St. Galler Volksblatt. Nr. 47, Uznach, 14. 06. 1899.[Spaltenumbruch]
auf dem Felde arbeiten. Alles zieht in die Stadt oder in die Für den Bau einer Telephonremise in Zürich hat der In der nächsten Woche wird der Nationalrat die Beratung Die Lehrerzeitung bringt falsche Anklagen gegen die hl. katholische Kirche vor, die Solch blöden, gehässigen Angriffen der "Lehrerzeitung" Wie viel edler und gerechter urteilt der Protestant "Ich verehre die katholische Kirche als das eigent- Und Rohrbach widerlegt ähnliche ungerechte Anschuldig- "Hört es," ruft er aus, "Katholiken, der Protestant O arme "Lehrerzeitung", das hättest du schon vor 60 Jahren Wenn trotz obigen Angriffen katholische Pädagogen Ein Kellnerjünger. [Spaltenumbruch] Eidgenössisches. -- "Etwas Wahres ist daran!" Unter dieser Aufschrift "Das neueste Finanzbülletin des Hauses Duval u. Cie. in Genf "Duval u. Cie. tragen hier ein wenig stark auf; etwas Wahres ist Das "Volksblatt" bekommt hier abermals wieder eine Sa- "Wir gehen der Verschuldung und Verarmung entgegen," Ja! "Etwas Wahres ist daran," sagen auch wir mit unserer -- Das Generalabonnement in fünf Sprachen. Zur Dieser Prospekt bietet auch besonderes Interesse für alle St. Gallisches. -- Revision des Armengesetzes. (Korr.) Zwei Prinzipien Es ist auffallend, daß die helvetische Revolution bei der Ab- Anno 1803 wäre diese Aufgabe leichter gewesen als heute; Bei der Territorialität soll statt der "Heimat" das "Domi- Die Initiative betreffend die unentgeltliche Krankenpflege, -- Das Gesetz betr. die direkten Staatssteuern ist Von den Gemeindesteuerkommissionen soll nach Antrag der -- Die Konferenz des Gemeinderates und des Ortsver- -- Alttoggenburg. (Eingesandt.) Letzte Woche waren -- Mels. Letzten Montag wurde die neue Realschule -- Infolge Bruches einer Dachlatte fiel in -- "Künftigen Sonntag, den 18. Juni, nachmittags halb Kantone. Zürich. Das Zürcher Volk hat mit bedeutender Mehr- -- Zürich, 10. Juni. Ein schreckliches Verbrechen setzt Uri. Altorf, 9. Juni. Heute Nachmittag starb in Bürglen Schwyz. Einsiedeln. (Korr.) Das Volk der Wald- Endlich macht die Sihlseekommission Miene, dem Volke Ausland. Italien. Die italienische Volksvertretung hat die Wahlen [Spaltenumbruch]
auf dem Felde arbeiten. Alles zieht in die Stadt oder in die Für den Bau einer Telephonremiſe in Zürich hat der In der nächſten Woche wird der Nationalrat die Beratung Die Lehrerzeitung bringt falſche Anklagen gegen die hl. katholiſche Kirche vor, die Solch blöden, gehäſſigen Angriffen der „Lehrerzeitung“ Wie viel edler und gerechter urteilt der Proteſtant „Ich verehre die katholiſche Kirche als das eigent- Und Rohrbach widerlegt ähnliche ungerechte Anſchuldig- „Hört es,“ ruft er aus, „Katholiken, der Proteſtant O arme „Lehrerzeitung“, das hätteſt du ſchon vor 60 Jahren Wenn trotz obigen Angriffen katholiſche Pädagogen Ein Kellnerjünger. [Spaltenumbruch] Eidgenöſſiſches. — „Etwas Wahres iſt daran!“ Unter dieſer Aufſchrift „Das neueſte Finanzbülletin des Hauſes Duval u. Cie. in Genf „Duval u. Cie. tragen hier ein wenig ſtark auf; etwas Wahres iſt Das „Volksblatt“ bekommt hier abermals wieder eine Sa- „Wir gehen der Verſchuldung und Verarmung entgegen,“ Ja! „Etwas Wahres iſt daran,“ ſagen auch wir mit unſerer — Das Generalabonnement in fünf Sprachen. Zur Dieſer Proſpekt bietet auch beſonderes Intereſſe für alle St. Galliſches. — Reviſion des Armengeſetzes. (Korr.) Zwei Prinzipien Es iſt auffallend, daß die helvetiſche Revolution bei der Ab- Anno 1803 wäre dieſe Aufgabe leichter geweſen als heute; Bei der Territorialität ſoll ſtatt der „Heimat“ das „Domi- Die Initiative betreffend die unentgeltliche Krankenpflege, — Das Geſetz betr. die direkten Staatsſteuern iſt Von den Gemeindeſteuerkommiſſionen ſoll nach Antrag der — Die Konferenz des Gemeinderates und des Ortsver- — Alttoggenburg. (Eingeſandt.) Letzte Woche waren — Mels. Letzten Montag wurde die neue Realſchule — Infolge Bruches einer Dachlatte fiel in — „Künftigen Sonntag, den 18. Juni, nachmittags halb Kantone. Zürich. Das Zürcher Volk hat mit bedeutender Mehr- — Zürich, 10. Juni. Ein ſchreckliches Verbrechen ſetzt Uri. Altorf, 9. Juni. Heute Nachmittag ſtarb in Bürglen Schwyz. Einſiedeln. (Korr.) Das Volk der Wald- Endlich macht die Sihlſeekommiſſion Miene, dem Volke Ausland. Italien. Die italieniſche Volksvertretung hat die Wahlen <TEI> <text> <body> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <div type="jArticle" n="2"> <p><pb facs="#f0002" n="2"/><cb/> auf dem Felde arbeiten. Alles zieht in die Stadt oder in die<lb/> Fabrik, und ſo iſt man oft froh, Italiener für landwirtſchaftliche<lb/> Arbeiten zu bekommen. Unter den Italienern befinden ſich<lb/> große Maſſen von fleißigen, tüchtigen, ſparſamen Leuten; aber<lb/> auch gar viele verdächtige und ſchlimme Elemente, welche in ge-<lb/> wiſſen Kantonen, ſo namentlich in Zürich, fortwährend die Ge-<lb/> richte beſchäftigen und die Gefängniſſe füllen. Aber wie ankehren,<lb/> um die guten, brauchbaren italieniſchen Einwanderer von den<lb/> Gaunern und Verbrechern zu unterſcheiden? Bekanntlich liegt<lb/> das Schriftenweſen in Bezug auf die Italiener ſehr im Argen.<lb/> Viele Italiener beſitzen falſche Papiere und es gibt gegenwärtig<lb/> kein Mittel, um dieſe falſchen Papiere von echten unterſcheiden<lb/> zu können. Der Nationalrat entſchied, es ſoll durch einen<lb/> Vertrag zwiſchen Italien und der Schweiz dafür Sorge getragen<lb/> werden, daß eine beſſere Schriftenkontrole möglich ſei, nament-<lb/> lich ſoll man ſich Gewißheit verſchaffen können, daß der Inhaber<lb/> einer Ausweisſchrift auch wirklich dıe Perſon iſt, auf welche ſich<lb/> die Ausweisſchrift bezieht. Ein gutes Wort wurde im <hi rendition="#g">Stände-<lb/> rat</hi> von Ständerat v. Arx von Solothurn geſprochen. Er ſagte,<lb/> wir Schweizer gründen zu viel, bauen zu viel und <hi rendition="#g">verjubeln<lb/> zu viel</hi>. Sehr richtig. Die Feſtſeuche iſt nachgerade zu einem<lb/> Krebsübel geworden in unſerem Lande. Welche Unſummen Geld<lb/> werden hiebei ausgegeben, welche Schäden an Leib und Seele<lb/> entſtehen dabei, welche Verluſte an Arbeit und Geſundheit. Da-<lb/> rüber iſt jedermann einig, namentlich alle Pfarrer und Schullehrer,<lb/> alle diejenigen, welche mit dem Armenweſen etwas zu thun<lb/> haben. Das hindert aber nicht, daß jeder, der die maßloſe Zahl<lb/> von Feſtlichkeiten und Vergnügungen verurteilt, ſtets eine Aus-<lb/> nahme macht für ſeine eigenen feſtlichen Liebhabereien. Mit dem<lb/> Gelde, das an Feſten verjubelt wird, könnte man den größten<lb/> Teil der Steuern decken.</p><lb/> <p>Für den Bau einer Telephonremiſe in <hi rendition="#g">Zürich</hi> hat der<lb/> Ständerat Fr. 162 000 bewilligt. Chur ſoll in den nächſten<lb/> Jahren ebenfalls ein neues Poſtgebäude für 800 000 Franken er-<lb/> halten. Für ſolche Bauten hat die Eidgenoſſenſchaft immer<lb/> Geld genug.</p><lb/> <p>In der nächſten Woche wird der Nationalrat die Beratung<lb/> eines neuen Bankgeſetzes an die Hand nehmen, nach dem bekannt-<lb/> lich das erſte Bankgeſetz mit ſo entſchiedener Mehrheit vom Volke<lb/> verworfen worden iſt. Die Ausſichten für das neue Geſetz ſind<lb/> kaum günſtiger. Die eidgenöſſiſche Geſetzgebungsmaſchine arbeitet<lb/> gegenwärtig nicht nach dem Gefallen des Volkes.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <p> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">Die Lehrerzeitung</hi> </hi> </p><lb/> <p>bringt <hi rendition="#g">falſche</hi> Anklagen gegen die hl. katholiſche Kirche vor, die<lb/> geradezu haarſträubend ſind. Anno 1896 gab ein Korreſpondent<lb/> dieſes „toleranten“ Blattes ſeiner <hi rendition="#g">kondenſierten Abneig-<lb/> ung</hi> gegen die katholiſchen Glaubenslehren Ausdruck, indem er<lb/> ſchrieb, daß die kirchlichen „Dogmen rein menſchlichen Urſprungs<lb/> ſind, fein ausgedacht und vereinbart, um die Menſchen in Un-<lb/> ſelbſtändigkeit zu erhalten und lenkſam zu machen. Dieſem Dogmen-<lb/> chriſtentum, das durch lange Jahrhunderte ſo viel Hader, Blut-<lb/> gießen, Jammer und Menſchenelend über die Welt gebracht, war<lb/> Peſtalozzi allerdings abhold“.</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Solch</hi> blöden, gehäſſigen Angriffen der „Lehrerzeitung“<lb/> muß <hi rendition="#g">jeder</hi> chriſtliche, vernünftige, tolerante Lehrer <hi rendition="#g">auch</hi> „abhold“<lb/> ſein. Ob ſolche ungerechte, ungeheuerliche <hi rendition="#g">Pauſchalverleumd-<lb/> ungen</hi> gegen die katholiſche Kirche aus <hi rendition="#g">Unwiſſenheit</hi> oder<lb/><hi rendition="#g">Haß</hi> hervorgehen, weiß ich nicht. In <hi rendition="#g">jedem</hi> Fall iſt es lächer-<lb/> lich, wenn ein Verteidiger der „Lehrerzeitung“ im radikalen<lb/> „Luzerner Tagblatt“ (Nr. 106/1899) dieſelbe als ein für die<lb/> Lehrer unentbehrliches tolerantes „Fachblatt“ anpreiſt. Bewahre<lb/> Gott die jungen Seminariſten und lieben Amtskollegen im ver-<lb/> antwortungsvollen Lehrerberuf vor den kirchenfeindlichen, darwi-<lb/> niſtiſchen Ideen <hi rendition="#g">dieſes</hi> „Fachblattes“!</p><lb/> <p>Wie viel <hi rendition="#g">edler</hi> und <hi rendition="#g">gerechter</hi> urteilt der <hi rendition="#g">Proteſtant</hi><lb/> Huber über die katholiſche Kirche:</p><lb/> <p><hi rendition="#g">„Ich verehre die katholiſche Kirche</hi> als das <hi rendition="#g">eigent-<lb/> lıche Bollwerk des Criſtentums und erbaue mich an<lb/> ihrer Fürſorge für die leidende Menſchheit</hi> ſo ſehr,<lb/> wie nur jemand ſich erbauen kann.“</p><lb/> <p>Und Rohrbach widerlegt ähnliche <hi rendition="#g">ungerechte</hi> Anſchuldig-<lb/> ungen gegen Papſt Gregor <hi rendition="#aq">VII.</hi> durch Ausſprüche des <hi rendition="#g">Pro-<lb/> teſtanten</hi> Leibnitz und des <hi rendition="#g">Kirchenfeindes</hi> Voltaire:</p><lb/> <p>„Hört es,“ ruft er aus, „Katholiken, <hi rendition="#g">der Proteſtant<lb/> und der Gottloſe erheben ihre Stimme,</hi> um euere<lb/> Mutter, <hi rendition="#g">die Kirche, zu verteidigen,</hi> die ihr ſelbſt mit<lb/> frechen Beſchuldigungen zerfleiſcht und euren Vater zu rechtfertigen,<lb/> das Oberhaupt derſelben. Ihr verſchreiet dieſe <hi rendition="#g">väterliche Ge-<lb/> walt der Päpſte über die Könige</hi> als alle Ordnung und<lb/> Geſellſchaft umkehrend und Voltaire erklärt ſie als notwendig für<lb/> die Sicherheit des menſchlichen Geſchlechts; ohne ſie gäbe es keine<lb/> Bürgſchaft für das Leben der Völker, ihr ſagt und bringt es<lb/> hundertmal wieder, daß die Päpſte dieſe Gewalt nur mit allge-<lb/> mein verhaßter Anmaßung ausgeübt haben und <hi rendition="#g">Leibnitz be-<lb/> zeugt, daß ſie es mit allgemeiner Billigung und<lb/> dem Beifall der Völker thaten</hi>. Ihr verſichert, daß der<lb/> Gebrauch, den Gregor <hi rendition="#aq">VII.</hi> und ſeine Nachfolger hievon gemacht<lb/> haben, nur Bruderkriege und Blutſtröme hervorgerufen, und die<lb/><hi rendition="#g">berühmteſten Proteſtanten wiederholen um die<lb/> Wette, daß ohne Gregor und ſeine Nachahmer die<lb/> Welt verloren geweſen wäre, und daß ihre väter-<lb/> lichen Hände die Tyrannei zügelten, die über die<lb/> ganze Erde loszubrechen drohte, daß ſie dem Unter-<lb/> drücker ſein Opfer entriſſen, daß ſie die Freiheit<lb/> aller Staaten großzogen</hi>.“</p><lb/> <p>O arme „Lehrerzeitung“, das hätteſt du ſchon vor 60 Jahren<lb/> leſen können, dann hätteſt du in der Gegenwart vielleicht nicht<lb/> ſolche <hi rendition="#g">Irrtümer</hi> gedruckt, die von einigen tauſend Peſtalozzi-<lb/> jüngern geleſen und in dieſer oder jener Form vor <hi rendition="#g">hundert-<lb/> tauſend Kindern</hi> verzapft werden!!! Aber vor 60 Jahren<lb/> lag die „Lehrerzeitung“ ſamt ihrem Vater, dem Lehrerverein,<lb/> noch kaum in den Windeln, und <hi rendition="#g">die katholiſche Kirche<lb/> feiert nächſtes Jahr das</hi> 1900<hi rendition="#g">jährige Jubiläum</hi> ihrer<lb/> Wirkſamkeit in Staat, Familie <hi rendition="#b">und Schule.</hi> — Der ſchlichte,<lb/> heiligmäßige <hi rendition="#g">Prieſter Don Bosco in Italien hat innert<lb/> 50 Jahren 80 Millionen Lire geſammelt für die<lb/> Erziehung armer Knaben!</hi> — Unſere radikalen Lehrer<lb/> ſchreien lieber nach Bundesſubventionen, das geht <hi rendition="#g">leichter</hi> als<lb/><hi rendition="#g">ſelber</hi> Geld ſammeln, wie dieſer katholiſche Prıeſter, und wenn<lb/> die <hi rendition="#g">Schule</hi> einmal unter der Staatsknute iſt, kann man ſie<lb/> leicht <hi rendition="#g">zum Brutneſt eines glaubensloſen Geſchlechtes<lb/> machen</hi>.</p><lb/> <p>Wenn trotz obigen <hi rendition="#g">Angriffen katholiſche</hi> Pädagogen<lb/> die „Lehrerzeitung“ moraliſch oder finanziell unterſtützen, dann<lb/> — — — lachen die Kirchenfeinde mit Recht über ſolche Thoren!!!</p><lb/> <p> <hi rendition="#et"> Ein Kellnerjünger.</hi> </p><lb/> <cb/> </div> </div> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <head> <hi rendition="#b">Eidgenöſſiſches.</hi> </head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head>— <hi rendition="#b">„Etwas Wahres iſt daran!“</hi> </head> <p>Unter dieſer Aufſchrift<lb/> leſen wir in Nr. 128 der „Oſtſchweiz“ folgendes:</p><lb/> <p>„Das neueſte Finanzbülletin des Hauſes Duval u. Cie. in Genf<lb/> macht bittere Bemerkungen zu dem 15 Millionen Pariſer Anleihen des<lb/> Kantons Bern. Es ſei, heißt es dort, immer Bern, von dem das Bei-<lb/> ſpiel der Anleihen im Auslande ausgehe. Die Gefahr liege darin, daß,<lb/> infolge eines gedrückten Zinsfußes, ein ſolches Anleihen ausſchließlich von<lb/> unſeren reichen und mächtigen Nachbarn gezeichnet wird. „Wenn ein in<lb/> Gold zahibares Anleihen von Landsleuten übernommen wird — heißt es<lb/> dann weiter — ſo hat die Goldzahlung keinen Einfluß auf den Wechſel-<lb/> kurs, obwohl Dank unſerer Valuta die Coupons im Auslande einkaſſiert<lb/> werden. Das Gold, welches der ſchweizeriſche Schuldner zum Zwecke der<lb/> Zahlungen exportieren muß, kehrt durch den Kanal der einheimiſchen<lb/> Gläubiger ins Land zurück, und einzig trägt der ſchuldneriſche Staat den<lb/> Kursverluſt, der teilweiſe kompenſiert wird durch den relativ niedrigen<lb/> Zinsfuß. Wird aber ein ſolches Anleihen nur im Auslande gezeichnet, ſo<lb/> haben wir zum Kursverluſt eine wahre Goldverblutung, die Goldausfuhr<lb/> ohne Rückkehr. Wann wird der Patriotismus auch in ſolchen Fragen er-<lb/> wachen? Will man warten, bis das Uebel unheilbar geworden und die<lb/> geſchickteſten Aerzte ratlos daſtehen? Jedesmal bei einem Anleihen im<lb/> Auslande ſollte man die Sturmglocken läuten, denn das Vaterland iſt<lb/> wirklich in Gefahr. Die wirtſchaftliche Unabhängigkeit thut einem Lande<lb/> gerade ſo not als die politiſche.“</p><lb/> <p>„Duval u. Cie. tragen hier ein wenig ſtark auf; etwas Wahres iſt<lb/> darum doch daran,“ bemerkt dazu die „Oſtſchweiz“ ſelbſt.</p><lb/> <p>Das „Volksblatt“ bekommt hier abermals wieder eine Sa-<lb/> tisfaktion und zwar gerade von derjenigen Seite, die bisher nicht<lb/> genug die Lobeshymne auf den <hi rendition="#g">„unbegrenzten Kredit“</hi> der<lb/> Eidgenoſſenſchaft beſingen konnte und mit demſelben nicht bloß<lb/> die Eiſenbahnen der Schweiz, ſondern faſt der ganzen Welt hätte<lb/> zuſammenkaufen mögen. Geld gäbs ja im ſchlimmſten Falle zu<lb/> 3½ Prozent in Hülle und Fülle, und da ließe ſich ein Ge-<lb/> ſchäftchen machen, daß in wenigen Jahrzehnten allen Eidgenoſſen<lb/> die gebratenen Tauben in den Mund flögen. Nur immer drauf<lb/> losgepumpt; das Geld iſt ja nur Chimäre! Das Geld holt man<lb/> nur ım Auslande, in Paris, London, Frankfurt, Berlin u. ſ. w.<lb/> Was machts, wenn wir dem Auslande tributpflichtig werden!<lb/> So redeten die leichtfertigen Tagespolitiker, die gar nicht weiter<lb/> denken, als die Naſe reicht. Schon wiederholt iſt von dieſer Seite<lb/> auf die Gefahren unſerer Pump- und Papiergeldwirtſchaft —<lb/> „dem heimlichen Wucher“ nach Leo <hi rendition="#aq">XIII.</hi>, aufmerkſam gemacht<lb/> worden, weil dieſe modernen Schuldſcheine nur zum geringen<lb/> Teile von Bargeld gedeckt ſind. Allein es half nichts, die offizielle<lb/> Falſchmünzerei wird fortgeſetzt und ſo auch das Schuldenmachen<lb/> im Auslande, bis es eines ſchönen morgens heißt: „Alle die-<lb/> jenigen, welche“ etc. Dann ſteckt das geprieſene Vaterland in den<lb/> Hoſen eines Schuldenbäuerleins, deſſen Gläubiger die fremd-<lb/> ländiſchen Staaten, Banken und Juden ſind. Jetzt ſchon nimmt<lb/> man unſere Banknoten draußen nicht mehr für vollwertig, ſo daß<lb/> dieſe allmählich von Stufe zu Stufe ſinken werden, bis wir in<lb/> Finanzſachen in italieniſche Zuſtände verfallen. Man ſieht mit<lb/> Schrecken, daß nicht bloß das Gold, ſondern ſelbſt das Silber<lb/> ins Ausland abfließt und die Banken in Verlegenheit kommen,<lb/> ihre Verpflichtungen in Bargeld einzulöſen. Was ſolls denn<lb/> werden, wenn Städte, Kantone und ſchließlich die Eidgenoſſen-<lb/> ſchaft ſelbſt ihre Zinſen alljährlich ins Ausland tragen müſſen?<lb/> Immer macht man den Leuten die Ohren voll von „<hi rendition="#b">groß</hi>“, „<hi rendition="#b">groß</hi>“<lb/> und „Großmacht“ und will den Froſch zum Ochſen aufblaſen,<lb/> bis der Refrain einmal lautet: „Großhänsli, bezahle deine Schulden,<lb/> oder —!“ Früher, da die Schweiz in ideeller Beziehung wirklich<lb/> groß war, da war „Demut“ das leitende Prinzip in der Politik<lb/> und es galt als Akt der Klugheit und der Freiheit, <hi rendition="#g">ſich nicht<lb/> in fremde Händel zu</hi> miſchen. Jetzt iſts umgekehrt, jetzt pre-<lb/> digt man auch <hi rendition="#aq">»grande nation!«</hi> Großmacht hinten und vorn.<lb/> Man ſcharwenzelt nach allen Höfen und kriecht ſelbſt vor einem<lb/> aſiatiſch-heidniſchen Deſpoten auf dem Bauche, ladet die fremden<lb/> Militäroberſten zu unſeren Truppenſchauſpielen ein, um ihnen zu<lb/> zeigen, wie unſere Sennenbuben auch rechts- und linksumkehrt<lb/> zu machen und den Schießprügel zu präſentieren gelehrt worden<lb/> ſeien. Die „Pruſſien“ und die Franzoſen und die Ruſſen ſollen<lb/> alſo nur kommen, man werde ihnen dann ſchon zeigen, wo Barthle<lb/> den Moſt holt. Wir ſehen aber, daß dieſe Großſprechereien uns<lb/> nicht nur um unſer Geld und Vermögen bringt, ſondern ſie wird<lb/> uns auch um unſere geprieſene Freiheit bringen, denn <hi rendition="#g">„Hoch-<lb/> mut kommt vor dem Fall,“</hi> und „den Hochmütigen wider-<lb/> ſtehet Gott!“</p><lb/> <p>„Wir gehen der Verſchuldung und Verarmung entgegen,“<lb/> hat dieſer Tage ſelbſt der radikale Hr. Nationalrat v. Arx in<lb/> Bern gerufen, „wenn nicht Umkehr gehalten werde.“ „<hi rendition="#g">Wir<lb/> gründen zu viel, wir verbauen zu viel, wir ver-<lb/> jubeln zu viel</hi>.“</p><lb/> <p>Ja<hi rendition="#b">!</hi> „Etwas Wahres iſt daran,“ ſagen auch wir mit unſerer<lb/> Freundin von der Steinach, die hie und da doch wieder einmal<lb/> Intervalle von Nüchternheit zeigt.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head>— <hi rendition="#b">Das Generalabonnement in fünf Sprachen.</hi> </head> <p>Zur<lb/> leichtern Orıentierung für Touriſten, als praktiſches Auskunfts-<lb/> mittel für Bahnbeamte und Auskunftsbureaux und originelle<lb/> Reklame zur Bekanntmachung der ſeit Kurzem in der Schweiz<lb/> eingeführten Generalabonnements im Auslande, gibt das offizielle<lb/> Verkehrsbureau Luzern einen fünfſprachigen, abgekürzten Tarif<lb/> (deutſch, franzöſiſch, italieniſch, engliſch und ruſſiſch) der General-<lb/> abonnements heraus mit Routenkarte, auf welcher alle mit dem<lb/> Generalabonnement zu befahrenden Strecken ſchwarz und alle<lb/> übrigen Transportſtrecken, Schiffskurſe, Bergbahnen, Lokalbahnen,<lb/> Poſten etc., wofür extra bezahlt werden muß, rot dargeſtellt ſind<lb/> und zugleich ein überſichtliches Bild der ſchweizeriſchen Haupt-<lb/> verkehrswege geboten wird.</p><lb/> <p>Dieſer Proſpekt bietet auch beſonderes Intereſſe für alle<lb/> diejenigen Transportgeſellſchaften, die vom Generalabonnements-<lb/> Verband ausgeſchloſſen ſind. Die Tarife ſind bei allen ſchweiz.<lb/> Verkehrsbureaux zum Preiſe von 20 Cts. erhältlich.</p> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jLocal" n="1"> <head> <hi rendition="#b">St. Galliſches.</hi> </head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head>— <hi rendition="#b">Reviſion des Armengeſetzes.</hi> </head><lb/> <head>(Korr.)</head> <p>Zwei Prinzipien<lb/> ſtehen ſich dabei gegenüber: das Heimat- und Domizilprinzip. Mit<lb/> Ausnahme des Kantons Bern und Neuenburg iſt in der ganzen<lb/> Schweiz das Heimatprinzip zur Grundlage des Armenrechtes ge-<lb/> nommen worden. Ein Tagſatzungsbeſchluß von 1551, welcher<lb/> den Bettel verbot, überband den „Burgerſchaften“ die Pflicht der<lb/> Armenunterſtützung. Seitdem ſind das Bürgerrecht und das<lb/> Armenrecht Geſchwiſter geblieben, und die Trennung derſelben<lb/> wird wohl eine heikle Aufgabe werden. Naturgemäß ſollte eine<lb/> Reform der Bürgergemeinde vorausgehen und die andere müßte<lb/> dann von ſelbſt folgen.</p><lb/> <p>Es iſt auffallend, daß die helvetiſche Revolution bei der Ab-<lb/> ſchaffung der Vorrechte nicht auch diejenigen der Ortsgemeinde,<lb/> wie die der Zünfte mitnahm, und die „Burgergemeinde“ mit<lb/> dem ganzen engherzigen Geiſte gewährleiſtete; und Napoleon hat<lb/> in ſeiner Anſprache an die ſchweiz. Konſulta vom 12. Dez. 1802<lb/><cb/> geſagt: „Die Gemeinden in den kleinen Kantonen mögen ihre<lb/> Alpſtreitigkeiten nach Belieben unter ſich ausmachen“ — und<lb/> ſeither ſtreitet man ſich in denſelben immerfort, und die Alpen<lb/> werden dabei wenig gefördert. Eine gründliche moderne Remedur<lb/> der Ortsgemeinde hätte viele innere heftige Kämpfe erſpart, und<lb/> jedenfalls die Schweiz weiter geführt, als die Bildung eines<lb/> neuen, mit dem alten immer in Fehde ſtehenden Organismus<lb/> „der politiſchen Gemeinde“.</p><lb/> <p>Anno 1803 wäre dieſe Aufgabe leichter geweſen als heute;<lb/> das hat ſich anno 1890 beim Verſuch eines neuen Bürgerrechts-<lb/> geſetzes gezeigt, welches bei der Geburt wieder kurzer Hand ein-<lb/> geſargt wurde. Indeſſen für die Folgezeit entſcheidet weniger<lb/> der augenblickliche Erfolg, als die mutige Initiative, weil neue<lb/> Ideen nun einmal ihre Reifezeit haben müſſen. Die ſpätere<lb/> Generation wird die Früchte der Arbeit des jetzigen Geſchlechtes<lb/> genießen.</p><lb/> <p>Bei der Territorialität ſoll ſtatt der „Heimat“ das „Domi-<lb/> zil“ die Armenpflege beſorgen. Gewiß ein zeitgemäßer Gedanke,<lb/> der es verdiente, nicht bloß auf kantonalem, ſondern auch auf<lb/> dem eidgenöſſiſchen Boden verwirklicht zu werden.</p><lb/> <p>Die Initiative betreffend die unentgeltliche Krankenpflege,<lb/> welche vor einigen Jahren abgelehnt wurde, hätte auch dieſer<lb/> Idee mächtig vorgearbeitet. Damals wurde ſie von Anhängern<lb/> der eidgenöſſiſchen Unfall- und Krankenverſicherung heftig be-<lb/> kämpft, trotzdem wird dieſe kaum lebensfähig, weil es ihr von<lb/> Anfang an am Blut, d. h. am Geld fehlt. Alſo die politiſche<lb/> Gemeinde erſcheint in den modernen Verfaſſungen und Geſetzen<lb/> als deren Vollzieherin, z. B. Zivilſtandsweſen, Steuerweſen,<lb/> polit. Rechte etc. etc., analog darf man ihr die Beſorgung des<lb/> Armenweſens überlaſſen und ſie wird auch ihre Aufgabe löſen,<lb/> wenn ſie gehörig montıert wird.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <p>— Das Geſetz betr. die <hi rendition="#g">direkten Staatsſteuern</hi> iſt<lb/> nun auch in der Faſſung der großrätlichen Kommiſſion (<hi rendition="#aq">I.</hi> Leſung)<lb/> erſchienen. Dieſelbe enthält dem regierungsrätlichen Entwurfe<lb/> gegenüber eine Reihe mehr oder minder weſentliche Aenderungen,<lb/> namentlich im <hi rendition="#aq">I.</hi> Abſchnitt, Feſtſetzung der Steuerpflıcht. Die<lb/> Progreſſivſteuer ſoll nach dem Entwurfe der Kommiſſion erſt bei<lb/> Vermögensanſätzen von über Fr. 300,000 eintreten. Die Skala<lb/> wurde beibehalten. Die Progreſſion bei der Einkommensſteuer<lb/> blieb unverändert.</p><lb/> <p>Von den Gemeindeſteuerkommiſſionen ſoll nach Antrag der<lb/> Kommiſſion nur der Präſident vom Regierungsrate gewählt werden,<lb/> während die übrigen 4 Mitglieder vom Gemeinderat zu bezeichnen<lb/> wären. Der Regierungsrat beantragt Wahl dreier Mitglieder<lb/> (inkl. Präſidium) durch den Regierungsrat. Bezüglich der Wahl<lb/> der Kommiſſionen für die allgemeine Steuerreviſion ſtimmt die<lb/> Kommiſſion dem Regierungsrate bei (Wahl dreier Mitglieder<lb/> durch den Regierungsrat).</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <p>— Die Konferenz des Gemeinderates und des Ortsver-<lb/> waltungsrates der Stadt St. Gallen, ſowie des Kaufmänniſchen<lb/> Direktoriums hat die der Stadt St. Gallen zugedachte Subven-<lb/> tionierung der Normalbahn Romanshorn-St. Gallen-Herisau-<lb/> Wattwil im Betrage von 2,800,000 Fr. in folgender Weiſe<lb/> repartiert: politiſche Gemeinde St. Gallen 1,800,000 Fr., Orts-<lb/> gemeinde 900,000 Fr. und Kaufm. Direktorium 100,000 Fr.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head>— <hi rendition="#g">Alttoggenburg</hi>.</head><lb/> <head>(Eingeſandt.)</head> <p>Letzte Woche waren<lb/> in <hi rendition="#g">Gähwil</hi> vier Perſonen mit Heu einheimſen beſchäftigt, welche<lb/> zuſammen 300 Jahre zählen. Es ſind dies die drei Geſchwiſter<lb/> Egli, Neuhaus, mit zuſammen 220 Jahren und deren Taglöhner,<lb/> noch geſund und rüſtige 80jährige Greis Ammann von Gähwil.<lb/> Möge dieſem wackern vierblättrigen Kleeblatt ein noch längerer<lb/> gemütlicher Lebensabend beſchieden ſein.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head>— <hi rendition="#g">Mels</hi>.</head> <p>Letzten Montag wurde die neue Realſchule<lb/> eröffnet. Dieſelbe wird von 38 Schülern beſucht.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <p>— <hi rendition="#g">Infolge Bruches einer Dachlatte</hi> fiel in<lb/><hi rendition="#g">Schänis</hi> ein Arbeiter von einer Höhe von 12 Meter hinunter.<lb/> Er erlitt einen komplizierten Armbruch und ſtarke Verletzungen<lb/> am Kopfe, ſo daß er ins Krankenaſyl nach Uznach überführt<lb/> werden mußte.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <p>— „Künftigen Sonntag, den 18. Juni, nachmittags halb<lb/> 3 Uhr, wird in der <hi rendition="#g">Kapuziner-Kirche in Rapperswil</hi><lb/><hi rendition="#aq">III.</hi> <hi rendition="#g">Ordensverſammlung</hi> gehalten.“</p> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jLocal" n="1"> <head> <hi rendition="#b">Kantone.</hi> </head><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Zürich.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <p>Das Zürcher Volk hat mit bedeutender Mehr-<lb/> heit das neue Schulgeſetz angenommen. Die Städte gaben den<lb/> Ausſchlag, während die Landbevölkerung das Geſetz vielfach ver-<lb/> worfen hat; aber das Land kommt eben in Zürıch nur wenig<lb/> mehr zur Geltung, der Einfluß der Städte iſt maßgebend und<lb/> wird es immer mehr ſein. Das neue Geſetz gewährt den Katho-<lb/> liken das Recht, für den Religionsunterricht beſondere Schulloka-<lb/> litäten zu verlangen. Es muß ihnen in der freien Zeit im Schul-<lb/> gebäude ſelber ein entſprechendes Zimmer zur Verfügung geſtellt<lb/> werden. Das iſt nicht viel, aber es liegt doch darin eine gerechte<lb/> Anerkennung der Bedeutung der katholiſchen Kirche im Kanton<lb/> Zürich.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline>— <hi rendition="#g">Zürich,</hi> 10. Juni.</dateline> <p>Ein ſchreckliches Verbrechen ſetzt<lb/> Zürich in Aufregung. Letzte Nacht zwiſchen 3 und 4 Uhr wurde<lb/> in der Altſtadt, im Hauſe Froſchaugaſſe 26, ein alleinſtehendes<lb/> Frauenzimmer, namens Bertha Kleinkammer ermordet.</p> </div> </div><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Uri.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline><hi rendition="#g">Altorf,</hi> 9. 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Die Frage des Sees geht nicht bloß Agenten an, ſie iſt<lb/> ein Stück ſozialer Frage für ganz Einſiedeln.</p><lb/> <p>Endlich macht die Sihlſeekommiſſion Miene, dem Volke<lb/> über bisher gethane Schritte Aufſchluß geben zu wollen. Es<lb/> wird aber den Herren wohl noch nicht eilen; denn nach dem<lb/> Steinbach kann man ſo einen Sihlſee ſchon brauchen, und wäre<lb/> es auch nur als Probierplätz.</p> </div> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jVarious" n="1"> <head> <hi rendition="#b">Ausland.</hi> </head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Italien.</hi> </head> <p>Die italieniſche Volksvertretung hat die Wahlen<lb/> der Abgeordneten Chieſi, Andreis und Turati ungiltig erklärt.<lb/> Dieſe 3 Abgeordneten ſind von den Kriegsgerichten anläßlich der<lb/> Mailänder Revolution letztes Jahr zu mehrjähriger Kerkerſtrafe<lb/> verurteilt worden, und als Proteſt gegen dieſes harte und un-<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [2/0002]
auf dem Felde arbeiten. Alles zieht in die Stadt oder in die
Fabrik, und ſo iſt man oft froh, Italiener für landwirtſchaftliche
Arbeiten zu bekommen. Unter den Italienern befinden ſich
große Maſſen von fleißigen, tüchtigen, ſparſamen Leuten; aber
auch gar viele verdächtige und ſchlimme Elemente, welche in ge-
wiſſen Kantonen, ſo namentlich in Zürich, fortwährend die Ge-
richte beſchäftigen und die Gefängniſſe füllen. Aber wie ankehren,
um die guten, brauchbaren italieniſchen Einwanderer von den
Gaunern und Verbrechern zu unterſcheiden? Bekanntlich liegt
das Schriftenweſen in Bezug auf die Italiener ſehr im Argen.
Viele Italiener beſitzen falſche Papiere und es gibt gegenwärtig
kein Mittel, um dieſe falſchen Papiere von echten unterſcheiden
zu können. Der Nationalrat entſchied, es ſoll durch einen
Vertrag zwiſchen Italien und der Schweiz dafür Sorge getragen
werden, daß eine beſſere Schriftenkontrole möglich ſei, nament-
lich ſoll man ſich Gewißheit verſchaffen können, daß der Inhaber
einer Ausweisſchrift auch wirklich dıe Perſon iſt, auf welche ſich
die Ausweisſchrift bezieht. Ein gutes Wort wurde im Stände-
rat von Ständerat v. Arx von Solothurn geſprochen. Er ſagte,
wir Schweizer gründen zu viel, bauen zu viel und verjubeln
zu viel. Sehr richtig. Die Feſtſeuche iſt nachgerade zu einem
Krebsübel geworden in unſerem Lande. Welche Unſummen Geld
werden hiebei ausgegeben, welche Schäden an Leib und Seele
entſtehen dabei, welche Verluſte an Arbeit und Geſundheit. Da-
rüber iſt jedermann einig, namentlich alle Pfarrer und Schullehrer,
alle diejenigen, welche mit dem Armenweſen etwas zu thun
haben. Das hindert aber nicht, daß jeder, der die maßloſe Zahl
von Feſtlichkeiten und Vergnügungen verurteilt, ſtets eine Aus-
nahme macht für ſeine eigenen feſtlichen Liebhabereien. Mit dem
Gelde, das an Feſten verjubelt wird, könnte man den größten
Teil der Steuern decken.
Für den Bau einer Telephonremiſe in Zürich hat der
Ständerat Fr. 162 000 bewilligt. Chur ſoll in den nächſten
Jahren ebenfalls ein neues Poſtgebäude für 800 000 Franken er-
halten. Für ſolche Bauten hat die Eidgenoſſenſchaft immer
Geld genug.
In der nächſten Woche wird der Nationalrat die Beratung
eines neuen Bankgeſetzes an die Hand nehmen, nach dem bekannt-
lich das erſte Bankgeſetz mit ſo entſchiedener Mehrheit vom Volke
verworfen worden iſt. Die Ausſichten für das neue Geſetz ſind
kaum günſtiger. Die eidgenöſſiſche Geſetzgebungsmaſchine arbeitet
gegenwärtig nicht nach dem Gefallen des Volkes.
Die Lehrerzeitung
bringt falſche Anklagen gegen die hl. katholiſche Kirche vor, die
geradezu haarſträubend ſind. Anno 1896 gab ein Korreſpondent
dieſes „toleranten“ Blattes ſeiner kondenſierten Abneig-
ung gegen die katholiſchen Glaubenslehren Ausdruck, indem er
ſchrieb, daß die kirchlichen „Dogmen rein menſchlichen Urſprungs
ſind, fein ausgedacht und vereinbart, um die Menſchen in Un-
ſelbſtändigkeit zu erhalten und lenkſam zu machen. Dieſem Dogmen-
chriſtentum, das durch lange Jahrhunderte ſo viel Hader, Blut-
gießen, Jammer und Menſchenelend über die Welt gebracht, war
Peſtalozzi allerdings abhold“.
Solch blöden, gehäſſigen Angriffen der „Lehrerzeitung“
muß jeder chriſtliche, vernünftige, tolerante Lehrer auch „abhold“
ſein. Ob ſolche ungerechte, ungeheuerliche Pauſchalverleumd-
ungen gegen die katholiſche Kirche aus Unwiſſenheit oder
Haß hervorgehen, weiß ich nicht. In jedem Fall iſt es lächer-
lich, wenn ein Verteidiger der „Lehrerzeitung“ im radikalen
„Luzerner Tagblatt“ (Nr. 106/1899) dieſelbe als ein für die
Lehrer unentbehrliches tolerantes „Fachblatt“ anpreiſt. Bewahre
Gott die jungen Seminariſten und lieben Amtskollegen im ver-
antwortungsvollen Lehrerberuf vor den kirchenfeindlichen, darwi-
niſtiſchen Ideen dieſes „Fachblattes“!
Wie viel edler und gerechter urteilt der Proteſtant
Huber über die katholiſche Kirche:
„Ich verehre die katholiſche Kirche als das eigent-
lıche Bollwerk des Criſtentums und erbaue mich an
ihrer Fürſorge für die leidende Menſchheit ſo ſehr,
wie nur jemand ſich erbauen kann.“
Und Rohrbach widerlegt ähnliche ungerechte Anſchuldig-
ungen gegen Papſt Gregor VII. durch Ausſprüche des Pro-
teſtanten Leibnitz und des Kirchenfeindes Voltaire:
„Hört es,“ ruft er aus, „Katholiken, der Proteſtant
und der Gottloſe erheben ihre Stimme, um euere
Mutter, die Kirche, zu verteidigen, die ihr ſelbſt mit
frechen Beſchuldigungen zerfleiſcht und euren Vater zu rechtfertigen,
das Oberhaupt derſelben. Ihr verſchreiet dieſe väterliche Ge-
walt der Päpſte über die Könige als alle Ordnung und
Geſellſchaft umkehrend und Voltaire erklärt ſie als notwendig für
die Sicherheit des menſchlichen Geſchlechts; ohne ſie gäbe es keine
Bürgſchaft für das Leben der Völker, ihr ſagt und bringt es
hundertmal wieder, daß die Päpſte dieſe Gewalt nur mit allge-
mein verhaßter Anmaßung ausgeübt haben und Leibnitz be-
zeugt, daß ſie es mit allgemeiner Billigung und
dem Beifall der Völker thaten. Ihr verſichert, daß der
Gebrauch, den Gregor VII. und ſeine Nachfolger hievon gemacht
haben, nur Bruderkriege und Blutſtröme hervorgerufen, und die
berühmteſten Proteſtanten wiederholen um die
Wette, daß ohne Gregor und ſeine Nachahmer die
Welt verloren geweſen wäre, und daß ihre väter-
lichen Hände die Tyrannei zügelten, die über die
ganze Erde loszubrechen drohte, daß ſie dem Unter-
drücker ſein Opfer entriſſen, daß ſie die Freiheit
aller Staaten großzogen.“
O arme „Lehrerzeitung“, das hätteſt du ſchon vor 60 Jahren
leſen können, dann hätteſt du in der Gegenwart vielleicht nicht
ſolche Irrtümer gedruckt, die von einigen tauſend Peſtalozzi-
jüngern geleſen und in dieſer oder jener Form vor hundert-
tauſend Kindern verzapft werden!!! Aber vor 60 Jahren
lag die „Lehrerzeitung“ ſamt ihrem Vater, dem Lehrerverein,
noch kaum in den Windeln, und die katholiſche Kirche
feiert nächſtes Jahr das 1900jährige Jubiläum ihrer
Wirkſamkeit in Staat, Familie und Schule. — Der ſchlichte,
heiligmäßige Prieſter Don Bosco in Italien hat innert
50 Jahren 80 Millionen Lire geſammelt für die
Erziehung armer Knaben! — Unſere radikalen Lehrer
ſchreien lieber nach Bundesſubventionen, das geht leichter als
ſelber Geld ſammeln, wie dieſer katholiſche Prıeſter, und wenn
die Schule einmal unter der Staatsknute iſt, kann man ſie
leicht zum Brutneſt eines glaubensloſen Geſchlechtes
machen.
Wenn trotz obigen Angriffen katholiſche Pädagogen
die „Lehrerzeitung“ moraliſch oder finanziell unterſtützen, dann
— — — lachen die Kirchenfeinde mit Recht über ſolche Thoren!!!
Ein Kellnerjünger.
Eidgenöſſiſches.
— „Etwas Wahres iſt daran!“ Unter dieſer Aufſchrift
leſen wir in Nr. 128 der „Oſtſchweiz“ folgendes:
„Das neueſte Finanzbülletin des Hauſes Duval u. Cie. in Genf
macht bittere Bemerkungen zu dem 15 Millionen Pariſer Anleihen des
Kantons Bern. Es ſei, heißt es dort, immer Bern, von dem das Bei-
ſpiel der Anleihen im Auslande ausgehe. Die Gefahr liege darin, daß,
infolge eines gedrückten Zinsfußes, ein ſolches Anleihen ausſchließlich von
unſeren reichen und mächtigen Nachbarn gezeichnet wird. „Wenn ein in
Gold zahibares Anleihen von Landsleuten übernommen wird — heißt es
dann weiter — ſo hat die Goldzahlung keinen Einfluß auf den Wechſel-
kurs, obwohl Dank unſerer Valuta die Coupons im Auslande einkaſſiert
werden. Das Gold, welches der ſchweizeriſche Schuldner zum Zwecke der
Zahlungen exportieren muß, kehrt durch den Kanal der einheimiſchen
Gläubiger ins Land zurück, und einzig trägt der ſchuldneriſche Staat den
Kursverluſt, der teilweiſe kompenſiert wird durch den relativ niedrigen
Zinsfuß. Wird aber ein ſolches Anleihen nur im Auslande gezeichnet, ſo
haben wir zum Kursverluſt eine wahre Goldverblutung, die Goldausfuhr
ohne Rückkehr. Wann wird der Patriotismus auch in ſolchen Fragen er-
wachen? Will man warten, bis das Uebel unheilbar geworden und die
geſchickteſten Aerzte ratlos daſtehen? Jedesmal bei einem Anleihen im
Auslande ſollte man die Sturmglocken läuten, denn das Vaterland iſt
wirklich in Gefahr. Die wirtſchaftliche Unabhängigkeit thut einem Lande
gerade ſo not als die politiſche.“
„Duval u. Cie. tragen hier ein wenig ſtark auf; etwas Wahres iſt
darum doch daran,“ bemerkt dazu die „Oſtſchweiz“ ſelbſt.
Das „Volksblatt“ bekommt hier abermals wieder eine Sa-
tisfaktion und zwar gerade von derjenigen Seite, die bisher nicht
genug die Lobeshymne auf den „unbegrenzten Kredit“ der
Eidgenoſſenſchaft beſingen konnte und mit demſelben nicht bloß
die Eiſenbahnen der Schweiz, ſondern faſt der ganzen Welt hätte
zuſammenkaufen mögen. Geld gäbs ja im ſchlimmſten Falle zu
3½ Prozent in Hülle und Fülle, und da ließe ſich ein Ge-
ſchäftchen machen, daß in wenigen Jahrzehnten allen Eidgenoſſen
die gebratenen Tauben in den Mund flögen. Nur immer drauf
losgepumpt; das Geld iſt ja nur Chimäre! Das Geld holt man
nur ım Auslande, in Paris, London, Frankfurt, Berlin u. ſ. w.
Was machts, wenn wir dem Auslande tributpflichtig werden!
So redeten die leichtfertigen Tagespolitiker, die gar nicht weiter
denken, als die Naſe reicht. Schon wiederholt iſt von dieſer Seite
auf die Gefahren unſerer Pump- und Papiergeldwirtſchaft —
„dem heimlichen Wucher“ nach Leo XIII., aufmerkſam gemacht
worden, weil dieſe modernen Schuldſcheine nur zum geringen
Teile von Bargeld gedeckt ſind. Allein es half nichts, die offizielle
Falſchmünzerei wird fortgeſetzt und ſo auch das Schuldenmachen
im Auslande, bis es eines ſchönen morgens heißt: „Alle die-
jenigen, welche“ etc. Dann ſteckt das geprieſene Vaterland in den
Hoſen eines Schuldenbäuerleins, deſſen Gläubiger die fremd-
ländiſchen Staaten, Banken und Juden ſind. Jetzt ſchon nimmt
man unſere Banknoten draußen nicht mehr für vollwertig, ſo daß
dieſe allmählich von Stufe zu Stufe ſinken werden, bis wir in
Finanzſachen in italieniſche Zuſtände verfallen. Man ſieht mit
Schrecken, daß nicht bloß das Gold, ſondern ſelbſt das Silber
ins Ausland abfließt und die Banken in Verlegenheit kommen,
ihre Verpflichtungen in Bargeld einzulöſen. Was ſolls denn
werden, wenn Städte, Kantone und ſchließlich die Eidgenoſſen-
ſchaft ſelbſt ihre Zinſen alljährlich ins Ausland tragen müſſen?
Immer macht man den Leuten die Ohren voll von „groß“, „groß“
und „Großmacht“ und will den Froſch zum Ochſen aufblaſen,
bis der Refrain einmal lautet: „Großhänsli, bezahle deine Schulden,
oder —!“ Früher, da die Schweiz in ideeller Beziehung wirklich
groß war, da war „Demut“ das leitende Prinzip in der Politik
und es galt als Akt der Klugheit und der Freiheit, ſich nicht
in fremde Händel zu miſchen. Jetzt iſts umgekehrt, jetzt pre-
digt man auch »grande nation!« Großmacht hinten und vorn.
Man ſcharwenzelt nach allen Höfen und kriecht ſelbſt vor einem
aſiatiſch-heidniſchen Deſpoten auf dem Bauche, ladet die fremden
Militäroberſten zu unſeren Truppenſchauſpielen ein, um ihnen zu
zeigen, wie unſere Sennenbuben auch rechts- und linksumkehrt
zu machen und den Schießprügel zu präſentieren gelehrt worden
ſeien. Die „Pruſſien“ und die Franzoſen und die Ruſſen ſollen
alſo nur kommen, man werde ihnen dann ſchon zeigen, wo Barthle
den Moſt holt. Wir ſehen aber, daß dieſe Großſprechereien uns
nicht nur um unſer Geld und Vermögen bringt, ſondern ſie wird
uns auch um unſere geprieſene Freiheit bringen, denn „Hoch-
mut kommt vor dem Fall,“ und „den Hochmütigen wider-
ſtehet Gott!“
„Wir gehen der Verſchuldung und Verarmung entgegen,“
hat dieſer Tage ſelbſt der radikale Hr. Nationalrat v. Arx in
Bern gerufen, „wenn nicht Umkehr gehalten werde.“ „Wir
gründen zu viel, wir verbauen zu viel, wir ver-
jubeln zu viel.“
Ja! „Etwas Wahres iſt daran,“ ſagen auch wir mit unſerer
Freundin von der Steinach, die hie und da doch wieder einmal
Intervalle von Nüchternheit zeigt.
— Das Generalabonnement in fünf Sprachen. Zur
leichtern Orıentierung für Touriſten, als praktiſches Auskunfts-
mittel für Bahnbeamte und Auskunftsbureaux und originelle
Reklame zur Bekanntmachung der ſeit Kurzem in der Schweiz
eingeführten Generalabonnements im Auslande, gibt das offizielle
Verkehrsbureau Luzern einen fünfſprachigen, abgekürzten Tarif
(deutſch, franzöſiſch, italieniſch, engliſch und ruſſiſch) der General-
abonnements heraus mit Routenkarte, auf welcher alle mit dem
Generalabonnement zu befahrenden Strecken ſchwarz und alle
übrigen Transportſtrecken, Schiffskurſe, Bergbahnen, Lokalbahnen,
Poſten etc., wofür extra bezahlt werden muß, rot dargeſtellt ſind
und zugleich ein überſichtliches Bild der ſchweizeriſchen Haupt-
verkehrswege geboten wird.
Dieſer Proſpekt bietet auch beſonderes Intereſſe für alle
diejenigen Transportgeſellſchaften, die vom Generalabonnements-
Verband ausgeſchloſſen ſind. Die Tarife ſind bei allen ſchweiz.
Verkehrsbureaux zum Preiſe von 20 Cts. erhältlich.
St. Galliſches.
— Reviſion des Armengeſetzes.
(Korr.) Zwei Prinzipien
ſtehen ſich dabei gegenüber: das Heimat- und Domizilprinzip. Mit
Ausnahme des Kantons Bern und Neuenburg iſt in der ganzen
Schweiz das Heimatprinzip zur Grundlage des Armenrechtes ge-
nommen worden. Ein Tagſatzungsbeſchluß von 1551, welcher
den Bettel verbot, überband den „Burgerſchaften“ die Pflicht der
Armenunterſtützung. Seitdem ſind das Bürgerrecht und das
Armenrecht Geſchwiſter geblieben, und die Trennung derſelben
wird wohl eine heikle Aufgabe werden. Naturgemäß ſollte eine
Reform der Bürgergemeinde vorausgehen und die andere müßte
dann von ſelbſt folgen.
Es iſt auffallend, daß die helvetiſche Revolution bei der Ab-
ſchaffung der Vorrechte nicht auch diejenigen der Ortsgemeinde,
wie die der Zünfte mitnahm, und die „Burgergemeinde“ mit
dem ganzen engherzigen Geiſte gewährleiſtete; und Napoleon hat
in ſeiner Anſprache an die ſchweiz. Konſulta vom 12. Dez. 1802
geſagt: „Die Gemeinden in den kleinen Kantonen mögen ihre
Alpſtreitigkeiten nach Belieben unter ſich ausmachen“ — und
ſeither ſtreitet man ſich in denſelben immerfort, und die Alpen
werden dabei wenig gefördert. Eine gründliche moderne Remedur
der Ortsgemeinde hätte viele innere heftige Kämpfe erſpart, und
jedenfalls die Schweiz weiter geführt, als die Bildung eines
neuen, mit dem alten immer in Fehde ſtehenden Organismus
„der politiſchen Gemeinde“.
Anno 1803 wäre dieſe Aufgabe leichter geweſen als heute;
das hat ſich anno 1890 beim Verſuch eines neuen Bürgerrechts-
geſetzes gezeigt, welches bei der Geburt wieder kurzer Hand ein-
geſargt wurde. Indeſſen für die Folgezeit entſcheidet weniger
der augenblickliche Erfolg, als die mutige Initiative, weil neue
Ideen nun einmal ihre Reifezeit haben müſſen. Die ſpätere
Generation wird die Früchte der Arbeit des jetzigen Geſchlechtes
genießen.
Bei der Territorialität ſoll ſtatt der „Heimat“ das „Domi-
zil“ die Armenpflege beſorgen. Gewiß ein zeitgemäßer Gedanke,
der es verdiente, nicht bloß auf kantonalem, ſondern auch auf
dem eidgenöſſiſchen Boden verwirklicht zu werden.
Die Initiative betreffend die unentgeltliche Krankenpflege,
welche vor einigen Jahren abgelehnt wurde, hätte auch dieſer
Idee mächtig vorgearbeitet. Damals wurde ſie von Anhängern
der eidgenöſſiſchen Unfall- und Krankenverſicherung heftig be-
kämpft, trotzdem wird dieſe kaum lebensfähig, weil es ihr von
Anfang an am Blut, d. h. am Geld fehlt. Alſo die politiſche
Gemeinde erſcheint in den modernen Verfaſſungen und Geſetzen
als deren Vollzieherin, z. B. Zivilſtandsweſen, Steuerweſen,
polit. Rechte etc. etc., analog darf man ihr die Beſorgung des
Armenweſens überlaſſen und ſie wird auch ihre Aufgabe löſen,
wenn ſie gehörig montıert wird.
— Das Geſetz betr. die direkten Staatsſteuern iſt
nun auch in der Faſſung der großrätlichen Kommiſſion (I. Leſung)
erſchienen. Dieſelbe enthält dem regierungsrätlichen Entwurfe
gegenüber eine Reihe mehr oder minder weſentliche Aenderungen,
namentlich im I. Abſchnitt, Feſtſetzung der Steuerpflıcht. Die
Progreſſivſteuer ſoll nach dem Entwurfe der Kommiſſion erſt bei
Vermögensanſätzen von über Fr. 300,000 eintreten. Die Skala
wurde beibehalten. Die Progreſſion bei der Einkommensſteuer
blieb unverändert.
Von den Gemeindeſteuerkommiſſionen ſoll nach Antrag der
Kommiſſion nur der Präſident vom Regierungsrate gewählt werden,
während die übrigen 4 Mitglieder vom Gemeinderat zu bezeichnen
wären. Der Regierungsrat beantragt Wahl dreier Mitglieder
(inkl. Präſidium) durch den Regierungsrat. Bezüglich der Wahl
der Kommiſſionen für die allgemeine Steuerreviſion ſtimmt die
Kommiſſion dem Regierungsrate bei (Wahl dreier Mitglieder
durch den Regierungsrat).
— Die Konferenz des Gemeinderates und des Ortsver-
waltungsrates der Stadt St. Gallen, ſowie des Kaufmänniſchen
Direktoriums hat die der Stadt St. Gallen zugedachte Subven-
tionierung der Normalbahn Romanshorn-St. Gallen-Herisau-
Wattwil im Betrage von 2,800,000 Fr. in folgender Weiſe
repartiert: politiſche Gemeinde St. Gallen 1,800,000 Fr., Orts-
gemeinde 900,000 Fr. und Kaufm. Direktorium 100,000 Fr.
— Alttoggenburg.
(Eingeſandt.) Letzte Woche waren
in Gähwil vier Perſonen mit Heu einheimſen beſchäftigt, welche
zuſammen 300 Jahre zählen. Es ſind dies die drei Geſchwiſter
Egli, Neuhaus, mit zuſammen 220 Jahren und deren Taglöhner,
noch geſund und rüſtige 80jährige Greis Ammann von Gähwil.
Möge dieſem wackern vierblättrigen Kleeblatt ein noch längerer
gemütlicher Lebensabend beſchieden ſein.
— Mels. Letzten Montag wurde die neue Realſchule
eröffnet. Dieſelbe wird von 38 Schülern beſucht.
— Infolge Bruches einer Dachlatte fiel in
Schänis ein Arbeiter von einer Höhe von 12 Meter hinunter.
Er erlitt einen komplizierten Armbruch und ſtarke Verletzungen
am Kopfe, ſo daß er ins Krankenaſyl nach Uznach überführt
werden mußte.
— „Künftigen Sonntag, den 18. Juni, nachmittags halb
3 Uhr, wird in der Kapuziner-Kirche in Rapperswil
III. Ordensverſammlung gehalten.“
Kantone.
Zürich.
Das Zürcher Volk hat mit bedeutender Mehr-
heit das neue Schulgeſetz angenommen. Die Städte gaben den
Ausſchlag, während die Landbevölkerung das Geſetz vielfach ver-
worfen hat; aber das Land kommt eben in Zürıch nur wenig
mehr zur Geltung, der Einfluß der Städte iſt maßgebend und
wird es immer mehr ſein. Das neue Geſetz gewährt den Katho-
liken das Recht, für den Religionsunterricht beſondere Schulloka-
litäten zu verlangen. Es muß ihnen in der freien Zeit im Schul-
gebäude ſelber ein entſprechendes Zimmer zur Verfügung geſtellt
werden. Das iſt nicht viel, aber es liegt doch darin eine gerechte
Anerkennung der Bedeutung der katholiſchen Kirche im Kanton
Zürich.
— Zürich, 10. Juni. Ein ſchreckliches Verbrechen ſetzt
Zürich in Aufregung. Letzte Nacht zwiſchen 3 und 4 Uhr wurde
in der Altſtadt, im Hauſe Froſchaugaſſe 26, ein alleinſtehendes
Frauenzimmer, namens Bertha Kleinkammer ermordet.
Uri.
Altorf, 9. Juni. Heute Nachmittag ſtarb in Bürglen
Pfarrer Johann Gisler, biſchöflicher Kommiſſar und päpſtlicher
Pronotarius im Alter von 71 Jahren.
Schwyz.
Einſiedeln.
(Korr.) Das Volk der Wald-
ſtatt rumort allmählich. Das will es ſich nicht mehr länger
gefallen laſſen, daß gewiſſe Herren mit ihm blinde Kuh ſpielen.
Es iſt nun einmal Thatſache, daß dieſe Herren in aller Stille
Doppelſpiel treiben, indem ſie als vom Volke gewählte Rats-
herren zugleich im offiziellen bezahlten Auftrage der Oerlikoner-
Herren das Volk für einen See beeinflußen. Das gefällt uns
nicht. Der „Anzeiger“ nimmt immer ſo eine Art Stellung,
aber uns kommt es vor, der Männerverein ſollte auch etwas
thun. Die Frage des Sees geht nicht bloß Agenten an, ſie iſt
ein Stück ſozialer Frage für ganz Einſiedeln.
Endlich macht die Sihlſeekommiſſion Miene, dem Volke
über bisher gethane Schritte Aufſchluß geben zu wollen. Es
wird aber den Herren wohl noch nicht eilen; denn nach dem
Steinbach kann man ſo einen Sihlſee ſchon brauchen, und wäre
es auch nur als Probierplätz.
Ausland.
Italien. Die italieniſche Volksvertretung hat die Wahlen
der Abgeordneten Chieſi, Andreis und Turati ungiltig erklärt.
Dieſe 3 Abgeordneten ſind von den Kriegsgerichten anläßlich der
Mailänder Revolution letztes Jahr zu mehrjähriger Kerkerſtrafe
verurteilt worden, und als Proteſt gegen dieſes harte und un-
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