Talvj, Volkslieder der Serben, 1825Kam die Kunde eiligst zu dem Hauptmann: "Weh, Predrag! weh uns, o tapfrer Hauptmann! Kommen ist ein unbekannter Krieger, Der Dir niederhau't all' die Gefährten!" -- Auf die leichten Füße springt Predrag schnell, 135 Greifet schnell nach Pfeilen und dem Bogen, Wirft sich in den Hinterhalt am Heerweg, Sitzet unter grüner Tanne nieder, Und den Pfeil zieht er zum Schusse fertig. Böse Stelle traf der Pfeil im Fluge, 140 Böse Stelle, traf das Herz des Helden! Wie der graue Falke kreischt Nenad auf, Lauten Schrei's sich an das Roß anklammernd: "Weh Dir, Weh! Held aus dem grünen Walde! Lebend, Bruder, soll der Herr Dich strafen! 145 Deine rechte Hand soll Dir verdorren, Die den mörderischen Pfeil entsendet! Aus der Stirn Dein rechtes Auge springen, Das Mein Herz zum blut'gen Ziel ersehen! Nach dem Bruder quäle Dich die Sehnsucht, 150 Wie sie mich um meinen Bruder quälet; Die mich Armen in der Welt umher treibt, Und mich heut' in mein Verderben stürzte!" -- Als Predrag die Worte jetzt vernommen, Von der Tanne springt er zu ihm, fragend: 155 "Sprich, wer bist Du, Held, und welchen Stammes?" -- Ihm entgegnete der wunde Jüngling: "Was doch frägst Du mich nach meinem Stamme? Kam die Kunde eiligst zu dem Hauptmann: „Weh, Predrag! weh uns, o tapfrer Hauptmann! Kommen ist ein unbekannter Krieger, Der Dir niederhau't all' die Gefährten!“ — Auf die leichten Füße springt Predrag schnell, 135 Greifet schnell nach Pfeilen und dem Bogen, Wirft sich in den Hinterhalt am Heerweg, Sitzet unter grüner Tanne nieder, Und den Pfeil zieht er zum Schusse fertig. Böse Stelle traf der Pfeil im Fluge, 140 Böse Stelle, traf das Herz des Helden! Wie der graue Falke kreischt Nenad auf, Lauten Schrei's sich an das Roß anklammernd: „Weh Dir, Weh! Held aus dem grünen Walde! Lebend, Bruder, soll der Herr Dich strafen! 145 Deine rechte Hand soll Dir verdorren, Die den mörderischen Pfeil entsendet! Aus der Stirn Dein rechtes Auge springen, Das Mein Herz zum blut'gen Ziel ersehen! Nach dem Bruder quäle Dich die Sehnsucht, 150 Wie sie mich um meinen Bruder quälet; Die mich Armen in der Welt umher treibt, Und mich heut' in mein Verderben stürzte!“ — Als Predrag die Worte jetzt vernommen, Von der Tanne springt er zu ihm, fragend: 155 „Sprich, wer bist Du, Held, und welchen Stammes?“ — Ihm entgegnete der wunde Jüngling: „Was doch frägst Du mich nach meinem Stamme? <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0198" n="132"/> <lg> <l>Kam die Kunde eiligst zu dem Hauptmann:</l><lb/> <l>„Weh, Predrag! weh uns, o tapfrer Hauptmann!</l><lb/> <l>Kommen ist ein unbekannter Krieger,</l><lb/> <l>Der Dir niederhau't all' die Gefährten!“ —</l><lb/> <l>Auf die leichten Füße springt Predrag schnell, <note place="right">135</note></l><lb/> <l>Greifet schnell nach Pfeilen und dem Bogen,</l><lb/> <l>Wirft sich in den Hinterhalt am Heerweg,</l><lb/> <l>Sitzet unter grüner Tanne nieder,</l><lb/> <l>Und den Pfeil zieht er zum Schusse fertig.</l><lb/> <l>Böse Stelle traf der Pfeil im Fluge, <note place="right">140</note></l><lb/> <l>Böse Stelle, traf das Herz des Helden!</l><lb/> <l>Wie der graue Falke kreischt Nenad auf,</l><lb/> <l>Lauten Schrei's sich an das Roß anklammernd:</l><lb/> <l>„Weh Dir, Weh! Held aus dem grünen Walde!</l><lb/> <l>Lebend, Bruder, soll der Herr Dich strafen! <note place="right">145</note></l><lb/> <l>Deine rechte Hand soll Dir verdorren,</l><lb/> <l>Die den mörderischen Pfeil entsendet!</l><lb/> <l>Aus der Stirn Dein rechtes Auge springen,</l><lb/> <l>Das Mein Herz zum blut'gen Ziel ersehen!</l><lb/> <l>Nach dem Bruder quäle Dich die Sehnsucht, <note place="right">150</note></l><lb/> <l>Wie sie mich um meinen Bruder quälet;</l><lb/> <l>Die mich Armen in der Welt umher treibt,</l><lb/> <l>Und mich heut' in mein Verderben stürzte!“ —</l> </lg><lb/> <lg> <l>Als Predrag die Worte jetzt vernommen,</l><lb/> <l>Von der Tanne springt er zu ihm, fragend: <note place="right">155</note></l><lb/> <l>„Sprich, wer bist Du, Held, und welchen Stammes?“ —</l><lb/> <l>Ihm entgegnete der wunde Jüngling:</l><lb/> <l>„Was doch frägst Du mich nach meinem Stamme?</l> </lg><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [132/0198]
Kam die Kunde eiligst zu dem Hauptmann:
„Weh, Predrag! weh uns, o tapfrer Hauptmann!
Kommen ist ein unbekannter Krieger,
Der Dir niederhau't all' die Gefährten!“ —
Auf die leichten Füße springt Predrag schnell,
Greifet schnell nach Pfeilen und dem Bogen,
Wirft sich in den Hinterhalt am Heerweg,
Sitzet unter grüner Tanne nieder,
Und den Pfeil zieht er zum Schusse fertig.
Böse Stelle traf der Pfeil im Fluge,
Böse Stelle, traf das Herz des Helden!
Wie der graue Falke kreischt Nenad auf,
Lauten Schrei's sich an das Roß anklammernd:
„Weh Dir, Weh! Held aus dem grünen Walde!
Lebend, Bruder, soll der Herr Dich strafen!
Deine rechte Hand soll Dir verdorren,
Die den mörderischen Pfeil entsendet!
Aus der Stirn Dein rechtes Auge springen,
Das Mein Herz zum blut'gen Ziel ersehen!
Nach dem Bruder quäle Dich die Sehnsucht,
Wie sie mich um meinen Bruder quälet;
Die mich Armen in der Welt umher treibt,
Und mich heut' in mein Verderben stürzte!“ —
Als Predrag die Worte jetzt vernommen,
Von der Tanne springt er zu ihm, fragend:
„Sprich, wer bist Du, Held, und welchen Stammes?“ —
Ihm entgegnete der wunde Jüngling:
„Was doch frägst Du mich nach meinem Stamme?
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Robert Charlier, AV GWB Berlin: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-05-30T17:55:01Z)
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: gekennzeichnet; langes s (ſ): keine Angabe; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: keine Angabe; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: keine Angabe;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |