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Talvj, Volkslieder der Serben, 1825

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innern Einrichtungen altrömische und griechische Sitte im
Auge gehabt, beweist auch der Umstand, daß er seinem Soh-
ne das eigentliche Serbien bis Scupi übergab, ihn zum Kö-
nig ernennend, während er sich als Zar und Imperator die
neueroberten Provinzen vorbehielt. Jenem waren wiederum
mächtige und reiche Despoten unterworfen. Seiner Gemah-
lin, der bulgarischen Prinzessin Helene +), theilte er das Ge-
biet Pherä (Seres) in Macedonien zu, wo sie mit unum-
schränkter Gewalt herrschte. Wir sehn sie bey Zeiten durch
Geistesgröße und männliche Entschlossenheit einen bedeutenden
Einfluß gewinnen, eigenmächtig die Großen des Reichs ver-
sammeln , und ihren Gemahl durch kluge Rathschläge lenken.
Es scheint ihr nicht an einem gewissen großen und edeln
Sinne gefehlt zu haben, dagegen waren ihr aber die zartern,
natürlichen Empfindungen eines weiblichen Herzens fremd,
wie sie durch ihr nachheriges Betragen gegen den Sohn zur
Gnüge bewies.

Gleich ln den ersten Jahren nach seiner Thronbesteigung
erfreute sich Duschan eines sehr glücklichen Feldzuges wider die
Griechen. Ehe sie sich dessen versahen, hatte er Macedonien
und Negropont erobert. Seine Serben streiften bis an die
Mauern von Byzanz, und der alte Kaiser Andronikus mußte
um Frieden flehen. Duschan begnügte sich für jetzt mit den
hauptsächlichsten Städten Albaniens. Kurz darauf zerfiel das
griechische Reich in zwey Partheyen, von denen die eine den
jungen Kaiser Johannes und seine Vormünderin, die Kaise-
rin Anna, die andere den Kaiser Cantacuzeno anerkannte.
Beyde suchten den Beystand Duschans, der schwankend zwi-
schen ihnen, seinen Vortheil wahrzunehmen suchte. Als

+) In den Volkssagen heißt Duschans Gemahlin und Uro-
schens Mutter, Roxanda. Ein eignes langes Gedicht erzählt
Duschans Vermählung mit ihr, und nennt sie die Tochter
Michaels, Königs der ledjanischen Lateiner. Was un-
ter diesem Ledjan, südöstlich von Serbien, eigentlich zu verste-
hen, ist dunkel.

innern Einrichtungen altrömische und griechische Sitte im
Auge gehabt, beweist auch der Umstand, daß er seinem Soh-
ne das eigentliche Serbien bis Scupi übergab, ihn zum Kö-
nig ernennend, während er sich als Zar und Imperator die
neueroberten Provinzen vorbehielt. Jenem waren wiederum
mächtige und reiche Despoten unterworfen. Seiner Gemah-
lin, der bulgarischen Prinzessin Helene †), theilte er das Ge-
biet Pherä (Seres) in Macedonien zu, wo sie mit unum-
schränkter Gewalt herrschte. Wir sehn sie bey Zeiten durch
Geistesgröße und männliche Entschlossenheit einen bedeutenden
Einfluß gewinnen, eigenmächtig die Großen des Reichs ver-
sammeln , und ihren Gemahl durch kluge Rathschläge lenken.
Es scheint ihr nicht an einem gewissen großen und edeln
Sinne gefehlt zu haben, dagegen waren ihr aber die zartern,
natürlichen Empfindungen eines weiblichen Herzens fremd,
wie sie durch ihr nachheriges Betragen gegen den Sohn zur
Gnüge bewies.

Gleich ln den ersten Jahren nach seiner Thronbesteigung
erfreute sich Duschan eines sehr glücklichen Feldzuges wider die
Griechen. Ehe sie sich dessen versahen, hatte er Macedonien
und Negropont erobert. Seine Serben streiften bis an die
Mauern von Byzanz, und der alte Kaiser Andronikus mußte
um Frieden flehen. Duschan begnügte sich für jetzt mit den
hauptsächlichsten Städten Albaniens. Kurz darauf zerfiel das
griechische Reich in zwey Partheyen, von denen die eine den
jungen Kaiser Johannes und seine Vormünderin, die Kaise-
rin Anna, die andere den Kaiser Cantacuzeno anerkannte.
Beyde suchten den Beystand Duschans, der schwankend zwi-
schen ihnen, seinen Vortheil wahrzunehmen suchte. Als

†) In den Volkssagen heißt Duschans Gemahlin und Uro-
schens Mutter, Roxanda. Ein eignes langes Gedicht erzählt
Duschans Vermählung mit ihr, und nennt sie die Tochter
Michaels, Königs der ledjanischen Lateiner. Was un-
ter diesem Ledjan, südöstlich von Serbien, eigentlich zu verste-
hen, ist dunkel.
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[XXI/0041] innern Einrichtungen altrömische und griechische Sitte im Auge gehabt, beweist auch der Umstand, daß er seinem Soh- ne das eigentliche Serbien bis Scupi übergab, ihn zum Kö- nig ernennend, während er sich als Zar und Imperator die neueroberten Provinzen vorbehielt. Jenem waren wiederum mächtige und reiche Despoten unterworfen. Seiner Gemah- lin, der bulgarischen Prinzessin Helene †), theilte er das Ge- biet Pherä (Seres) in Macedonien zu, wo sie mit unum- schränkter Gewalt herrschte. Wir sehn sie bey Zeiten durch Geistesgröße und männliche Entschlossenheit einen bedeutenden Einfluß gewinnen, eigenmächtig die Großen des Reichs ver- sammeln , und ihren Gemahl durch kluge Rathschläge lenken. Es scheint ihr nicht an einem gewissen großen und edeln Sinne gefehlt zu haben, dagegen waren ihr aber die zartern, natürlichen Empfindungen eines weiblichen Herzens fremd, wie sie durch ihr nachheriges Betragen gegen den Sohn zur Gnüge bewies. Gleich ln den ersten Jahren nach seiner Thronbesteigung erfreute sich Duschan eines sehr glücklichen Feldzuges wider die Griechen. Ehe sie sich dessen versahen, hatte er Macedonien und Negropont erobert. Seine Serben streiften bis an die Mauern von Byzanz, und der alte Kaiser Andronikus mußte um Frieden flehen. Duschan begnügte sich für jetzt mit den hauptsächlichsten Städten Albaniens. Kurz darauf zerfiel das griechische Reich in zwey Partheyen, von denen die eine den jungen Kaiser Johannes und seine Vormünderin, die Kaise- rin Anna, die andere den Kaiser Cantacuzeno anerkannte. Beyde suchten den Beystand Duschans, der schwankend zwi- schen ihnen, seinen Vortheil wahrzunehmen suchte. Als †) In den Volkssagen heißt Duschans Gemahlin und Uro- schens Mutter, Roxanda. Ein eignes langes Gedicht erzählt Duschans Vermählung mit ihr, und nennt sie die Tochter Michaels, Königs der ledjanischen Lateiner. Was un- ter diesem Ledjan, südöstlich von Serbien, eigentlich zu verste- hen, ist dunkel.

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Zitationshilfe: Talvj, Volkslieder der Serben, 1825, S. XXI. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_volkslieder_1825/41>, abgerufen am 23.11.2024.