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St. Galler Volksblatt. Nr. 18, Uznach, 03. 03. 1886.

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St. Galler Volksblatt.

[Spaltenumbruch]
31. Jahrgang.

[Spaltenumbruch] (Druck und Verlag von K. Oberholzer in Uznach.)
[Spaltenumbruch] Mittwoch, 3. März 1886.



[Spaltenumbruch]

Abounementspreis: Bei der Expedition 1/2jährl. Fr. 2. 30, 1/4jährl. Fr. 1. 20
Bei den Verträgern und mit Adresse in der Schweiz: 1/2j. Fr. 2. 50, 1/4j. Fr. 1. 30
Bei der eidgen. Post: jährlich Fr. 5.--, 1/2jährl. Fr. 2. 60, 1/4jährl. Fr. 1. 40
Für's Ausland (Postverein) jede Nummer mit Adresse: 1/2jährl. Fr. 5. --
" " " wöchentl. einmal " " 1/2jährl. Fr. 3. 50
Die Versendung findet am Dienstag und Freitag Abend statt und es können
daher nur jene Inseraten berücksichtigt werden, welche am Vormittag des Ausgabe-
Tages in der Druckerei abgegeben sind.


[Spaltenumbruch]
No. 18.

[Spaltenumbruch]

Inserationsgebühr für den Seebezirk (ohne Vermittlung der sog. Inseraten-
bureaux): Die kleinspaltige Petitzeile oder deren Raum 10 Cts.
Für die übrigen Inserenten kostet die kleinspaltige Petitzeile oder deren Raum
15 Cts. -- Bei öfteren Wiederholungen Rabatt. --
Auswärtige Anfragen betreff zu erfragende Inserate müssen 10 Cts. in Brief-
marken für Rückantwort enthalten. -- Unfrankirte Sendungen werden nicht
berücksichtigt. -- Das Blatt erscheint wöchentlich zweimal: Mittwoch & Samstag.
Alle Samstag mit den "Linth-Blätter".




Eine katholische Universität in Freiburg.
(Schluß.)

Wir lesen soeben in einem Blatte Frankreichs, daß
der hochwst. Bischof Kaspar Mermillod von Lausanne und
Genf während seiner vorübergehenden Anwesenheit in Rom
dem hl. Vater das Projekt einer kathol. Universität in
Freiburg (Schweiz) vorgelegt habe. Aus dieser Nachricht
ergibt sich die Folgerung, daß der seit mehr denn 20 Jahre
lang im Stillen genährte Plan der katholischen Führerschaft
aus dem Stadium der bloßen Wünsche heraus sei und
bereits greifbare Gestalt angenommen habe. In der That
brachte jüngst das Luzerner "Vaterland" einen sachbe-
züglichen Artikel, gemäß welchem die Frage allmälig
ihrer Lösung entgegenzugehen
scheine. Nach dem
nämlichen Blatte wäre als Universitätsort unsere Zähringer-
stadt Freiburg bestimmt, und zwar würde die Hochschule
im ehemaligen Jesuitenpensionat (gegenwärtig für Waisen-
haus, Priesterseminar und Primarschulen in Anspruch ge-
nommen) eingerichtet werden. Als Anfang wird, unter
Umgehung einer medizinischen Fakultät (Schulabtheilung)
eine theologische, juristische und philosophische Fakultät ge-
schaffen, wofür die Hülfsmittel zum Theil vorhanden sein
sollen. Die obersten weltlichen und geistlichen Behörden
Freiburgs sollen dem Plane günstig gestimmt sein und
der Korresp. des konservativen Zentralorganes "zweifelt
keinen Augenblick an der Verwirklichung desselben".

Es müßte männiglich wundern, wenn dem, der eine
große Idee, und mag sie noch so berechtigt, edel und gut
sein, auszuführen im Begriffe steht, nicht Schwierigkeiten
und Hindernisse in den Weg gelegt, oder wenn ihm
wenigstens nicht dick und breit widersprochen würde. Im
vorwürfigen mußte es ein "katholisches", ein urschweizerisches
Organ, das "Urner Wochenblatt" sein, welches zuerst das
geplante Unternehmen tadelte, während die Mittheilungen
des "Vaterland" auch nicht ein einziges akatholisches Blatt
zu Bemerkungen veranlaßten. Wir sollen uns hüten, meint
das mit dem Hasenpanier aufrückende Urnerblatt, einen
konfessionellen Universitätsunterricht anzustreben, um die
Empfindlichkeiten unserer protestantischen Mitbürger nicht
zu reizen. Die Freiburger "Liberte" aber gibt dem tapfern
Kollegen in Altdorf zu verstehen, daß der einfachste Anstand
ihn hätte abhalten sollen, die Brandfackel der Zwietracht
in's katholische und konservative Lager zu werfen; es sei
eine schöne Sache um den Frieden und die Einigkeit mit
unseren protestantischen Brüdern; aber eine schönere und
nothwendigere sei es noch, die Streitigkeiten unter den
Katholiken nicht zu suchen. Leider kennen wir nur zu viele,
welche diese Art Mäßigung, Friedens- und Nächsten-
liebe
nicht kennen, trotz des Kleides, und des Schildes.
Wir wissen dem Frieden und der Einigkeit mit unseren
Mitbürgern jeder Konfession und Glaubensansicht alle
pflichtigen Opfer zu bringen; es gibt aber eines, das man
billigerweise von uns nicht mehr verlangen kann und das
wir auch nicht mehr zugeben könnten: das unserer Ueber-
zeugung und unseres katholischn Glaubens. Die kathol.
Universität wird nicht die Zweckbestimmung einer Propa-
ganda nach Außen, sondern mehr diejenige einer einfachen
Maßnahme der innern Schutzwehr haben. Sie wendet sich
nicht an die Protestanten, die auch ferners ihre Universitäten,
ihre Akademien, ihren höheren Unterricht haben werden.
Sie wird bloß mit Rücksicht auf die Nützlichkeit für die
Katholiken geschaffen.

Die Katholiken empfinden das Bedürfniß, ächt christ-
liche Beamte, Gelehrte, Geistliche, Juristen, Lehrer etc.
heranzubilden, was nur unter dem direkteu Einflusse der
Kirche geschehen kann. Christ und Kirche gehören
zusammen;
ohne Kirche gibt es keinen Christen, und
was der Christ ist, hat er von der Kirche und zwar von
der Kirche allein, und er lebt und gedeiht und wächst
und blüht und wird vollendet nur in und durch die
Kirche. Wir haben diese Wahrheit um so mehr zu be-
obachten, als sich der moderne Staat selbst für unchristlich,
religions- und konfessionslos erklärt. Unter solchen Auspizien
muß die Kirche mit allem Ernste und aller Ausdauer den
Kampf um die Schule führen, weil sie zugleich auch das
natürlichste aller Rechte zu verfechten die heiligste Pflicht hat.

Was sind die meisten bestehenden Hochschulen in Be-
zug auf die Propaganda für das Lehrfach? Als harm-
loser Stadt- oder Landjunker betritt der moderne Professor
die Hochschule; als freigeistiger auf- und abgeklärter Schul-
mann verläßt er die Räume, welche von zersetzenden, Pilz
und Schimmel bildenden Keimsporen erfüllt sind. Der
höhere, wie der untere Schulmeister ist der wahre Pfad-
finder der Neuerer und verläßlichste Emissär der gegen
[Spaltenumbruch] die alte Weltordnung und christliche Weltanschauung be-
stehenden Verschwörung. -- Von den deutschen, wenigstens
preußischen Hochschulen sagt Viktor Tissot, vielleicht ohne
starke Uebertreibung: "Alles in der Regierung neigt nach
dem einzigen Ziel: blinde, unbedingte Unterwürfigkeit
gegenüber der Gewalt. Man spricht selten von Gott, aus
Furcht, er möchte dem Kaiser Eintrag thun".

Der protestantisch-radikale "National" von La Chaux-
de-fonds (Neuenburg) griff gierig die unzeitigen Einwürfe
des Urner Wochenblattes auf. Er sieht in der künftigen
Universität einen Intriguenherd gegen die französische
Republik. Die "Liberte" erklärt das für Flausen; die
französischen Katholiken hätten 5 Universitäten, die sie ge-
gründet und unterhalten. Das genüge für sie offenbar.
Wenn wir in Freiburg eine Universität gründen, so sei
es für die Bedürfnisse der ganzen katholischen Schweiz.
Das neuenburgische Organ befürchtet auch eine Ueber-
schwemmung mit französischen und belgischen Ideen, während
das Zentralorgan der Freiburger Katholiken auch diesen
Einwand beseitigt. Die Doktrinen (wissenschaftlichen Lehren)
einer katholischen schweizerischen Universität seien nicht
einem anderen Lande entlehnt, da dies partikularistische
Doktrinen wären; unsere Lehren seien schlechthin die der
römischen Kirche ohne Mischung, wie auch ohne Minderung.
Die Lehren auf unserer Universität werden die gleichen
sein, welche Papst Leo XIII. in seinen herrlichen, auch
von den Gegnern des Papstthums bewunderten Rund-
schreiben verkündet hat.

Wir waren eben daran, unseren Artikel über die
katholische Universität in Freiburg abzuschließen, als uns
die römische Korrespondenz des "Genfer Courrier" über
die Audienz des Kardinalkollegiums und der anwesenden
Bischöfe in Rom beim hl. Vater v. 20. Februar zu Ge-
sichte kam. Mermillod sprach in der hohen Versammlung
über das Projekt einer katholischen Universität in der
Schweiz, er hebt die Gewogenheit der freiburgischen
Regierung hervor und erklärt, der ganze schweizerische
Episkopat sei für diese Gründung eingenommen. Leo XIII.
frug sodann, ob die Landesgesetze in diesem Punkte volle
Freiheit lassen; würde z. B. der Bundesrath Opposition
machen? Monseign. Mermillod antwortete, in Betreff des
höheren Unterrichts bestehe in der Schweiz vollkommene
Freiheit, zudem sei der Bundesrath für den Fortschritt
der Wissenschaften und Künste zu sehr eingenommen, als
daß er die Gründung einer neuen Universität nicht gerne
sähe. Schließlich erklärte der Papst, er werde diese
Institution so viel er vermöge begünstigen

und wünsche ihr einen raschen Erfolg. Möge
das Werk gelingen und damit ein langehegter Herzens-
wunsch unserer katholischen Führerschaft geistlichen und
weltlichen Standes in Erfüllung gehen!




Nachträgliches zur Nationalrathswahl
vom 14. Februar l. I.
I.

Die Liberalen rühmen sich bekanntlich in ihrer an-
gestammten Bescheidenheit als Generalpächter der "Liebe".
Den Glauben weisen diese sonderbaren Liebesjünger vor-
nehm ab, dagegen stellen sie sich der Welt als die all-
einigen, ausschließlichen Inhaber der "Menschenliebe" zur
Schau. Wie sich diese liberale Liebesjüngerei gegenüber
dem "Ultramontanismus" äußert, ist weltbekannt. Daß
aber auch der radikale Demokrat Bislin diese Art
"Liebe" in so ausgiebiger Weise verkosten mußte, das
ist dann schon ein wenig bemerkenswerth. Oder wie
wurde die Kandidatur Bislin von den liberalen
Systemsblättern behandelt? Bislin wurde schonungslos
heruntergemacht. Was man in amtlichen Protokollen, in
privatlichen Rechnungsstellungen etc. Nachtheiliges gefunden
zu haben glaubte, das wurde marktschreierisch an die
große Glocke gehängt. Kein guter Fetzen wurde an Bislin
gelassen. Es war das Schauspiel einer politischen Ab-
schlachtung und Mundtodtmachung. Und das Alles aus
-- der allerreinsten "Liebe". Es gibt doch nichts
herrlicheres, als diese neue Art "Liebe"! --

II.

Die Thatsache, daß Bislin im Wahlkampfe unter-
legen, mag füglich auf verschiedene Gründe zurückgeführt
werden. Wir lassen das dahingestellt. Dagegen will uns
die Stellung, welche dem katholischen Volke im 30. Wahl-
kreise jeweilen bei Anlaß der Nationalrathswahlen von
Oben angewiesen wird, immer weniger einleuchten. Seit
[Spaltenumbruch] Jahren sieht man in diesem Wahlkreise ab von Auf-
stellung einer grundsätzlich katholischen Kandidatur
und freut sich, das "Zünglein in der Waage" spielen
zu können. In unsern Augen trägt solche politische
Weisheit nicht sehr viel zur grundsätzlichen Bildung
einer katholischen Wählerschaft bei, wohl aber zu ihrer
Verwirrung und Zersplitterung und muß so führen zur
politischen Halt- und Grundsatzlosigkeit. Der grundsätzliche
Mann findet vor dieser Weisheit keine Gnade, es muß
ein Schaukelpolitiker oder ein radikaler Demokrat sein.
Begreiflich, wenn der gesunde Volkssinn anfängt, sich
gegen diese Manöver zu sträuben. Wir sagen es zum
hundertsten Male: Lieber unterliegen mit einer
katholischen grundsätzlichen Kandidatur, als
hie und da einmal siegen mit allerlei Halb-
heiten
. Mit Letzteren ist, wie die Erfahrung sollte dar-
gethan haben, der katholischen Wählerschaft mit Nichten
gedient und daß solche Wahlmanöver Verwirrung in
die Reihen grundsätzlicher Wähler bringen, hat der
14. Februar abhin saitsam bewiesen. Das Geheimniß
der Kraft liegt nicht in der Diplomatie, sondern in der
Einheit.

III.

Bislin gehörte s. Z. zu jener auserlesenen Schaar
radikaler Katholiken, welche von den Protestanten der
Stadt und des Kantons hochgefeiert und mit Ehren und
Aemtern beschenkt worden sind. Und mit Recht. An
Talent, Rednergabe, Kühnheit und Radikalismus fehlte
es Bislin durchaus nicht. Er stieg deßwegen hinauf bis
zur höchsten kantonalen Amtswürde. Wer sich nun aber
der Kandidatur Bislin im eben beendigten Wahlkampfe
am heftigsten widersetzte, das war die Presse der pro-
testantischen
Stadt St. Gallen und wem die Masse
der St. Galler Protestanten ihre Stimmen that-
sächlich zuwandten, ist bekannt. Kurz: Bislin ist bei der
Stadt in Ungnade gefallen, sie hat ihn aus der Zahl
der Getreuen exkommunizirt, das ihm von dieser Seite
präsentirte Mißtrauensvotum könnte nicht klarer und
eklatanter sein. Es legt sich uns daher die Frage wie
von selber nahe: Wodurch zog sich denn Bislin diese
Ungnade zu? Was hat er gegen die Stadt verbrochen?
Welches ist seine Sünde? Bislin wagte es, im
Jahre 1872 eine selbstständige Stellung in
der Stadt St. Gallischen Altkatholikenfrage
einzunehmen
. Er bekannte offen: sein Freisinn
erlaube ihm nicht, Altkatholik zu werden
.
Das war genug, um den Zorn der Stadtgötter auf sich
herabzuziehen. Daher die gedachte Exkommunikation. Das
ist das gewöhnliche Schicksal der st. gallischen liberalen
Katholiken. Ihre erste und letzte Bürgerpflicht ist blinder
Gehorsam gegen die politischen Kommando der pro-
testantischen Stadt. Von freier Stellungnahme in politischen
Tagesfragen ist keine Rede. Ueberzeugung ist da Neben-
sache. Der freie Wille des Bürgers muß unbedingt ge-
opfert werden. Was gefordert wird mit eiserner Konsequenz,
das ist -- Gehorsam und wagt ein liberaler Katholik
sich den Liberalismus etwas anders zu denken, als die
protestantischen Glaubensrichter, so wird die Exkommunkation
in aller Form Rechtens über ihn und seine Nachkommen
ausgesprochen. So wurden nacheinander politisch ab-
geschlachtet die liberalen Katholiken Baumgartner,
Weder, Sailer, Thoma, Thuli, Bislin
.
Vivat sequens! Und der liberale Sturzenegger
von Altstätten, der bei den Nationalrathswahlen vom
26. Oktober 1884 im 30. Wahlkreise die schöne Zahl
von 3120 Stimmen auf sich vereinigte, auch er, der
allzeit getreue Fahnenträger des Freisinns, sollte am
14. Februar ebenfalls keine Gnade finden vor der Stadt
St. Gallen. So steht denn der liberale Katholik im Kanton
St. Gallen vor der Alternative: Entweder blinder
Gehorsam oder Exkommunikation
. Und das
nennt man Freisinn! und die Unterthänigen nennt
man Freisinnige!

IV.

Nach der verlornen Schlacht meinten katholische
Blätter: Man hätte katholischerseits Herrn alt-Staats-
anwalt Karl Gmür portiren sollen, seine Kandidatur
würde im 30. Wahlkreise unbedingt reüärt haben. Ferne
sei es, Herrn Gmür's Talente, Ehrenhaftigkeit, Ueber-
zeugungstreue in Zweifel zu ziehen. Was uns jedoch
mehr als auffallend erscheint, ist die Thatsache, daß
gerade solche Blätter von Gmür's Kandidatur reden, die
seine Haltung als Administrationsrath in Sachen ge-
wisser Prüfungen auf das Entschiedendste getadelt haben.





St. Galler Volksblatt.

[Spaltenumbruch]
31. Jahrgang.

[Spaltenumbruch] (Druck und Verlag von K. Oberholzer in Uznach.)
[Spaltenumbruch] Mittwoch, 3. März 1886.



[Spaltenumbruch]

Abounementspreis: Bei der Expedition ½jährl. Fr. 2. 30, ¼jährl. Fr. 1. 20
Bei den Verträgern und mit Adreſſe in der Schweiz: ½j. Fr. 2. 50, ¼j. Fr. 1. 30
Bei der eidgen. Poſt: jährlich Fr. 5.—, ½jährl. Fr. 2. 60, ¼jährl. Fr. 1. 40
Für’s Ausland (Poſtverein) jede Nummer mit Adreſſe: ½jährl. Fr. 5. —
„ „ „ wöchentl. einmal „ „ ½jährl. Fr. 3. 50
Die Verſendung findet am Dienſtag und Freitag Abend ſtatt und es können
daher nur jene Inſeraten berückſichtigt werden, welche am Vormittag des Ausgabe-
Tages in der Druckerei abgegeben ſind.


[Spaltenumbruch]
No. 18.

[Spaltenumbruch]

Inſerationsgebühr für den Seebezirk (ohne Vermittlung der ſog. Inſeraten-
bureaux): Die kleinſpaltige Petitzeile oder deren Raum 10 Cts.
Für die übrigen Inſerenten koſtet die kleinſpaltige Petitzeile oder deren Raum
15 Cts. — Bei öfteren Wiederholungen Rabatt. —
Auswärtige Anfragen betreff zu erfragende Inſerate müſſen 10 Cts. in Brief-
marken für Rückantwort enthalten. — Unfrankirte Sendungen werden nicht
berückſichtigt. — Das Blatt erſcheint wöchentlich zweimal: Mittwoch & Samſtag.
Alle Samſtag mit den „Linth-Blätter“.




Eine katholiſche Univerſität in Freiburg.
(Schluß.)

Wir leſen ſoeben in einem Blatte Frankreichs, daß
der hochwſt. Biſchof Kaſpar Mermillod von Lauſanne und
Genf während ſeiner vorübergehenden Anweſenheit in Rom
dem hl. Vater das Projekt einer kathol. Univerſität in
Freiburg (Schweiz) vorgelegt habe. Aus dieſer Nachricht
ergibt ſich die Folgerung, daß der ſeit mehr denn 20 Jahre
lang im Stillen genährte Plan der katholiſchen Führerſchaft
aus dem Stadium der bloßen Wünſche heraus ſei und
bereits greifbare Geſtalt angenommen habe. In der That
brachte jüngſt das Luzerner „Vaterland“ einen ſachbe-
züglichen Artikel, gemäß welchem die Frage allmälig
ihrer Löſung entgegenzugehen
ſcheine. Nach dem
nämlichen Blatte wäre als Univerſitätsort unſere Zähringer-
ſtadt Freiburg beſtimmt, und zwar würde die Hochſchule
im ehemaligen Jeſuitenpenſionat (gegenwärtig für Waiſen-
haus, Prieſterſeminar und Primarſchulen in Anſpruch ge-
nommen) eingerichtet werden. Als Anfang wird, unter
Umgehung einer mediziniſchen Fakultät (Schulabtheilung)
eine theologiſche, juriſtiſche und philoſophiſche Fakultät ge-
ſchaffen, wofür die Hülfsmittel zum Theil vorhanden ſein
ſollen. Die oberſten weltlichen und geiſtlichen Behörden
Freiburgs ſollen dem Plane günſtig geſtimmt ſein und
der Korreſp. des konſervativen Zentralorganes „zweifelt
keinen Augenblick an der Verwirklichung desſelben“.

Es müßte männiglich wundern, wenn dem, der eine
große Idee, und mag ſie noch ſo berechtigt, edel und gut
ſein, auszuführen im Begriffe ſteht, nicht Schwierigkeiten
und Hinderniſſe in den Weg gelegt, oder wenn ihm
wenigſtens nicht dick und breit widerſprochen würde. Im
vorwürfigen mußte es ein „katholiſches“, ein urſchweizeriſches
Organ, das „Urner Wochenblatt“ ſein, welches zuerſt das
geplante Unternehmen tadelte, während die Mittheilungen
des „Vaterland“ auch nicht ein einziges akatholiſches Blatt
zu Bemerkungen veranlaßten. Wir ſollen uns hüten, meint
das mit dem Haſenpanier aufrückende Urnerblatt, einen
konfeſſionellen Univerſitätsunterricht anzuſtreben, um die
Empfindlichkeiten unſerer proteſtantiſchen Mitbürger nicht
zu reizen. Die Freiburger „Liberte“ aber gibt dem tapfern
Kollegen in Altdorf zu verſtehen, daß der einfachſte Anſtand
ihn hätte abhalten ſollen, die Brandfackel der Zwietracht
in’s katholiſche und konſervative Lager zu werfen; es ſei
eine ſchöne Sache um den Frieden und die Einigkeit mit
unſeren proteſtantiſchen Brüdern; aber eine ſchönere und
nothwendigere ſei es noch, die Streitigkeiten unter den
Katholiken nicht zu ſuchen. Leider kennen wir nur zu viele,
welche dieſe Art Mäßigung, Friedens- und Nächſten-
liebe
nicht kennen, trotz des Kleides, und des Schildes.
Wir wiſſen dem Frieden und der Einigkeit mit unſeren
Mitbürgern jeder Konfeſſion und Glaubensanſicht alle
pflichtigen Opfer zu bringen; es gibt aber eines, das man
billigerweiſe von uns nicht mehr verlangen kann und das
wir auch nicht mehr zugeben könnten: das unſerer Ueber-
zeugung und unſeres katholiſchn Glaubens. Die kathol.
Univerſität wird nicht die Zweckbeſtimmung einer Propa-
ganda nach Außen, ſondern mehr diejenige einer einfachen
Maßnahme der innern Schutzwehr haben. Sie wendet ſich
nicht an die Proteſtanten, die auch ferners ihre Univerſitäten,
ihre Akademien, ihren höheren Unterricht haben werden.
Sie wird bloß mit Rückſicht auf die Nützlichkeit für die
Katholiken geſchaffen.

Die Katholiken empfinden das Bedürfniß, ächt chriſt-
liche Beamte, Gelehrte, Geiſtliche, Juriſten, Lehrer ꝛc.
heranzubilden, was nur unter dem direkteu Einfluſſe der
Kirche geſchehen kann. Chriſt und Kirche gehören
zuſammen;
ohne Kirche gibt es keinen Chriſten, und
was der Chriſt iſt, hat er von der Kirche und zwar von
der Kirche allein, und er lebt und gedeiht und wächst
und blüht und wird vollendet nur in und durch die
Kirche. Wir haben dieſe Wahrheit um ſo mehr zu be-
obachten, als ſich der moderne Staat ſelbſt für unchriſtlich,
religions- und konfeſſionslos erklärt. Unter ſolchen Auſpizien
muß die Kirche mit allem Ernſte und aller Ausdauer den
Kampf um die Schule führen, weil ſie zugleich auch das
natürlichſte aller Rechte zu verfechten die heiligſte Pflicht hat.

Was ſind die meiſten beſtehenden Hochſchulen in Be-
zug auf die Propaganda für das Lehrfach? Als harm-
loſer Stadt- oder Landjunker betritt der moderne Profeſſor
die Hochſchule; als freigeiſtiger auf- und abgeklärter Schul-
mann verläßt er die Räume, welche von zerſetzenden, Pilz
und Schimmel bildenden Keimſporen erfüllt ſind. Der
höhere, wie der untere Schulmeiſter iſt der wahre Pfad-
finder der Neuerer und verläßlichſte Emiſſär der gegen
[Spaltenumbruch] die alte Weltordnung und chriſtliche Weltanſchauung be-
ſtehenden Verſchwörung. — Von den deutſchen, wenigſtens
preußiſchen Hochſchulen ſagt Viktor Tiſſot, vielleicht ohne
ſtarke Uebertreibung: „Alles in der Regierung neigt nach
dem einzigen Ziel: blinde, unbedingte Unterwürfigkeit
gegenüber der Gewalt. Man ſpricht ſelten von Gott, aus
Furcht, er möchte dem Kaiſer Eintrag thun“.

Der proteſtantiſch-radikale „National“ von La Chaux-
de-fonds (Neuenburg) griff gierig die unzeitigen Einwürfe
des Urner Wochenblattes auf. Er ſieht in der künftigen
Univerſität einen Intriguenherd gegen die franzöſiſche
Republik. Die „Liberte“ erklärt das für Flauſen; die
franzöſiſchen Katholiken hätten 5 Univerſitäten, die ſie ge-
gründet und unterhalten. Das genüge für ſie offenbar.
Wenn wir in Freiburg eine Univerſität gründen, ſo ſei
es für die Bedürfniſſe der ganzen katholiſchen Schweiz.
Das neuenburgiſche Organ befürchtet auch eine Ueber-
ſchwemmung mit franzöſiſchen und belgiſchen Ideen, während
das Zentralorgan der Freiburger Katholiken auch dieſen
Einwand beſeitigt. Die Doktrinen (wiſſenſchaftlichen Lehren)
einer katholiſchen ſchweizeriſchen Univerſität ſeien nicht
einem anderen Lande entlehnt, da dies partikulariſtiſche
Doktrinen wären; unſere Lehren ſeien ſchlechthin die der
römiſchen Kirche ohne Miſchung, wie auch ohne Minderung.
Die Lehren auf unſerer Univerſität werden die gleichen
ſein, welche Papſt Leo XIII. in ſeinen herrlichen, auch
von den Gegnern des Papſtthums bewunderten Rund-
ſchreiben verkündet hat.

Wir waren eben daran, unſeren Artikel über die
katholiſche Univerſität in Freiburg abzuſchließen, als uns
die römiſche Korreſpondenz des „Genfer Courrier“ über
die Audienz des Kardinalkollegiums und der anweſenden
Biſchöfe in Rom beim hl. Vater v. 20. Februar zu Ge-
ſichte kam. Mermillod ſprach in der hohen Verſammlung
über das Projekt einer katholiſchen Univerſität in der
Schweiz, er hebt die Gewogenheit der freiburgiſchen
Regierung hervor und erklärt, der ganze ſchweizeriſche
Episkopat ſei für dieſe Gründung eingenommen. Leo XIII.
frug ſodann, ob die Landesgeſetze in dieſem Punkte volle
Freiheit laſſen; würde z. B. der Bundesrath Oppoſition
machen? Monſeign. Mermillod antwortete, in Betreff des
höheren Unterrichts beſtehe in der Schweiz vollkommene
Freiheit, zudem ſei der Bundesrath für den Fortſchritt
der Wiſſenſchaften und Künſte zu ſehr eingenommen, als
daß er die Gründung einer neuen Univerſität nicht gerne
ſähe. Schließlich erklärte der Papſt, er werde dieſe
Inſtitution ſo viel er vermöge begünſtigen

und wünſche ihr einen raſchen Erfolg. Möge
das Werk gelingen und damit ein langehegter Herzens-
wunſch unſerer katholiſchen Führerſchaft geiſtlichen und
weltlichen Standes in Erfüllung gehen!




Nachträgliches zur Nationalrathswahl
vom 14. Februar l. I.
I.

Die Liberalen rühmen ſich bekanntlich in ihrer an-
geſtammten Beſcheidenheit als Generalpächter der „Liebe“.
Den Glauben weiſen dieſe ſonderbaren Liebesjünger vor-
nehm ab, dagegen ſtellen ſie ſich der Welt als die all-
einigen, ausſchließlichen Inhaber der „Menſchenliebe“ zur
Schau. Wie ſich dieſe liberale Liebesjüngerei gegenüber
dem „Ultramontanismus“ äußert, iſt weltbekannt. Daß
aber auch der radikale Demokrat Bislin dieſe Art
„Liebe“ in ſo ausgiebiger Weiſe verkoſten mußte, das
iſt dann ſchon ein wenig bemerkenswerth. Oder wie
wurde die Kandidatur Bislin von den liberalen
Syſtemsblättern behandelt? Bislin wurde ſchonungslos
heruntergemacht. Was man in amtlichen Protokollen, in
privatlichen Rechnungsſtellungen ꝛc. Nachtheiliges gefunden
zu haben glaubte, das wurde marktſchreieriſch an die
große Glocke gehängt. Kein guter Fetzen wurde an Bislin
gelaſſen. Es war das Schauſpiel einer politiſchen Ab-
ſchlachtung und Mundtodtmachung. Und das Alles aus
— der allerreinſten „Liebe“. Es gibt doch nichts
herrlicheres, als dieſe neue Art „Liebe“! —

II.

Die Thatſache, daß Bislin im Wahlkampfe unter-
legen, mag füglich auf verſchiedene Gründe zurückgeführt
werden. Wir laſſen das dahingeſtellt. Dagegen will uns
die Stellung, welche dem katholiſchen Volke im 30. Wahl-
kreiſe jeweilen bei Anlaß der Nationalrathswahlen von
Oben angewieſen wird, immer weniger einleuchten. Seit
[Spaltenumbruch] Jahren ſieht man in dieſem Wahlkreiſe ab von Auf-
ſtellung einer grundſätzlich katholiſchen Kandidatur
und freut ſich, das „Zünglein in der Waage“ ſpielen
zu können. In unſern Augen trägt ſolche politiſche
Weisheit nicht ſehr viel zur grundſätzlichen Bildung
einer katholiſchen Wählerſchaft bei, wohl aber zu ihrer
Verwirrung und Zerſplitterung und muß ſo führen zur
politiſchen Halt- und Grundſatzloſigkeit. Der grundſätzliche
Mann findet vor dieſer Weisheit keine Gnade, es muß
ein Schaukelpolitiker oder ein radikaler Demokrat ſein.
Begreiflich, wenn der geſunde Volksſinn anfängt, ſich
gegen dieſe Manöver zu ſträuben. Wir ſagen es zum
hundertſten Male: Lieber unterliegen mit einer
katholiſchen grundſätzlichen Kandidatur, als
hie und da einmal ſiegen mit allerlei Halb-
heiten
. Mit Letzteren iſt, wie die Erfahrung ſollte dar-
gethan haben, der katholiſchen Wählerſchaft mit Nichten
gedient und daß ſolche Wahlmanöver Verwirrung in
die Reihen grundſätzlicher Wähler bringen, hat der
14. Februar abhin ſaitſam bewieſen. Das Geheimniß
der Kraft liegt nicht in der Diplomatie, ſondern in der
Einheit.

III.

Bislin gehörte ſ. Z. zu jener auserleſenen Schaar
radikaler Katholiken, welche von den Proteſtanten der
Stadt und des Kantons hochgefeiert und mit Ehren und
Aemtern beſchenkt worden ſind. Und mit Recht. An
Talent, Rednergabe, Kühnheit und Radikalismus fehlte
es Bislin durchaus nicht. Er ſtieg deßwegen hinauf bis
zur höchſten kantonalen Amtswürde. Wer ſich nun aber
der Kandidatur Bislin im eben beendigten Wahlkampfe
am heftigſten widerſetzte, das war die Preſſe der pro-
teſtantiſchen
Stadt St. Gallen und wem die Maſſe
der St. Galler Proteſtanten ihre Stimmen that-
ſächlich zuwandten, iſt bekannt. Kurz: Bislin iſt bei der
Stadt in Ungnade gefallen, ſie hat ihn aus der Zahl
der Getreuen exkommunizirt, das ihm von dieſer Seite
präſentirte Mißtrauensvotum könnte nicht klarer und
eklatanter ſein. Es legt ſich uns daher die Frage wie
von ſelber nahe: Wodurch zog ſich denn Bislin dieſe
Ungnade zu? Was hat er gegen die Stadt verbrochen?
Welches iſt ſeine Sünde? Bislin wagte es, im
Jahre 1872 eine ſelbſtſtändige Stellung in
der Stadt St. Galliſchen Altkatholikenfrage
einzunehmen
. Er bekannte offen: ſein Freiſinn
erlaube ihm nicht, Altkatholik zu werden
.
Das war genug, um den Zorn der Stadtgötter auf ſich
herabzuziehen. Daher die gedachte Exkommunikation. Das
iſt das gewöhnliche Schickſal der ſt. galliſchen liberalen
Katholiken. Ihre erſte und letzte Bürgerpflicht iſt blinder
Gehorſam gegen die politiſchen Kommando der pro-
teſtantiſchen Stadt. Von freier Stellungnahme in politiſchen
Tagesfragen iſt keine Rede. Ueberzeugung iſt da Neben-
ſache. Der freie Wille des Bürgers muß unbedingt ge-
opfert werden. Was gefordert wird mit eiſerner Konſequenz,
das iſt — Gehorſam und wagt ein liberaler Katholik
ſich den Liberalismus etwas anders zu denken, als die
proteſtantiſchen Glaubensrichter, ſo wird die Exkommunkation
in aller Form Rechtens über ihn und ſeine Nachkommen
ausgeſprochen. So wurden nacheinander politiſch ab-
geſchlachtet die liberalen Katholiken Baumgartner,
Weder, Sailer, Thoma, Thuli, Bislin
.
Vivat sequens! Und der liberale Sturzenegger
von Altſtätten, der bei den Nationalrathswahlen vom
26. Oktober 1884 im 30. Wahlkreiſe die ſchöne Zahl
von 3120 Stimmen auf ſich vereinigte, auch er, der
allzeit getreue Fahnenträger des Freiſinns, ſollte am
14. Februar ebenfalls keine Gnade finden vor der Stadt
St. Gallen. So ſteht denn der liberale Katholik im Kanton
St. Gallen vor der Alternative: Entweder blinder
Gehorſam oder Exkommunikation
. Und das
nennt man Freiſinn! und die Unterthänigen nennt
man Freiſinnige!

IV.

Nach der verlornen Schlacht meinten katholiſche
Blätter: Man hätte katholiſcherſeits Herrn alt-Staats-
anwalt Karl Gmür portiren ſollen, ſeine Kandidatur
würde im 30. Wahlkreiſe unbedingt reüärt haben. Ferne
ſei es, Herrn Gmür’s Talente, Ehrenhaftigkeit, Ueber-
zeugungstreue in Zweifel zu ziehen. Was uns jedoch
mehr als auffallend erſcheint, iſt die Thatſache, daß
gerade ſolche Blätter von Gmür’s Kandidatur reden, die
ſeine Haltung als Adminiſtrationsrath in Sachen ge-
wiſſer Prüfungen auf das Entſchiedendſte getadelt haben.




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[1/0001] St. Galler Volksblatt. 31. Jahrgang. (Druck und Verlag von K. Oberholzer in Uznach.) Mittwoch, 3. März 1886. Abounementspreis: Bei der Expedition ½jährl. Fr. 2. 30, ¼jährl. Fr. 1. 20 Bei den Verträgern und mit Adreſſe in der Schweiz: ½j. Fr. 2. 50, ¼j. Fr. 1. 30 Bei der eidgen. Poſt: jährlich Fr. 5.—, ½jährl. Fr. 2. 60, ¼jährl. Fr. 1. 40 Für’s Ausland (Poſtverein) jede Nummer mit Adreſſe: ½jährl. Fr. 5. — „ „ „ wöchentl. einmal „ „ ½jährl. Fr. 3. 50 Die Verſendung findet am Dienſtag und Freitag Abend ſtatt und es können daher nur jene Inſeraten berückſichtigt werden, welche am Vormittag des Ausgabe- Tages in der Druckerei abgegeben ſind. No. 18. Inſerationsgebühr für den Seebezirk (ohne Vermittlung der ſog. Inſeraten- bureaux): Die kleinſpaltige Petitzeile oder deren Raum 10 Cts. Für die übrigen Inſerenten koſtet die kleinſpaltige Petitzeile oder deren Raum 15 Cts. — Bei öfteren Wiederholungen Rabatt. — Auswärtige Anfragen betreff zu erfragende Inſerate müſſen 10 Cts. in Brief- marken für Rückantwort enthalten. — Unfrankirte Sendungen werden nicht berückſichtigt. — Das Blatt erſcheint wöchentlich zweimal: Mittwoch & Samſtag. Alle Samſtag mit den „Linth-Blätter“. Eine katholiſche Univerſität in Freiburg. (Schluß.) Wir leſen ſoeben in einem Blatte Frankreichs, daß der hochwſt. Biſchof Kaſpar Mermillod von Lauſanne und Genf während ſeiner vorübergehenden Anweſenheit in Rom dem hl. Vater das Projekt einer kathol. Univerſität in Freiburg (Schweiz) vorgelegt habe. Aus dieſer Nachricht ergibt ſich die Folgerung, daß der ſeit mehr denn 20 Jahre lang im Stillen genährte Plan der katholiſchen Führerſchaft aus dem Stadium der bloßen Wünſche heraus ſei und bereits greifbare Geſtalt angenommen habe. In der That brachte jüngſt das Luzerner „Vaterland“ einen ſachbe- züglichen Artikel, gemäß welchem die Frage allmälig ihrer Löſung entgegenzugehen ſcheine. Nach dem nämlichen Blatte wäre als Univerſitätsort unſere Zähringer- ſtadt Freiburg beſtimmt, und zwar würde die Hochſchule im ehemaligen Jeſuitenpenſionat (gegenwärtig für Waiſen- haus, Prieſterſeminar und Primarſchulen in Anſpruch ge- nommen) eingerichtet werden. Als Anfang wird, unter Umgehung einer mediziniſchen Fakultät (Schulabtheilung) eine theologiſche, juriſtiſche und philoſophiſche Fakultät ge- ſchaffen, wofür die Hülfsmittel zum Theil vorhanden ſein ſollen. Die oberſten weltlichen und geiſtlichen Behörden Freiburgs ſollen dem Plane günſtig geſtimmt ſein und der Korreſp. des konſervativen Zentralorganes „zweifelt keinen Augenblick an der Verwirklichung desſelben“. Es müßte männiglich wundern, wenn dem, der eine große Idee, und mag ſie noch ſo berechtigt, edel und gut ſein, auszuführen im Begriffe ſteht, nicht Schwierigkeiten und Hinderniſſe in den Weg gelegt, oder wenn ihm wenigſtens nicht dick und breit widerſprochen würde. Im vorwürfigen mußte es ein „katholiſches“, ein urſchweizeriſches Organ, das „Urner Wochenblatt“ ſein, welches zuerſt das geplante Unternehmen tadelte, während die Mittheilungen des „Vaterland“ auch nicht ein einziges akatholiſches Blatt zu Bemerkungen veranlaßten. Wir ſollen uns hüten, meint das mit dem Haſenpanier aufrückende Urnerblatt, einen konfeſſionellen Univerſitätsunterricht anzuſtreben, um die Empfindlichkeiten unſerer proteſtantiſchen Mitbürger nicht zu reizen. Die Freiburger „Liberte“ aber gibt dem tapfern Kollegen in Altdorf zu verſtehen, daß der einfachſte Anſtand ihn hätte abhalten ſollen, die Brandfackel der Zwietracht in’s katholiſche und konſervative Lager zu werfen; es ſei eine ſchöne Sache um den Frieden und die Einigkeit mit unſeren proteſtantiſchen Brüdern; aber eine ſchönere und nothwendigere ſei es noch, die Streitigkeiten unter den Katholiken nicht zu ſuchen. Leider kennen wir nur zu viele, welche dieſe Art Mäßigung, Friedens- und Nächſten- liebe nicht kennen, trotz des Kleides, und des Schildes. Wir wiſſen dem Frieden und der Einigkeit mit unſeren Mitbürgern jeder Konfeſſion und Glaubensanſicht alle pflichtigen Opfer zu bringen; es gibt aber eines, das man billigerweiſe von uns nicht mehr verlangen kann und das wir auch nicht mehr zugeben könnten: das unſerer Ueber- zeugung und unſeres katholiſchn Glaubens. Die kathol. Univerſität wird nicht die Zweckbeſtimmung einer Propa- ganda nach Außen, ſondern mehr diejenige einer einfachen Maßnahme der innern Schutzwehr haben. Sie wendet ſich nicht an die Proteſtanten, die auch ferners ihre Univerſitäten, ihre Akademien, ihren höheren Unterricht haben werden. Sie wird bloß mit Rückſicht auf die Nützlichkeit für die Katholiken geſchaffen. Die Katholiken empfinden das Bedürfniß, ächt chriſt- liche Beamte, Gelehrte, Geiſtliche, Juriſten, Lehrer ꝛc. heranzubilden, was nur unter dem direkteu Einfluſſe der Kirche geſchehen kann. Chriſt und Kirche gehören zuſammen; ohne Kirche gibt es keinen Chriſten, und was der Chriſt iſt, hat er von der Kirche und zwar von der Kirche allein, und er lebt und gedeiht und wächst und blüht und wird vollendet nur in und durch die Kirche. Wir haben dieſe Wahrheit um ſo mehr zu be- obachten, als ſich der moderne Staat ſelbſt für unchriſtlich, religions- und konfeſſionslos erklärt. Unter ſolchen Auſpizien muß die Kirche mit allem Ernſte und aller Ausdauer den Kampf um die Schule führen, weil ſie zugleich auch das natürlichſte aller Rechte zu verfechten die heiligſte Pflicht hat. Was ſind die meiſten beſtehenden Hochſchulen in Be- zug auf die Propaganda für das Lehrfach? Als harm- loſer Stadt- oder Landjunker betritt der moderne Profeſſor die Hochſchule; als freigeiſtiger auf- und abgeklärter Schul- mann verläßt er die Räume, welche von zerſetzenden, Pilz und Schimmel bildenden Keimſporen erfüllt ſind. Der höhere, wie der untere Schulmeiſter iſt der wahre Pfad- finder der Neuerer und verläßlichſte Emiſſär der gegen die alte Weltordnung und chriſtliche Weltanſchauung be- ſtehenden Verſchwörung. — Von den deutſchen, wenigſtens preußiſchen Hochſchulen ſagt Viktor Tiſſot, vielleicht ohne ſtarke Uebertreibung: „Alles in der Regierung neigt nach dem einzigen Ziel: blinde, unbedingte Unterwürfigkeit gegenüber der Gewalt. Man ſpricht ſelten von Gott, aus Furcht, er möchte dem Kaiſer Eintrag thun“. Der proteſtantiſch-radikale „National“ von La Chaux- de-fonds (Neuenburg) griff gierig die unzeitigen Einwürfe des Urner Wochenblattes auf. Er ſieht in der künftigen Univerſität einen Intriguenherd gegen die franzöſiſche Republik. Die „Liberte“ erklärt das für Flauſen; die franzöſiſchen Katholiken hätten 5 Univerſitäten, die ſie ge- gründet und unterhalten. Das genüge für ſie offenbar. Wenn wir in Freiburg eine Univerſität gründen, ſo ſei es für die Bedürfniſſe der ganzen katholiſchen Schweiz. Das neuenburgiſche Organ befürchtet auch eine Ueber- ſchwemmung mit franzöſiſchen und belgiſchen Ideen, während das Zentralorgan der Freiburger Katholiken auch dieſen Einwand beſeitigt. Die Doktrinen (wiſſenſchaftlichen Lehren) einer katholiſchen ſchweizeriſchen Univerſität ſeien nicht einem anderen Lande entlehnt, da dies partikulariſtiſche Doktrinen wären; unſere Lehren ſeien ſchlechthin die der römiſchen Kirche ohne Miſchung, wie auch ohne Minderung. Die Lehren auf unſerer Univerſität werden die gleichen ſein, welche Papſt Leo XIII. in ſeinen herrlichen, auch von den Gegnern des Papſtthums bewunderten Rund- ſchreiben verkündet hat. Wir waren eben daran, unſeren Artikel über die katholiſche Univerſität in Freiburg abzuſchließen, als uns die römiſche Korreſpondenz des „Genfer Courrier“ über die Audienz des Kardinalkollegiums und der anweſenden Biſchöfe in Rom beim hl. Vater v. 20. Februar zu Ge- ſichte kam. Mermillod ſprach in der hohen Verſammlung über das Projekt einer katholiſchen Univerſität in der Schweiz, er hebt die Gewogenheit der freiburgiſchen Regierung hervor und erklärt, der ganze ſchweizeriſche Episkopat ſei für dieſe Gründung eingenommen. Leo XIII. frug ſodann, ob die Landesgeſetze in dieſem Punkte volle Freiheit laſſen; würde z. B. der Bundesrath Oppoſition machen? Monſeign. Mermillod antwortete, in Betreff des höheren Unterrichts beſtehe in der Schweiz vollkommene Freiheit, zudem ſei der Bundesrath für den Fortſchritt der Wiſſenſchaften und Künſte zu ſehr eingenommen, als daß er die Gründung einer neuen Univerſität nicht gerne ſähe. Schließlich erklärte der Papſt, er werde dieſe Inſtitution ſo viel er vermöge begünſtigen und wünſche ihr einen raſchen Erfolg. Möge das Werk gelingen und damit ein langehegter Herzens- wunſch unſerer katholiſchen Führerſchaft geiſtlichen und weltlichen Standes in Erfüllung gehen! Nachträgliches zur Nationalrathswahl vom 14. Februar l. I. (Eingeſandt.) I. Die Liberalen rühmen ſich bekanntlich in ihrer an- geſtammten Beſcheidenheit als Generalpächter der „Liebe“. Den Glauben weiſen dieſe ſonderbaren Liebesjünger vor- nehm ab, dagegen ſtellen ſie ſich der Welt als die all- einigen, ausſchließlichen Inhaber der „Menſchenliebe“ zur Schau. Wie ſich dieſe liberale Liebesjüngerei gegenüber dem „Ultramontanismus“ äußert, iſt weltbekannt. Daß aber auch der radikale Demokrat Bislin dieſe Art „Liebe“ in ſo ausgiebiger Weiſe verkoſten mußte, das iſt dann ſchon ein wenig bemerkenswerth. Oder wie wurde die Kandidatur Bislin von den liberalen Syſtemsblättern behandelt? Bislin wurde ſchonungslos heruntergemacht. Was man in amtlichen Protokollen, in privatlichen Rechnungsſtellungen ꝛc. Nachtheiliges gefunden zu haben glaubte, das wurde marktſchreieriſch an die große Glocke gehängt. Kein guter Fetzen wurde an Bislin gelaſſen. Es war das Schauſpiel einer politiſchen Ab- ſchlachtung und Mundtodtmachung. Und das Alles aus — der allerreinſten „Liebe“. Es gibt doch nichts herrlicheres, als dieſe neue Art „Liebe“! — II. Die Thatſache, daß Bislin im Wahlkampfe unter- legen, mag füglich auf verſchiedene Gründe zurückgeführt werden. Wir laſſen das dahingeſtellt. Dagegen will uns die Stellung, welche dem katholiſchen Volke im 30. Wahl- kreiſe jeweilen bei Anlaß der Nationalrathswahlen von Oben angewieſen wird, immer weniger einleuchten. Seit Jahren ſieht man in dieſem Wahlkreiſe ab von Auf- ſtellung einer grundſätzlich katholiſchen Kandidatur und freut ſich, das „Zünglein in der Waage“ ſpielen zu können. In unſern Augen trägt ſolche politiſche Weisheit nicht ſehr viel zur grundſätzlichen Bildung einer katholiſchen Wählerſchaft bei, wohl aber zu ihrer Verwirrung und Zerſplitterung und muß ſo führen zur politiſchen Halt- und Grundſatzloſigkeit. Der grundſätzliche Mann findet vor dieſer Weisheit keine Gnade, es muß ein Schaukelpolitiker oder ein radikaler Demokrat ſein. Begreiflich, wenn der geſunde Volksſinn anfängt, ſich gegen dieſe Manöver zu ſträuben. Wir ſagen es zum hundertſten Male: Lieber unterliegen mit einer katholiſchen grundſätzlichen Kandidatur, als hie und da einmal ſiegen mit allerlei Halb- heiten. Mit Letzteren iſt, wie die Erfahrung ſollte dar- gethan haben, der katholiſchen Wählerſchaft mit Nichten gedient und daß ſolche Wahlmanöver Verwirrung in die Reihen grundſätzlicher Wähler bringen, hat der 14. Februar abhin ſaitſam bewieſen. Das Geheimniß der Kraft liegt nicht in der Diplomatie, ſondern in der Einheit. III. Bislin gehörte ſ. Z. zu jener auserleſenen Schaar radikaler Katholiken, welche von den Proteſtanten der Stadt und des Kantons hochgefeiert und mit Ehren und Aemtern beſchenkt worden ſind. Und mit Recht. An Talent, Rednergabe, Kühnheit und Radikalismus fehlte es Bislin durchaus nicht. Er ſtieg deßwegen hinauf bis zur höchſten kantonalen Amtswürde. Wer ſich nun aber der Kandidatur Bislin im eben beendigten Wahlkampfe am heftigſten widerſetzte, das war die Preſſe der pro- teſtantiſchen Stadt St. Gallen und wem die Maſſe der St. Galler Proteſtanten ihre Stimmen that- ſächlich zuwandten, iſt bekannt. Kurz: Bislin iſt bei der Stadt in Ungnade gefallen, ſie hat ihn aus der Zahl der Getreuen exkommunizirt, das ihm von dieſer Seite präſentirte Mißtrauensvotum könnte nicht klarer und eklatanter ſein. Es legt ſich uns daher die Frage wie von ſelber nahe: Wodurch zog ſich denn Bislin dieſe Ungnade zu? Was hat er gegen die Stadt verbrochen? Welches iſt ſeine Sünde? Bislin wagte es, im Jahre 1872 eine ſelbſtſtändige Stellung in der Stadt St. Galliſchen Altkatholikenfrage einzunehmen. Er bekannte offen: ſein Freiſinn erlaube ihm nicht, Altkatholik zu werden. Das war genug, um den Zorn der Stadtgötter auf ſich herabzuziehen. Daher die gedachte Exkommunikation. Das iſt das gewöhnliche Schickſal der ſt. galliſchen liberalen Katholiken. Ihre erſte und letzte Bürgerpflicht iſt blinder Gehorſam gegen die politiſchen Kommando der pro- teſtantiſchen Stadt. Von freier Stellungnahme in politiſchen Tagesfragen iſt keine Rede. Ueberzeugung iſt da Neben- ſache. Der freie Wille des Bürgers muß unbedingt ge- opfert werden. Was gefordert wird mit eiſerner Konſequenz, das iſt — Gehorſam und wagt ein liberaler Katholik ſich den Liberalismus etwas anders zu denken, als die proteſtantiſchen Glaubensrichter, ſo wird die Exkommunkation in aller Form Rechtens über ihn und ſeine Nachkommen ausgeſprochen. So wurden nacheinander politiſch ab- geſchlachtet die liberalen Katholiken Baumgartner, Weder, Sailer, Thoma, Thuli, Bislin. Vivat sequens! Und der liberale Sturzenegger von Altſtätten, der bei den Nationalrathswahlen vom 26. Oktober 1884 im 30. Wahlkreiſe die ſchöne Zahl von 3120 Stimmen auf ſich vereinigte, auch er, der allzeit getreue Fahnenträger des Freiſinns, ſollte am 14. Februar ebenfalls keine Gnade finden vor der Stadt St. Gallen. So ſteht denn der liberale Katholik im Kanton St. Gallen vor der Alternative: Entweder blinder Gehorſam oder Exkommunikation. Und das nennt man Freiſinn! und die Unterthänigen nennt man Freiſinnige! IV. Nach der verlornen Schlacht meinten katholiſche Blätter: Man hätte katholiſcherſeits Herrn alt-Staats- anwalt Karl Gmür portiren ſollen, ſeine Kandidatur würde im 30. Wahlkreiſe unbedingt reüärt haben. Ferne ſei es, Herrn Gmür’s Talente, Ehrenhaftigkeit, Ueber- zeugungstreue in Zweifel zu ziehen. Was uns jedoch mehr als auffallend erſcheint, iſt die Thatſache, daß gerade ſolche Blätter von Gmür’s Kandidatur reden, die ſeine Haltung als Adminiſtrationsrath in Sachen ge- wiſſer Prüfungen auf das Entſchiedendſte getadelt haben.

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Zitationshilfe: St. Galler Volksblatt. Nr. 18, Uznach, 03. 03. 1886, S. 1. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_stgaller18_1886/1>, abgerufen am 19.04.2024.