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St. Galler Volksblatt. Nr. 4, Uznach, 13. 01. 1894.

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erste Seite
Uznach, Samstag No 4. den 13. Januar 1894.


St. Galler-Volksblatt.
Publikationsorgan der Bezirke See und Gaster.
Obligatorisch in Uznach, Jona, Eschenbach, Schmerikon, St. Gallenkappel, Ernetschwil, Gommiswald, Goldingen

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Abonnementspreis: Bei den Verträgern und mit Adresse in der Schweiz
halbjährlich Fr. 2. 50 Rp., vierteljährlich Fr. 1. 30 Rp. Bei der eidgen.
Post jährlich Fr. 5. -- Rp., halbjährlich Fr. 2. 60 Rp., vierteljährlich Fr. 1.
40 Rp. Für das Ausland (Postverein) jede Nummer mit Adresse halbjähr-
lich Fr. 5. -- Rp., wächentlich ein Mal halbjährlich Fr. 3. 50 Rp.


[Spaltenumbruch] [Abbildung]
39. Jahrgang.

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Insertionsgebühr für den Seebezirk und Gaster (ohne Vermittlung der
Inseratenbureaux): Die kleinspaltige Petitzeile oder deren Raum 10 Rp. --
Für die übrigen Inserenten kostet die kleinspaltige Petitzeile oder deren Raun
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testens Dienstag und Freitag, Vormittags 9 Uhr, abgegeben werden.




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Erscheint Mittwoch und Samstag.


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[Abbildung] Druck und Verlag von K. Oberholzer's Buchdruckerei. [Abbildung]

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Wöchentl. Gratisbeilage "Linth-Blätter".




[Spaltenumbruch]
Die Katholiken im Kanton St. Gallen.



Als Sklaven werden wir taxiert
Von unsern Radikalen,
Sind nur zum Steuern gut genug,
Zum Zinsen und zum Zahlen.
Wenn Freiheit für die Kirche wir
Mit Fug und Recht verlangen,
Wird alsobald vom Großen Rat
Zu markten angefangen.
Und eine Neuner-Kommission
Muß allerhöchst erwägen,
Ob unser Recht auch lax genug
Und keinem ungelegen.
Fünf sind natürlich radikal,
Die Mehrheit auszumachen,
Die nach dem Pfiff der Loge tanzt
In allen Glaubens-Sachen.
Von diesen fünfen nennen sich
Vier gar noch Katholiken,
Obschon sie nicht zur Kirche geh'n
Aus Furcht vor dem Ersticken.
Wenn solche Blümlein prahlend steh'n
In unser'm eig'nen Garten,
Was läßt sich für die Kirche da
Noch freudiges erwarten?
Und so beschloß die Mehrheit auch
Das Recht uns zu versagen
Und kühl die Nichtgenehmigung
Im Rate anzutragen.
Bald zeigt es sich, was dort geschieht --
Und wenn wir unterliegen,
Dann mutig auf zum heil'gen Kampf,
Bis Recht und Wahrheit siegen.



Krieg in Sicht.



Krieg ist in Sicht, und zwar nicht etwa zwischen den
Deutschen und Franzosen, sondern bei uns |in St. Gallischen
Landen. Letzten Herbst wurde dem katholischen St. Galler Volk
eine Organisation, nach welcher seine eigenen konfessionellen An-
gelegenheiten geordnet werden sollen, zur Abstimmung vorgelegt
und von demselben angenommen. Die Regierung hatte diese
Organisation auch geprüft und dem Großen Rate einstimmig
Genehmigung
beantragt. Dieser aber fand für gut, sie an
eine Kommission zu weisen, damit sie ihr Herz und Nieren
durchforsche. War schon dieser Alt, als eine Mißachtung des
klar ausgesprochenen Volkswillens, ein wenig toleranter Streich,
so war er doch nur die Einleitung zu noch ärgeren Dingen.
Die Mehrheit dieser großrätlichen Kommission, nämlich die HH.
alt Ständerat Hoffmann in St. Gallen, Ständerat Karl Good,
Advokat in Mels, alt Kantonsrichter Huber in Wallenstadt,
Großrats-Vizepräsident Gaudy in Rapperswil und Oberst Hunger-
bühler in Straubenzell, alles Radikale reinsten Wassers und, wie
es sich herausstellt, Katholikenfeinde schlimmster Sorte, diese fünf
Kulturkampfhelden wagen es, nachdem das kathol. Kollegium die
Organisation angenommen, nachdem das kath. St. Gallervolk sie
angenommen, nachdem die Regierung einstimmig Genehmigung bean-
tragt, sie wagen es, dem Großen Rate Nichtgenehmigung der Organi-
sation zu beantragen. Alle Welt frägt erstaunt: Warum denn
das? Haben sie vielleicht in dieser Organisation etwas Staats-
gefährliches und Verfassungswidriges gefunden? Nein, durchaus
nicht, obschon sie dieselbe gründlich durchforscht. Also aus welcher
Ursache denn? "Hat man keine, macht man eine" dachten die
Advokoten, denn so was verstehen sie ja meisterlich. Mit diesem
guten Vorsatz gingen sie ans Werk und machten schon mit
Art. 1 einen guten Anfang. Dort heißt es, die katholische Kirche
des Kantons St. Gallen sei ein Glied der römisch-katholischen
Kirche. Diese Bestimmung ist nun selbstverständlich für alle
Welt mit Ausnahme der Kommissionsmehrheit. Diese möchte
uns Katholiken mit allen Irr- und Ungläubigen in einen Tigel
werfen und ihnen das Recht zugestehen, in unsere religiösen
Angelegenheiten hineinzureden. Als saubere Vögel entpuppen sich
in dieser Frage Advokat Good und Kantonsrichter Huber. Ersterer
hatte sich seiner Zeit im Großen Rate öffentlich als guter
Katholik und treuer Sohn des Landesbischofs gerühmt, und jetzt
nennt er sich mit seinem Oberländer Genossen einen Katholiken,
der die Autorität des Papstes und der Bischöfe nicht ganz
anerkennt
und romfrei sei. Wie reimt sich das zusammen?
Man weiß nicht, soll man über die Unwissenheit dieser Herren
mehr staunen oder über die Frechheit, mit der sie das kathol.
Volk täuschen wollen. Ein sogenannter "romfreier" Katholik ist
kein Katholik, darüber mögen sich die Herren von den Schul-
kindern belehren lassen. Wir aber möchten sie an Bismarcks Wort
erinnern: "Es blamiert sich jeder so gut er kann." In ähnlicher
Weise haben diese Herren noch andere Artikel der Organisation
beanstandet, freilich ohne etwas Stichhaltiges dagegen vorbringen
zu können, und brachten es so glücklich dazu, die Verwerfung
der Organisation zu beantragen und so dem kath. St. Galler
Volk rundweg den Krieg zu erklären. Es ist gut, daß das
Volk diese Herren einmal kennen gelernt hat. Es wird sich nun
zeigen, ob die Mehrheit des Großen Rates und im besondern
[Spaltenumbruch] die gemäßigten liberalen Mitglieder desselben bereit sind, diesem
leidenschaftlichen Kriegsrufe Heerfolge zu leisten und ebenfalls
den Maßstab der Parteileidenschaft und ausgesprochenen Kirchen-
feindlichkeit an die Organisation anzulegen, oder ob sie mit jener
ruhigen Ueberlegung und gerechten Würdigung der ganzen Trag-
weite der Angelegenheit, wie sie der höchsten gesetzgebenden Be-
hörde eines Landes würdig ist, in Uebereinstimmung mit dem
Souverän, dem kath. St. Galler Volk die in allen Teilen ver-
fassungsmäßige Organisation genehmigen will. "Noch hoffen wir",
schreibt die "Ostschweiz", "daß der Große Rat zu einem Vor-
gehen, das den Kanton in die heftigsten konfessionellen Kämpfe
werfen müßte, nicht Hand bieten werde, nicht Hand bieten zu
einer unerhörten Bevormundung und Vergewaltigung der kath.
Mitbürger, sondern die Bahn einschlagen werde, welche die Re-
gierung mit ihrem einstimmigen Antrag weist. Was die Kom-
missionsmehrheit will, das ist brutale Macht an Stelle des
Rechtes, der Zank an Stelle des Friedens, der Zwang an Stelle
der gewährleisteten Freiheit, die Ungleichheit statt der Gleich-
berechtigung, Schroffheit und Unbilligkeit statt der Loyalität.
Daß solche Bahnen den Kanton St. Gallen der Wohlfahrt, einer
fortschreitenden Entwicklung und Blüte im Guten und Nützlichen
unmöglich entgegenführen könnten, dessen wird sich jeder st. gall.
Bürger bewußt sein. Wir legen an dieser Stelle den schärfsten
Protest ein gegen den Antrag der großrätlichen Kommissions-
mehrheit. Ein gleicher Protest dürfte von einer maßgebenderen
Seite erfolgen, und ihm wird sich anschließen, was katholisch
heißt und ist in st. gallischen Landen von der Jungmannschaft
weg bis zum Greise, unsere Kinder, unsere Töchter, unsere
Frauen, unsere Mütter, von der Steinach weg bis zum Zürich-
see hinab, von der Thur bis zum Rhein. Bevogten, vergewaltigen
in seinen heiligsten Gefühlen, in seinen teuersten Rechten läßt
sich das katholische St. Gallervolk nicht. Es hat die Rechte der
anderen Konfessionen hochgehalten; und wenn es sein mußte,
auch geschützt; seine Vertreter haben erst unlängst noch der
neuen Organisation des protestantischen Konfessionsteils mit der
größten Delikatesse die Sanktion ohne jegliche Diskussion, Be-
merkung und Vorbehalt, als einer Angelegenheit, welche aus-
schließlich jene unserer ev. Mitbürger sei, erteilt. Will man ihm
gegenüber eine rechts- und verfassungswidrige gegenteilige Stell-
ung einnehmen, so würde es auch diese Prüfung zu bestehen
wissen, und stärker und geeinter aus ihr hervorgehen als je.
Wir sagen auch heute: Nun tue die Großratsmehrheit, was sie
nicht lassen kann; die Kommissionsmehrheit hat sie vor den
Scheideweg gestellt, dessen eine Straße die des Friedens und der
Wohlfahrt, und die andere jene des Unfriedens und des Rück-
schrittes in unserem öffentlichen Leben ist."




Korrespondenz.



Wenn man nicht weiß, wo man die Sache anpacken soll,
überschreibt man seine Korrespondenz mit Umschau. Eine
solche ist auch am Jahresanfang ganz am Platze.

"Friede auf Erden den Menschen, die eines guten Willens
sind." Diese bei der Geburt des göttlichen Friedenskönigs ge-
sprochenen Worte erklären mit aller Deutlichkeit, warum jetzt
gewaltige Kämpfe toben von Pol zu Pol, von einem Weltende
zum andern. Es fehlt so vielen am guten Willen und es fehlt
ihnen daran, weil sie Christus, wie die zu Bethlehem, nicht ein-
lassen, d. h. sich um ihn nichts kümmern, oder wie Herodes ihm
nach dem Leben streben, d. h. ihn in seiner Kirche verfolgen.
Da steht obenan Rußland. Es macht einem das Blut er-
starren bei der Lesung der letzten Nummer dieses Blattes über
die Ereignisse in Kroze. Dagegen ist der Herodes mit dem
bethlehemitischen Kindermord nur ein Narr gewesen. Solch'
himmelschreiende Barbarei im Jahrhundert der Gewissensfreiheit
läßt tief blicken und deutet auf einen bodenlosen Abgrund von
Korruption, von Gemeinheit und Schlechtigkeit in den büro-
kratischen Kreisen dieses Reiches. Und das sind die intimsten
Freunde der Franzosen! Was Europa von einer solchen Freund-
schaft zu erwarten hat, liegt auf der Hand, -- jedenfalls nicht
den Frieden. Hat doch gerade im letzten Jahre Rußland seine
Streitkräfte in den Garnisonen an der deutschen und österreich-
ischen Grenze bedeutend vermehrt.

Die Kirche Ungarns hat gegenwärtig einen schweren
Kampf zu bestehen, für welchen sie Trost und Hilfe von Seite
der ganzen katholischen Welt bedarf. Auch da geht wieder der
Kampf des katholischen Volkes um seine verbürgten Rechte gegen
die Regierung, die ihm dieselben gewaltsam entreißen will. Das
ist die Verblendung der Großen, daß sie die mächtigste Schutz-
wehr, das festeste Bollwerk gegen Umsturz und Revolution, die
katholische Kirche bekämpfen, in den Ast sägen, auf dem sie
sitzen; erfreulich ist die Einmut, mit der das Volk, der katholische
Adel, Kardinäle, Erzbischöfe und Bischöfe sich zur Gegenwehr rüsten.
Sonst ist in diesem Oesterreich der alte Hader der Nationalitäten
in üppigster Blüte und der Friede von Bethlehem in weiter
Ferne, der Kaiser ein alter, schwacher Mann, der der Situation
gar nicht mehr gewachsen ist und von Zeit zu Zeit in seiner
eigenen Familie Erfahrungen machen muß, die ihm deutlich
sagen könnten, wo's fehlt.


[Spaltenumbruch]

Ein nicht minder trauriges Schauspiel bietet Italien.
Wie glücklich könnte dieses von der Natur so gesegnete Land
sein, wenn nicht seit Jahren Pilatus mit Herodes die Herrschaft
und dem Kinde von Bethlehem offen oder geheim nachstellten.
In seinen rasch aufeinanderfolgenden Ministerwechseln tauscht es
jeweilen den Schelm an den Dieb. Jetzt ist der alte Sünder
Crispi wieder am Ruder. Der Fluch des Kirchenraubes wälzt
sich über das Land, das jetzt seine Soldaten aufbieten muß,
um seine eigenen halbverhungerten und durch die Not zur Ver-
zweiflung getriebenen Kinder zu erschießen. O, wie weit ist da
der Friede von Bethlehem!

Und in der Schweiz? Wir sagen nichts von den Mili-
tärschuhen, vom Bundesweizen, von der Gotthardbefestigung.
Es ist nur schade, daß in Bern kein Kantonsrat Hager sitzt,
der -- wie einst im Großratssaal in St. Gallen -- den Herren
zuruft: "Sind au gschid, ihr Herre!" Man weiß in der Tat
nicht, wo die Herren den Kopf haben. Im Vordergrund stehen
die sozialen Reformbestrebungen. Wir sagen abermals: Fort
mit der unentgeltlichen Krankenpflege in dieser Form, dagegen
frisch an's Werk mit der Initiative für die Verabfolgung von
Zolleinnahmen an die Kantone von Seite des Bundes. Diesem
vollblütigen Bund, der die unerträgliche Geldverschleuderung ins
aschgraue treibt, muß man zu Ader lassen. 11 Franken per
Kopf der Bevölkerung nur Militärlast, 100 Millionen Schulden
-- wo soll das noch hinaus: auf die Lumpentafel mit der Eid-
genossenschaft!




Preßstimmen zum Beschlusse der Großrats-Kommission betr.
Nichtgenehmigung der katholischen Organisation.

"Rheinth. Allgemeiner Anzeiger": "Wir hoffen,
der st. gallische Große Rat werde in Sachen der katholischen
Organisation
sich auf einen würdigeren Standpunkt stellen
als die Mehrheit der betreffenden großrätlichen Kommission,
welche Nichtgenehmigung der Organisation zu beantragen beschloß.
Wahrlich, uns St. Gallern tut etwas ganz anderes not als er-
neuter Kulturkampf, und unser Große Rat hat den Eid nicht
geleistet auf die Verpflichtung, die katholische Kirche im Lande
des heiligen Gallus in unwürdige Fesseln zu schlagen! Auf
politischem und wirtschaftlichem Gebiete harren so viele und so
wichtige Fragen der Lösung, daß nur vereintes Raten und
Taten der Bürger beider Konfessionen einen glücklichen Ent-
scheid zum Wohle des Kantons möglich macht."

-- Der "Stadtanzeiger" schreibt: "Einen kleinen
Kulturkampf will die Mehrheit der großrätlichen Kommission
betr. die staatliche Genehmigung der neuen katholischen Organi-
sation in der am 15. ds. beginnenden außerordentlichen Session
des Großen Rates aufführen, indem sie den Antrag stellt, einige
Artikel derselben nicht zu genehmigen. Wie wir hören, sind das
dieselben Artikel, in Bezug auf welche die Regierung ihre Vor-
behalte gemacht hat. Daß sich die liberale Mehrheit der Groß-
ratskommission mit diesen Vorbehalten nicht begnügte, sondern
"päpstlicher als der Papst" über das hinausgehen zu müssen
glaubte, was die freisinnige Mehrheit des Regierungsrates be-
schlossen hat, begreifen wir, offen gestanden nicht. Wir haben
doch wahrhaft Wichtigeres und Dringenderes mehr als genug
zu tun im St. Gallerlande. Daß die ganze Geschichte zu nichts
führt, als zu einer mehr oder weniger "großen" Debatte, das
können sich die Herren von der großrätlichen Kommissionsmehr-
heit selbst nicht verhehlen."

Ferner schreibt der "Stadtanzeiger": "Ein nörgeliges Kul-
turkämpflein hat ein Demokrat im Kreise einiger Gesinnungs-
genossen mit Recht den Streit um die neue katholische
Organisation
genannt, welchen die liberale Mehrheit der
großrätlichen Kommission unbegreiflicherweise provoziert hat. Wir
sagen "unbegreiflicherweise"; denn es war die freisinnige,
liberal-demokratische Mehrheit
des Regierungsrates,
welche den bezüglichen Beschluß gefaßt hat. Warum nun die
liberale Kommissionsmehrheit des Großen Rates ihre Par-
teigenossen
im Regierungsrate desavouieren will, sehen
wir wirklich nicht ein."

"Fürstenländer": "Der Antrag auf Nichtsanktionierung
der Organisation ist ein Faustschlag ins Gesicht des katholischen
Volkes. Dasselbe wird auch im Falle, daß dieser Antrag die
großrätliche Mehrheit erhält, sich seiner Rechte nicht ruhig be-
geben, sondern um dieselben den Kampf aufnehmen."

"Toggenburger Zeitung": "Nun, mögen wir auch
im Großen Rate unterliegen, wir werden kein gesetzliches Kampf-
mittel unbenutzt lassen; wir nehmen den Kampf mutig auf,
und das ist sicher, daß unsere Gegner ein einiges katholisches
St. Galler Volk finden werden."




Katholizismus und Altkatholizismus.



Die katholische Kirche ist über alle Teile der Welt ver-
breitet und breitet sich immer noch aus. Dieser Satz steht nicht
bloß im Katechismus; was er behauptet, ist auch handgreiflich
wahr. In den 16 Jahren seiner Regierung hat Papst Leo
XIII. errichtet: 1 Patriarchat, 27 Erzbistümer, 77 Bistümer,
1 apostolische Delegation, 47 apostolische Vikariate, 18 apostolische

Uznach, Samſtag No 4. den 13. Januar 1894.


St. Galler-Volksblatt.
Publikationsorgan der Bezirke See und Gaſter.
Obligatoriſch in Uznach, Jona, Eſchenbach, Schmerikon, St. Gallenkappel, Ernetſchwil, Gommiswald, Goldingen

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Poſt jährlich Fr. 5. — Rp., halbjährlich Fr. 2. 60 Rp., vierteljährlich Fr. 1.
40 Rp. Für das Ausland (Poſtverein) jede Nummer mit Adreſſe halbjähr-
lich Fr. 5. — Rp., wächentlich ein Mal halbjährlich Fr. 3. 50 Rp.


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39. Jahrgang.

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Inſertionsgebühr für den Seebezirk und Gaſter (ohne Vermittlung der
Inſeratenbureaux): Die kleinſpaltige Petitzeile oder deren Raum 10 Rp. —
Für die übrigen Inſerenten koſtet die kleinſpaltige Petitzeile oder deren Raun
15 Rp. Bei Wiederholungen Rabatt. — Inſerate müſſen jeweilen bis ſpä-
teſtens Dienſtag und Freitag, Vormittags 9 Uhr, abgegeben werden.




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Erſcheint Mittwoch und Samſtag.


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[Abbildung] Druck und Verlag von K. Oberholzer’s Buchdruckerei. [Abbildung]

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Wöchentl. Gratisbeilage „Linth-Blätter“.




[Spaltenumbruch]
Die Katholiken im Kanton St. Gallen.



Als Sklaven werden wir taxiert
Von unſern Radikalen,
Sind nur zum Steuern gut genug,
Zum Zinſen und zum Zahlen.
Wenn Freiheit für die Kirche wir
Mit Fug und Recht verlangen,
Wird alſobald vom Großen Rat
Zu markten angefangen.
Und eine Neuner-Kommiſſion
Muß allerhöchſt erwägen,
Ob unſer Recht auch lax genug
Und keinem ungelegen.
Fünf ſind natürlich radikal,
Die Mehrheit auszumachen,
Die nach dem Pfiff der Loge tanzt
In allen Glaubens-Sachen.
Von dieſen fünfen nennen ſich
Vier gar noch Katholiken,
Obſchon ſie nicht zur Kirche geh’n
Aus Furcht vor dem Erſticken.
Wenn ſolche Blümlein prahlend ſteh’n
In unſer’m eig’nen Garten,
Was läßt ſich für die Kirche da
Noch freudiges erwarten?
Und ſo beſchloß die Mehrheit auch
Das Recht uns zu verſagen
Und kühl die Nichtgenehmigung
Im Rate anzutragen.
Bald zeigt es ſich, was dort geſchieht —
Und wenn wir unterliegen,
Dann mutig auf zum heil’gen Kampf,
Bis Recht und Wahrheit ſiegen.



Krieg in Sicht.



Krieg iſt in Sicht, und zwar nicht etwa zwiſchen den
Deutſchen und Franzoſen, ſondern bei uns |in St. Galliſchen
Landen. Letzten Herbſt wurde dem katholiſchen St. Galler Volk
eine Organiſation, nach welcher ſeine eigenen konfeſſionellen An-
gelegenheiten geordnet werden ſollen, zur Abſtimmung vorgelegt
und von demſelben angenommen. Die Regierung hatte dieſe
Organiſation auch geprüft und dem Großen Rate einſtimmig
Genehmigung
beantragt. Dieſer aber fand für gut, ſie an
eine Kommiſſion zu weiſen, damit ſie ihr Herz und Nieren
durchforſche. War ſchon dieſer Alt, als eine Mißachtung des
klar ausgeſprochenen Volkswillens, ein wenig toleranter Streich,
ſo war er doch nur die Einleitung zu noch ärgeren Dingen.
Die Mehrheit dieſer großrätlichen Kommiſſion, nämlich die HH.
alt Ständerat Hoffmann in St. Gallen, Ständerat Karl Good,
Advokat in Mels, alt Kantonsrichter Huber in Wallenſtadt,
Großrats-Vizepräſident Gaudy in Rapperswil und Oberſt Hunger-
bühler in Straubenzell, alles Radikale reinſten Waſſers und, wie
es ſich herausſtellt, Katholikenfeinde ſchlimmſter Sorte, dieſe fünf
Kulturkampfhelden wagen es, nachdem das kathol. Kollegium die
Organiſation angenommen, nachdem das kath. St. Gallervolk ſie
angenommen, nachdem die Regierung einſtimmig Genehmigung bean-
tragt, ſie wagen es, dem Großen Rate Nichtgenehmigung der Organi-
ſation zu beantragen. Alle Welt frägt erſtaunt: Warum denn
das? Haben ſie vielleicht in dieſer Organiſation etwas Staats-
gefährliches und Verfaſſungswidriges gefunden? Nein, durchaus
nicht, obſchon ſie dieſelbe gründlich durchforſcht. Alſo aus welcher
Urſache denn? „Hat man keine, macht man eine“ dachten die
Advokoten, denn ſo was verſtehen ſie ja meiſterlich. Mit dieſem
guten Vorſatz gingen ſie ans Werk und machten ſchon mit
Art. 1 einen guten Anfang. Dort heißt es, die katholiſche Kirche
des Kantons St. Gallen ſei ein Glied der römiſch-katholiſchen
Kirche. Dieſe Beſtimmung iſt nun ſelbſtverſtändlich für alle
Welt mit Ausnahme der Kommiſſionsmehrheit. Dieſe möchte
uns Katholiken mit allen Irr- und Ungläubigen in einen Tigel
werfen und ihnen das Recht zugeſtehen, in unſere religiöſen
Angelegenheiten hineinzureden. Als ſaubere Vögel entpuppen ſich
in dieſer Frage Advokat Good und Kantonsrichter Huber. Erſterer
hatte ſich ſeiner Zeit im Großen Rate öffentlich als guter
Katholik und treuer Sohn des Landesbiſchofs gerühmt, und jetzt
nennt er ſich mit ſeinem Oberländer Genoſſen einen Katholiken,
der die Autorität des Papſtes und der Biſchöfe nicht ganz
anerkennt
und romfrei ſei. Wie reimt ſich das zuſammen?
Man weiß nicht, ſoll man über die Unwiſſenheit dieſer Herren
mehr ſtaunen oder über die Frechheit, mit der ſie das kathol.
Volk täuſchen wollen. Ein ſogenannter „romfreier“ Katholik iſt
kein Katholik, darüber mögen ſich die Herren von den Schul-
kindern belehren laſſen. Wir aber möchten ſie an Bismarcks Wort
erinnern: „Es blamiert ſich jeder ſo gut er kann.“ In ähnlicher
Weiſe haben dieſe Herren noch andere Artikel der Organiſation
beanſtandet, freilich ohne etwas Stichhaltiges dagegen vorbringen
zu können, und brachten es ſo glücklich dazu, die Verwerfung
der Organiſation zu beantragen und ſo dem kath. St. Galler
Volk rundweg den Krieg zu erklären. Es iſt gut, daß das
Volk dieſe Herren einmal kennen gelernt hat. Es wird ſich nun
zeigen, ob die Mehrheit des Großen Rates und im beſondern
[Spaltenumbruch] die gemäßigten liberalen Mitglieder desſelben bereit ſind, dieſem
leidenſchaftlichen Kriegsrufe Heerfolge zu leiſten und ebenfalls
den Maßſtab der Parteileidenſchaft und ausgeſprochenen Kirchen-
feindlichkeit an die Organiſation anzulegen, oder ob ſie mit jener
ruhigen Ueberlegung und gerechten Würdigung der ganzen Trag-
weite der Angelegenheit, wie ſie der höchſten geſetzgebenden Be-
hörde eines Landes würdig iſt, in Uebereinſtimmung mit dem
Souverän, dem kath. St. Galler Volk die in allen Teilen ver-
faſſungsmäßige Organiſation genehmigen will. „Noch hoffen wir“,
ſchreibt die „Oſtſchweiz“, „daß der Große Rat zu einem Vor-
gehen, das den Kanton in die heftigſten konfeſſionellen Kämpfe
werfen müßte, nicht Hand bieten werde, nicht Hand bieten zu
einer unerhörten Bevormundung und Vergewaltigung der kath.
Mitbürger, ſondern die Bahn einſchlagen werde, welche die Re-
gierung mit ihrem einſtimmigen Antrag weiſt. Was die Kom-
miſſionsmehrheit will, das iſt brutale Macht an Stelle des
Rechtes, der Zank an Stelle des Friedens, der Zwang an Stelle
der gewährleiſteten Freiheit, die Ungleichheit ſtatt der Gleich-
berechtigung, Schroffheit und Unbilligkeit ſtatt der Loyalität.
Daß ſolche Bahnen den Kanton St. Gallen der Wohlfahrt, einer
fortſchreitenden Entwicklung und Blüte im Guten und Nützlichen
unmöglich entgegenführen könnten, deſſen wird ſich jeder ſt. gall.
Bürger bewußt ſein. Wir legen an dieſer Stelle den ſchärfſten
Proteſt ein gegen den Antrag der großrätlichen Kommiſſions-
mehrheit. Ein gleicher Proteſt dürfte von einer maßgebenderen
Seite erfolgen, und ihm wird ſich anſchließen, was katholiſch
heißt und iſt in ſt. galliſchen Landen von der Jungmannſchaft
weg bis zum Greiſe, unſere Kinder, unſere Töchter, unſere
Frauen, unſere Mütter, von der Steinach weg bis zum Zürich-
ſee hinab, von der Thur bis zum Rhein. Bevogten, vergewaltigen
in ſeinen heiligſten Gefühlen, in ſeinen teuerſten Rechten läßt
ſich das katholiſche St. Gallervolk nicht. Es hat die Rechte der
anderen Konfeſſionen hochgehalten; und wenn es ſein mußte,
auch geſchützt; ſeine Vertreter haben erſt unlängſt noch der
neuen Organiſation des proteſtantiſchen Konfeſſionsteils mit der
größten Delikateſſe die Sanktion ohne jegliche Diskuſſion, Be-
merkung und Vorbehalt, als einer Angelegenheit, welche aus-
ſchließlich jene unſerer ev. Mitbürger ſei, erteilt. Will man ihm
gegenüber eine rechts- und verfaſſungswidrige gegenteilige Stell-
ung einnehmen, ſo würde es auch dieſe Prüfung zu beſtehen
wiſſen, und ſtärker und geeinter aus ihr hervorgehen als je.
Wir ſagen auch heute: Nun tue die Großratsmehrheit, was ſie
nicht laſſen kann; die Kommiſſionsmehrheit hat ſie vor den
Scheideweg geſtellt, deſſen eine Straße die des Friedens und der
Wohlfahrt, und die andere jene des Unfriedens und des Rück-
ſchrittes in unſerem öffentlichen Leben iſt.“




Korreſpondenz.



Wenn man nicht weiß, wo man die Sache anpacken ſoll,
überſchreibt man ſeine Korreſpondenz mit Umſchau. Eine
ſolche iſt auch am Jahresanfang ganz am Platze.

„Friede auf Erden den Menſchen, die eines guten Willens
ſind.“ Dieſe bei der Geburt des göttlichen Friedenskönigs ge-
ſprochenen Worte erklären mit aller Deutlichkeit, warum jetzt
gewaltige Kämpfe toben von Pol zu Pol, von einem Weltende
zum andern. Es fehlt ſo vielen am guten Willen und es fehlt
ihnen daran, weil ſie Chriſtus, wie die zu Bethlehem, nicht ein-
laſſen, d. h. ſich um ihn nichts kümmern, oder wie Herodes ihm
nach dem Leben ſtreben, d. h. ihn in ſeiner Kirche verfolgen.
Da ſteht obenan Rußland. Es macht einem das Blut er-
ſtarren bei der Leſung der letzten Nummer dieſes Blattes über
die Ereigniſſe in Kroze. Dagegen iſt der Herodes mit dem
bethlehemitiſchen Kindermord nur ein Narr geweſen. Solch’
himmelſchreiende Barbarei im Jahrhundert der Gewiſſensfreiheit
läßt tief blicken und deutet auf einen bodenloſen Abgrund von
Korruption, von Gemeinheit und Schlechtigkeit in den büro-
kratiſchen Kreiſen dieſes Reiches. Und das ſind die intimſten
Freunde der Franzoſen! Was Europa von einer ſolchen Freund-
ſchaft zu erwarten hat, liegt auf der Hand, — jedenfalls nicht
den Frieden. Hat doch gerade im letzten Jahre Rußland ſeine
Streitkräfte in den Garniſonen an der deutſchen und öſterreich-
iſchen Grenze bedeutend vermehrt.

Die Kirche Ungarns hat gegenwärtig einen ſchweren
Kampf zu beſtehen, für welchen ſie Troſt und Hilfe von Seite
der ganzen katholiſchen Welt bedarf. Auch da geht wieder der
Kampf des katholiſchen Volkes um ſeine verbürgten Rechte gegen
die Regierung, die ihm dieſelben gewaltſam entreißen will. Das
iſt die Verblendung der Großen, daß ſie die mächtigſte Schutz-
wehr, das feſteſte Bollwerk gegen Umſturz und Revolution, die
katholiſche Kirche bekämpfen, in den Aſt ſägen, auf dem ſie
ſitzen; erfreulich iſt die Einmut, mit der das Volk, der katholiſche
Adel, Kardinäle, Erzbiſchöfe und Biſchöfe ſich zur Gegenwehr rüſten.
Sonſt iſt in dieſem Oeſterreich der alte Hader der Nationalitäten
in üppigſter Blüte und der Friede von Bethlehem in weiter
Ferne, der Kaiſer ein alter, ſchwacher Mann, der der Situation
gar nicht mehr gewachſen iſt und von Zeit zu Zeit in ſeiner
eigenen Familie Erfahrungen machen muß, die ihm deutlich
ſagen könnten, wo’s fehlt.


[Spaltenumbruch]

Ein nicht minder trauriges Schauſpiel bietet Italien.
Wie glücklich könnte dieſes von der Natur ſo geſegnete Land
ſein, wenn nicht ſeit Jahren Pilatus mit Herodes die Herrſchaft
und dem Kinde von Bethlehem offen oder geheim nachſtellten.
In ſeinen raſch aufeinanderfolgenden Miniſterwechſeln tauſcht es
jeweilen den Schelm an den Dieb. Jetzt iſt der alte Sünder
Criſpi wieder am Ruder. Der Fluch des Kirchenraubes wälzt
ſich über das Land, das jetzt ſeine Soldaten aufbieten muß,
um ſeine eigenen halbverhungerten und durch die Not zur Ver-
zweiflung getriebenen Kinder zu erſchießen. O, wie weit iſt da
der Friede von Bethlehem!

Und in der Schweiz? Wir ſagen nichts von den Mili-
tärſchuhen, vom Bundesweizen, von der Gotthardbefeſtigung.
Es iſt nur ſchade, daß in Bern kein Kantonsrat Hager ſitzt,
der — wie einſt im Großratsſaal in St. Gallen — den Herren
zuruft: „Sind au gſchid, ihr Herre!“ Man weiß in der Tat
nicht, wo die Herren den Kopf haben. Im Vordergrund ſtehen
die ſozialen Reformbeſtrebungen. Wir ſagen abermals: Fort
mit der unentgeltlichen Krankenpflege in dieſer Form, dagegen
friſch an’s Werk mit der Initiative für die Verabfolgung von
Zolleinnahmen an die Kantone von Seite des Bundes. Dieſem
vollblütigen Bund, der die unerträgliche Geldverſchleuderung ins
aſchgraue treibt, muß man zu Ader laſſen. 11 Franken per
Kopf der Bevölkerung nur Militärlaſt, 100 Millionen Schulden
— wo ſoll das noch hinaus: auf die Lumpentafel mit der Eid-
genoſſenſchaft!




Preßſtimmen zum Beſchluſſe der Großrats-Kommiſſion betr.
Nichtgenehmigung der katholiſchen Organiſation.

Rheinth. Allgemeiner Anzeiger“: „Wir hoffen,
der ſt. galliſche Große Rat werde in Sachen der katholiſchen
Organiſation
ſich auf einen würdigeren Standpunkt ſtellen
als die Mehrheit der betreffenden großrätlichen Kommiſſion,
welche Nichtgenehmigung der Organiſation zu beantragen beſchloß.
Wahrlich, uns St. Gallern tut etwas ganz anderes not als er-
neuter Kulturkampf, und unſer Große Rat hat den Eid nicht
geleiſtet auf die Verpflichtung, die katholiſche Kirche im Lande
des heiligen Gallus in unwürdige Feſſeln zu ſchlagen! Auf
politiſchem und wirtſchaftlichem Gebiete harren ſo viele und ſo
wichtige Fragen der Löſung, daß nur vereintes Raten und
Taten der Bürger beider Konfeſſionen einen glücklichen Ent-
ſcheid zum Wohle des Kantons möglich macht.“

— Der „Stadtanzeiger“ ſchreibt: „Einen kleinen
Kulturkampf will die Mehrheit der großrätlichen Kommiſſion
betr. die ſtaatliche Genehmigung der neuen katholiſchen Organi-
ſation in der am 15. ds. beginnenden außerordentlichen Seſſion
des Großen Rates aufführen, indem ſie den Antrag ſtellt, einige
Artikel derſelben nicht zu genehmigen. Wie wir hören, ſind das
dieſelben Artikel, in Bezug auf welche die Regierung ihre Vor-
behalte gemacht hat. Daß ſich die liberale Mehrheit der Groß-
ratskommiſſion mit dieſen Vorbehalten nicht begnügte, ſondern
„päpſtlicher als der Papſt“ über das hinausgehen zu müſſen
glaubte, was die freiſinnige Mehrheit des Regierungsrates be-
ſchloſſen hat, begreifen wir, offen geſtanden nicht. Wir haben
doch wahrhaft Wichtigeres und Dringenderes mehr als genug
zu tun im St. Gallerlande. Daß die ganze Geſchichte zu nichts
führt, als zu einer mehr oder weniger „großen“ Debatte, das
können ſich die Herren von der großrätlichen Kommiſſionsmehr-
heit ſelbſt nicht verhehlen.“

Ferner ſchreibt der „Stadtanzeiger“: „Ein nörgeliges Kul-
turkämpflein hat ein Demokrat im Kreiſe einiger Geſinnungs-
genoſſen mit Recht den Streit um die neue katholiſche
Organiſation
genannt, welchen die liberale Mehrheit der
großrätlichen Kommiſſion unbegreiflicherweiſe provoziert hat. Wir
ſagen „unbegreiflicherweiſe“; denn es war die freiſinnige,
liberal-demokratiſche Mehrheit
des Regierungsrates,
welche den bezüglichen Beſchluß gefaßt hat. Warum nun die
liberale Kommiſſionsmehrheit des Großen Rates ihre Par-
teigenoſſen
im Regierungsrate desavouieren will, ſehen
wir wirklich nicht ein.“

Fürſtenländer“: „Der Antrag auf Nichtſanktionierung
der Organiſation iſt ein Fauſtſchlag ins Geſicht des katholiſchen
Volkes. Dasſelbe wird auch im Falle, daß dieſer Antrag die
großrätliche Mehrheit erhält, ſich ſeiner Rechte nicht ruhig be-
geben, ſondern um dieſelben den Kampf aufnehmen.“

„Toggenburger Zeitung“: „Nun, mögen wir auch
im Großen Rate unterliegen, wir werden kein geſetzliches Kampf-
mittel unbenutzt laſſen; wir nehmen den Kampf mutig auf,
und das iſt ſicher, daß unſere Gegner ein einiges katholiſches
St. Galler Volk finden werden.“




Katholizismus und Altkatholizismus.



Die katholiſche Kirche iſt über alle Teile der Welt ver-
breitet und breitet ſich immer noch aus. Dieſer Satz ſteht nicht
bloß im Katechismus; was er behauptet, iſt auch handgreiflich
wahr. In den 16 Jahren ſeiner Regierung hat Papſt Leo
XIII. errichtet: 1 Patriarchat, 27 Erzbistümer, 77 Bistümer,
1 apoſtoliſche Delegation, 47 apoſtoliſche Vikariate, 18 apoſtoliſche

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[1/0001] Uznach, Samſtag No 4. den 13. Januar 1894. St. Galler-Volksblatt. Publikationsorgan der Bezirke See und Gaſter. Obligatoriſch in Uznach, Jona, Eſchenbach, Schmerikon, St. Gallenkappel, Ernetſchwil, Gommiswald, Goldingen Abonnementspreis: Bei den Verträgern und mit Adreſſe in der Schweiz halbjährlich Fr. 2. 50 Rp., vierteljährlich Fr. 1. 30 Rp. Bei der eidgen. Poſt jährlich Fr. 5. — Rp., halbjährlich Fr. 2. 60 Rp., vierteljährlich Fr. 1. 40 Rp. Für das Ausland (Poſtverein) jede Nummer mit Adreſſe halbjähr- lich Fr. 5. — Rp., wächentlich ein Mal halbjährlich Fr. 3. 50 Rp. [Abbildung] 39. Jahrgang. Inſertionsgebühr für den Seebezirk und Gaſter (ohne Vermittlung der Inſeratenbureaux): Die kleinſpaltige Petitzeile oder deren Raum 10 Rp. — Für die übrigen Inſerenten koſtet die kleinſpaltige Petitzeile oder deren Raun 15 Rp. Bei Wiederholungen Rabatt. — Inſerate müſſen jeweilen bis ſpä- teſtens Dienſtag und Freitag, Vormittags 9 Uhr, abgegeben werden. Erſcheint Mittwoch und Samſtag. [Abbildung] Druck und Verlag von K. Oberholzer’s Buchdruckerei. [Abbildung] Wöchentl. Gratisbeilage „Linth-Blätter“. Die Katholiken im Kanton St. Gallen. Als Sklaven werden wir taxiert Von unſern Radikalen, Sind nur zum Steuern gut genug, Zum Zinſen und zum Zahlen. Wenn Freiheit für die Kirche wir Mit Fug und Recht verlangen, Wird alſobald vom Großen Rat Zu markten angefangen. Und eine Neuner-Kommiſſion Muß allerhöchſt erwägen, Ob unſer Recht auch lax genug Und keinem ungelegen. Fünf ſind natürlich radikal, Die Mehrheit auszumachen, Die nach dem Pfiff der Loge tanzt In allen Glaubens-Sachen. Von dieſen fünfen nennen ſich Vier gar noch Katholiken, Obſchon ſie nicht zur Kirche geh’n Aus Furcht vor dem Erſticken. Wenn ſolche Blümlein prahlend ſteh’n In unſer’m eig’nen Garten, Was läßt ſich für die Kirche da Noch freudiges erwarten? Und ſo beſchloß die Mehrheit auch Das Recht uns zu verſagen Und kühl die Nichtgenehmigung Im Rate anzutragen. Bald zeigt es ſich, was dort geſchieht — Und wenn wir unterliegen, Dann mutig auf zum heil’gen Kampf, Bis Recht und Wahrheit ſiegen. … s. Krieg in Sicht. Krieg iſt in Sicht, und zwar nicht etwa zwiſchen den Deutſchen und Franzoſen, ſondern bei uns |in St. Galliſchen Landen. Letzten Herbſt wurde dem katholiſchen St. Galler Volk eine Organiſation, nach welcher ſeine eigenen konfeſſionellen An- gelegenheiten geordnet werden ſollen, zur Abſtimmung vorgelegt und von demſelben angenommen. Die Regierung hatte dieſe Organiſation auch geprüft und dem Großen Rate einſtimmig Genehmigung beantragt. Dieſer aber fand für gut, ſie an eine Kommiſſion zu weiſen, damit ſie ihr Herz und Nieren durchforſche. War ſchon dieſer Alt, als eine Mißachtung des klar ausgeſprochenen Volkswillens, ein wenig toleranter Streich, ſo war er doch nur die Einleitung zu noch ärgeren Dingen. Die Mehrheit dieſer großrätlichen Kommiſſion, nämlich die HH. alt Ständerat Hoffmann in St. Gallen, Ständerat Karl Good, Advokat in Mels, alt Kantonsrichter Huber in Wallenſtadt, Großrats-Vizepräſident Gaudy in Rapperswil und Oberſt Hunger- bühler in Straubenzell, alles Radikale reinſten Waſſers und, wie es ſich herausſtellt, Katholikenfeinde ſchlimmſter Sorte, dieſe fünf Kulturkampfhelden wagen es, nachdem das kathol. Kollegium die Organiſation angenommen, nachdem das kath. St. Gallervolk ſie angenommen, nachdem die Regierung einſtimmig Genehmigung bean- tragt, ſie wagen es, dem Großen Rate Nichtgenehmigung der Organi- ſation zu beantragen. Alle Welt frägt erſtaunt: Warum denn das? Haben ſie vielleicht in dieſer Organiſation etwas Staats- gefährliches und Verfaſſungswidriges gefunden? Nein, durchaus nicht, obſchon ſie dieſelbe gründlich durchforſcht. Alſo aus welcher Urſache denn? „Hat man keine, macht man eine“ dachten die Advokoten, denn ſo was verſtehen ſie ja meiſterlich. Mit dieſem guten Vorſatz gingen ſie ans Werk und machten ſchon mit Art. 1 einen guten Anfang. Dort heißt es, die katholiſche Kirche des Kantons St. Gallen ſei ein Glied der römiſch-katholiſchen Kirche. Dieſe Beſtimmung iſt nun ſelbſtverſtändlich für alle Welt mit Ausnahme der Kommiſſionsmehrheit. Dieſe möchte uns Katholiken mit allen Irr- und Ungläubigen in einen Tigel werfen und ihnen das Recht zugeſtehen, in unſere religiöſen Angelegenheiten hineinzureden. Als ſaubere Vögel entpuppen ſich in dieſer Frage Advokat Good und Kantonsrichter Huber. Erſterer hatte ſich ſeiner Zeit im Großen Rate öffentlich als guter Katholik und treuer Sohn des Landesbiſchofs gerühmt, und jetzt nennt er ſich mit ſeinem Oberländer Genoſſen einen Katholiken, der die Autorität des Papſtes und der Biſchöfe nicht ganz anerkennt und romfrei ſei. Wie reimt ſich das zuſammen? Man weiß nicht, ſoll man über die Unwiſſenheit dieſer Herren mehr ſtaunen oder über die Frechheit, mit der ſie das kathol. Volk täuſchen wollen. Ein ſogenannter „romfreier“ Katholik iſt kein Katholik, darüber mögen ſich die Herren von den Schul- kindern belehren laſſen. Wir aber möchten ſie an Bismarcks Wort erinnern: „Es blamiert ſich jeder ſo gut er kann.“ In ähnlicher Weiſe haben dieſe Herren noch andere Artikel der Organiſation beanſtandet, freilich ohne etwas Stichhaltiges dagegen vorbringen zu können, und brachten es ſo glücklich dazu, die Verwerfung der Organiſation zu beantragen und ſo dem kath. St. Galler Volk rundweg den Krieg zu erklären. Es iſt gut, daß das Volk dieſe Herren einmal kennen gelernt hat. Es wird ſich nun zeigen, ob die Mehrheit des Großen Rates und im beſondern die gemäßigten liberalen Mitglieder desſelben bereit ſind, dieſem leidenſchaftlichen Kriegsrufe Heerfolge zu leiſten und ebenfalls den Maßſtab der Parteileidenſchaft und ausgeſprochenen Kirchen- feindlichkeit an die Organiſation anzulegen, oder ob ſie mit jener ruhigen Ueberlegung und gerechten Würdigung der ganzen Trag- weite der Angelegenheit, wie ſie der höchſten geſetzgebenden Be- hörde eines Landes würdig iſt, in Uebereinſtimmung mit dem Souverän, dem kath. St. Galler Volk die in allen Teilen ver- faſſungsmäßige Organiſation genehmigen will. „Noch hoffen wir“, ſchreibt die „Oſtſchweiz“, „daß der Große Rat zu einem Vor- gehen, das den Kanton in die heftigſten konfeſſionellen Kämpfe werfen müßte, nicht Hand bieten werde, nicht Hand bieten zu einer unerhörten Bevormundung und Vergewaltigung der kath. Mitbürger, ſondern die Bahn einſchlagen werde, welche die Re- gierung mit ihrem einſtimmigen Antrag weiſt. Was die Kom- miſſionsmehrheit will, das iſt brutale Macht an Stelle des Rechtes, der Zank an Stelle des Friedens, der Zwang an Stelle der gewährleiſteten Freiheit, die Ungleichheit ſtatt der Gleich- berechtigung, Schroffheit und Unbilligkeit ſtatt der Loyalität. Daß ſolche Bahnen den Kanton St. Gallen der Wohlfahrt, einer fortſchreitenden Entwicklung und Blüte im Guten und Nützlichen unmöglich entgegenführen könnten, deſſen wird ſich jeder ſt. gall. Bürger bewußt ſein. Wir legen an dieſer Stelle den ſchärfſten Proteſt ein gegen den Antrag der großrätlichen Kommiſſions- mehrheit. Ein gleicher Proteſt dürfte von einer maßgebenderen Seite erfolgen, und ihm wird ſich anſchließen, was katholiſch heißt und iſt in ſt. galliſchen Landen von der Jungmannſchaft weg bis zum Greiſe, unſere Kinder, unſere Töchter, unſere Frauen, unſere Mütter, von der Steinach weg bis zum Zürich- ſee hinab, von der Thur bis zum Rhein. Bevogten, vergewaltigen in ſeinen heiligſten Gefühlen, in ſeinen teuerſten Rechten läßt ſich das katholiſche St. Gallervolk nicht. Es hat die Rechte der anderen Konfeſſionen hochgehalten; und wenn es ſein mußte, auch geſchützt; ſeine Vertreter haben erſt unlängſt noch der neuen Organiſation des proteſtantiſchen Konfeſſionsteils mit der größten Delikateſſe die Sanktion ohne jegliche Diskuſſion, Be- merkung und Vorbehalt, als einer Angelegenheit, welche aus- ſchließlich jene unſerer ev. Mitbürger ſei, erteilt. Will man ihm gegenüber eine rechts- und verfaſſungswidrige gegenteilige Stell- ung einnehmen, ſo würde es auch dieſe Prüfung zu beſtehen wiſſen, und ſtärker und geeinter aus ihr hervorgehen als je. Wir ſagen auch heute: Nun tue die Großratsmehrheit, was ſie nicht laſſen kann; die Kommiſſionsmehrheit hat ſie vor den Scheideweg geſtellt, deſſen eine Straße die des Friedens und der Wohlfahrt, und die andere jene des Unfriedens und des Rück- ſchrittes in unſerem öffentlichen Leben iſt.“ Korreſpondenz. Wenn man nicht weiß, wo man die Sache anpacken ſoll, überſchreibt man ſeine Korreſpondenz mit Umſchau. Eine ſolche iſt auch am Jahresanfang ganz am Platze. „Friede auf Erden den Menſchen, die eines guten Willens ſind.“ Dieſe bei der Geburt des göttlichen Friedenskönigs ge- ſprochenen Worte erklären mit aller Deutlichkeit, warum jetzt gewaltige Kämpfe toben von Pol zu Pol, von einem Weltende zum andern. Es fehlt ſo vielen am guten Willen und es fehlt ihnen daran, weil ſie Chriſtus, wie die zu Bethlehem, nicht ein- laſſen, d. h. ſich um ihn nichts kümmern, oder wie Herodes ihm nach dem Leben ſtreben, d. h. ihn in ſeiner Kirche verfolgen. Da ſteht obenan Rußland. Es macht einem das Blut er- ſtarren bei der Leſung der letzten Nummer dieſes Blattes über die Ereigniſſe in Kroze. Dagegen iſt der Herodes mit dem bethlehemitiſchen Kindermord nur ein Narr geweſen. Solch’ himmelſchreiende Barbarei im Jahrhundert der Gewiſſensfreiheit läßt tief blicken und deutet auf einen bodenloſen Abgrund von Korruption, von Gemeinheit und Schlechtigkeit in den büro- kratiſchen Kreiſen dieſes Reiches. Und das ſind die intimſten Freunde der Franzoſen! Was Europa von einer ſolchen Freund- ſchaft zu erwarten hat, liegt auf der Hand, — jedenfalls nicht den Frieden. Hat doch gerade im letzten Jahre Rußland ſeine Streitkräfte in den Garniſonen an der deutſchen und öſterreich- iſchen Grenze bedeutend vermehrt. Die Kirche Ungarns hat gegenwärtig einen ſchweren Kampf zu beſtehen, für welchen ſie Troſt und Hilfe von Seite der ganzen katholiſchen Welt bedarf. Auch da geht wieder der Kampf des katholiſchen Volkes um ſeine verbürgten Rechte gegen die Regierung, die ihm dieſelben gewaltſam entreißen will. Das iſt die Verblendung der Großen, daß ſie die mächtigſte Schutz- wehr, das feſteſte Bollwerk gegen Umſturz und Revolution, die katholiſche Kirche bekämpfen, in den Aſt ſägen, auf dem ſie ſitzen; erfreulich iſt die Einmut, mit der das Volk, der katholiſche Adel, Kardinäle, Erzbiſchöfe und Biſchöfe ſich zur Gegenwehr rüſten. Sonſt iſt in dieſem Oeſterreich der alte Hader der Nationalitäten in üppigſter Blüte und der Friede von Bethlehem in weiter Ferne, der Kaiſer ein alter, ſchwacher Mann, der der Situation gar nicht mehr gewachſen iſt und von Zeit zu Zeit in ſeiner eigenen Familie Erfahrungen machen muß, die ihm deutlich ſagen könnten, wo’s fehlt. Ein nicht minder trauriges Schauſpiel bietet Italien. Wie glücklich könnte dieſes von der Natur ſo geſegnete Land ſein, wenn nicht ſeit Jahren Pilatus mit Herodes die Herrſchaft und dem Kinde von Bethlehem offen oder geheim nachſtellten. In ſeinen raſch aufeinanderfolgenden Miniſterwechſeln tauſcht es jeweilen den Schelm an den Dieb. Jetzt iſt der alte Sünder Criſpi wieder am Ruder. Der Fluch des Kirchenraubes wälzt ſich über das Land, das jetzt ſeine Soldaten aufbieten muß, um ſeine eigenen halbverhungerten und durch die Not zur Ver- zweiflung getriebenen Kinder zu erſchießen. O, wie weit iſt da der Friede von Bethlehem! Und in der Schweiz? Wir ſagen nichts von den Mili- tärſchuhen, vom Bundesweizen, von der Gotthardbefeſtigung. Es iſt nur ſchade, daß in Bern kein Kantonsrat Hager ſitzt, der — wie einſt im Großratsſaal in St. Gallen — den Herren zuruft: „Sind au gſchid, ihr Herre!“ Man weiß in der Tat nicht, wo die Herren den Kopf haben. Im Vordergrund ſtehen die ſozialen Reformbeſtrebungen. Wir ſagen abermals: Fort mit der unentgeltlichen Krankenpflege in dieſer Form, dagegen friſch an’s Werk mit der Initiative für die Verabfolgung von Zolleinnahmen an die Kantone von Seite des Bundes. Dieſem vollblütigen Bund, der die unerträgliche Geldverſchleuderung ins aſchgraue treibt, muß man zu Ader laſſen. 11 Franken per Kopf der Bevölkerung nur Militärlaſt, 100 Millionen Schulden — wo ſoll das noch hinaus: auf die Lumpentafel mit der Eid- genoſſenſchaft! Preßſtimmen zum Beſchluſſe der Großrats-Kommiſſion betr. Nichtgenehmigung der katholiſchen Organiſation. „Rheinth. Allgemeiner Anzeiger“: „Wir hoffen, der ſt. galliſche Große Rat werde in Sachen der katholiſchen Organiſation ſich auf einen würdigeren Standpunkt ſtellen als die Mehrheit der betreffenden großrätlichen Kommiſſion, welche Nichtgenehmigung der Organiſation zu beantragen beſchloß. Wahrlich, uns St. Gallern tut etwas ganz anderes not als er- neuter Kulturkampf, und unſer Große Rat hat den Eid nicht geleiſtet auf die Verpflichtung, die katholiſche Kirche im Lande des heiligen Gallus in unwürdige Feſſeln zu ſchlagen! Auf politiſchem und wirtſchaftlichem Gebiete harren ſo viele und ſo wichtige Fragen der Löſung, daß nur vereintes Raten und Taten der Bürger beider Konfeſſionen einen glücklichen Ent- ſcheid zum Wohle des Kantons möglich macht.“ — Der „Stadtanzeiger“ ſchreibt: „Einen kleinen Kulturkampf will die Mehrheit der großrätlichen Kommiſſion betr. die ſtaatliche Genehmigung der neuen katholiſchen Organi- ſation in der am 15. ds. beginnenden außerordentlichen Seſſion des Großen Rates aufführen, indem ſie den Antrag ſtellt, einige Artikel derſelben nicht zu genehmigen. Wie wir hören, ſind das dieſelben Artikel, in Bezug auf welche die Regierung ihre Vor- behalte gemacht hat. Daß ſich die liberale Mehrheit der Groß- ratskommiſſion mit dieſen Vorbehalten nicht begnügte, ſondern „päpſtlicher als der Papſt“ über das hinausgehen zu müſſen glaubte, was die freiſinnige Mehrheit des Regierungsrates be- ſchloſſen hat, begreifen wir, offen geſtanden nicht. Wir haben doch wahrhaft Wichtigeres und Dringenderes mehr als genug zu tun im St. Gallerlande. Daß die ganze Geſchichte zu nichts führt, als zu einer mehr oder weniger „großen“ Debatte, das können ſich die Herren von der großrätlichen Kommiſſionsmehr- heit ſelbſt nicht verhehlen.“ Ferner ſchreibt der „Stadtanzeiger“: „Ein nörgeliges Kul- turkämpflein hat ein Demokrat im Kreiſe einiger Geſinnungs- genoſſen mit Recht den Streit um die neue katholiſche Organiſation genannt, welchen die liberale Mehrheit der großrätlichen Kommiſſion unbegreiflicherweiſe provoziert hat. Wir ſagen „unbegreiflicherweiſe“; denn es war die freiſinnige, liberal-demokratiſche Mehrheit des Regierungsrates, welche den bezüglichen Beſchluß gefaßt hat. Warum nun die liberale Kommiſſionsmehrheit des Großen Rates ihre Par- teigenoſſen im Regierungsrate desavouieren will, ſehen wir wirklich nicht ein.“ „Fürſtenländer“: „Der Antrag auf Nichtſanktionierung der Organiſation iſt ein Fauſtſchlag ins Geſicht des katholiſchen Volkes. Dasſelbe wird auch im Falle, daß dieſer Antrag die großrätliche Mehrheit erhält, ſich ſeiner Rechte nicht ruhig be- geben, ſondern um dieſelben den Kampf aufnehmen.“ „Toggenburger Zeitung“: „Nun, mögen wir auch im Großen Rate unterliegen, wir werden kein geſetzliches Kampf- mittel unbenutzt laſſen; wir nehmen den Kampf mutig auf, und das iſt ſicher, daß unſere Gegner ein einiges katholiſches St. Galler Volk finden werden.“ Katholizismus und Altkatholizismus. Die katholiſche Kirche iſt über alle Teile der Welt ver- breitet und breitet ſich immer noch aus. Dieſer Satz ſteht nicht bloß im Katechismus; was er behauptet, iſt auch handgreiflich wahr. In den 16 Jahren ſeiner Regierung hat Papſt Leo XIII. errichtet: 1 Patriarchat, 27 Erzbistümer, 77 Bistümer, 1 apoſtoliſche Delegation, 47 apoſtoliſche Vikariate, 18 apoſtoliſche

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Benjamin Fiechter, Susanne Haaf: Bereitstellung der digitalen Textausgabe (Konvertierung in das DTA-Basisformat). (2018-01-26T13:38:42Z)
grepect GmbH: Bereitstellung der Texttranskription und Textauszeichnung. (2018-01-26T13:38:42Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Amelie Meister: Vorbereitung der Texttranskription und Textauszeichnung. (2018-01-26T13:38:42Z)

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Zitationshilfe: St. Galler Volksblatt. Nr. 4, Uznach, 13. 01. 1894, S. 1. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_stgaller4_1894/1>, abgerufen am 21.11.2024.