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Sonntags-Blatt. Nr. 29. Berlin, 19. Juli 1868.

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[Beginn Spaltensatz] reichen anderen Stämmen dieses Welttheils. Die Bewohner waren
freundlich und gefällig gegen Livingstone. Der abscheuliche Sklaven-
handel, welchen die Portugiesen dort treiben, entvölkert aber die blü-
hendsten Landstriche.

Nachdem die Expedition den Nyassasee befahren, kehrte sie auf
dem Schire zurück in den Zambesi und fuhr über die großen Victoria-
fälle hinauf in das Land der Makololo, wo die größten Wasserfälle
der Erde sind. Livingstone schreibt hierüber:

"Der Niagara ist durch eine rückwärtsgehende Auswaschung des
Felsens entstanden, über welchen der Fluß herabfällt, und im Lauf
vieler Jahrhunderte ist er allmälig zurückgetreten. Aber die Victoria-
fälle sind durch einen gerade quer über den Fluß laufenden Riß in dem
harten schwarzen basaltischen Felsen entstanden, welcher dort das Bett
des Zambesi bildete. Die Länge des ersten Risses beträgt über 1860
Yards == 5580 Fuß. Der Hauptstrom läuft hier fast von Norden
nach Süden, und die quer über demselben liegende Kluft geht fast
von Osten nach Westen. Die Tiefe der Schlucht ist an 400 Fuß.
Als wir die Breite dieser tiefen Kluft mit dem Sextanten maßen,
fanden wir, daß sie an der Garteninsel, ihrer schmalsten Stelle,
80 Yards, und an ihrer breitesten Stelle etwas mehr betrug. Jn diese
Schlucht, die zweimal so tief ist als der Niagarafall, rollt der, eine
volle ( engl. ) Meile breite Fluß mit einem Brausen hinab, von dem
man taub werden kann. Um die beste Aussicht auf die Hauptfälle
des Masira=tunya zu bekommen, muß man zu dem mit immergrünen
[Spaltenumbruch] Bäumen bedeckten Vorgebirge übersetzen. Kehren wir das Gesicht
dann dem Wasserfall zu, so haben wir am westlichen Ende der
Schlucht znerst einen Fall von 36 Yards Breite und natürlich, wie
alle, über 310 Fuß Tiefe; dann tritt Braruka, eine kleine Jnsel, da-
zwischen, und nächst dieser kommt ein großer Fall mit einer Breite
von 573 Yards; ein vorspringender Felsen trennt denselben von einem
zweiten großen Fall, der 325 Yards breit ist. Diese wundervollsten
Wasserfälle der Welt erblickt man schon in einer zwanzig Meilen
weiten Entfernung, sie erstrecken sich in einer Breite von 900 Yards,
also 2700 Fuß."

Solche großartige Naturschönheiten belohnen die Mühseligkeiten einer
gefahrvollen Reise. Der wackere Tourist hat schon längst seine dritte
Reise angetreten, um das Nilquellgebiet noch genauer zu erforschen.

Hier muß ich noch des Barons von der Decken gedenken, welcher
1861 und 1862 die Gegend des Kilimandscharo ( Kilima Ndscharo ) ,
3 Gr. südl. Br., bereiste, den Berg 8000 Fuß hoch erstieg, und
denselben zu 22,000 Fuß Höhe abschätzte. Seine Gipfel sind mit
Schnee beladen, trotz der Nähe des Aequator. Auf Deckens zweiter
Reise, 1865, wollte er den Dschuba ( Juba ) , 0° 14 / südl. Br.,
erforschen, fuhr auf dem Fluß hinauf, ging dann mit nur einigen
Begleitern eine Strecke zurück, ward vom Scheich Hamadi gefangen
genommen und nebst Dr. Link erstochen und in den Dschuba ge-
worfen. Ein großer Verlust für die Wissenschaft, zugleich eine Warnung,
in Afrika nicht mit zu kleiner Bedeckung zu reisen.     ( Schluß folgt. )

[Ende Spaltensatz]

Lose Blätter.
[Beginn Spaltensatz]

M. L. Die Uhren sind schon eine Erfindung des Alterthums und
scheinen zuerst bei den Babyloniern in Gebrauch gewesen zu sein, von
denen sie dann auf die andern Nationen, besonders auch auf die Griechen
und Römer übergingen. Die älteste Art sind die Wasseruhren. Man
gebrauchte dazu Schalen, aus welchen durch eine kleine Oeffnung hinein-
gegossenes Wasser in Tropfen ablief, woran man dann beobachtete, wie
viel Wasser von Sonnen=Aufgang bis zum Untergang, oder bis zum höchsten
Stand der Sonne am Mittag in ein darunter befindliches Gefäß lief. Das
ausgelaufene Wasser schied man dann in zwölf, resp. sechs Theile, Stun-
den, während man zugleich aus dem untern Gefäß angeben konnte, wie
hoch das Wasser in jeder Stunde stieg. Eine nach diesem Prinzip kon-
struirte Uhr schenkte bekanntlich der berühmte Khalif Harun al Raschid im
Jahr 807 seinem Zeitgenossen Karl dem Großen. Dieselbe war aus
Metall gearbeitet, hatte einen Stundenzeiger und war so eingerichtet, daß
nach dem Ablauf jeder Stunde metallene kleine Kugeln auf ein Becken
fielen, welches dadurch erklang. An die Stelle der Wasseruhren traten
schon in früher Zeit die Sanduhren, deren Konstruktion allgemein bekannt
ist und die sich von den Wasseruhren im Wesentlichen nur dadurch unter-
schieden, daß man statt des Wassers ganz feinen Sand in Anwendung
brachte. Die Räderuhren erfand um 840 der Archidiakonus Pacificus zu
Verona, die Schlaguhren der Mönch Gerbert, nachheriger Papst Syl-
vester II., im Jahr 990. Jm Jahr 1300 gab es bereits in Jtalien Kirch-
thürme mit Räderuhren, welche auch die Stunden schlugen, und 1364 finden
sich die ersten Thurmuhren zu Augsburg und Paris, konstruirt von einem
deutschen Uhrmacher, Heinrich von Wyk. Diese durch Räder und Gewichte
in Bewegung gesetzten Uhren waren indessen noch unzuverlässig, da man
keine Vorrichtung hatte, das Abrollen der Gewichte gleichmäßig zu machen.
Da half die Erfindung Galileo Galilei's ( 1564--1642 ) und des Hollän-
ders Huygens ( 1629--1675 ) diesem Uebelstande ab, welche das Pendel
erfanden, welches das Abrollen der Gewichte regulirt. Huygens brachte
die erste Pendeluhr 1657 zu Stande. Schon längere Zeit vorher hatte
der im Jahr 1540 gestorbene Peter Hele in Nürnberg die Taschenuhren,
wegen ihrer ovalen Gestalt Nürnberger Eier genannt, erfunden, und
Huygens brachte zuerst die Spiralfeder an der Unruhe der Taschenuhren
an. Der nächste wichtige Schritt in der Geschichte der Uhren war dann
die bald darauf erfolgte Erfindung der Repetiruhren in England, wo
später auch, 1764, das erste Chronometer von Harrison konstruirt wurde.
Obgleich die Uhren also eine alte Erfindung sind, kamen die Wanduhren
doch erst um 1730 in allgemeinen Gebrauch, besonders durch Christian
Wehrle und Simon Dilger im Schwarzwald, welcher die eigentliche Hei-
math dieser Uhrenfabrikation geworden ist.

Die Kunst hat sich schon früh an den Uhren versucht und manche
interessante Werke geschaffen, so besonders die berühmte Uhr an der St.
Marienkirche in Lübeck, und wie großartige Arbeiten die Uhrmacherkunst
in unseren Tagen liefert, ist zu allgemein bekannt, um einer weiteren
Erwähnung zu bedürfen.



M. Das älteste Privatgebäude Berlins. Alles Bauwerk in Berlin
redet fast nur von ganz neuer Zeit, weniges Gemäuer erinnert an zurück-
liegende Jahrhunderte; Berlin ist, wie ein Nordamerikaner treffend be-
merkte, "eine neue Stadt in einer alten Welt". Sein ältestes Privat-
gebäude steht in der Spandauerstraße Nr. 49; es wurde, wie eine da-
selbst befindliche Tafel andeutet, im Jahr 1380 in seiner jetzigen kloster-
artigen Gestalt wieder aufgebaut, nachdem es in der furchtbaren Feuers-
[Spaltenumbruch] brunst, welche die Stadt am 10. August des angegebenen Jahres heim-
gesucht, ebenfalls ein Raub der Flammen geworden. Vor seiner Zer-
störung soll dasselbe eine herrliche Kapelle mit prächtigen bunten Glas-
fenstern und einem mächtigen Mittelpfeiler enthalten haben, der die mit
Fresken geschmückte Decke trug. Auch ein unterirdischer Gang, von dem
jedoch Spuren bis jetzt nicht zu entdecken gewesen, soll von dem alten Ge-
bäude nach dem Kloster der Franziskaner oder grauen Mönche geführt
haben, dessen damals noch außerhalb der Stadt belegenes Territorium sich,
nach den Berichten alter Urkunden, von der heutigen Parochialkirche bis
nahe zur Königsstraße hin erstreckte.

Das erstgenannte Gebäude gehörte der eben so berühmten wie begüter-
ten Familie Blankenfelde; in seinen Räumen bewirthete unter Anderm
auch der damalige Bürgermeister gleichen Namens den gefürchteten Wider-
sacher Berlins, den Raubritter Dietrich von Quitzow, nachdem dieser sich
mit der Stadt wieder ausgesöhnt hatte. Wie die Chronik meldet, flossen
bei diesem Bankett edle Welne in Strömen; Saitenspiel und schöne
Weibsbilder -- denen der "raubritterliche" Herr überhaupt sehr zugethan
war -- erhöhten die Fröhlichkeit, und Abends ward der "edle Herr" mit
Laternen, Fackeln und Gesängen heim gebracht.

Um die Mitte des siebzehnten Jahrhunderts gelangte das Haus in den
Besitz des Kammergerichtsraths Seidel, dann erwarb es der Geheimerath
Stephani, und im Jahr 1720 der Kaufmann Röben. Seitdem dient es
noch zum Geschäftslokal.



M. Das Regiment Jsraelowski. Jn einem Briefe an den Kaiser
Joseph vom 10. Dezember 1787 erzählt der Prinz de Ligne einen pikanten
Einfall des Fürsten Potemkin. Dieser allmächtige Günstling ging damit
um, ein aus Juden bestehendes Kavallerie=Regiment zu errichten. Wäh-
rend de Ligne's Anwesenheit war schon eine Schwadron fertig. Letzterer
weidete sich an dem Anblick der Armee, wie sie mit ihren langen Bärten,
vor Furcht zitternd, zu Pferde stiegen, auf kurzen Steigbügelriemen kauernd
saßen und verstört umherblickten, während sie die langen Lanzen horizontal
und bebend vor sich hin hielten. Er meinte, sie wollten imponiren und
für Kosaken gehalten werden. Das Regiment hieß "Jsraelowski".



M. Zwei Sagen vom Monde. Auch Alexander von Humboldt bezeugt,
daß die Schiffsleute vom Monde die feste Meinung hegen, derselbe habe
eine schwammartige Natur, denn er sauge, besonders im Volllichte, oft in
unglaublicher Kürze ganze Wolkenmeere in sich und entschleiere den blauen,
freundlichen Himmel. Der Mond ist durstig, sagen sie, und säuft das
Gewölk. Wirklich zeigt sich das Phänomen am häufigsten zur Zeit des
Vollmonds im Zwielicht, und die Meteorologen sind mit der Erklärung
dieser Erscheinung bisher noch nicht ins Reine gekommen.

Der sogenannte "Mann im Monde" wird von dem baierischen Land-
volke der "Holzhauer" genannt, der bei dem Hauklotze steht und Kloben
spaltet.



Briefkasten.

Alex N....k in Berlin. Nicht zu brauchen.

[Ende Spaltensatz]

Druck und Verlag von Franz Duncker in Berlin. -- Verantwortlicher Redakteur: Ernst Dohm in Berlin.

[Beginn Spaltensatz] reichen anderen Stämmen dieses Welttheils. Die Bewohner waren
freundlich und gefällig gegen Livingstone. Der abscheuliche Sklaven-
handel, welchen die Portugiesen dort treiben, entvölkert aber die blü-
hendsten Landstriche.

Nachdem die Expedition den Nyassasee befahren, kehrte sie auf
dem Schire zurück in den Zambesi und fuhr über die großen Victoria-
fälle hinauf in das Land der Makololo, wo die größten Wasserfälle
der Erde sind. Livingstone schreibt hierüber:

„Der Niagara ist durch eine rückwärtsgehende Auswaschung des
Felsens entstanden, über welchen der Fluß herabfällt, und im Lauf
vieler Jahrhunderte ist er allmälig zurückgetreten. Aber die Victoria-
fälle sind durch einen gerade quer über den Fluß laufenden Riß in dem
harten schwarzen basaltischen Felsen entstanden, welcher dort das Bett
des Zambesi bildete. Die Länge des ersten Risses beträgt über 1860
Yards == 5580 Fuß. Der Hauptstrom läuft hier fast von Norden
nach Süden, und die quer über demselben liegende Kluft geht fast
von Osten nach Westen. Die Tiefe der Schlucht ist an 400 Fuß.
Als wir die Breite dieser tiefen Kluft mit dem Sextanten maßen,
fanden wir, daß sie an der Garteninsel, ihrer schmalsten Stelle,
80 Yards, und an ihrer breitesten Stelle etwas mehr betrug. Jn diese
Schlucht, die zweimal so tief ist als der Niagarafall, rollt der, eine
volle ( engl. ) Meile breite Fluß mit einem Brausen hinab, von dem
man taub werden kann. Um die beste Aussicht auf die Hauptfälle
des Masira=tunya zu bekommen, muß man zu dem mit immergrünen
[Spaltenumbruch] Bäumen bedeckten Vorgebirge übersetzen. Kehren wir das Gesicht
dann dem Wasserfall zu, so haben wir am westlichen Ende der
Schlucht znerst einen Fall von 36 Yards Breite und natürlich, wie
alle, über 310 Fuß Tiefe; dann tritt Braruka, eine kleine Jnsel, da-
zwischen, und nächst dieser kommt ein großer Fall mit einer Breite
von 573 Yards; ein vorspringender Felsen trennt denselben von einem
zweiten großen Fall, der 325 Yards breit ist. Diese wundervollsten
Wasserfälle der Welt erblickt man schon in einer zwanzig Meilen
weiten Entfernung, sie erstrecken sich in einer Breite von 900 Yards,
also 2700 Fuß.“

Solche großartige Naturschönheiten belohnen die Mühseligkeiten einer
gefahrvollen Reise. Der wackere Tourist hat schon längst seine dritte
Reise angetreten, um das Nilquellgebiet noch genauer zu erforschen.

Hier muß ich noch des Barons von der Decken gedenken, welcher
1861 und 1862 die Gegend des Kilimandscharo ( Kilima Ndscharo ) ,
3 Gr. südl. Br., bereiste, den Berg 8000 Fuß hoch erstieg, und
denselben zu 22,000 Fuß Höhe abschätzte. Seine Gipfel sind mit
Schnee beladen, trotz der Nähe des Aequator. Auf Deckens zweiter
Reise, 1865, wollte er den Dschuba ( Juba ) , 0° 14 / südl. Br.,
erforschen, fuhr auf dem Fluß hinauf, ging dann mit nur einigen
Begleitern eine Strecke zurück, ward vom Scheich Hamadi gefangen
genommen und nebst Dr. Link erstochen und in den Dschuba ge-
worfen. Ein großer Verlust für die Wissenschaft, zugleich eine Warnung,
in Afrika nicht mit zu kleiner Bedeckung zu reisen.     ( Schluß folgt. )

[Ende Spaltensatz]

Lose Blätter.
[Beginn Spaltensatz]

M. L. Die Uhren sind schon eine Erfindung des Alterthums und
scheinen zuerst bei den Babyloniern in Gebrauch gewesen zu sein, von
denen sie dann auf die andern Nationen, besonders auch auf die Griechen
und Römer übergingen. Die älteste Art sind die Wasseruhren. Man
gebrauchte dazu Schalen, aus welchen durch eine kleine Oeffnung hinein-
gegossenes Wasser in Tropfen ablief, woran man dann beobachtete, wie
viel Wasser von Sonnen=Aufgang bis zum Untergang, oder bis zum höchsten
Stand der Sonne am Mittag in ein darunter befindliches Gefäß lief. Das
ausgelaufene Wasser schied man dann in zwölf, resp. sechs Theile, Stun-
den, während man zugleich aus dem untern Gefäß angeben konnte, wie
hoch das Wasser in jeder Stunde stieg. Eine nach diesem Prinzip kon-
struirte Uhr schenkte bekanntlich der berühmte Khalif Harun al Raschid im
Jahr 807 seinem Zeitgenossen Karl dem Großen. Dieselbe war aus
Metall gearbeitet, hatte einen Stundenzeiger und war so eingerichtet, daß
nach dem Ablauf jeder Stunde metallene kleine Kugeln auf ein Becken
fielen, welches dadurch erklang. An die Stelle der Wasseruhren traten
schon in früher Zeit die Sanduhren, deren Konstruktion allgemein bekannt
ist und die sich von den Wasseruhren im Wesentlichen nur dadurch unter-
schieden, daß man statt des Wassers ganz feinen Sand in Anwendung
brachte. Die Räderuhren erfand um 840 der Archidiakonus Pacificus zu
Verona, die Schlaguhren der Mönch Gerbert, nachheriger Papst Syl-
vester II., im Jahr 990. Jm Jahr 1300 gab es bereits in Jtalien Kirch-
thürme mit Räderuhren, welche auch die Stunden schlugen, und 1364 finden
sich die ersten Thurmuhren zu Augsburg und Paris, konstruirt von einem
deutschen Uhrmacher, Heinrich von Wyk. Diese durch Räder und Gewichte
in Bewegung gesetzten Uhren waren indessen noch unzuverlässig, da man
keine Vorrichtung hatte, das Abrollen der Gewichte gleichmäßig zu machen.
Da half die Erfindung Galileo Galilei's ( 1564—1642 ) und des Hollän-
ders Huygens ( 1629—1675 ) diesem Uebelstande ab, welche das Pendel
erfanden, welches das Abrollen der Gewichte regulirt. Huygens brachte
die erste Pendeluhr 1657 zu Stande. Schon längere Zeit vorher hatte
der im Jahr 1540 gestorbene Peter Hele in Nürnberg die Taschenuhren,
wegen ihrer ovalen Gestalt Nürnberger Eier genannt, erfunden, und
Huygens brachte zuerst die Spiralfeder an der Unruhe der Taschenuhren
an. Der nächste wichtige Schritt in der Geschichte der Uhren war dann
die bald darauf erfolgte Erfindung der Repetiruhren in England, wo
später auch, 1764, das erste Chronometer von Harrison konstruirt wurde.
Obgleich die Uhren also eine alte Erfindung sind, kamen die Wanduhren
doch erst um 1730 in allgemeinen Gebrauch, besonders durch Christian
Wehrle und Simon Dilger im Schwarzwald, welcher die eigentliche Hei-
math dieser Uhrenfabrikation geworden ist.

Die Kunst hat sich schon früh an den Uhren versucht und manche
interessante Werke geschaffen, so besonders die berühmte Uhr an der St.
Marienkirche in Lübeck, und wie großartige Arbeiten die Uhrmacherkunst
in unseren Tagen liefert, ist zu allgemein bekannt, um einer weiteren
Erwähnung zu bedürfen.



M. Das älteste Privatgebäude Berlins. Alles Bauwerk in Berlin
redet fast nur von ganz neuer Zeit, weniges Gemäuer erinnert an zurück-
liegende Jahrhunderte; Berlin ist, wie ein Nordamerikaner treffend be-
merkte, „eine neue Stadt in einer alten Welt“. Sein ältestes Privat-
gebäude steht in der Spandauerstraße Nr. 49; es wurde, wie eine da-
selbst befindliche Tafel andeutet, im Jahr 1380 in seiner jetzigen kloster-
artigen Gestalt wieder aufgebaut, nachdem es in der furchtbaren Feuers-
[Spaltenumbruch] brunst, welche die Stadt am 10. August des angegebenen Jahres heim-
gesucht, ebenfalls ein Raub der Flammen geworden. Vor seiner Zer-
störung soll dasselbe eine herrliche Kapelle mit prächtigen bunten Glas-
fenstern und einem mächtigen Mittelpfeiler enthalten haben, der die mit
Fresken geschmückte Decke trug. Auch ein unterirdischer Gang, von dem
jedoch Spuren bis jetzt nicht zu entdecken gewesen, soll von dem alten Ge-
bäude nach dem Kloster der Franziskaner oder grauen Mönche geführt
haben, dessen damals noch außerhalb der Stadt belegenes Territorium sich,
nach den Berichten alter Urkunden, von der heutigen Parochialkirche bis
nahe zur Königsstraße hin erstreckte.

Das erstgenannte Gebäude gehörte der eben so berühmten wie begüter-
ten Familie Blankenfelde; in seinen Räumen bewirthete unter Anderm
auch der damalige Bürgermeister gleichen Namens den gefürchteten Wider-
sacher Berlins, den Raubritter Dietrich von Quitzow, nachdem dieser sich
mit der Stadt wieder ausgesöhnt hatte. Wie die Chronik meldet, flossen
bei diesem Bankett edle Welne in Strömen; Saitenspiel und schöne
Weibsbilder — denen der „raubritterliche“ Herr überhaupt sehr zugethan
war — erhöhten die Fröhlichkeit, und Abends ward der „edle Herr“ mit
Laternen, Fackeln und Gesängen heim gebracht.

Um die Mitte des siebzehnten Jahrhunderts gelangte das Haus in den
Besitz des Kammergerichtsraths Seidel, dann erwarb es der Geheimerath
Stephani, und im Jahr 1720 der Kaufmann Röben. Seitdem dient es
noch zum Geschäftslokal.



M. Das Regiment Jsraelowski. Jn einem Briefe an den Kaiser
Joseph vom 10. Dezember 1787 erzählt der Prinz de Ligne einen pikanten
Einfall des Fürsten Potemkin. Dieser allmächtige Günstling ging damit
um, ein aus Juden bestehendes Kavallerie=Regiment zu errichten. Wäh-
rend de Ligne's Anwesenheit war schon eine Schwadron fertig. Letzterer
weidete sich an dem Anblick der Armee, wie sie mit ihren langen Bärten,
vor Furcht zitternd, zu Pferde stiegen, auf kurzen Steigbügelriemen kauernd
saßen und verstört umherblickten, während sie die langen Lanzen horizontal
und bebend vor sich hin hielten. Er meinte, sie wollten imponiren und
für Kosaken gehalten werden. Das Regiment hieß „Jsraelowski“.



M. Zwei Sagen vom Monde. Auch Alexander von Humboldt bezeugt,
daß die Schiffsleute vom Monde die feste Meinung hegen, derselbe habe
eine schwammartige Natur, denn er sauge, besonders im Volllichte, oft in
unglaublicher Kürze ganze Wolkenmeere in sich und entschleiere den blauen,
freundlichen Himmel. Der Mond ist durstig, sagen sie, und säuft das
Gewölk. Wirklich zeigt sich das Phänomen am häufigsten zur Zeit des
Vollmonds im Zwielicht, und die Meteorologen sind mit der Erklärung
dieser Erscheinung bisher noch nicht ins Reine gekommen.

Der sogenannte „Mann im Monde“ wird von dem baierischen Land-
volke der „Holzhauer“ genannt, der bei dem Hauklotze steht und Kloben
spaltet.



Briefkasten.

Alex N....k in Berlin. Nicht zu brauchen.

[Ende Spaltensatz]

Druck und Verlag von Franz Duncker in Berlin. — Verantwortlicher Redakteur: Ernst Dohm in Berlin.

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[232/0008] 232 reichen anderen Stämmen dieses Welttheils. Die Bewohner waren freundlich und gefällig gegen Livingstone. Der abscheuliche Sklaven- handel, welchen die Portugiesen dort treiben, entvölkert aber die blü- hendsten Landstriche. Nachdem die Expedition den Nyassasee befahren, kehrte sie auf dem Schire zurück in den Zambesi und fuhr über die großen Victoria- fälle hinauf in das Land der Makololo, wo die größten Wasserfälle der Erde sind. Livingstone schreibt hierüber: „Der Niagara ist durch eine rückwärtsgehende Auswaschung des Felsens entstanden, über welchen der Fluß herabfällt, und im Lauf vieler Jahrhunderte ist er allmälig zurückgetreten. Aber die Victoria- fälle sind durch einen gerade quer über den Fluß laufenden Riß in dem harten schwarzen basaltischen Felsen entstanden, welcher dort das Bett des Zambesi bildete. Die Länge des ersten Risses beträgt über 1860 Yards == 5580 Fuß. Der Hauptstrom läuft hier fast von Norden nach Süden, und die quer über demselben liegende Kluft geht fast von Osten nach Westen. Die Tiefe der Schlucht ist an 400 Fuß. Als wir die Breite dieser tiefen Kluft mit dem Sextanten maßen, fanden wir, daß sie an der Garteninsel, ihrer schmalsten Stelle, 80 Yards, und an ihrer breitesten Stelle etwas mehr betrug. Jn diese Schlucht, die zweimal so tief ist als der Niagarafall, rollt der, eine volle ( engl. ) Meile breite Fluß mit einem Brausen hinab, von dem man taub werden kann. Um die beste Aussicht auf die Hauptfälle des Masira=tunya zu bekommen, muß man zu dem mit immergrünen Bäumen bedeckten Vorgebirge übersetzen. Kehren wir das Gesicht dann dem Wasserfall zu, so haben wir am westlichen Ende der Schlucht znerst einen Fall von 36 Yards Breite und natürlich, wie alle, über 310 Fuß Tiefe; dann tritt Braruka, eine kleine Jnsel, da- zwischen, und nächst dieser kommt ein großer Fall mit einer Breite von 573 Yards; ein vorspringender Felsen trennt denselben von einem zweiten großen Fall, der 325 Yards breit ist. Diese wundervollsten Wasserfälle der Welt erblickt man schon in einer zwanzig Meilen weiten Entfernung, sie erstrecken sich in einer Breite von 900 Yards, also 2700 Fuß.“ Solche großartige Naturschönheiten belohnen die Mühseligkeiten einer gefahrvollen Reise. Der wackere Tourist hat schon längst seine dritte Reise angetreten, um das Nilquellgebiet noch genauer zu erforschen. Hier muß ich noch des Barons von der Decken gedenken, welcher 1861 und 1862 die Gegend des Kilimandscharo ( Kilima Ndscharo ) , 3 Gr. südl. Br., bereiste, den Berg 8000 Fuß hoch erstieg, und denselben zu 22,000 Fuß Höhe abschätzte. Seine Gipfel sind mit Schnee beladen, trotz der Nähe des Aequator. Auf Deckens zweiter Reise, 1865, wollte er den Dschuba ( Juba ) , 0° 14 / südl. Br., erforschen, fuhr auf dem Fluß hinauf, ging dann mit nur einigen Begleitern eine Strecke zurück, ward vom Scheich Hamadi gefangen genommen und nebst Dr. Link erstochen und in den Dschuba ge- worfen. Ein großer Verlust für die Wissenschaft, zugleich eine Warnung, in Afrika nicht mit zu kleiner Bedeckung zu reisen. ( Schluß folgt. ) Lose Blätter. M. L. Die Uhren sind schon eine Erfindung des Alterthums und scheinen zuerst bei den Babyloniern in Gebrauch gewesen zu sein, von denen sie dann auf die andern Nationen, besonders auch auf die Griechen und Römer übergingen. Die älteste Art sind die Wasseruhren. Man gebrauchte dazu Schalen, aus welchen durch eine kleine Oeffnung hinein- gegossenes Wasser in Tropfen ablief, woran man dann beobachtete, wie viel Wasser von Sonnen=Aufgang bis zum Untergang, oder bis zum höchsten Stand der Sonne am Mittag in ein darunter befindliches Gefäß lief. Das ausgelaufene Wasser schied man dann in zwölf, resp. sechs Theile, Stun- den, während man zugleich aus dem untern Gefäß angeben konnte, wie hoch das Wasser in jeder Stunde stieg. Eine nach diesem Prinzip kon- struirte Uhr schenkte bekanntlich der berühmte Khalif Harun al Raschid im Jahr 807 seinem Zeitgenossen Karl dem Großen. Dieselbe war aus Metall gearbeitet, hatte einen Stundenzeiger und war so eingerichtet, daß nach dem Ablauf jeder Stunde metallene kleine Kugeln auf ein Becken fielen, welches dadurch erklang. An die Stelle der Wasseruhren traten schon in früher Zeit die Sanduhren, deren Konstruktion allgemein bekannt ist und die sich von den Wasseruhren im Wesentlichen nur dadurch unter- schieden, daß man statt des Wassers ganz feinen Sand in Anwendung brachte. Die Räderuhren erfand um 840 der Archidiakonus Pacificus zu Verona, die Schlaguhren der Mönch Gerbert, nachheriger Papst Syl- vester II., im Jahr 990. Jm Jahr 1300 gab es bereits in Jtalien Kirch- thürme mit Räderuhren, welche auch die Stunden schlugen, und 1364 finden sich die ersten Thurmuhren zu Augsburg und Paris, konstruirt von einem deutschen Uhrmacher, Heinrich von Wyk. Diese durch Räder und Gewichte in Bewegung gesetzten Uhren waren indessen noch unzuverlässig, da man keine Vorrichtung hatte, das Abrollen der Gewichte gleichmäßig zu machen. Da half die Erfindung Galileo Galilei's ( 1564—1642 ) und des Hollän- ders Huygens ( 1629—1675 ) diesem Uebelstande ab, welche das Pendel erfanden, welches das Abrollen der Gewichte regulirt. Huygens brachte die erste Pendeluhr 1657 zu Stande. Schon längere Zeit vorher hatte der im Jahr 1540 gestorbene Peter Hele in Nürnberg die Taschenuhren, wegen ihrer ovalen Gestalt Nürnberger Eier genannt, erfunden, und Huygens brachte zuerst die Spiralfeder an der Unruhe der Taschenuhren an. Der nächste wichtige Schritt in der Geschichte der Uhren war dann die bald darauf erfolgte Erfindung der Repetiruhren in England, wo später auch, 1764, das erste Chronometer von Harrison konstruirt wurde. Obgleich die Uhren also eine alte Erfindung sind, kamen die Wanduhren doch erst um 1730 in allgemeinen Gebrauch, besonders durch Christian Wehrle und Simon Dilger im Schwarzwald, welcher die eigentliche Hei- math dieser Uhrenfabrikation geworden ist. Die Kunst hat sich schon früh an den Uhren versucht und manche interessante Werke geschaffen, so besonders die berühmte Uhr an der St. Marienkirche in Lübeck, und wie großartige Arbeiten die Uhrmacherkunst in unseren Tagen liefert, ist zu allgemein bekannt, um einer weiteren Erwähnung zu bedürfen. M. Das älteste Privatgebäude Berlins. Alles Bauwerk in Berlin redet fast nur von ganz neuer Zeit, weniges Gemäuer erinnert an zurück- liegende Jahrhunderte; Berlin ist, wie ein Nordamerikaner treffend be- merkte, „eine neue Stadt in einer alten Welt“. Sein ältestes Privat- gebäude steht in der Spandauerstraße Nr. 49; es wurde, wie eine da- selbst befindliche Tafel andeutet, im Jahr 1380 in seiner jetzigen kloster- artigen Gestalt wieder aufgebaut, nachdem es in der furchtbaren Feuers- brunst, welche die Stadt am 10. August des angegebenen Jahres heim- gesucht, ebenfalls ein Raub der Flammen geworden. Vor seiner Zer- störung soll dasselbe eine herrliche Kapelle mit prächtigen bunten Glas- fenstern und einem mächtigen Mittelpfeiler enthalten haben, der die mit Fresken geschmückte Decke trug. Auch ein unterirdischer Gang, von dem jedoch Spuren bis jetzt nicht zu entdecken gewesen, soll von dem alten Ge- bäude nach dem Kloster der Franziskaner oder grauen Mönche geführt haben, dessen damals noch außerhalb der Stadt belegenes Territorium sich, nach den Berichten alter Urkunden, von der heutigen Parochialkirche bis nahe zur Königsstraße hin erstreckte. Das erstgenannte Gebäude gehörte der eben so berühmten wie begüter- ten Familie Blankenfelde; in seinen Räumen bewirthete unter Anderm auch der damalige Bürgermeister gleichen Namens den gefürchteten Wider- sacher Berlins, den Raubritter Dietrich von Quitzow, nachdem dieser sich mit der Stadt wieder ausgesöhnt hatte. Wie die Chronik meldet, flossen bei diesem Bankett edle Welne in Strömen; Saitenspiel und schöne Weibsbilder — denen der „raubritterliche“ Herr überhaupt sehr zugethan war — erhöhten die Fröhlichkeit, und Abends ward der „edle Herr“ mit Laternen, Fackeln und Gesängen heim gebracht. Um die Mitte des siebzehnten Jahrhunderts gelangte das Haus in den Besitz des Kammergerichtsraths Seidel, dann erwarb es der Geheimerath Stephani, und im Jahr 1720 der Kaufmann Röben. Seitdem dient es noch zum Geschäftslokal. M. Das Regiment Jsraelowski. Jn einem Briefe an den Kaiser Joseph vom 10. Dezember 1787 erzählt der Prinz de Ligne einen pikanten Einfall des Fürsten Potemkin. Dieser allmächtige Günstling ging damit um, ein aus Juden bestehendes Kavallerie=Regiment zu errichten. Wäh- rend de Ligne's Anwesenheit war schon eine Schwadron fertig. Letzterer weidete sich an dem Anblick der Armee, wie sie mit ihren langen Bärten, vor Furcht zitternd, zu Pferde stiegen, auf kurzen Steigbügelriemen kauernd saßen und verstört umherblickten, während sie die langen Lanzen horizontal und bebend vor sich hin hielten. Er meinte, sie wollten imponiren und für Kosaken gehalten werden. Das Regiment hieß „Jsraelowski“. M. Zwei Sagen vom Monde. Auch Alexander von Humboldt bezeugt, daß die Schiffsleute vom Monde die feste Meinung hegen, derselbe habe eine schwammartige Natur, denn er sauge, besonders im Volllichte, oft in unglaublicher Kürze ganze Wolkenmeere in sich und entschleiere den blauen, freundlichen Himmel. Der Mond ist durstig, sagen sie, und säuft das Gewölk. Wirklich zeigt sich das Phänomen am häufigsten zur Zeit des Vollmonds im Zwielicht, und die Meteorologen sind mit der Erklärung dieser Erscheinung bisher noch nicht ins Reine gekommen. Der sogenannte „Mann im Monde“ wird von dem baierischen Land- volke der „Holzhauer“ genannt, der bei dem Hauklotze steht und Kloben spaltet. Briefkasten. Alex N....k in Berlin. Nicht zu brauchen. Druck und Verlag von Franz Duncker in Berlin. — Verantwortlicher Redakteur: Ernst Dohm in Berlin.

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Zitationshilfe: Sonntags-Blatt. Nr. 29. Berlin, 19. Juli 1868, S. 232. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_sonntagsblatt29_1868/8>, abgerufen am 06.06.2024.