Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[N. N.]: Verbesserungen und Zusätze des Lustspieles Die Geistlichen auf dem Lande in zweien Handlungen. Frankfurt (Main) u. a., 1744.

Bild:
<< vorherige Seite


schreiten. Nur euch sage ich es im Ver-
trauen, die Meinungen unserer Gelehrten
sind durch ihn in einer so grossen Unord-
nung gerathen, in welcher er ie lauffen mag.
Sein gar veränderlicher Schweif machet
ihnen am meisten zu schaffen, und ist ihnen
am anstössigsten: ich halte, daß ihm viele
zu nahe gekommen und gar zu bekant mit
ihm geworden sind. Wie ich aus eurem
letzteren Schreiben ersehe, so seyd ihr sehr
nachlässig und eckelhaft im Lesen, und wis-
set es mir schlechten Dank, daß ich euch
alles, was ich nur zur Hand hatte, ohne
Wahl habe mitgesendet; konte ich denn sol-
che euch selbst nicht mehr zutrauen? oder
seyd ihr auf einmal eine so sorgfältige Haus-
mutter worden, die sich um weiter nichts
bekümmert, als was in ihrer Küche und
Keller und unter ihrem Gefieder vorfället?
Nehmet es mir nicht übel, wenn ich euch
offenherzig gestehe, daß ich anfange euren
Fleiß gar geringe zu achten. Wie kaltsin-
nig urtheilet ihr nicht von solchen Stücken,
die ungemein und bündig sind. Nimmer
aber hoffe ich es, daß ihr gar faul gewor-
den seyd und solche nur nachlässig durch-
geblättert habet. Ein gleiches Vertrauen
habe ich auch, ihr werdet euch selbst von
allen


ſchreiten. Nur euch ſage ich es im Ver-
trauen, die Meinungen unſerer Gelehrten
ſind durch ihn in einer ſo groſſen Unord-
nung gerathen, in welcher er ie lauffen mag.
Sein gar veraͤnderlicher Schweif machet
ihnen am meiſten zu ſchaffen, und iſt ihnen
am anſtoͤſſigſten: ich halte, daß ihm viele
zu nahe gekommen und gar zu bekant mit
ihm geworden ſind. Wie ich aus eurem
letzteren Schreiben erſehe, ſo ſeyd ihr ſehr
nachlaͤſſig und eckelhaft im Leſen, und wiſ-
ſet es mir ſchlechten Dank, daß ich euch
alles, was ich nur zur Hand hatte, ohne
Wahl habe mitgeſendet; konte ich denn ſol-
che euch ſelbſt nicht mehr zutrauen? oder
ſeyd ihr auf einmal eine ſo ſorgfaͤltige Haus-
mutter worden, die ſich um weiter nichts
bekuͤmmert, als was in ihrer Kuͤche und
Keller und unter ihrem Gefieder vorfaͤllet?
Nehmet es mir nicht uͤbel, wenn ich euch
offenherzig geſtehe, daß ich anfange euren
Fleiß gar geringe zu achten. Wie kaltſin-
nig urtheilet ihr nicht von ſolchen Stuͤcken,
die ungemein und buͤndig ſind. Nimmer
aber hoffe ich es, daß ihr gar faul gewor-
den ſeyd und ſolche nur nachlaͤſſig durch-
geblaͤttert habet. Ein gleiches Vertrauen
habe ich auch, ihr werdet euch ſelbſt von
allen
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <sp who="#TUG">
            <floatingText>
              <body>
                <div type="letter">
                  <p><pb facs="#f0066" n="62"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
&#x017F;chreiten. Nur euch &#x017F;age ich es im Ver-<lb/>
trauen, die Meinungen un&#x017F;erer Gelehrten<lb/>
&#x017F;ind durch ihn in einer &#x017F;o gro&#x017F;&#x017F;en Unord-<lb/>
nung gerathen, in welcher er ie lauffen mag.<lb/>
Sein gar vera&#x0364;nderlicher Schweif machet<lb/>
ihnen am mei&#x017F;ten zu &#x017F;chaffen, und i&#x017F;t ihnen<lb/>
am an&#x017F;to&#x0364;&#x017F;&#x017F;ig&#x017F;ten: ich halte, daß ihm viele<lb/>
zu nahe gekommen und gar zu bekant mit<lb/>
ihm geworden &#x017F;ind. Wie ich aus eurem<lb/>
letzteren Schreiben er&#x017F;ehe, &#x017F;o &#x017F;eyd ihr &#x017F;ehr<lb/>
nachla&#x0364;&#x017F;&#x017F;ig und eckelhaft im Le&#x017F;en, und wi&#x017F;-<lb/>
&#x017F;et es mir &#x017F;chlechten Dank, daß ich euch<lb/>
alles, was ich nur zur Hand hatte, ohne<lb/>
Wahl habe mitge&#x017F;endet; konte ich denn &#x017F;ol-<lb/>
che euch &#x017F;elb&#x017F;t nicht mehr zutrauen? oder<lb/>
&#x017F;eyd ihr auf einmal eine &#x017F;o &#x017F;orgfa&#x0364;ltige Haus-<lb/>
mutter worden, die &#x017F;ich um weiter nichts<lb/>
beku&#x0364;mmert, als was in ihrer Ku&#x0364;che und<lb/>
Keller und unter ihrem Gefieder vorfa&#x0364;llet?<lb/>
Nehmet es mir nicht u&#x0364;bel, wenn ich euch<lb/>
offenherzig ge&#x017F;tehe, daß ich anfange euren<lb/>
Fleiß gar geringe zu achten. Wie kalt&#x017F;in-<lb/>
nig urtheilet ihr nicht von &#x017F;olchen Stu&#x0364;cken,<lb/>
die ungemein und bu&#x0364;ndig &#x017F;ind. Nimmer<lb/>
aber hoffe ich es, daß ihr gar faul gewor-<lb/>
den &#x017F;eyd und &#x017F;olche nur nachla&#x0364;&#x017F;&#x017F;ig durch-<lb/>
gebla&#x0364;ttert habet. Ein gleiches Vertrauen<lb/>
habe ich auch, ihr werdet euch &#x017F;elb&#x017F;t von<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">allen</fw><lb/></p>
                </div>
              </body>
            </floatingText>
          </sp>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[62/0066] ſchreiten. Nur euch ſage ich es im Ver- trauen, die Meinungen unſerer Gelehrten ſind durch ihn in einer ſo groſſen Unord- nung gerathen, in welcher er ie lauffen mag. Sein gar veraͤnderlicher Schweif machet ihnen am meiſten zu ſchaffen, und iſt ihnen am anſtoͤſſigſten: ich halte, daß ihm viele zu nahe gekommen und gar zu bekant mit ihm geworden ſind. Wie ich aus eurem letzteren Schreiben erſehe, ſo ſeyd ihr ſehr nachlaͤſſig und eckelhaft im Leſen, und wiſ- ſet es mir ſchlechten Dank, daß ich euch alles, was ich nur zur Hand hatte, ohne Wahl habe mitgeſendet; konte ich denn ſol- che euch ſelbſt nicht mehr zutrauen? oder ſeyd ihr auf einmal eine ſo ſorgfaͤltige Haus- mutter worden, die ſich um weiter nichts bekuͤmmert, als was in ihrer Kuͤche und Keller und unter ihrem Gefieder vorfaͤllet? Nehmet es mir nicht uͤbel, wenn ich euch offenherzig geſtehe, daß ich anfange euren Fleiß gar geringe zu achten. Wie kaltſin- nig urtheilet ihr nicht von ſolchen Stuͤcken, die ungemein und buͤndig ſind. Nimmer aber hoffe ich es, daß ihr gar faul gewor- den ſeyd und ſolche nur nachlaͤſſig durch- geblaͤttert habet. Ein gleiches Vertrauen habe ich auch, ihr werdet euch ſelbſt von allen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_verbesserungen_1744
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_verbesserungen_1744/66
Zitationshilfe: [N. N.]: Verbesserungen und Zusätze des Lustspieles Die Geistlichen auf dem Lande in zweien Handlungen. Frankfurt (Main) u. a., 1744, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_verbesserungen_1744/66>, abgerufen am 23.11.2024.