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Wiener Zeitung. Nr. 255. [Wien], 25. Oktober 1850.

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[Beginn Spaltensatz] genheit der Abholzung historischer Baum=Partien an
Ort und Stelle zu untersuchen. Ein Blatt erinnert daran,
daß derselbe die Balance in dem nächstjährigen Budget
durch den 30 Millionen betragenden Erlös aus Staats-
waldungen herstellte.

-- Aus dem Hafen von Toulon sind vorgestern 300
Mann des 53sten Linien=Regiments nach dem Kirchen-
staat abgegangen, und es werden auf telegraphischen Be-
fehl noch die Transportschiffe zur Ueberfahrt von vier
Bataillonen nach Civitavecchia bereit gehalten.

-- Dem Bildhauer Pradier, Mitglied des Jnstituts,
ist von dem Könige der Belgier die Ausführung der Büste
der verstorbenen Königin Louise übertragen worden. Er
ist bereits nach Brüssel abgegangen.

-- Jn Lyon circulirt eine Petition an die Legislative
um strenge Maßregeln wegen Heilighaltung des Sonntags.

-- Gioberti ist hier angekommen.

-- Jm "Journal des Debats " liest man: "Die
Friedens= und Versöhnungseröffnungen, welche der Rit-
ter Pinelli dem Römischen Hofe zu machen beauftragt
war, sind entschieden zurückgewiesen worden. Obgleich
er mehrere Unterredungen hatte mit dem Pro=Staats-
Secretär, Cardinal Antonelli, obwohl er vom Papste
in einer Privat=Andienz empfangen wurde, so war es
ihm doch nicht einmal gestattet, sein Beglaubigungs-
schreiben als Gesandter der Sardinischen Regierung offi-
ciell zu überreichen, und er hat Rom am 7. October
verlassen, um nach Turin zurückzukehren."

-- Der Barvorrath der Bank von Frankreich hat in
Paris beinahe um eine Million und um zwei Millionen
in den Provinzen zugenommen. Der Disconto hat in
Paris um mehr als eine Million abgenommen und sich
in den Provinzen um eine Million vermehrt. Der er-
stere beträgt 48.487.696 Franken, der letztere 80.320.395
Franken. Die im Umlauf befindlichen Banknoten haben
in Paris um eine Million und in den Zweigbanken um
die nämliche Summe zugenommen. Die laufende Rech-
nung des Staatsschatzes, die um1 3 / 4 Millionen abge-
nommen hat, beträgt jetzt1 3 / 4 Millionen. Der ganze
Betrag des Barvorraths beträgt440 1 / 2 Millionen, der
der sich im Umlauf befindenden Noten499 1 / 2 Millionen.

Großbritanien.

London, 18. October. Der Herzog von Cambridge
ist vorgestern vom Continent angekommen und nach Kew
gereist, wo sich die Erbgroßherzogin von Mecklenburg-
Strelitz, Prinzessin Mary und die Herzogin von Cam-
bridge befinden.

-- Bis jetzt hört man nur von einem einzigen Lon-
doner Wagen=Fabrikanten, Herrn Williams, der es un-
ternimmt, im Bau eleganter Eisenbahnwaggons mit den
Deutschen Bewerbern in die Schranken zu treten. Jm
Atelier des Herrn Wyld wird eine Erdkugel von 56 Fuß
Durchmesser für die Ausstellung gearbeitet. Sie wird einen
Eingang und Ausgang, Treppen und Gallerien inwen-
dig erhalten. Die Zeichnungen der Erdoberfläche werden
nicht, wie gewöhnlich, auf der äußeren, sondern auf der
inneren, hohlen Fläche angebracht werden. Auf den Gal-
lerien wird der Beschauer die Runde um den Erdball ma-
chen können. Eine Bergwerksgesellschaft in Canada beab-
sichtigt ein Stück metallisch reines Kupfer von nicht we-
niger als 20.000 Pfund Gewicht einzusenden.

-- Das Amerikanische Dampfschiff "Franklin" bringt
Nachrichten aus New=York vom 5. October. Die Nach-
richten aus Californien lauten sehr günstig. Jn der Stadt
Sacramento war der Friede hergestellt; es waren nur
wenig Menschen getödtet worden und die Nachrichten von
der Vernichtung der Stadt falsch.

-- Ein in der "Morning Chronicle" enthaltenes
Schreiben aus Rio=Janeiro theilt, als Beweis, wie sehr
die allgemeine Stimme des Volkes sich gegen den Scla-
venhandel erkläre, eine Denkschrift der Municipal=Be-
hörden von Bahia an die gesetzgebende Versammlung mit.
Die genannten Behörden beklagen sich sehr bitter dar-
über, daß der seeräuberische und barbarische Sclaven-
handel zwar theoretisch unterdrückt worden sei, in Wirk-
lichkeit aber noch immer geduldet werde. Jeder Bewoh-
ner von Bahia könne mit Fingern auf die Schiffe im
Hafen zeigen, die den verbotenen Handel treiben; so
offen trete man ein Gesetz mit Füßen, welches seit dem
7. November 1831 auf dem Papier existire. Die meisten
Sclavenhändler seien Ausländer ( Portugiesen ) , die in
Brasilien reich würden und zum Dank dafür durch ihr
schändliches Gewerbe das Land den größten Gefahren
aussetzten. Abgesehen von der Anhäufung anarchischer
Elemente und der fortwährenden Angst vor grauenvollen
Sclavenaufständen, die man dieser Menschenräuberei ver-
danke, sei es längst bewiesen, daß das gelbe Fieber sich
ursprünglich auf Sclavenschiffen erzeugt habe und durch
dieselben nach Europa und Amerika gebracht worden sei.
Die Seuche von 1849, welche die dünne Bevölkerung
Bahia's und Brasiliens zum zweiten Male decimirte,
[Spaltenumbruch] kam vom Bord des Sclavenschiffes "Brazil", welches
am 29. September v. J. in den Hafen von Bahia ein-
lief, ins Land. Die Denkschrift beruft sich für ihre Be-
hauptung auf den Ausspruch des Dr. Andonard in der
Pariser Akademie der Wissenschaften, so wie auf das
Urtheil des Präsidenten der Provinz Bahia und bittet
um energische Maßregeln gegen die Umgehung des Ge-
setzes von 1831.

-- Die Jrische "Tenant League" hat vorgestern un-
ter Vorsitz des Parlaments=Mitgliedes Sculli eine Ver-
sammlung in Cashell gehalten. Es waren, wie der " Free-
man " meldet, beinahe 100 Mitglieder des katholischen
Clerus zugegen. Von Unterhaus=Mitgliedern wohnten
außer dem Vorsitzenden Hr. Leuvleß und Sir T. O'Brien
dem Meeting bei.

Niederlande.

Haag, 10. October. Prinz Heinrich der Nieder-
lande geht nächsten Sonntag mit zahlreichem Gefolge nach
Luxemburg ab. -- Die "Staats=Courant" veröffentlicht
den mit 56 gegen 3 Stimmen angenommenen Entwurf
der Antworts=Adresse der zweiten Kammer auf die Thron-
rede. Die Versammlung drückt den Wunsch aus, bei der
Verwaltung der Armee Ersparnisse vorgenommen zu sehen;
sie will aber zugleich, daß das Heer auf einem Fuße be-
lassen werde, wie ihn die Sicherheit des Staates erheische.
Jm Uebrigen ist die Adresse blos eine Umschreibung der
Thronrede und beschränkt sich auf Kundgebung des Wun-
sches, die zur Vollendung des Verfassungswerckes noch
erforderlichen organischen Gesetze so zeitig vorgelegt zu se-
hen, daß sie noch in dieser Session berathen werden können.
Bei der Discussion, welche dieser Adresse=Entwurf heute
in der zweiten Kammer herbeiführte, ward zuerst das
Ganze desselben mit 56 gegen 3 Stimmen genehmigt;
auch die vier ersten Paragraphen wurden angenommen,
und die Berathung der übrigen Paragraphen auf morgen
vertagt. Heute führte blos der zweite Paragraph, welcher
sich auf das Verhalten bezieht, das die Regierung Deutsch-
land gegenüber zu befolgen gedenkt, zu einer ziemlich leb-
haften Erörterung, indem mehrere Redner das Cabinet
tadelten, während andere dasselbe belobten. Der Mi-
nister des Auswärtigen antwortete, er könne nur die
Worte der Thronrede wiederholen, daß man zugleich den
Verträgen nachkommen und die wahren Jnteressen Nieder-
lands vertheidigen werde; in nähere Einzelheiten einzu-
gehen sei ihm bei den noch schwebenden Unterhandlungen
nicht gestattet.

Schweiz.

Bern, 10. October. Jn der Nacht vom 4ten zum
5ten d. M. näherten sich bewaffnete Haufen der Stadt
Freiburg bis auf ungefähr eine Stunde und zerstreuten
sich dann aus Mangel an Organisation und Anführung.
Auf mehreren Höhen waren Feuer angezündet. Die
Schaaren kamen auf den Hauptstraßen anßerhalb der
Thore von Romont und Bürgeln. Jm Deutschen Be-
zirke sollen auch Mahnungen ergangen sein, denen aber
nur Wenige Folge leisteten. Es sind bis jetzt keine Mi-
lizen aufgeboten. Eine Compagnie Bürgerwehr versah
den Dienst. Jndessen ist die Rede davon, einige Gemein-
den militärisch zu besetzen. Der Staatsrath hat dem
großen Rath über diese Vorgänge Bericht abgestattet,
wobei er erklärte, Strenge in Verfolgung der Schuldigen
walten zu lassen. Dieser Bericht war begleitet von Ver-
trauens=Adressen der städtischen Schützengesellschaft und
des Volksvereins.

-- Es wird ein Vertrag mit Baiern über die gegen-
seitige Auslieferung der Verbrecher unterhandelt, um der
nächsten Bundesversammlung vorgelegt zu werden. -- Die
Regierung von Neapel hat die Zusicherung ertheilt, daß
die vom Bombardement von Messina herrührenden Scha-
denersatzforderungen der Schweizerbürger auf dem glei-
chen Fuß befriedigt werden sollen, wie diejenigen ande-
rer Nationen. Jm Laufe nächsten Jahres wird der Bun-
desrath einen Gesetzentwurf über die Besteuerung der Ge-
halte der eidgenössischen Beamten der Bundesversamm-
lung vorlegen.

-- Verschiedene Schweizerblätter melden Folgendes:
Der eidgenössische Geschäftsträger in Paris sah sich durch
mancherlei Gerüchte und Zeitungsnachrichten veranlaßt,
beim Preußischen Gesandten anzufragen, ob von Preu-
ßen bei der Französischen Regierung in letzter Zeit Schritte
wegen der Neuenburgerfrage gethan worden. Die erhal-
tene Auskunft lautete verneinend.

-- Der Bundesrath hat in seiner Sitzung vom 2ten
October beschlossen, von der Badischen Regierung Genug-
thuung für die von Preußischen Militärs verübte Gränz-
verletzung auf Schaffhausen'schem Gebiete und die Frei-
lassung des auf diesem Wege arretirten Flüchtlings=Post-
halter Holzscheiter von Jestetten, zu verlangen. Derselbe
wurde nämlich auf einem Grundstück in der Gemarkung
[Spaltenumbruch] der Schaffhausen'schen Gemeinde Neuhausen, wo er mit
seiner von Jestetten kommenden Ehefrau zusammengetrof-
fen war, von vier Preußischen, in Uniform befindlichen
Soldaten überfallen, mißhandelt und dann ohne Wei-
ters über die Gränze nach Jestetten geschleppt, wo er so-
fort militärische Bewachung erhielt.

Zürich, 9. October. Jn dem gestern und vorgestern
unter dem Präsidium Dr. Zehnder's versammelten Zü-
richer großen Rathe wurden mehrere für den Canton äu-
ßerst wichtige Fragen verhandelt. Die wichtigste von allen
war die Münz=Reduction; die Frage, welches Verhält-
niß bei der bevorstehenden Einführung des Französischen
Münz=Systems, der Züricher Gulden zum Französischen
Franken erhalten solle. Die Regierung schlug durch ihren
Referenten, R. R. Rüttimann, das Verhältniß von 1
zu2 1 / 3 vor, so daß 100 fl. Z. W. gleich kämen 233 Fr.
33 Cent.; dieses Verhältniß entspreche dem Silberwerthe
und zugleich einiger Maßen dem allgemeine Geltung ha-
benden Abusiv=Course. Die Capitalisten dagegen verlang-
ten durch ihren Hauptvertreter, R. R. Wild, entspre-
chend dem im gewöhnlichen Verkehre schon lange still-
schweigend abgeschafften gesetzlichen Tarife, 235 Fr. für
100 fl.; sie hoben dabei hervor, daß sie auch so noch 28
Cent. auf 100 fl. verlören, mußten dagegen aber von
ihren Gegnern vernehmen, daß gerade sie von dem herr-
schenden Abusiv=Course eine geraume Zeit hindurch den
größten Nutzen gezogen, so daß sie der Billigkeit gemäß
jetzt auch wohl zu Gunsten der Debitoren einen kleinen
Nachtheil sich gefallen lassen könnten. Ein Mittelantrag
suchte Tarif und Werth zu versöhnen, indem er das
Verhältniß von hundert zu 234 vorschlug. Lange
schwankte die Debatte unentschieden hin und her;
endlich gab das Votum Doctor Escher's den Aus-
schlag zu Gunsten des den Debitoren günstigen Sy-
stems; dieses Votum machte einen um so größeren Ein-
druck, als Hr. Escher selber einer der größten Capitali-
sten Zürichs ist. Der regierungsräthliche Antrag wurde
mit großer Majorität angenommen. -- Nicht viel min-
der wichtig war ein fernerer Antrag der Regierung, die
bare Einnahme der Volks=Schullehrer -- außer freier
Wohnung, Garten und Feuerung -- auf mindestens 400
Schw. Fr. ( a 12 1 / 2 Sgr. ) zu erhöhen. Vielen schienen
die Regierungsvorschläge zu dürftig. Selbst der Referent
der letzteren, R. R. Billeter, äußerte, er persönlich sei
für eine durchgreifendere Besserstellung der materiellen
Lage der Lehrer. Seinem Referate ist noch zu entneh-
men, daß sich unter den 465 Volks=Schullehrerstellen des
Cantons noch 273 befinden, bei denen die bare Einnah-
me unter 400 Schw. Fr. bleibt; der Zuschuß des Staa-
tes werde, bei Annahme des regierungsräthlichen Vor-
schlages, etwa 19.512 Schw. Fr. jährlich betragen. Un-
ter den Abänderungs=Anträgen, die sämmtlich zu Gun-
sten der Lehrer weiter gingen, lautet der des Staats=An-
waltes Dubs dahin: eben so wie das Gehalt der Geist-
lichen mit dem Dienstalter steigt, sollte auch das Gehalt
der Lehrer von fünf zu fünf Jahren steigen, bis es, nach
dreißig Jahren, das Maximum von 300 Schw. Fr.
erreicht hätte. Außer diesem Staatsgehalte bezögen die
Lehrer natürlich wie bisher die Schullöhne und gesetzlichen
Gemeindezulagen. Die ganze Sache wurde an eine aus
dreizehn Mitgliedern bestehende Commission gewiesen.

-- Ueber die Untersuchungen des Herrn Stephenson,
den der Bundesrath zur Begutachtung des Schweizeri-
schen Eisenbahnnetzes berufen hat, erfährt man Folgen-
des: "Herr Stephenson befindet sich gegenwärtig mit sei-
nem Gehilfen, Herrn Swineburn, in Bern, um die
große Masse von Plänen, Profilen und Kostenberechnun-
gen näher zu prüfen und mit den Tabellen über Bevöl-
kerung und Personen= und Waaren=Frequenz zu verglei-
chen. Bisher haben diese Herren die östliche und mitt-
lere Schweiz bereist und werden nun noch die projectirten
Eisenbahnlinien in der westlichen Schweiz besichtigen.
Man vernimmt noch wenig, welche Linien den Vorzug vor
anderen erhalten und in das Netz aufgenommen werden
sollen. Nur so viel mag man jetzt schon bemerken, daß es
sich nicht um ein eigentliches Netz handelt, das kreuz und
quer die Schweiz bedecken soll, sondern nur um einige
Hauptlinien von Norden nach Süden und von Osten nach
Westen, denen später nach Belieben Zweigbahnen ange-
reiht werden können. Herr Stephenson scheint überrascht
zu sein, zu sehen, wie in dem Gebirgslande der Schweiz
auf sehr vortheilhafte Weise gerade in den Hauptrichtun-
gen lange Flußthäler zum Bau von Eisenbahnen sich dar-
bieten, die nirgends eine Steigung von mehr als einem
Procent erfordern. Jm Allgemeinen empfiehlt derselbe,
die Anlagekosten so niedrig als immer möglich zu hal-
ten. Je kleiner das Anlage=Capital sei, desto größer
werden die Procente sein, die man den Actionärs ge-
ben könne. Es sollen daher nur einspurige Bahnen
gebaut werden, die, mit Vermeidung von kostspie-
ligen Viaducten, Einschnitten, Tunnels, so viel mög-
lich dem günstigsten Boden in den Thälern und Ab-
[Ende Spaltensatz]

[Beginn Spaltensatz] genheit der Abholzung historischer Baum=Partien an
Ort und Stelle zu untersuchen. Ein Blatt erinnert daran,
daß derselbe die Balance in dem nächstjährigen Budget
durch den 30 Millionen betragenden Erlös aus Staats-
waldungen herstellte.

— Aus dem Hafen von Toulon sind vorgestern 300
Mann des 53sten Linien=Regiments nach dem Kirchen-
staat abgegangen, und es werden auf telegraphischen Be-
fehl noch die Transportschiffe zur Ueberfahrt von vier
Bataillonen nach Civitavecchia bereit gehalten.

— Dem Bildhauer Pradier, Mitglied des Jnstituts,
ist von dem Könige der Belgier die Ausführung der Büste
der verstorbenen Königin Louise übertragen worden. Er
ist bereits nach Brüssel abgegangen.

— Jn Lyon circulirt eine Petition an die Legislative
um strenge Maßregeln wegen Heilighaltung des Sonntags.

— Gioberti ist hier angekommen.

— Jm „Journal des Débats “ liest man: „Die
Friedens= und Versöhnungseröffnungen, welche der Rit-
ter Pinelli dem Römischen Hofe zu machen beauftragt
war, sind entschieden zurückgewiesen worden. Obgleich
er mehrere Unterredungen hatte mit dem Pro=Staats-
Secretär, Cardinal Antonelli, obwohl er vom Papste
in einer Privat=Andienz empfangen wurde, so war es
ihm doch nicht einmal gestattet, sein Beglaubigungs-
schreiben als Gesandter der Sardinischen Regierung offi-
ciell zu überreichen, und er hat Rom am 7. October
verlassen, um nach Turin zurückzukehren.“

— Der Barvorrath der Bank von Frankreich hat in
Paris beinahe um eine Million und um zwei Millionen
in den Provinzen zugenommen. Der Disconto hat in
Paris um mehr als eine Million abgenommen und sich
in den Provinzen um eine Million vermehrt. Der er-
stere beträgt 48.487.696 Franken, der letztere 80.320.395
Franken. Die im Umlauf befindlichen Banknoten haben
in Paris um eine Million und in den Zweigbanken um
die nämliche Summe zugenommen. Die laufende Rech-
nung des Staatsschatzes, die um1 3 / 4 Millionen abge-
nommen hat, beträgt jetzt1 3 / 4 Millionen. Der ganze
Betrag des Barvorraths beträgt440 1 / 2 Millionen, der
der sich im Umlauf befindenden Noten499 1 / 2 Millionen.

Großbritanien.

London, 18. October. Der Herzog von Cambridge
ist vorgestern vom Continent angekommen und nach Kew
gereist, wo sich die Erbgroßherzogin von Mecklenburg-
Strelitz, Prinzessin Mary und die Herzogin von Cam-
bridge befinden.

— Bis jetzt hört man nur von einem einzigen Lon-
doner Wagen=Fabrikanten, Herrn Williams, der es un-
ternimmt, im Bau eleganter Eisenbahnwaggons mit den
Deutschen Bewerbern in die Schranken zu treten. Jm
Atelier des Herrn Wyld wird eine Erdkugel von 56 Fuß
Durchmesser für die Ausstellung gearbeitet. Sie wird einen
Eingang und Ausgang, Treppen und Gallerien inwen-
dig erhalten. Die Zeichnungen der Erdoberfläche werden
nicht, wie gewöhnlich, auf der äußeren, sondern auf der
inneren, hohlen Fläche angebracht werden. Auf den Gal-
lerien wird der Beschauer die Runde um den Erdball ma-
chen können. Eine Bergwerksgesellschaft in Canada beab-
sichtigt ein Stück metallisch reines Kupfer von nicht we-
niger als 20.000 Pfund Gewicht einzusenden.

— Das Amerikanische Dampfschiff „Franklin“ bringt
Nachrichten aus New=York vom 5. October. Die Nach-
richten aus Californien lauten sehr günstig. Jn der Stadt
Sacramento war der Friede hergestellt; es waren nur
wenig Menschen getödtet worden und die Nachrichten von
der Vernichtung der Stadt falsch.

— Ein in der „Morning Chronicle“ enthaltenes
Schreiben aus Rio=Janeiro theilt, als Beweis, wie sehr
die allgemeine Stimme des Volkes sich gegen den Scla-
venhandel erkläre, eine Denkschrift der Municipal=Be-
hörden von Bahia an die gesetzgebende Versammlung mit.
Die genannten Behörden beklagen sich sehr bitter dar-
über, daß der seeräuberische und barbarische Sclaven-
handel zwar theoretisch unterdrückt worden sei, in Wirk-
lichkeit aber noch immer geduldet werde. Jeder Bewoh-
ner von Bahia könne mit Fingern auf die Schiffe im
Hafen zeigen, die den verbotenen Handel treiben; so
offen trete man ein Gesetz mit Füßen, welches seit dem
7. November 1831 auf dem Papier existire. Die meisten
Sclavenhändler seien Ausländer ( Portugiesen ) , die in
Brasilien reich würden und zum Dank dafür durch ihr
schändliches Gewerbe das Land den größten Gefahren
aussetzten. Abgesehen von der Anhäufung anarchischer
Elemente und der fortwährenden Angst vor grauenvollen
Sclavenaufständen, die man dieser Menschenräuberei ver-
danke, sei es längst bewiesen, daß das gelbe Fieber sich
ursprünglich auf Sclavenschiffen erzeugt habe und durch
dieselben nach Europa und Amerika gebracht worden sei.
Die Seuche von 1849, welche die dünne Bevölkerung
Bahia's und Brasiliens zum zweiten Male decimirte,
[Spaltenumbruch] kam vom Bord des Sclavenschiffes „Brazil“, welches
am 29. September v. J. in den Hafen von Bahia ein-
lief, ins Land. Die Denkschrift beruft sich für ihre Be-
hauptung auf den Ausspruch des Dr. Andonard in der
Pariser Akademie der Wissenschaften, so wie auf das
Urtheil des Präsidenten der Provinz Bahia und bittet
um energische Maßregeln gegen die Umgehung des Ge-
setzes von 1831.

— Die Jrische „Tenant League“ hat vorgestern un-
ter Vorsitz des Parlaments=Mitgliedes Sculli eine Ver-
sammlung in Cashell gehalten. Es waren, wie der „ Free-
man “ meldet, beinahe 100 Mitglieder des katholischen
Clerus zugegen. Von Unterhaus=Mitgliedern wohnten
außer dem Vorsitzenden Hr. Leuvleß und Sir T. O'Brien
dem Meeting bei.

Niederlande.

Haag, 10. October. Prinz Heinrich der Nieder-
lande geht nächsten Sonntag mit zahlreichem Gefolge nach
Luxemburg ab. — Die „Staats=Courant“ veröffentlicht
den mit 56 gegen 3 Stimmen angenommenen Entwurf
der Antworts=Adresse der zweiten Kammer auf die Thron-
rede. Die Versammlung drückt den Wunsch aus, bei der
Verwaltung der Armee Ersparnisse vorgenommen zu sehen;
sie will aber zugleich, daß das Heer auf einem Fuße be-
lassen werde, wie ihn die Sicherheit des Staates erheische.
Jm Uebrigen ist die Adresse blos eine Umschreibung der
Thronrede und beschränkt sich auf Kundgebung des Wun-
sches, die zur Vollendung des Verfassungswerckes noch
erforderlichen organischen Gesetze so zeitig vorgelegt zu se-
hen, daß sie noch in dieser Session berathen werden können.
Bei der Discussion, welche dieser Adresse=Entwurf heute
in der zweiten Kammer herbeiführte, ward zuerst das
Ganze desselben mit 56 gegen 3 Stimmen genehmigt;
auch die vier ersten Paragraphen wurden angenommen,
und die Berathung der übrigen Paragraphen auf morgen
vertagt. Heute führte blos der zweite Paragraph, welcher
sich auf das Verhalten bezieht, das die Regierung Deutsch-
land gegenüber zu befolgen gedenkt, zu einer ziemlich leb-
haften Erörterung, indem mehrere Redner das Cabinet
tadelten, während andere dasselbe belobten. Der Mi-
nister des Auswärtigen antwortete, er könne nur die
Worte der Thronrede wiederholen, daß man zugleich den
Verträgen nachkommen und die wahren Jnteressen Nieder-
lands vertheidigen werde; in nähere Einzelheiten einzu-
gehen sei ihm bei den noch schwebenden Unterhandlungen
nicht gestattet.

Schweiz.

Bern, 10. October. Jn der Nacht vom 4ten zum
5ten d. M. näherten sich bewaffnete Haufen der Stadt
Freiburg bis auf ungefähr eine Stunde und zerstreuten
sich dann aus Mangel an Organisation und Anführung.
Auf mehreren Höhen waren Feuer angezündet. Die
Schaaren kamen auf den Hauptstraßen anßerhalb der
Thore von Romont und Bürgeln. Jm Deutschen Be-
zirke sollen auch Mahnungen ergangen sein, denen aber
nur Wenige Folge leisteten. Es sind bis jetzt keine Mi-
lizen aufgeboten. Eine Compagnie Bürgerwehr versah
den Dienst. Jndessen ist die Rede davon, einige Gemein-
den militärisch zu besetzen. Der Staatsrath hat dem
großen Rath über diese Vorgänge Bericht abgestattet,
wobei er erklärte, Strenge in Verfolgung der Schuldigen
walten zu lassen. Dieser Bericht war begleitet von Ver-
trauens=Adressen der städtischen Schützengesellschaft und
des Volksvereins.

— Es wird ein Vertrag mit Baiern über die gegen-
seitige Auslieferung der Verbrecher unterhandelt, um der
nächsten Bundesversammlung vorgelegt zu werden. — Die
Regierung von Neapel hat die Zusicherung ertheilt, daß
die vom Bombardement von Messina herrührenden Scha-
denersatzforderungen der Schweizerbürger auf dem glei-
chen Fuß befriedigt werden sollen, wie diejenigen ande-
rer Nationen. Jm Laufe nächsten Jahres wird der Bun-
desrath einen Gesetzentwurf über die Besteuerung der Ge-
halte der eidgenössischen Beamten der Bundesversamm-
lung vorlegen.

— Verschiedene Schweizerblätter melden Folgendes:
Der eidgenössische Geschäftsträger in Paris sah sich durch
mancherlei Gerüchte und Zeitungsnachrichten veranlaßt,
beim Preußischen Gesandten anzufragen, ob von Preu-
ßen bei der Französischen Regierung in letzter Zeit Schritte
wegen der Neuenburgerfrage gethan worden. Die erhal-
tene Auskunft lautete verneinend.

— Der Bundesrath hat in seiner Sitzung vom 2ten
October beschlossen, von der Badischen Regierung Genug-
thuung für die von Preußischen Militärs verübte Gränz-
verletzung auf Schaffhausen'schem Gebiete und die Frei-
lassung des auf diesem Wege arretirten Flüchtlings=Post-
halter Holzscheiter von Jestetten, zu verlangen. Derselbe
wurde nämlich auf einem Grundstück in der Gemarkung
[Spaltenumbruch] der Schaffhausen'schen Gemeinde Neuhausen, wo er mit
seiner von Jestetten kommenden Ehefrau zusammengetrof-
fen war, von vier Preußischen, in Uniform befindlichen
Soldaten überfallen, mißhandelt und dann ohne Wei-
ters über die Gränze nach Jestetten geschleppt, wo er so-
fort militärische Bewachung erhielt.

Zürich, 9. October. Jn dem gestern und vorgestern
unter dem Präsidium Dr. Zehnder's versammelten Zü-
richer großen Rathe wurden mehrere für den Canton äu-
ßerst wichtige Fragen verhandelt. Die wichtigste von allen
war die Münz=Reduction; die Frage, welches Verhält-
niß bei der bevorstehenden Einführung des Französischen
Münz=Systems, der Züricher Gulden zum Französischen
Franken erhalten solle. Die Regierung schlug durch ihren
Referenten, R. R. Rüttimann, das Verhältniß von 1
zu2 1 / 3 vor, so daß 100 fl. Z. W. gleich kämen 233 Fr.
33 Cent.; dieses Verhältniß entspreche dem Silberwerthe
und zugleich einiger Maßen dem allgemeine Geltung ha-
benden Abusiv=Course. Die Capitalisten dagegen verlang-
ten durch ihren Hauptvertreter, R. R. Wild, entspre-
chend dem im gewöhnlichen Verkehre schon lange still-
schweigend abgeschafften gesetzlichen Tarife, 235 Fr. für
100 fl.; sie hoben dabei hervor, daß sie auch so noch 28
Cent. auf 100 fl. verlören, mußten dagegen aber von
ihren Gegnern vernehmen, daß gerade sie von dem herr-
schenden Abusiv=Course eine geraume Zeit hindurch den
größten Nutzen gezogen, so daß sie der Billigkeit gemäß
jetzt auch wohl zu Gunsten der Debitoren einen kleinen
Nachtheil sich gefallen lassen könnten. Ein Mittelantrag
suchte Tarif und Werth zu versöhnen, indem er das
Verhältniß von hundert zu 234 vorschlug. Lange
schwankte die Debatte unentschieden hin und her;
endlich gab das Votum Doctor Escher's den Aus-
schlag zu Gunsten des den Debitoren günstigen Sy-
stems; dieses Votum machte einen um so größeren Ein-
druck, als Hr. Escher selber einer der größten Capitali-
sten Zürichs ist. Der regierungsräthliche Antrag wurde
mit großer Majorität angenommen. — Nicht viel min-
der wichtig war ein fernerer Antrag der Regierung, die
bare Einnahme der Volks=Schullehrer — außer freier
Wohnung, Garten und Feuerung — auf mindestens 400
Schw. Fr. ( à 12 1 / 2 Sgr. ) zu erhöhen. Vielen schienen
die Regierungsvorschläge zu dürftig. Selbst der Referent
der letzteren, R. R. Billeter, äußerte, er persönlich sei
für eine durchgreifendere Besserstellung der materiellen
Lage der Lehrer. Seinem Referate ist noch zu entneh-
men, daß sich unter den 465 Volks=Schullehrerstellen des
Cantons noch 273 befinden, bei denen die bare Einnah-
me unter 400 Schw. Fr. bleibt; der Zuschuß des Staa-
tes werde, bei Annahme des regierungsräthlichen Vor-
schlages, etwa 19.512 Schw. Fr. jährlich betragen. Un-
ter den Abänderungs=Anträgen, die sämmtlich zu Gun-
sten der Lehrer weiter gingen, lautet der des Staats=An-
waltes Dubs dahin: eben so wie das Gehalt der Geist-
lichen mit dem Dienstalter steigt, sollte auch das Gehalt
der Lehrer von fünf zu fünf Jahren steigen, bis es, nach
dreißig Jahren, das Maximum von 300 Schw. Fr.
erreicht hätte. Außer diesem Staatsgehalte bezögen die
Lehrer natürlich wie bisher die Schullöhne und gesetzlichen
Gemeindezulagen. Die ganze Sache wurde an eine aus
dreizehn Mitgliedern bestehende Commission gewiesen.

— Ueber die Untersuchungen des Herrn Stephenson,
den der Bundesrath zur Begutachtung des Schweizeri-
schen Eisenbahnnetzes berufen hat, erfährt man Folgen-
des: „Herr Stephenson befindet sich gegenwärtig mit sei-
nem Gehilfen, Herrn Swineburn, in Bern, um die
große Masse von Plänen, Profilen und Kostenberechnun-
gen näher zu prüfen und mit den Tabellen über Bevöl-
kerung und Personen= und Waaren=Frequenz zu verglei-
chen. Bisher haben diese Herren die östliche und mitt-
lere Schweiz bereist und werden nun noch die projectirten
Eisenbahnlinien in der westlichen Schweiz besichtigen.
Man vernimmt noch wenig, welche Linien den Vorzug vor
anderen erhalten und in das Netz aufgenommen werden
sollen. Nur so viel mag man jetzt schon bemerken, daß es
sich nicht um ein eigentliches Netz handelt, das kreuz und
quer die Schweiz bedecken soll, sondern nur um einige
Hauptlinien von Norden nach Süden und von Osten nach
Westen, denen später nach Belieben Zweigbahnen ange-
reiht werden können. Herr Stephenson scheint überrascht
zu sein, zu sehen, wie in dem Gebirgslande der Schweiz
auf sehr vortheilhafte Weise gerade in den Hauptrichtun-
gen lange Flußthäler zum Bau von Eisenbahnen sich dar-
bieten, die nirgends eine Steigung von mehr als einem
Procent erfordern. Jm Allgemeinen empfiehlt derselbe,
die Anlagekosten so niedrig als immer möglich zu hal-
ten. Je kleiner das Anlage=Capital sei, desto größer
werden die Procente sein, die man den Actionärs ge-
ben könne. Es sollen daher nur einspurige Bahnen
gebaut werden, die, mit Vermeidung von kostspie-
ligen Viaducten, Einschnitten, Tunnels, so viel mög-
lich dem günstigsten Boden in den Thälern und Ab-
[Ende Spaltensatz]

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[3226/0006] 3226 genheit der Abholzung historischer Baum=Partien an Ort und Stelle zu untersuchen. Ein Blatt erinnert daran, daß derselbe die Balance in dem nächstjährigen Budget durch den 30 Millionen betragenden Erlös aus Staats- waldungen herstellte. — Aus dem Hafen von Toulon sind vorgestern 300 Mann des 53sten Linien=Regiments nach dem Kirchen- staat abgegangen, und es werden auf telegraphischen Be- fehl noch die Transportschiffe zur Ueberfahrt von vier Bataillonen nach Civitavecchia bereit gehalten. — Dem Bildhauer Pradier, Mitglied des Jnstituts, ist von dem Könige der Belgier die Ausführung der Büste der verstorbenen Königin Louise übertragen worden. Er ist bereits nach Brüssel abgegangen. — Jn Lyon circulirt eine Petition an die Legislative um strenge Maßregeln wegen Heilighaltung des Sonntags. — Gioberti ist hier angekommen. — Jm „Journal des Débats “ liest man: „Die Friedens= und Versöhnungseröffnungen, welche der Rit- ter Pinelli dem Römischen Hofe zu machen beauftragt war, sind entschieden zurückgewiesen worden. Obgleich er mehrere Unterredungen hatte mit dem Pro=Staats- Secretär, Cardinal Antonelli, obwohl er vom Papste in einer Privat=Andienz empfangen wurde, so war es ihm doch nicht einmal gestattet, sein Beglaubigungs- schreiben als Gesandter der Sardinischen Regierung offi- ciell zu überreichen, und er hat Rom am 7. October verlassen, um nach Turin zurückzukehren.“ — Der Barvorrath der Bank von Frankreich hat in Paris beinahe um eine Million und um zwei Millionen in den Provinzen zugenommen. Der Disconto hat in Paris um mehr als eine Million abgenommen und sich in den Provinzen um eine Million vermehrt. Der er- stere beträgt 48.487.696 Franken, der letztere 80.320.395 Franken. Die im Umlauf befindlichen Banknoten haben in Paris um eine Million und in den Zweigbanken um die nämliche Summe zugenommen. Die laufende Rech- nung des Staatsschatzes, die um1 3 / 4 Millionen abge- nommen hat, beträgt jetzt1 3 / 4 Millionen. Der ganze Betrag des Barvorraths beträgt440 1 / 2 Millionen, der der sich im Umlauf befindenden Noten499 1 / 2 Millionen. Großbritanien. London, 18. October. Der Herzog von Cambridge ist vorgestern vom Continent angekommen und nach Kew gereist, wo sich die Erbgroßherzogin von Mecklenburg- Strelitz, Prinzessin Mary und die Herzogin von Cam- bridge befinden. — Bis jetzt hört man nur von einem einzigen Lon- doner Wagen=Fabrikanten, Herrn Williams, der es un- ternimmt, im Bau eleganter Eisenbahnwaggons mit den Deutschen Bewerbern in die Schranken zu treten. Jm Atelier des Herrn Wyld wird eine Erdkugel von 56 Fuß Durchmesser für die Ausstellung gearbeitet. Sie wird einen Eingang und Ausgang, Treppen und Gallerien inwen- dig erhalten. Die Zeichnungen der Erdoberfläche werden nicht, wie gewöhnlich, auf der äußeren, sondern auf der inneren, hohlen Fläche angebracht werden. Auf den Gal- lerien wird der Beschauer die Runde um den Erdball ma- chen können. Eine Bergwerksgesellschaft in Canada beab- sichtigt ein Stück metallisch reines Kupfer von nicht we- niger als 20.000 Pfund Gewicht einzusenden. — Das Amerikanische Dampfschiff „Franklin“ bringt Nachrichten aus New=York vom 5. October. Die Nach- richten aus Californien lauten sehr günstig. Jn der Stadt Sacramento war der Friede hergestellt; es waren nur wenig Menschen getödtet worden und die Nachrichten von der Vernichtung der Stadt falsch. — Ein in der „Morning Chronicle“ enthaltenes Schreiben aus Rio=Janeiro theilt, als Beweis, wie sehr die allgemeine Stimme des Volkes sich gegen den Scla- venhandel erkläre, eine Denkschrift der Municipal=Be- hörden von Bahia an die gesetzgebende Versammlung mit. Die genannten Behörden beklagen sich sehr bitter dar- über, daß der seeräuberische und barbarische Sclaven- handel zwar theoretisch unterdrückt worden sei, in Wirk- lichkeit aber noch immer geduldet werde. Jeder Bewoh- ner von Bahia könne mit Fingern auf die Schiffe im Hafen zeigen, die den verbotenen Handel treiben; so offen trete man ein Gesetz mit Füßen, welches seit dem 7. November 1831 auf dem Papier existire. Die meisten Sclavenhändler seien Ausländer ( Portugiesen ) , die in Brasilien reich würden und zum Dank dafür durch ihr schändliches Gewerbe das Land den größten Gefahren aussetzten. Abgesehen von der Anhäufung anarchischer Elemente und der fortwährenden Angst vor grauenvollen Sclavenaufständen, die man dieser Menschenräuberei ver- danke, sei es längst bewiesen, daß das gelbe Fieber sich ursprünglich auf Sclavenschiffen erzeugt habe und durch dieselben nach Europa und Amerika gebracht worden sei. Die Seuche von 1849, welche die dünne Bevölkerung Bahia's und Brasiliens zum zweiten Male decimirte, kam vom Bord des Sclavenschiffes „Brazil“, welches am 29. September v. J. in den Hafen von Bahia ein- lief, ins Land. Die Denkschrift beruft sich für ihre Be- hauptung auf den Ausspruch des Dr. Andonard in der Pariser Akademie der Wissenschaften, so wie auf das Urtheil des Präsidenten der Provinz Bahia und bittet um energische Maßregeln gegen die Umgehung des Ge- setzes von 1831. — Die Jrische „Tenant League“ hat vorgestern un- ter Vorsitz des Parlaments=Mitgliedes Sculli eine Ver- sammlung in Cashell gehalten. Es waren, wie der „ Free- man “ meldet, beinahe 100 Mitglieder des katholischen Clerus zugegen. Von Unterhaus=Mitgliedern wohnten außer dem Vorsitzenden Hr. Leuvleß und Sir T. O'Brien dem Meeting bei. Niederlande. Haag, 10. October. Prinz Heinrich der Nieder- lande geht nächsten Sonntag mit zahlreichem Gefolge nach Luxemburg ab. — Die „Staats=Courant“ veröffentlicht den mit 56 gegen 3 Stimmen angenommenen Entwurf der Antworts=Adresse der zweiten Kammer auf die Thron- rede. Die Versammlung drückt den Wunsch aus, bei der Verwaltung der Armee Ersparnisse vorgenommen zu sehen; sie will aber zugleich, daß das Heer auf einem Fuße be- lassen werde, wie ihn die Sicherheit des Staates erheische. Jm Uebrigen ist die Adresse blos eine Umschreibung der Thronrede und beschränkt sich auf Kundgebung des Wun- sches, die zur Vollendung des Verfassungswerckes noch erforderlichen organischen Gesetze so zeitig vorgelegt zu se- hen, daß sie noch in dieser Session berathen werden können. Bei der Discussion, welche dieser Adresse=Entwurf heute in der zweiten Kammer herbeiführte, ward zuerst das Ganze desselben mit 56 gegen 3 Stimmen genehmigt; auch die vier ersten Paragraphen wurden angenommen, und die Berathung der übrigen Paragraphen auf morgen vertagt. Heute führte blos der zweite Paragraph, welcher sich auf das Verhalten bezieht, das die Regierung Deutsch- land gegenüber zu befolgen gedenkt, zu einer ziemlich leb- haften Erörterung, indem mehrere Redner das Cabinet tadelten, während andere dasselbe belobten. Der Mi- nister des Auswärtigen antwortete, er könne nur die Worte der Thronrede wiederholen, daß man zugleich den Verträgen nachkommen und die wahren Jnteressen Nieder- lands vertheidigen werde; in nähere Einzelheiten einzu- gehen sei ihm bei den noch schwebenden Unterhandlungen nicht gestattet. Schweiz. Bern, 10. October. Jn der Nacht vom 4ten zum 5ten d. M. näherten sich bewaffnete Haufen der Stadt Freiburg bis auf ungefähr eine Stunde und zerstreuten sich dann aus Mangel an Organisation und Anführung. Auf mehreren Höhen waren Feuer angezündet. Die Schaaren kamen auf den Hauptstraßen anßerhalb der Thore von Romont und Bürgeln. Jm Deutschen Be- zirke sollen auch Mahnungen ergangen sein, denen aber nur Wenige Folge leisteten. Es sind bis jetzt keine Mi- lizen aufgeboten. Eine Compagnie Bürgerwehr versah den Dienst. Jndessen ist die Rede davon, einige Gemein- den militärisch zu besetzen. Der Staatsrath hat dem großen Rath über diese Vorgänge Bericht abgestattet, wobei er erklärte, Strenge in Verfolgung der Schuldigen walten zu lassen. Dieser Bericht war begleitet von Ver- trauens=Adressen der städtischen Schützengesellschaft und des Volksvereins. — Es wird ein Vertrag mit Baiern über die gegen- seitige Auslieferung der Verbrecher unterhandelt, um der nächsten Bundesversammlung vorgelegt zu werden. — Die Regierung von Neapel hat die Zusicherung ertheilt, daß die vom Bombardement von Messina herrührenden Scha- denersatzforderungen der Schweizerbürger auf dem glei- chen Fuß befriedigt werden sollen, wie diejenigen ande- rer Nationen. Jm Laufe nächsten Jahres wird der Bun- desrath einen Gesetzentwurf über die Besteuerung der Ge- halte der eidgenössischen Beamten der Bundesversamm- lung vorlegen. — Verschiedene Schweizerblätter melden Folgendes: Der eidgenössische Geschäftsträger in Paris sah sich durch mancherlei Gerüchte und Zeitungsnachrichten veranlaßt, beim Preußischen Gesandten anzufragen, ob von Preu- ßen bei der Französischen Regierung in letzter Zeit Schritte wegen der Neuenburgerfrage gethan worden. Die erhal- tene Auskunft lautete verneinend. — Der Bundesrath hat in seiner Sitzung vom 2ten October beschlossen, von der Badischen Regierung Genug- thuung für die von Preußischen Militärs verübte Gränz- verletzung auf Schaffhausen'schem Gebiete und die Frei- lassung des auf diesem Wege arretirten Flüchtlings=Post- halter Holzscheiter von Jestetten, zu verlangen. Derselbe wurde nämlich auf einem Grundstück in der Gemarkung der Schaffhausen'schen Gemeinde Neuhausen, wo er mit seiner von Jestetten kommenden Ehefrau zusammengetrof- fen war, von vier Preußischen, in Uniform befindlichen Soldaten überfallen, mißhandelt und dann ohne Wei- ters über die Gränze nach Jestetten geschleppt, wo er so- fort militärische Bewachung erhielt. Zürich, 9. October. Jn dem gestern und vorgestern unter dem Präsidium Dr. Zehnder's versammelten Zü- richer großen Rathe wurden mehrere für den Canton äu- ßerst wichtige Fragen verhandelt. Die wichtigste von allen war die Münz=Reduction; die Frage, welches Verhält- niß bei der bevorstehenden Einführung des Französischen Münz=Systems, der Züricher Gulden zum Französischen Franken erhalten solle. Die Regierung schlug durch ihren Referenten, R. R. Rüttimann, das Verhältniß von 1 zu2 1 / 3 vor, so daß 100 fl. Z. W. gleich kämen 233 Fr. 33 Cent.; dieses Verhältniß entspreche dem Silberwerthe und zugleich einiger Maßen dem allgemeine Geltung ha- benden Abusiv=Course. Die Capitalisten dagegen verlang- ten durch ihren Hauptvertreter, R. R. Wild, entspre- chend dem im gewöhnlichen Verkehre schon lange still- schweigend abgeschafften gesetzlichen Tarife, 235 Fr. für 100 fl.; sie hoben dabei hervor, daß sie auch so noch 28 Cent. auf 100 fl. verlören, mußten dagegen aber von ihren Gegnern vernehmen, daß gerade sie von dem herr- schenden Abusiv=Course eine geraume Zeit hindurch den größten Nutzen gezogen, so daß sie der Billigkeit gemäß jetzt auch wohl zu Gunsten der Debitoren einen kleinen Nachtheil sich gefallen lassen könnten. Ein Mittelantrag suchte Tarif und Werth zu versöhnen, indem er das Verhältniß von hundert zu 234 vorschlug. Lange schwankte die Debatte unentschieden hin und her; endlich gab das Votum Doctor Escher's den Aus- schlag zu Gunsten des den Debitoren günstigen Sy- stems; dieses Votum machte einen um so größeren Ein- druck, als Hr. Escher selber einer der größten Capitali- sten Zürichs ist. Der regierungsräthliche Antrag wurde mit großer Majorität angenommen. — Nicht viel min- der wichtig war ein fernerer Antrag der Regierung, die bare Einnahme der Volks=Schullehrer — außer freier Wohnung, Garten und Feuerung — auf mindestens 400 Schw. Fr. ( à 12 1 / 2 Sgr. ) zu erhöhen. Vielen schienen die Regierungsvorschläge zu dürftig. Selbst der Referent der letzteren, R. R. Billeter, äußerte, er persönlich sei für eine durchgreifendere Besserstellung der materiellen Lage der Lehrer. Seinem Referate ist noch zu entneh- men, daß sich unter den 465 Volks=Schullehrerstellen des Cantons noch 273 befinden, bei denen die bare Einnah- me unter 400 Schw. Fr. bleibt; der Zuschuß des Staa- tes werde, bei Annahme des regierungsräthlichen Vor- schlages, etwa 19.512 Schw. Fr. jährlich betragen. Un- ter den Abänderungs=Anträgen, die sämmtlich zu Gun- sten der Lehrer weiter gingen, lautet der des Staats=An- waltes Dubs dahin: eben so wie das Gehalt der Geist- lichen mit dem Dienstalter steigt, sollte auch das Gehalt der Lehrer von fünf zu fünf Jahren steigen, bis es, nach dreißig Jahren, das Maximum von 300 Schw. Fr. erreicht hätte. Außer diesem Staatsgehalte bezögen die Lehrer natürlich wie bisher die Schullöhne und gesetzlichen Gemeindezulagen. Die ganze Sache wurde an eine aus dreizehn Mitgliedern bestehende Commission gewiesen. — Ueber die Untersuchungen des Herrn Stephenson, den der Bundesrath zur Begutachtung des Schweizeri- schen Eisenbahnnetzes berufen hat, erfährt man Folgen- des: „Herr Stephenson befindet sich gegenwärtig mit sei- nem Gehilfen, Herrn Swineburn, in Bern, um die große Masse von Plänen, Profilen und Kostenberechnun- gen näher zu prüfen und mit den Tabellen über Bevöl- kerung und Personen= und Waaren=Frequenz zu verglei- chen. Bisher haben diese Herren die östliche und mitt- lere Schweiz bereist und werden nun noch die projectirten Eisenbahnlinien in der westlichen Schweiz besichtigen. Man vernimmt noch wenig, welche Linien den Vorzug vor anderen erhalten und in das Netz aufgenommen werden sollen. Nur so viel mag man jetzt schon bemerken, daß es sich nicht um ein eigentliches Netz handelt, das kreuz und quer die Schweiz bedecken soll, sondern nur um einige Hauptlinien von Norden nach Süden und von Osten nach Westen, denen später nach Belieben Zweigbahnen ange- reiht werden können. Herr Stephenson scheint überrascht zu sein, zu sehen, wie in dem Gebirgslande der Schweiz auf sehr vortheilhafte Weise gerade in den Hauptrichtun- gen lange Flußthäler zum Bau von Eisenbahnen sich dar- bieten, die nirgends eine Steigung von mehr als einem Procent erfordern. Jm Allgemeinen empfiehlt derselbe, die Anlagekosten so niedrig als immer möglich zu hal- ten. Je kleiner das Anlage=Capital sei, desto größer werden die Procente sein, die man den Actionärs ge- ben könne. Es sollen daher nur einspurige Bahnen gebaut werden, die, mit Vermeidung von kostspie- ligen Viaducten, Einschnitten, Tunnels, so viel mög- lich dem günstigsten Boden in den Thälern und Ab-

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Zitationshilfe: Wiener Zeitung. Nr. 255. [Wien], 25. Oktober 1850, S. 3226. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_wiener255_1850/6>, abgerufen am 22.11.2024.