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Sonntags-Blatt. Nr. 28. Berlin, 12. Juli 1868.

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[Beginn Spaltensatz] hauptsächlich des Königs von Upanda, geht oft so weit, daß um der
der geringsten Ursach willen ein Menschenmord entsteht. Um eine
Büchse zu probiren, nimmt der Herrscher von Upanda einen Mann
zur Zielscheibe und -- erschießt ihn. Noch zahlreiche andere Grau-
samkeiten kann man in Speke's Reisetagebuch nachlesen. Es ist danach
nicht wohlgethan, ohne starke Bedeckung in jenen Ländern zu reisen.
Durch kostbare Geschenke wird die Raub= und Mordlust jener Häupt-
linge nur noch mehr gesteigert. Die beste und sicherste Beschützung
ist eine gute Bewaffnung mit Doppelflinten und sechsfachen Re-
volvern. Diese, den Afrikanern größtentheils noch unbekannten Dinge
flößen großen Respekt und eine abergläubische Furcht ein, und nur
diese Furcht hält sie vom Raube ab.

Wandert man vom Aequator an der Küste nordwärts, so gelangt
man beim 10. Gr. nördl. Br. nach dem schönen Hochland Abessynien,
die afrikanische Schweiz genannt, aber noch weit schöner und frucht-
[Spaltenumbruch] barer, als die europäische. Jn dieser Region, an der Südspitze des
rothen Meeres, herrschte schon frühzeitig das Christenthum und eine
höhere Geisteskultur. Das Land ward in neuester Zeit vielfach be-
reist, und sind darüber sehr gründliche Werke veröffentlicht worden,
z. B. die "Ost=Afrikanischen Studien" von Werner Munzinger,
welcher sich 1861 in Massua mit der deutschen Expedition zur Auf-
suchung Eduard Vogels vereinigte. Er besuchte das Land der
Marea, verfolgte mit der Gesammt=Expedition den Anseba stromauf-
wärts bis Yasepä, setzte über den M'areb bei seiner Quelle und kam
über Godafelassie an den äußersten Abhang des Sorae zum Dorf
Maischeka; reiste dann mit Kinzelbach allein durch das Land der
Bazen und Barea über Algeden nach Kaffala. Von Kaffala ge-
langten sie über Chartum nach Kordofan und kehrten dann wieder um.

( Fortsetzung folgt. )

[Ende Spaltensatz]

Lose Blätter.
[Beginn Spaltensatz]

R. M. Amerikanische Wohlthätigkeit. Der rege Spekulationsgeist,
welcher den Amerikaner beherrscht, hat ihn daran gewöhnt, mit einem
gewissen Gleichmuth den Gewinn oder Verlust größerer Summen zu
ertragen, und diese Gewohnheit läßt ihn splendider mit dem leicht erwor-
benen Gelde umgehen. Anders der Deutsche, der im Allgemeinen einem
ruhigen Erwerbe zuneigt, weit aussehenden oder gefährlichen Spekulationen
abhold ist, aber auch das unter schwierigeren Verhältnissen Erworbene mit
größerer Zähigkeit festhält. Der Amerikaner neigt zum Wagen, der Deutsche
zum Sparen. Hierin liegt die Erklärung für die auffallend verschiedenen
Resultate bei Sammlungen freiwilliger Beiträge für gemeinnützige oder
wohlthätige Zwecke in Amerika und in Deutschland. Niemand versteht es
aber auch besser, als der Amerikaner, an die Neigungen, Schwächen, an
die Charaktereigenthümlichkeiten der großen Menge zu appelliren, wenn
es sich um die Erreichung eines gewissen wohlthätigen Zwecks handelt.
Während des Bürgerkriegs waren in allen Theilen des Nordens der Union
Sammlungen im Gange, aus deren Erträgen den kranken und verwundeten
Soldaten allerlei Annehmlichkeiten und kleine Geschenke gewährt werden
sollten. Der Gentleman, welcher mit dem Umherreichen der Zeichnungslisten
in dem fashionablesten Theil der Stadt New=York beauftragt war, kam zu
einem alten, als reich bekannten Admiral außer Diensten und äußerte die
Erwartung, daß ein alter Krieger für seine jungen Kameraden nicht we-
niger thun werde, als der beste Mann in der Stadt. Der Admiral, dessen
Name uns leider entfallen ist, neigte zustimmend sein Haupt und erklärte,
nachdem die Zeichnungen beendet wären, würde er so viel geben, als irgend
ein anderer Mann in New=York. Der Gentleman mit der Liste eilte nun
sofort zu Mr. Stewart, dem Chef jenes großen Weißwaaren=Geschäfts,
welches dreihundert Kommis beschäftigt, und theilte diesem Herrn mit, daß
der Admiral erklärt habe, er werde so viel zeichnen, als irgend ein anderer
Mann. "That er das?" lächelte der sehr reiche Stewart. " Well; dann
sollen die kranken Boys sich nicht über uns Beide zu beklagen haben". Er
zeichnete hunderttausend Dollars, und der wackere alte Seemann stand auch
nicht einen Augenblick an, sein Wort mit der gleichen Summe, die nach
den Berichten der new=yorker Zeitungen den siebenten Theil seines Ver-
mögens bildete, einzulösen. Auf eine höchst originelle Weise wurde eine
namhafte Summe ebenfalls zum Besten der kranken "Boys" erzielt. Ein
wohlhabender Mann kaufte einen prachtvollen Säbel und bestimmte, daß
derjenige General oder Admiral ihn erhalten solle, welcher die meisten
Stimmen erhielte. Die abgegebenen Stimmen mußten in ein ausgelegtes
Buch eingezeichnet werden; für jedes abgegebene Votum aber war ein
Dollar zu entrichten. Die eingehenden Summen kamen den kranken Sol-
daten zu Gute. Sofort erschienen die beiden politischen Parteien an der
Liste und zeichneten mit großem Eifer für ihre Lieblinge. Die Demokraten
für den General Mc. Clellan, die Republikaner für den General Grant.
Eine fabelhafte Aufregung bemächtigte sich der Stadt. Namhafte Wetten
wurden abgeschlossen, deren Ertrag ebenfalls den "Boys" zu Gute kommen
sollte. An dem Tage, da die Zeichnungen geschlossen werden sollten,
erschienen noch viele Bürger, welche Hunderte, ja bis tausend Dollars für
ihren General notirten. Kurz vor Schluß der Liste erschien ein Yankee
aus Boston, welcher durch Lieferungen für die Armee reich geworden war.
Er überblickte den Stand der Zeichnungen, sah, daß Mc. Clellan an
20,000 Stimmen resp. Dollars mehr zählte ( die Stadt New=York ist ent-
schieden demokratisch ) , und -- zeichnete 40,000 Dollars für Grant. Die
Listen wurden geschlossen, bevor die demokratische Bürgerschaft im Stande
war, den Yankee zu überbieten, und Grant erhielt den Ehrensäbel. Darob
heftiger Zorn der Demokraten. Sie erklärten, man sei von jenem Yankee-
Shoddy behumbugt, und Mc. Clellan gebühre der Degen, weil er die
meisten Stimmen erhalten habe. Grant erhalte den Säbel nur, weil der
Lieferant ihn in der letzten Stunde gekauft habe. Schnell wurde nun eine
Summe gezeichnet, welche zum Ankauf eines schöneren Säbels ausreichte,
und dieses Geschenk wurde alsdann dem General Mc. Clellan von einer
Deputation mit entsprechendem Speech überreicht. Jst es denn aber --
ganz abgesehen von der Zweckmäßigkeitsfrage -- schön, die Parteileiden-
schaften zu einem Werk heranzuziehen, in welchem nur die reinste Nächsten-
liebe walten sollte? Auf diesen Einwurf kann man antworten, daß es den
[Spaltenumbruch] politischen Parteien unbenommen bleiben sollte, auf dem Felde der Wohl-
thätigkeit mit einander zu wetteifern. Das Endziel aller Parteibestrebun-
gen soll ja das Wohl des Vaterlandes sein, und die Wohlthätigkeit gegen
Mitbürger, welche im Kampf für das ungeschmälerte Fortbestehen des
Vaterlandes krank und erwerbsunfähig geworden sind, steht sicher in schönster
Harmonie mit jenem höchsten Ziel des Parteiringens.



M. Die Quellen von Spaa. Als Peter der Große, von der Glieder-
steifheit befallen, sich in dem Marktflecken Spaa aufhielt, ließ er sich das
frische Wasser daselbst wohlschmecken. Bei seiner Abreise berief er den
Bürgermeister und die Schöffen zu sich und richtete an sie folgende Anrede:

"Meine Herren, ich bin Jhnen ganz besonders gewogen um des Wassers
willen, das ich in Jhrem schönen Ort nüchtern getrunken habe. Jch schulde
Jhnen viel dafür!"

Der Bürgermeister und die Schöffen verneigten sich tief in Erwartung
eines fürstlichen Geschenkes.

"Jch schulde Jhnen in der That viel", fuhr der Czaar ruhig fort, "und
werde Jhnen ein dauerndes Denkmal meiner Dankbarkeit hinterlassen. Noch
vor Ablauf von achtundvierzig Stunden sollen Sie es empfangen haben."

Von chimärischen Träumen erfüllt, traten die Befohlenen ihren Rückweg
an, und bald darauf meldete man ihnen, daß der hohe Genesende den Be-
fehl ertheilt habe, in der Umgegend den möglichst härtesten Stein auf-
zusuchen. Am folgenden Tage brachten denn auch vier kräftige Mosko-
witen eine steinerne Platte mit der Jnschrift: "Hier habe ich getrunken
und bin geheilt worden. Peter, Czaar aller [unleserliches Material - 6 Zeichen fehlen]Reußen."

"Stellt dieses Denkschild auf jene Eure Wasserkunst, oder, wenn Jhr
lieber wollt, stellt Eure Quellen unter diesen Schild", sagte der Fürst
gütig, "und Jhr werdet mir bald Wunderdinge davon erzählen können."

Kaum zwanzig Jahre später kannte ganz Europa das Wasser von
Spaa, und der Vertrieb desselben ging so glänzend, daß man bald ge-
nöthigt war, neue Quellen aufzusuchen.

M. L. Kaiser Maximilian I. ( 1493--1519 ) charakterisirte einst die
verschiedenen Hauptnationen Europa's ihren Fürsten gegenüber folgender-
maßen: Der König von Frankreich herrscht über Esel, welche tragen, was
ihnen auferlegt wird; der König von England über Engel, die tragen,
was ihnen geboten wird; der König von Spanien über Menschen, die
ihm in Allem, was Recht ist, folgen; nur ich herrsche über Könige, denn
meine Fürsten gehorchen nur so viel, als ihnen beliebt."

M. Die Tulpen in der Türkei. Bei uns werden die Tulpen nur
als schöne Frühlingsblumen gezogen; in der Türkei, ihrer Heimath, wo
sie, noch schöner prangend, wild wachsen, werden sie noch mehr geschätzt,
ihrer Zwiebeln wegen, welche die Türken, gekocht und gebraten, sehr
gern essen.

M. L. Theatermaschinerien. Die Gräfin d'Aunoi erzählt in ihren
Reisen ( erschienen zu Leipzig 1695 ) auch von der königlichen Oper zu
Madrid und schildert die Maschinen derselben als über die Maßen
erbärmlich. Man ließ die Götter zu Pferde vom Himmel herab auf
einem Balken nieder, welcher der Quere nach von einem Ende des Theaters
zum andern ging. Demjenigen, welcher die Sonne vorstellte, hatte man
mit zwölf papiernen Laternen, in deren jeder ein Licht brannte, den nöthi-
gen Sonnenglanz gegeben. Als bei einer Beschwörung die höllischen
Geister gerufen wurden, kamen sie mit großer Bequemlichkeit einer nach
dem andern aus der Hölle auf Leitern herabgestiegen, und der Gracioso
( Pickelhäring, Hanswurst ) schnitt alberne Fratzen dazu.

[Ende Spaltensatz]

Druck und Verlag von Franz Duncker in Berlin. -- Verantwortlicher Redakteur: Ernst Dohm in Berlin.

[Beginn Spaltensatz] hauptsächlich des Königs von Upanda, geht oft so weit, daß um der
der geringsten Ursach willen ein Menschenmord entsteht. Um eine
Büchse zu probiren, nimmt der Herrscher von Upanda einen Mann
zur Zielscheibe und — erschießt ihn. Noch zahlreiche andere Grau-
samkeiten kann man in Speke's Reisetagebuch nachlesen. Es ist danach
nicht wohlgethan, ohne starke Bedeckung in jenen Ländern zu reisen.
Durch kostbare Geschenke wird die Raub= und Mordlust jener Häupt-
linge nur noch mehr gesteigert. Die beste und sicherste Beschützung
ist eine gute Bewaffnung mit Doppelflinten und sechsfachen Re-
volvern. Diese, den Afrikanern größtentheils noch unbekannten Dinge
flößen großen Respekt und eine abergläubische Furcht ein, und nur
diese Furcht hält sie vom Raube ab.

Wandert man vom Aequator an der Küste nordwärts, so gelangt
man beim 10. Gr. nördl. Br. nach dem schönen Hochland Abessynien,
die afrikanische Schweiz genannt, aber noch weit schöner und frucht-
[Spaltenumbruch] barer, als die europäische. Jn dieser Region, an der Südspitze des
rothen Meeres, herrschte schon frühzeitig das Christenthum und eine
höhere Geisteskultur. Das Land ward in neuester Zeit vielfach be-
reist, und sind darüber sehr gründliche Werke veröffentlicht worden,
z. B. die „Ost=Afrikanischen Studien“ von Werner Munzinger,
welcher sich 1861 in Massua mit der deutschen Expedition zur Auf-
suchung Eduard Vogels vereinigte. Er besuchte das Land der
Marea, verfolgte mit der Gesammt=Expedition den Anseba stromauf-
wärts bis Yasepä, setzte über den M'areb bei seiner Quelle und kam
über Godafelassie an den äußersten Abhang des Sorae zum Dorf
Maischeka; reiste dann mit Kinzelbach allein durch das Land der
Bazen und Barea über Algeden nach Kaffala. Von Kaffala ge-
langten sie über Chartum nach Kordofan und kehrten dann wieder um.

( Fortsetzung folgt. )

[Ende Spaltensatz]

Lose Blätter.
[Beginn Spaltensatz]

R. M. Amerikanische Wohlthätigkeit. Der rege Spekulationsgeist,
welcher den Amerikaner beherrscht, hat ihn daran gewöhnt, mit einem
gewissen Gleichmuth den Gewinn oder Verlust größerer Summen zu
ertragen, und diese Gewohnheit läßt ihn splendider mit dem leicht erwor-
benen Gelde umgehen. Anders der Deutsche, der im Allgemeinen einem
ruhigen Erwerbe zuneigt, weit aussehenden oder gefährlichen Spekulationen
abhold ist, aber auch das unter schwierigeren Verhältnissen Erworbene mit
größerer Zähigkeit festhält. Der Amerikaner neigt zum Wagen, der Deutsche
zum Sparen. Hierin liegt die Erklärung für die auffallend verschiedenen
Resultate bei Sammlungen freiwilliger Beiträge für gemeinnützige oder
wohlthätige Zwecke in Amerika und in Deutschland. Niemand versteht es
aber auch besser, als der Amerikaner, an die Neigungen, Schwächen, an
die Charaktereigenthümlichkeiten der großen Menge zu appelliren, wenn
es sich um die Erreichung eines gewissen wohlthätigen Zwecks handelt.
Während des Bürgerkriegs waren in allen Theilen des Nordens der Union
Sammlungen im Gange, aus deren Erträgen den kranken und verwundeten
Soldaten allerlei Annehmlichkeiten und kleine Geschenke gewährt werden
sollten. Der Gentleman, welcher mit dem Umherreichen der Zeichnungslisten
in dem fashionablesten Theil der Stadt New=York beauftragt war, kam zu
einem alten, als reich bekannten Admiral außer Diensten und äußerte die
Erwartung, daß ein alter Krieger für seine jungen Kameraden nicht we-
niger thun werde, als der beste Mann in der Stadt. Der Admiral, dessen
Name uns leider entfallen ist, neigte zustimmend sein Haupt und erklärte,
nachdem die Zeichnungen beendet wären, würde er so viel geben, als irgend
ein anderer Mann in New=York. Der Gentleman mit der Liste eilte nun
sofort zu Mr. Stewart, dem Chef jenes großen Weißwaaren=Geschäfts,
welches dreihundert Kommis beschäftigt, und theilte diesem Herrn mit, daß
der Admiral erklärt habe, er werde so viel zeichnen, als irgend ein anderer
Mann. „That er das?“ lächelte der sehr reiche Stewart. „ Well; dann
sollen die kranken Boys sich nicht über uns Beide zu beklagen haben“. Er
zeichnete hunderttausend Dollars, und der wackere alte Seemann stand auch
nicht einen Augenblick an, sein Wort mit der gleichen Summe, die nach
den Berichten der new=yorker Zeitungen den siebenten Theil seines Ver-
mögens bildete, einzulösen. Auf eine höchst originelle Weise wurde eine
namhafte Summe ebenfalls zum Besten der kranken „Boys“ erzielt. Ein
wohlhabender Mann kaufte einen prachtvollen Säbel und bestimmte, daß
derjenige General oder Admiral ihn erhalten solle, welcher die meisten
Stimmen erhielte. Die abgegebenen Stimmen mußten in ein ausgelegtes
Buch eingezeichnet werden; für jedes abgegebene Votum aber war ein
Dollar zu entrichten. Die eingehenden Summen kamen den kranken Sol-
daten zu Gute. Sofort erschienen die beiden politischen Parteien an der
Liste und zeichneten mit großem Eifer für ihre Lieblinge. Die Demokraten
für den General Mc. Clellan, die Republikaner für den General Grant.
Eine fabelhafte Aufregung bemächtigte sich der Stadt. Namhafte Wetten
wurden abgeschlossen, deren Ertrag ebenfalls den „Boys“ zu Gute kommen
sollte. An dem Tage, da die Zeichnungen geschlossen werden sollten,
erschienen noch viele Bürger, welche Hunderte, ja bis tausend Dollars für
ihren General notirten. Kurz vor Schluß der Liste erschien ein Yankee
aus Boston, welcher durch Lieferungen für die Armee reich geworden war.
Er überblickte den Stand der Zeichnungen, sah, daß Mc. Clellan an
20,000 Stimmen resp. Dollars mehr zählte ( die Stadt New=York ist ent-
schieden demokratisch ) , und — zeichnete 40,000 Dollars für Grant. Die
Listen wurden geschlossen, bevor die demokratische Bürgerschaft im Stande
war, den Yankee zu überbieten, und Grant erhielt den Ehrensäbel. Darob
heftiger Zorn der Demokraten. Sie erklärten, man sei von jenem Yankee-
Shoddy behumbugt, und Mc. Clellan gebühre der Degen, weil er die
meisten Stimmen erhalten habe. Grant erhalte den Säbel nur, weil der
Lieferant ihn in der letzten Stunde gekauft habe. Schnell wurde nun eine
Summe gezeichnet, welche zum Ankauf eines schöneren Säbels ausreichte,
und dieses Geschenk wurde alsdann dem General Mc. Clellan von einer
Deputation mit entsprechendem Speech überreicht. Jst es denn aber —
ganz abgesehen von der Zweckmäßigkeitsfrage — schön, die Parteileiden-
schaften zu einem Werk heranzuziehen, in welchem nur die reinste Nächsten-
liebe walten sollte? Auf diesen Einwurf kann man antworten, daß es den
[Spaltenumbruch] politischen Parteien unbenommen bleiben sollte, auf dem Felde der Wohl-
thätigkeit mit einander zu wetteifern. Das Endziel aller Parteibestrebun-
gen soll ja das Wohl des Vaterlandes sein, und die Wohlthätigkeit gegen
Mitbürger, welche im Kampf für das ungeschmälerte Fortbestehen des
Vaterlandes krank und erwerbsunfähig geworden sind, steht sicher in schönster
Harmonie mit jenem höchsten Ziel des Parteiringens.



M. Die Quellen von Spaa. Als Peter der Große, von der Glieder-
steifheit befallen, sich in dem Marktflecken Spaa aufhielt, ließ er sich das
frische Wasser daselbst wohlschmecken. Bei seiner Abreise berief er den
Bürgermeister und die Schöffen zu sich und richtete an sie folgende Anrede:

„Meine Herren, ich bin Jhnen ganz besonders gewogen um des Wassers
willen, das ich in Jhrem schönen Ort nüchtern getrunken habe. Jch schulde
Jhnen viel dafür!“

Der Bürgermeister und die Schöffen verneigten sich tief in Erwartung
eines fürstlichen Geschenkes.

„Jch schulde Jhnen in der That viel“, fuhr der Czaar ruhig fort, „und
werde Jhnen ein dauerndes Denkmal meiner Dankbarkeit hinterlassen. Noch
vor Ablauf von achtundvierzig Stunden sollen Sie es empfangen haben.“

Von chimärischen Träumen erfüllt, traten die Befohlenen ihren Rückweg
an, und bald darauf meldete man ihnen, daß der hohe Genesende den Be-
fehl ertheilt habe, in der Umgegend den möglichst härtesten Stein auf-
zusuchen. Am folgenden Tage brachten denn auch vier kräftige Mosko-
witen eine steinerne Platte mit der Jnschrift: „Hier habe ich getrunken
und bin geheilt worden. Peter, Czaar aller [unleserliches Material – 6 Zeichen fehlen]Reußen.“

„Stellt dieses Denkschild auf jene Eure Wasserkunst, oder, wenn Jhr
lieber wollt, stellt Eure Quellen unter diesen Schild“, sagte der Fürst
gütig, „und Jhr werdet mir bald Wunderdinge davon erzählen können.“

Kaum zwanzig Jahre später kannte ganz Europa das Wasser von
Spaa, und der Vertrieb desselben ging so glänzend, daß man bald ge-
nöthigt war, neue Quellen aufzusuchen.

M. L. Kaiser Maximilian I. ( 1493—1519 ) charakterisirte einst die
verschiedenen Hauptnationen Europa's ihren Fürsten gegenüber folgender-
maßen: Der König von Frankreich herrscht über Esel, welche tragen, was
ihnen auferlegt wird; der König von England über Engel, die tragen,
was ihnen geboten wird; der König von Spanien über Menschen, die
ihm in Allem, was Recht ist, folgen; nur ich herrsche über Könige, denn
meine Fürsten gehorchen nur so viel, als ihnen beliebt.“

M. Die Tulpen in der Türkei. Bei uns werden die Tulpen nur
als schöne Frühlingsblumen gezogen; in der Türkei, ihrer Heimath, wo
sie, noch schöner prangend, wild wachsen, werden sie noch mehr geschätzt,
ihrer Zwiebeln wegen, welche die Türken, gekocht und gebraten, sehr
gern essen.

M. L. Theatermaschinerien. Die Gräfin d'Aunoi erzählt in ihren
Reisen ( erschienen zu Leipzig 1695 ) auch von der königlichen Oper zu
Madrid und schildert die Maschinen derselben als über die Maßen
erbärmlich. Man ließ die Götter zu Pferde vom Himmel herab auf
einem Balken nieder, welcher der Quere nach von einem Ende des Theaters
zum andern ging. Demjenigen, welcher die Sonne vorstellte, hatte man
mit zwölf papiernen Laternen, in deren jeder ein Licht brannte, den nöthi-
gen Sonnenglanz gegeben. Als bei einer Beschwörung die höllischen
Geister gerufen wurden, kamen sie mit großer Bequemlichkeit einer nach
dem andern aus der Hölle auf Leitern herabgestiegen, und der Gracioso
( Pickelhäring, Hanswurst ) schnitt alberne Fratzen dazu.

[Ende Spaltensatz]

Druck und Verlag von Franz Duncker in Berlin. — Verantwortlicher Redakteur: Ernst Dohm in Berlin.

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[224/0008] 224 hauptsächlich des Königs von Upanda, geht oft so weit, daß um der der geringsten Ursach willen ein Menschenmord entsteht. Um eine Büchse zu probiren, nimmt der Herrscher von Upanda einen Mann zur Zielscheibe und — erschießt ihn. Noch zahlreiche andere Grau- samkeiten kann man in Speke's Reisetagebuch nachlesen. Es ist danach nicht wohlgethan, ohne starke Bedeckung in jenen Ländern zu reisen. Durch kostbare Geschenke wird die Raub= und Mordlust jener Häupt- linge nur noch mehr gesteigert. Die beste und sicherste Beschützung ist eine gute Bewaffnung mit Doppelflinten und sechsfachen Re- volvern. Diese, den Afrikanern größtentheils noch unbekannten Dinge flößen großen Respekt und eine abergläubische Furcht ein, und nur diese Furcht hält sie vom Raube ab. Wandert man vom Aequator an der Küste nordwärts, so gelangt man beim 10. Gr. nördl. Br. nach dem schönen Hochland Abessynien, die afrikanische Schweiz genannt, aber noch weit schöner und frucht- barer, als die europäische. Jn dieser Region, an der Südspitze des rothen Meeres, herrschte schon frühzeitig das Christenthum und eine höhere Geisteskultur. Das Land ward in neuester Zeit vielfach be- reist, und sind darüber sehr gründliche Werke veröffentlicht worden, z. B. die „Ost=Afrikanischen Studien“ von Werner Munzinger, welcher sich 1861 in Massua mit der deutschen Expedition zur Auf- suchung Eduard Vogels vereinigte. Er besuchte das Land der Marea, verfolgte mit der Gesammt=Expedition den Anseba stromauf- wärts bis Yasepä, setzte über den M'areb bei seiner Quelle und kam über Godafelassie an den äußersten Abhang des Sorae zum Dorf Maischeka; reiste dann mit Kinzelbach allein durch das Land der Bazen und Barea über Algeden nach Kaffala. Von Kaffala ge- langten sie über Chartum nach Kordofan und kehrten dann wieder um. ( Fortsetzung folgt. ) Lose Blätter. R. M. Amerikanische Wohlthätigkeit. Der rege Spekulationsgeist, welcher den Amerikaner beherrscht, hat ihn daran gewöhnt, mit einem gewissen Gleichmuth den Gewinn oder Verlust größerer Summen zu ertragen, und diese Gewohnheit läßt ihn splendider mit dem leicht erwor- benen Gelde umgehen. Anders der Deutsche, der im Allgemeinen einem ruhigen Erwerbe zuneigt, weit aussehenden oder gefährlichen Spekulationen abhold ist, aber auch das unter schwierigeren Verhältnissen Erworbene mit größerer Zähigkeit festhält. Der Amerikaner neigt zum Wagen, der Deutsche zum Sparen. Hierin liegt die Erklärung für die auffallend verschiedenen Resultate bei Sammlungen freiwilliger Beiträge für gemeinnützige oder wohlthätige Zwecke in Amerika und in Deutschland. Niemand versteht es aber auch besser, als der Amerikaner, an die Neigungen, Schwächen, an die Charaktereigenthümlichkeiten der großen Menge zu appelliren, wenn es sich um die Erreichung eines gewissen wohlthätigen Zwecks handelt. Während des Bürgerkriegs waren in allen Theilen des Nordens der Union Sammlungen im Gange, aus deren Erträgen den kranken und verwundeten Soldaten allerlei Annehmlichkeiten und kleine Geschenke gewährt werden sollten. Der Gentleman, welcher mit dem Umherreichen der Zeichnungslisten in dem fashionablesten Theil der Stadt New=York beauftragt war, kam zu einem alten, als reich bekannten Admiral außer Diensten und äußerte die Erwartung, daß ein alter Krieger für seine jungen Kameraden nicht we- niger thun werde, als der beste Mann in der Stadt. Der Admiral, dessen Name uns leider entfallen ist, neigte zustimmend sein Haupt und erklärte, nachdem die Zeichnungen beendet wären, würde er so viel geben, als irgend ein anderer Mann in New=York. Der Gentleman mit der Liste eilte nun sofort zu Mr. Stewart, dem Chef jenes großen Weißwaaren=Geschäfts, welches dreihundert Kommis beschäftigt, und theilte diesem Herrn mit, daß der Admiral erklärt habe, er werde so viel zeichnen, als irgend ein anderer Mann. „That er das?“ lächelte der sehr reiche Stewart. „ Well; dann sollen die kranken Boys sich nicht über uns Beide zu beklagen haben“. Er zeichnete hunderttausend Dollars, und der wackere alte Seemann stand auch nicht einen Augenblick an, sein Wort mit der gleichen Summe, die nach den Berichten der new=yorker Zeitungen den siebenten Theil seines Ver- mögens bildete, einzulösen. Auf eine höchst originelle Weise wurde eine namhafte Summe ebenfalls zum Besten der kranken „Boys“ erzielt. Ein wohlhabender Mann kaufte einen prachtvollen Säbel und bestimmte, daß derjenige General oder Admiral ihn erhalten solle, welcher die meisten Stimmen erhielte. Die abgegebenen Stimmen mußten in ein ausgelegtes Buch eingezeichnet werden; für jedes abgegebene Votum aber war ein Dollar zu entrichten. Die eingehenden Summen kamen den kranken Sol- daten zu Gute. Sofort erschienen die beiden politischen Parteien an der Liste und zeichneten mit großem Eifer für ihre Lieblinge. Die Demokraten für den General Mc. Clellan, die Republikaner für den General Grant. Eine fabelhafte Aufregung bemächtigte sich der Stadt. Namhafte Wetten wurden abgeschlossen, deren Ertrag ebenfalls den „Boys“ zu Gute kommen sollte. An dem Tage, da die Zeichnungen geschlossen werden sollten, erschienen noch viele Bürger, welche Hunderte, ja bis tausend Dollars für ihren General notirten. Kurz vor Schluß der Liste erschien ein Yankee aus Boston, welcher durch Lieferungen für die Armee reich geworden war. Er überblickte den Stand der Zeichnungen, sah, daß Mc. Clellan an 20,000 Stimmen resp. Dollars mehr zählte ( die Stadt New=York ist ent- schieden demokratisch ) , und — zeichnete 40,000 Dollars für Grant. Die Listen wurden geschlossen, bevor die demokratische Bürgerschaft im Stande war, den Yankee zu überbieten, und Grant erhielt den Ehrensäbel. Darob heftiger Zorn der Demokraten. Sie erklärten, man sei von jenem Yankee- Shoddy behumbugt, und Mc. Clellan gebühre der Degen, weil er die meisten Stimmen erhalten habe. Grant erhalte den Säbel nur, weil der Lieferant ihn in der letzten Stunde gekauft habe. Schnell wurde nun eine Summe gezeichnet, welche zum Ankauf eines schöneren Säbels ausreichte, und dieses Geschenk wurde alsdann dem General Mc. Clellan von einer Deputation mit entsprechendem Speech überreicht. Jst es denn aber — ganz abgesehen von der Zweckmäßigkeitsfrage — schön, die Parteileiden- schaften zu einem Werk heranzuziehen, in welchem nur die reinste Nächsten- liebe walten sollte? Auf diesen Einwurf kann man antworten, daß es den politischen Parteien unbenommen bleiben sollte, auf dem Felde der Wohl- thätigkeit mit einander zu wetteifern. Das Endziel aller Parteibestrebun- gen soll ja das Wohl des Vaterlandes sein, und die Wohlthätigkeit gegen Mitbürger, welche im Kampf für das ungeschmälerte Fortbestehen des Vaterlandes krank und erwerbsunfähig geworden sind, steht sicher in schönster Harmonie mit jenem höchsten Ziel des Parteiringens. M. Die Quellen von Spaa. Als Peter der Große, von der Glieder- steifheit befallen, sich in dem Marktflecken Spaa aufhielt, ließ er sich das frische Wasser daselbst wohlschmecken. Bei seiner Abreise berief er den Bürgermeister und die Schöffen zu sich und richtete an sie folgende Anrede: „Meine Herren, ich bin Jhnen ganz besonders gewogen um des Wassers willen, das ich in Jhrem schönen Ort nüchtern getrunken habe. Jch schulde Jhnen viel dafür!“ Der Bürgermeister und die Schöffen verneigten sich tief in Erwartung eines fürstlichen Geschenkes. „Jch schulde Jhnen in der That viel“, fuhr der Czaar ruhig fort, „und werde Jhnen ein dauerndes Denkmal meiner Dankbarkeit hinterlassen. Noch vor Ablauf von achtundvierzig Stunden sollen Sie es empfangen haben.“ Von chimärischen Träumen erfüllt, traten die Befohlenen ihren Rückweg an, und bald darauf meldete man ihnen, daß der hohe Genesende den Be- fehl ertheilt habe, in der Umgegend den möglichst härtesten Stein auf- zusuchen. Am folgenden Tage brachten denn auch vier kräftige Mosko- witen eine steinerne Platte mit der Jnschrift: „Hier habe ich getrunken und bin geheilt worden. Peter, Czaar aller ______Reußen.“ „Stellt dieses Denkschild auf jene Eure Wasserkunst, oder, wenn Jhr lieber wollt, stellt Eure Quellen unter diesen Schild“, sagte der Fürst gütig, „und Jhr werdet mir bald Wunderdinge davon erzählen können.“ Kaum zwanzig Jahre später kannte ganz Europa das Wasser von Spaa, und der Vertrieb desselben ging so glänzend, daß man bald ge- nöthigt war, neue Quellen aufzusuchen. M. L. Kaiser Maximilian I. ( 1493—1519 ) charakterisirte einst die verschiedenen Hauptnationen Europa's ihren Fürsten gegenüber folgender- maßen: Der König von Frankreich herrscht über Esel, welche tragen, was ihnen auferlegt wird; der König von England über Engel, die tragen, was ihnen geboten wird; der König von Spanien über Menschen, die ihm in Allem, was Recht ist, folgen; nur ich herrsche über Könige, denn meine Fürsten gehorchen nur so viel, als ihnen beliebt.“ M. Die Tulpen in der Türkei. Bei uns werden die Tulpen nur als schöne Frühlingsblumen gezogen; in der Türkei, ihrer Heimath, wo sie, noch schöner prangend, wild wachsen, werden sie noch mehr geschätzt, ihrer Zwiebeln wegen, welche die Türken, gekocht und gebraten, sehr gern essen. M. L. Theatermaschinerien. Die Gräfin d'Aunoi erzählt in ihren Reisen ( erschienen zu Leipzig 1695 ) auch von der königlichen Oper zu Madrid und schildert die Maschinen derselben als über die Maßen erbärmlich. Man ließ die Götter zu Pferde vom Himmel herab auf einem Balken nieder, welcher der Quere nach von einem Ende des Theaters zum andern ging. Demjenigen, welcher die Sonne vorstellte, hatte man mit zwölf papiernen Laternen, in deren jeder ein Licht brannte, den nöthi- gen Sonnenglanz gegeben. Als bei einer Beschwörung die höllischen Geister gerufen wurden, kamen sie mit großer Bequemlichkeit einer nach dem andern aus der Hölle auf Leitern herabgestiegen, und der Gracioso ( Pickelhäring, Hanswurst ) schnitt alberne Fratzen dazu. Druck und Verlag von Franz Duncker in Berlin. — Verantwortlicher Redakteur: Ernst Dohm in Berlin.

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Deutsches Textarchiv: Metadatenerfassung
Institut für Deutsche Sprache, Mannheim: Bereitstellung der Bilddigitalisate und Volltext-Transkription
Susanne Haaf, Rahel Hartz, Nicole Postelt: Nachkorrektur und Vervollständigung der TEI/DTABf-Annotation
Rahel Hartz: Artikelstrukturierung

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Zitationshilfe: Sonntags-Blatt. Nr. 28. Berlin, 12. Juli 1868, S. 224. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_sonntagsblatt28_1868/8>, abgerufen am 16.07.2024.