die reactionäre Partei donnert, ihr für den Fall
der Nichtaufhebung des Wahlgesetzes mit einem Auf-
stande im Mai 1852 droht, und das Bestehen gehei-
mer demokratischer Vereine in ganz Frankreich ankün-
digt. Den Urhebern dieser Placate wird nachgeforscht

Großbritanien.

London, 22. November. Gestern war der Geburts-
tag der erstgebornen Prinzessin Tochter der Königin; er
wurde in Schloß Windsor feierlich begangen.

-- Die Englische Mittelmeer=Flotte liegt noch bei Port
Mahon und dürfte, wie es heißt, noch einige Zeit dort
verweilen.

-- Die Anzahl schuldenbelasteter Güter in Jrland,
die nach der neuen Parlaments=Acte seit einigen Mona-
ten versteigert wurden, ist sehr groß. Jn der letzten Woche
allein wurden fünfzehn ausgedehnte Herrschaften zur Auc-
tion angemeldet.

-- Die Auctionen von Colonialwolle haben am ge-
strigen Tage begonnen. Jm Ganzen dürften an 25.000
Ballen zur Versteigerung kommen. Ungeachtet der Ab-
wesenheit vieler Käufer aus Deutschland, die sich sonst bei
diesen Auctionen einzufinden pflegen, waren viele Käufer
am Platze, und die Preise stellten sich um 1 / 2 bis 1 Penny
für das Pfund höher, als dies bei den September=Auc-
tionen der Fall war. Aus Frankreich und Belgien war
die gewöhnliche Anzahl von Kauflustigen da. Der Begehr
für Englische Manufactur=Districte, namentlich für
Yorkshire, erscheint gesteigert.

-- Eine Englische Meile von Galvay hat man ein
reiches Blei=Bergwerk entdeckt. Ein Grundherr, Hr. Jo-
nes aus Dublin, hatte eine Reihe von Hütten, wegen
rückständiger Pachtzinsen, nach Jrländischer Gewohnheit
niederreißen lassen. Die Bauern, welche mit dieser Ar-
beit beschäftigt waren, glaubten bei der Aufwühlung des
Grundes eine Masse Silbererz unter dem Gestein zu fin-
den. Die Glücklichen blieben nicht lange allein, von weit
und breit strömte das Landvolk herbei und arbeitete im
Schweiße seines Angesichts, um sich mit dem vermeint-
lichen Silber die Taschen zu füllen, bis der Capitän einer
Bergwerks=Compagnie dazu kam und die armen Leute
enttäuschte. Dagegen wünschte er Herrn Jones zu dem
Funde Glück, der auf seinem Grund und Boden gemacht
worden war, und pachtete ihm sogleich die Ausbeutung
der reichen Bleimine ab.

-- Vor dem Friedensgerichte in Marlborough=Street
erschien gestern ein Drucker, überreichte dem ersten Se-
cretär ein Manuscriptblatt, mit der Frage, ob er das
Blatt drucken könne, ohne sich einer Klage und gericht-
lichen Verurtheilung auszusetzen. Das Blatt enthielt die
Aufforderung zu einer ergebensten Petition an die Köni-
gin, damit dieselbe die gehörigen Schritte thue, um die
Bischöfe von London, Exeter und Oxford abzusetzen, weil
diese Prälaten zum Puseyismus und zum Papstthume
öffentlich aufgemuntert hätten. Der Secretär bedauerte
sehr, bemerken zu müssen, daß über einen solchen Punct
das Gericht keine Auskunft geben könne, und ertheilte
dem Drucker den Rath, sich an seinen Advocaten zu wen-
den, was der Ansuchende sogleich zu wollen erklärte. Es
ist die erste Petition der Art, von der man bis jetzt ge-
hört hat.

[Ende Spaltensatz]

Verantwortlicher Redacteur: Dr. Leopold Schweitzer. -- Druck und Verlag der Edlen v. Ghelen'schen Erben.



Anzeige.

Die auswärtigenP. T. Pränumeranten, welche einen Ruckersatz von dem 2. Semester 1850 zu fordern haben, wollen
sich dieserwegen directe an die k. k. oberste Hofpostverwaltung in Wien wenden, da die Gefertigten in dieser Beziehung
in keiner Verrechnung stehen, daher auch weder den Ersatz leisten, noch bei Zusendung der Pränumerationsgebühr für
das Jahr 1851 sich einen Abzug gefallen lassen.     Die Edlen v. Ghelen'schen Erben.

[Beginn Spaltensatz] Minderung nicht innerhalb 8 Tagen nach eingetretener
Rechtskraft eines verurtheilenden Erkenntnisses ergänzt
worden ist; wenn eine Druckschrift durch Hausiren, An-
bieten, Vertheilen und Anschlagen derselben an öffent-
liche Orte verbreitet wird, und endlich wenn der Jnhalt
der Schrift ein im öffentlichen Jnteresse von Amtswegen
zu verfolgendes Vergehen oder Verbrechen begründet,
und zwar selbst dann, wenn die Druckschrift noch nicht
ausgegeben, oder die Handschrift erst zum Drucke abge-
geben ist, vorausgesetzt, daß dringender Verdacht vorliegt,
daß der Jnhalt der Schrift ein Vergehen oder Verbre-
chen der bezeichneten Art begründe. Auch der Antrag
eines Privatklägers auf Beschlag einer Druckschrift vor
oder nach ihrem Ausgeben, oder einer zum Druck abge-
gebenen Handschrift ist statthaft, wenn er genügend be-
scheinigt, daß ihm durch Verbreitung der Schrift eine
Rechtsverletzung zugehe, und wenn er zugleich, wo sol-
ches erforderlich erscheint, für etwaigen Schaden und
Kosten Sicherheit leistet. Das Gericht verfügt über
jedes Beschlaggesuch nach dessen Empfang. Was oben von
Druckschriften verordnet ist, gilt auch von allen durch
mechanische oder chemische Mittel vervielfältigten Schrif-
ten oder Bildwerken und den zur Vervielfältigung dienen-
den Platten oder Formen. Da, wo der Staatsanwalt
oder die Polizeibehörde den Beschlag verfügt, haben diese
innerhalb der nächsten 24 Stunden die Acten dem Ge-
richte vorzulegen, welches binnen drei Tagen diese Be-
schlagnahme bestätigt oder aufhebt und erstern Falls von
Amtswegen die Untersuchung einleitet. Hat aber die Po-
lizeibehörde im öffentlichen Jnteresse wegen eines Ver-
gehens oder Verbrechens den Beschlag verfügt, so muß
sie binnen derselben Frist die Acten dem Staatsanwalte
einhändigen, der binnen 10 Tagen die Anklage, sofern er
eine solche für begründet hält, beim Gerichte einreicht, das
sodann über dessen Aufhebung oder Fortbestand binnen
weitern drei Tagen erkennt und letztern Falls eine Unter-
suchung von Amtswegen einleitet. Wird in den Fällen,
wo der Staatsanwalt oder die Polizeibehörde nicht we-
gen Vergehen oder Verbrechen, sondern aus den oben
erwähnten anderweiten Gründen den Beschlag verfügt hat,
demjenigen, gegen welchen derselbe verfügt wurde, die
richterliche Bestätigung oder Aufhebung desselben nicht
innerhalb dreier Tage, von der polizeilichen Beschlag-
nahme an gerechnet, eröffnet, so verliert der Be-
schlag ohne weitere Verfügung von Rechtswegen seine
Wirksamkeit, und dem durch ihn Beschädigten ge-
bührt der Ersatz des Schadens und der Kosten aus
der Staatscasse. Wird der Beschlag wegen Vergehen
oder Verbrechen angelegt, so beträgt die Frist 16 Tage,
nämlich 3 Tage zur Vorlage an den Staatsanwalt,
10 Tage zur Erhebung der Klage und 3 Tage zur Er-
lassung des Erkenntnisses. Wenn derjenige, gegen wel-
chen der Beschlag verfügt wurde, abwesend oder nicht
aufzufinden ist, so gilt der Anschlag der Verfügung am
Gerichtslocal als Eröffnung. Wohnt er nicht am Sitze
des Gerichts, so erhöht sich die dreitägige Frist auf acht
Tage. Die Erlöschung oder Aufhebung des Beschlags,
so wie der Verzicht des Anklägers auf denselben hindert
nicht die weitere Verfolgung des Schuldigen.

— Am 21sten überreichten die beiden Bürgermeister
hiesiger Stadt, so wie der Obmann des Bürgerausschus-
ses und einer Abordnung von Gemeinderaths= und Bür-
gerausschuß=Mitgliedern aus Veranlassung des Abmar-
sches der königl. Preußischen Truppen aus Baden und
der nahe bevorstehenden Abreise des General=Lieutenants
v. Schreckenstein demselben eine Adresse. General
v. Schreckenstein erwiderte: „daß er gerne die in der
Adresse ausgesprochenen Wünsche und Gesinnungen Sr.
königl. Hoheit dem Prinzen von Preußen und den Trup-
pen mittheilen werde. Seit Jahren sei eine falsche
Ansicht über das Preußische Heer, namentlich in Süd-
Deutschland, verbreitet gewesen; er hoffe aber, daß der
längere Aufenthalt der Preußischen Truppen in Baden
diese Ansicht berichtigt habe. Sie hätten stets Sitte
und Ordnung zu halten gesucht, und wenn sie hie und
da mit Strenge aufgetreten, so sei dies in Folge der
Gesetze und Befehle geschehen, und Gehorsam sei die
erste Pflicht des Soldaten; mit Wissen habe er kein
Kind beleidigt. Er glaube, daß mit Beruhigung der
Aufrechthaltung der gesetzlichen Ordnung im Lande ent-
gegensehen werden könne, auch wenn das Preußische
Heer Baden verlassen habe, da die Badischen Truppen
durch die seit ihrer Reorganisation bewiesene Manns-
zucht und Ordnungsliebe, welche auch der Badische
Truppentheil während seines Aufenthalts in Preußen
bethätigt habe, die nothwendige Bürgschaft hiefür bö-
[Spaltenumbruch] ten. Die Verbindung, welche ihre Anwesenheit zwischen
Preußen und Süd=Deutschland angeknüpft, werde nicht
ohne gute Folgen für Deutschland sein, die Verhält-
nisse möchten sich auch gestalten, wie sie wollten.“

— Heute Mittag um 1 Uhr ist die gesammte großh.
Badische Fuß=Artillerie ( vier Batterien ) hier eingetroffen.
Se. großh. Hoh. der Prinz Friedrich, der Kriegs=Präsi-
dent Oberst v. Roggenbach, der Commandant der Artil-
lerie, Oberstlieutenant Ludwig, der Stadt=Commandant
Major v. Griesheim, so wie eine große Anzahl Badi-
scher Stabs= und andere Officiere empfingen die Ankom-
menden an dem Ludwigsthor, von wo sie unter dem
Vorantritt der Musik des großh. Badischen 1. Reiter-
regiments über den Akademieplatz, bei dem vordern Zir-
kel vorbei, durch die Carl=Friedrich=Straße und die Lange
Straße zum Durlacher Thor hinaus nach Gottesau mar-
schirten. Die Mannschaft wird daselbst bis zum Abmarsch
nach Rastatt kasernirt bleiben.     ( Karlsr. Ztg. )

— Am 22. November Abends brachte die Bürger-
wehr der hiesigen Residenz, um auch ihrer Seits den
Preußischen Truppen vor ihrem Scheiden aus Baden
ein Zeichen der Hochachtung und dankbaren Erkenntlich-
keit zu geben, Sr. Excellenz dem commandirenden
General Freiherrn v. Schreckenstein eine Serenade nebst
Fackelzug.

Koburg, 18. Nov. Der Landtag hat den Gesetz-
entwurf über die Unverantwortlichkeit und Unverletzlich-
keit der Landtags=Abgeordneten angenommen. Eine ein-
zige Abänderung hatte derselbe vorgenommen; er hatte
nämlich anstatt des Ausdruckes „während der Tagung“
könne ein Abgeordneter ohne Zustimmung des Landtages
nicht verhaftet werden, ausgenommen die Ergreifung auf
frischer That, gesetzt: „während des versammelten Land-
tages “. Das Einführungsgesetz zum neuen ( Thüringischen )
Strafgesetzbuche wurde ohne Debatte angenommen.

    ( Frankf. J. )

Frankreich.

Paris. Der Herzog von Nemonrs soll an Herrn
Guizot ein langes Schreiben über Frankreichs gegen-
wärtige Lage gerichtet haben. Man glaubt, Guizot
werde dasselbe veröffentlichen.

— Die Nationalgarde von Mühlhausen, welche den
Präsidenten bei seiner Durchreise mit Hochs auf die
Republik empfangen hatte, ist aufgelöst worden.

— Jn der gestrigen zahlreich besuchten Parteiversamm-
lung der Legitimisten in der Rue Rivoli führte Falloux
den Vorsitz. Die nach seiner Ansicht von der Partei fest-
zuhaltende Politik ist: Kluger, aber entschiedener Wider-
stand gegen jeden Versuch, jedes Auskunftsmittel, welche
das monarchische Princip verletzen oder gefährden könn-
ten, daher strenges Festhalten an den Bestimmungen der
Verfassung. Diese Politik wurde einstimmig und mit
rauschendem Beifall angenommen. Berryer erklärte sich
in einer längeren Rede vollkommen damit einverstanden.
Nichts thun, ist jetzt nach seiner Ansicht die kräftigste
Handlung.

— Zwei legitimistische Journale wurden gestern wegen
Beleidigung des Präsidenten der Republik verurtheilt.
Der beschuldigte Artikel war im „Corsaire“ unter dem
Titel: „Das Zeitalter der Cäsaren“ erschienen. Sein
Verfasser, Courtois, wurde zu Ein Jahr Gefängniß,
2000 Fr. Geldbuße, der Geschäftsführer des Blattes
aber zu 6 Monaten Gefängniß und 2000 Fr. Geldbuße
verurtheilt. Der Geschäftsführer der legitimistischen
„Opinion publique“, welche den Artikel nachgedruckt hatte,
wurde zu 3 Monat Gefängniß und 1000 Fr. Geldbuße
verurtheilt.

— Die Verläumdungsklage gegen Allais geht von den
3 Krämern der Rue de Saussaie aus. Es befremdet, daß
Allais noch immer mit größter Entschiedenheit bei seiner
ersten Aussage beharre.

— Heute und gestern sind mehrere Regimenter zur
Rhein=Armee in Marsch gesetzt worden.

— Die Actionäre des „Vote universel“ haben in einer
Versammlung beschlossen den Preis des Blattes auf 2
Sous herabzusetzen.

— Es wird jetzt behauptet, daß Kinkel gar nicht in
Paris gewesen sei. Das Schiff, heißt es, auf welchem
Kinkel sich mit einigen Freunden befunden, habe bei Jer-
sey angelegt und von da sei die Nachricht von seiner Flucht
nach Paris gekommen, wo seine Freunde deshalb ein
Bankett veranstaltet hätten; daher habe sich das Gerücht
von seiner Anwesenheit in Paris verbreitet. Jetzt, wird
hinzugefügt, befinde er sich auf dem Wege nach New-
York. Die Nachricht, daß er sich nach London gewendet
sei ebenfalls unwahr.

[Spaltenumbruch]

— Die Nationalgarde zu St. Andreol ist wegen der
neulichen Unruhen aufgelöst worden und die Ordnung völ-
lig hergestellt. Etwa 300 Gewehre wurden nebst 17 Ver-
hafteten nach Privas gebracht; die Untersuchung ist be-
reits im Gange.

— Nach Berichten aus Martinique vom 30. October
war dort noch Alles ruhig, die Behörde indessen bei der
fortwährend herrschenden großen Aufregung nicht ohne
Besorgniß. Auf Guadeloupe waltete noch immer der
Belagerungszustand. Das Kriegsgericht zu Point-à=Pitre
hatte wieder mehrere Urtheile gefällt, unter anderen ein
Todesurtheil gegen eine Negerin wegen Brandstiftung.

— Die letzte Luftfahrt der bekannten Brüder Godard in
Marseille war nicht die glücklichste. Als ein heftiger Wind
den Ballon dem Meere zutrieb, ließ Herr Godard das
Gas ausströmen und warf den Anker aus. Dieser konnte
jedoch auf den kahlen Felsen nicht fassen. Der Ballon
stieß fortwährend stark an die Felsen; die drei im Na-
chen befindlichen Personen wurden arg verletzt, kamen je-
doch mit dem Leben davon.

— Der Präsident hat die über einen Artillerie=Corpo-
ral wegen Ermordung eines Cameraden verhängte Todes-
strafe in lebenslängliche Zwangsarbeit umgewandelt.

— Die Polizei ließ gestern zu Jsly Placate abrei-
ßen, worin ein angebliches „Widerstands=Comit é “ ge-
gen die reactionäre Partei donnert, ihr für den Fall
der Nichtaufhebung des Wahlgesetzes mit einem Auf-
stande im Mai 1852 droht, und das Bestehen gehei-
mer demokratischer Vereine in ganz Frankreich ankün-
digt. Den Urhebern dieser Placate wird nachgeforscht

Großbritanien.

London, 22. November. Gestern war der Geburts-
tag der erstgebornen Prinzessin Tochter der Königin; er
wurde in Schloß Windsor feierlich begangen.

— Die Englische Mittelmeer=Flotte liegt noch bei Port
Mahon und dürfte, wie es heißt, noch einige Zeit dort
verweilen.

— Die Anzahl schuldenbelasteter Güter in Jrland,
die nach der neuen Parlaments=Acte seit einigen Mona-
ten versteigert wurden, ist sehr groß. Jn der letzten Woche
allein wurden fünfzehn ausgedehnte Herrschaften zur Auc-
tion angemeldet.

— Die Auctionen von Colonialwolle haben am ge-
strigen Tage begonnen. Jm Ganzen dürften an 25.000
Ballen zur Versteigerung kommen. Ungeachtet der Ab-
wesenheit vieler Käufer aus Deutschland, die sich sonst bei
diesen Auctionen einzufinden pflegen, waren viele Käufer
am Platze, und die Preise stellten sich um 1 / 2 bis 1 Penny
für das Pfund höher, als dies bei den September=Auc-
tionen der Fall war. Aus Frankreich und Belgien war
die gewöhnliche Anzahl von Kauflustigen da. Der Begehr
für Englische Manufactur=Districte, namentlich für
Yorkshire, erscheint gesteigert.

— Eine Englische Meile von Galvay hat man ein
reiches Blei=Bergwerk entdeckt. Ein Grundherr, Hr. Jo-
nes aus Dublin, hatte eine Reihe von Hütten, wegen
rückständiger Pachtzinsen, nach Jrländischer Gewohnheit
niederreißen lassen. Die Bauern, welche mit dieser Ar-
beit beschäftigt waren, glaubten bei der Aufwühlung des
Grundes eine Masse Silbererz unter dem Gestein zu fin-
den. Die Glücklichen blieben nicht lange allein, von weit
und breit strömte das Landvolk herbei und arbeitete im
Schweiße seines Angesichts, um sich mit dem vermeint-
lichen Silber die Taschen zu füllen, bis der Capitän einer
Bergwerks=Compagnie dazu kam und die armen Leute
enttäuschte. Dagegen wünschte er Herrn Jones zu dem
Funde Glück, der auf seinem Grund und Boden gemacht
worden war, und pachtete ihm sogleich die Ausbeutung
der reichen Bleimine ab.

— Vor dem Friedensgerichte in Marlborough=Street
erschien gestern ein Drucker, überreichte dem ersten Se-
cretär ein Manuscriptblatt, mit der Frage, ob er das
Blatt drucken könne, ohne sich einer Klage und gericht-
lichen Verurtheilung auszusetzen. Das Blatt enthielt die
Aufforderung zu einer ergebensten Petition an die Köni-
gin, damit dieselbe die gehörigen Schritte thue, um die
Bischöfe von London, Exeter und Oxford abzusetzen, weil
diese Prälaten zum Puseyismus und zum Papstthume
öffentlich aufgemuntert hätten. Der Secretär bedauerte
sehr, bemerken zu müssen, daß über einen solchen Punct
das Gericht keine Auskunft geben könne, und ertheilte
dem Drucker den Rath, sich an seinen Advocaten zu wen-
den, was der Ansuchende sogleich zu wollen erklärte. Es
ist die erste Petition der Art, von der man bis jetzt ge-
hört hat.

[Ende Spaltensatz]

Verantwortlicher Redacteur: Dr. Leopold Schweitzer. — Druck und Verlag der Edlen v. Ghelen'schen Erben.



Anzeige.

Die auswärtigenP. T. Pränumeranten, welche einen Ruckersatz von dem 2. Semester 1850 zu fordern haben, wollen
sich dieserwegen directe an die k. k. oberste Hofpostverwaltung in Wien wenden, da die Gefertigten in dieser Beziehung
in keiner Verrechnung stehen, daher auch weder den Ersatz leisten, noch bei Zusendung der Pränumerationsgebühr für
das Jahr 1851 sich einen Abzug gefallen lassen.     Die Edlen v. Ghelen'schen Erben.

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[3627/0007] 3627 Minderung nicht innerhalb 8 Tagen nach eingetretener Rechtskraft eines verurtheilenden Erkenntnisses ergänzt worden ist; wenn eine Druckschrift durch Hausiren, An- bieten, Vertheilen und Anschlagen derselben an öffent- liche Orte verbreitet wird, und endlich wenn der Jnhalt der Schrift ein im öffentlichen Jnteresse von Amtswegen zu verfolgendes Vergehen oder Verbrechen begründet, und zwar selbst dann, wenn die Druckschrift noch nicht ausgegeben, oder die Handschrift erst zum Drucke abge- geben ist, vorausgesetzt, daß dringender Verdacht vorliegt, daß der Jnhalt der Schrift ein Vergehen oder Verbre- chen der bezeichneten Art begründe. Auch der Antrag eines Privatklägers auf Beschlag einer Druckschrift vor oder nach ihrem Ausgeben, oder einer zum Druck abge- gebenen Handschrift ist statthaft, wenn er genügend be- scheinigt, daß ihm durch Verbreitung der Schrift eine Rechtsverletzung zugehe, und wenn er zugleich, wo sol- ches erforderlich erscheint, für etwaigen Schaden und Kosten Sicherheit leistet. Das Gericht verfügt über jedes Beschlaggesuch nach dessen Empfang. Was oben von Druckschriften verordnet ist, gilt auch von allen durch mechanische oder chemische Mittel vervielfältigten Schrif- ten oder Bildwerken und den zur Vervielfältigung dienen- den Platten oder Formen. Da, wo der Staatsanwalt oder die Polizeibehörde den Beschlag verfügt, haben diese innerhalb der nächsten 24 Stunden die Acten dem Ge- richte vorzulegen, welches binnen drei Tagen diese Be- schlagnahme bestätigt oder aufhebt und erstern Falls von Amtswegen die Untersuchung einleitet. 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Gestern war der Geburts- tag der erstgebornen Prinzessin Tochter der Königin; er wurde in Schloß Windsor feierlich begangen. — Die Englische Mittelmeer=Flotte liegt noch bei Port Mahon und dürfte, wie es heißt, noch einige Zeit dort verweilen. — Die Anzahl schuldenbelasteter Güter in Jrland, die nach der neuen Parlaments=Acte seit einigen Mona- ten versteigert wurden, ist sehr groß. Jn der letzten Woche allein wurden fünfzehn ausgedehnte Herrschaften zur Auc- tion angemeldet. — Die Auctionen von Colonialwolle haben am ge- strigen Tage begonnen. Jm Ganzen dürften an 25.000 Ballen zur Versteigerung kommen. Ungeachtet der Ab- wesenheit vieler Käufer aus Deutschland, die sich sonst bei diesen Auctionen einzufinden pflegen, waren viele Käufer am Platze, und die Preise stellten sich um 1 / 2 bis 1 Penny für das Pfund höher, als dies bei den September=Auc- tionen der Fall war. Aus Frankreich und Belgien war die gewöhnliche Anzahl von Kauflustigen da. Der Begehr für Englische Manufactur=Districte, namentlich für Yorkshire, erscheint gesteigert. — Eine Englische Meile von Galvay hat man ein reiches Blei=Bergwerk entdeckt. Ein Grundherr, Hr. Jo- nes aus Dublin, hatte eine Reihe von Hütten, wegen rückständiger Pachtzinsen, nach Jrländischer Gewohnheit niederreißen lassen. Die Bauern, welche mit dieser Ar- beit beschäftigt waren, glaubten bei der Aufwühlung des Grundes eine Masse Silbererz unter dem Gestein zu fin- den. Die Glücklichen blieben nicht lange allein, von weit und breit strömte das Landvolk herbei und arbeitete im Schweiße seines Angesichts, um sich mit dem vermeint- lichen Silber die Taschen zu füllen, bis der Capitän einer Bergwerks=Compagnie dazu kam und die armen Leute enttäuschte. Dagegen wünschte er Herrn Jones zu dem Funde Glück, der auf seinem Grund und Boden gemacht worden war, und pachtete ihm sogleich die Ausbeutung der reichen Bleimine ab. — Vor dem Friedensgerichte in Marlborough=Street erschien gestern ein Drucker, überreichte dem ersten Se- cretär ein Manuscriptblatt, mit der Frage, ob er das Blatt drucken könne, ohne sich einer Klage und gericht- lichen Verurtheilung auszusetzen. Das Blatt enthielt die Aufforderung zu einer ergebensten Petition an die Köni- gin, damit dieselbe die gehörigen Schritte thue, um die Bischöfe von London, Exeter und Oxford abzusetzen, weil diese Prälaten zum Puseyismus und zum Papstthume öffentlich aufgemuntert hätten. Der Secretär bedauerte sehr, bemerken zu müssen, daß über einen solchen Punct das Gericht keine Auskunft geben könne, und ertheilte dem Drucker den Rath, sich an seinen Advocaten zu wen- den, was der Ansuchende sogleich zu wollen erklärte. Es ist die erste Petition der Art, von der man bis jetzt ge- hört hat. Verantwortlicher Redacteur: Dr. Leopold Schweitzer. — Druck und Verlag der Edlen v. Ghelen'schen Erben. Anzeige. Die auswärtigenP. T. Pränumeranten, welche einen Ruckersatz von dem 2. Semester 1850 zu fordern haben, wollen sich dieserwegen directe an die k. k. oberste Hofpostverwaltung in Wien wenden, da die Gefertigten in dieser Beziehung in keiner Verrechnung stehen, daher auch weder den Ersatz leisten, noch bei Zusendung der Pränumerationsgebühr für das Jahr 1851 sich einen Abzug gefallen lassen. Die Edlen v. Ghelen'schen Erben.

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Zitationshilfe: Wiener Zeitung. Nr. 286. [Wien], 30. November 1850, S. 3627. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_wiener286_1850/7>, abgerufen am 23.11.2024.