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Sonntags-Blatt. Nr. 24. Berlin, 14. Juni 1868.

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[Beginn Spaltensatz] schwörer zu werden. Er brach deßhalb das Gespräch ab und eilte
nach Haus, um seiner Herrin die merkwürdige Neuigkeit mitzutheilen,
die bei seiner Rückkehr der Oberst und eine Stunde später der Bürger-
meister Hamilton erfuhr. Unverzüglich berief dieser den Stadtrath
zu einer außerordentlichen Sitzung, und um fünf Uhr jenes Abends
schon standen die beiden Sklaven im Verhör. Das war die erste
Warnung, welche die Stadt Charleston vor einem Komplot der Far-
bigen erhielt, dessen Ausdehnung sie bald mit Furcht und Entsetzen
erfüllen sollte.

So gründlich und geheim war die Organisation dieser Verschwörung
betrieben worden, daß zwei Wochen verstrichen, ehe man außer dem
geringen Ergebniß des Verhörs der beiden Sklaven etwas Weiteres
erfahren konnte. Den William Paul hatte man in strengem Ver-
wahr gehalten und täglich durch Ueberredung und Drohungen von ihm
ein Geständniß zu erpressen gesucht. Endlich brach sein Muth, und
er gab zwei Sklaven, Mingo Harth und Peter Poyas, als seine
Auftraggeber an. Beide wurden sofort eingezogen, setzten jedoch der
Anklage ein entschiedenes Leugnen mit so kaltblütigem und leicht-
fertigem Wesen entgegen, daß die Behörde sie wieder in Freiheit
setzen mußte, nachdem eine Durchsuchung ihrer Koffer nichts Verdäch-
tiges ergeben hatte.

( Fortsetzung folgt. )



Ein Bahnbrecher der Chemie.
Von
Bernhard Jahn.

" Also sende ich Jhnen erstens den Liquor, der den Samen des
Goldes enthält, zweitens das Salz, so mit diesem Liquor in
der Wärme zu befeuchten ist, und drittens den Baum, dem ich
alle fünf bis sechs Tage das Gold abnehme, jetzt blüht es
unten durch
". So ungefähr schrieb noch 1787 der hochgelahrte
Professor der Theologie zu Halle, Johann Salomo Semler, an den
berühmtesten deutschen Chemiker jener Zeit, an Klaproth. Nicht un-
gerechtfertigt hätte die Antwort: " Ne sutor ultra crepidam!" lauten
können; doch Klaproth sah ein, daß dieser so gefährliche Anlauf des
schon todtgemeinten Wahns, Gold durch Tincturen zu erzeugen, schnell
und kräftig zurückgewiesen werden müsse. Er überzeugte sich bald
durch genaue Untersuchung, daß der Baum wirklich Goldflitterchen
trug, daß aber auch das Salz in ganz hübschen Mengen mit Gold-
flitterchen vermengt war. Ein zweiter von Semler nachgeschickter
Baum schien wunderbar genug zu beweisen, daß die Natur ebenso
wie der Mensch fälsche, da die Goldflitterchen dieses Baumes theil-
weise nur eine Messingzusammensetzung zeigten. Nicht lange nachher
redet Klaproth im Treibhause des frommen Semler dem Gärtner
desselben freundlich lächelnd zu, in Zukunft seinen Herrn durch schöne
duftende Blumen, nicht aber durch Aufstreuen von Gold oder Messing
auf unschöne Pflanzen zu erfreuen. "Messing?" platzt zornig der
Blumenwärter heraus; "das Messing hast Du, böses Weib", er
wendet sich an sein zweites Selbst, "anstatt des Goldes, das ich Dir
gab, hinaufgelegt!" Der verblüffte Semler soll nie mehr chemische
Untersuchungen getrieben haben.

Klaproth, mit Vornamen Martin Heinrich, wurde 1743 zu Wer-
nigerode am Harz geboren, war also in seiner Jugend von Berg-
werken, Eisen= und Kupferhütten umgeben, die ihm wohl Jnteresse
an der später betriebenen Wissenschaft einflößen konnten. Den Weg,
den er, nach einem kaum bis zum siebzehnten Lebensjahre genossenen
Schulunterricht an einer gewöhnlichen Stadtschule, einschlug, gingen
damals und gehen noch heut so Viele aus Lust und Liebe zur Chemie,
nämlich in eine Apotheke. Jn Quedlinburg trat er als Lehrling ein
und mußte dort sieben Jahre seines Lebens hinbringen, nur um den
Lehrkontrakt zu erfüllen, den damals die Habsucht des Prinzipals will-
kürlich diktiren konnte. Seinen Wissensdrang zu befriedigen, gelang
ihm erst, als er 1767--68 in einer Offizin zu Hannover die Einsicht
in vortreffliche Bücher erhielt, und in noch höherem Maße, als er
1769 eine Stelle in Berlin, wo die Repräsentanten der deutschen
Chemie, Pott und Marggraff, lebten, angenommen hatte. Mit kurzer
Unterbrechung -- den Winter 1770--71 war er in Danzig -- weilte er
dann in der Apotheke Valentin Rose's, dessen Freundschaft er schnell
errungen.

Nach dem schon 1772 eintretenden Ableben Rose's übernahm er
die Erziehung der Söhne desselben, von denen der zweite, Valentin
genannt, ein tüchtiger Chemiker und zugleich Vater jener beiden leuch-
tenden Sterne in der Chemie, der Brüder Heinrich und Gustav
Rose, wurde. Letzterer ist noch heut der rüstige Nestor der lebenden
[Spaltenumbruch] Mineralogen. Klaproth übernahm zugleich die Verwaltung der
Apotheke, und nun beginnt mit der erlangten Selbstständigkeit seine
rastlose Thätigkeit im Dienst der Wissenschaft. Schon 1776 zeigten
mehrere gelehrte Zeitschriften, ja bald darauf die namhaftesten seines
Faches, zahlreiche Beiträge, seiner Feder entflossen. Ein neues Labo-
ratorium, das er 1780 bei Uebernahme einer eigenen Apotheke
baute, giebt ihm Gelegenheit zu einer Fülle von Untersuchungen mit
den lohnendsten Resultaten. Hand in Hand mit Klaproths steigendem
Ruf, der zahlreiche Hörer zu seinen Vorlesungen an die Universität
Berlin lockt, geht die Bemühung der Regierung, seine Kenntnisse zu
verwerthen. Sie ernennt ihn 1782 zum Assessor, zehn Jahre später
zum Rath des medizinischen Ober=Kollegiums. Jn den darauf fol-
genden Jahren als Professor der Chemie an die Artillerieschule, später
an die neu gegründete Universität zu Berlin berufen, wählen ihn die
Akademie der Künste und die der Wissenschaften zu ihrem Mitgliede;
Ernennungen zum Ehrenmitglied von Vereinen und Akademien des
Jn= und Auslandes treffen ihn reichlich. Seiner großen Bescheiden-
heit, seiner Opferfähigkeit wegen von zahlreichen Freunden verehrt, von
den Gelehrten seiner Zeit hoch geschätzt, lebt er bis zu seinem Ende,
d. h. bis zum 1. Januar 1817, zu Berlin.

Ein näheres Eingehen auf Klaproths Eingreifen in die Chemie
nöthigt uns, einen Blick auf den Zustand der Wissenschaft zu jener
Zeit zu werfen. Die Phlogistontheorie, d. h. nach der Redeweise
seiner Vertheidiger die Annahme eines brennbaren Stoffes in allen
Metallen und allen verbrennlichen Dingen, war in Deutschland
allgemein verbreitet und hatte die bevorzugte Stellung des Schwefels,
als alleiniges Agens der Verbrennung dazustehen, gestürzt. Schon
aber wollten die entdeckten Thatsachen, daß Körper nach dem Ver-
brennen schwerer als vordem geworden, und daß Metallkalke allein
durch Applikation von Wärme zu Metallen reduzirt waren, sich nur
durch die lächerlichsten Gründe nach dieser Theorie erklären. Kurz,
die Beweise für und wider die Theorie werden von Gelehrten aller
Länder mit heftigem Kampfgeschrei gegen einander ins Feld geführt.
Die Ausbildung einzelner Gebiete der Chemie wird mit größerer
Schnelligkeit als bisher betrieben, und nur ein Zweig, die quanti-
tative analytische Chemie, d. h. der Nachweis "jedes einzelnen Elements
in seiner ganzen Menge" in den zu untersuchenden Stoffen, liegt noch
fast ganz darnieder. Schon die ersten veröffentlichten Arbeiten Klap-
roths zeigen den wesentlich höheren Standpunkt seiner Kenntnisse,
seiner Beobachtungsgabe und seiner Geschicklichkeit gegen die seiner
Vorgänger auf diesem Felde. Jn klaren deutschen Worten, denen oft
der poetische Hauch nicht mangelt, theilt er die überraschenden That-
sachen seiner Scheidekunst den Genossen der Wissenschaft mit. Wie
ideal er auch scheinbar seine Forderungen an eine brauchbare Analyse
stellt, seine Lösungen realisiren sie dennoch. Eine glückliche Ueberlegung
bestimmt ihn, die einander schroff gegenüberstehenden Prinzipien der
Mineralogen, Mineral=Chemiker und Krystallographen zu vereinigen.
Hielten die Letzteren zur Bestimmung eines Minerals nur die Kenntniß
der Krystallform für nöthig, so schrieben die Ersteren allein die phy-
sikalischen Eigenschaften, die Zweiten die chemischen Bestandtheile auf
ihre Fahne. Nun drängt eine richtige Erkenntniß zur Entdeckung
anderer neuer Thatsachen. Kaum hat er den Eisengehalt in dem
Thon der Schmelztiegel festgestellt und hieraus die Schwankungen
der in solchen Thontiegeln ausgeführten Analysen gleicher Eisenerze
erklärt, so greift er auch schon zur Holzkohle als Vorsichtsmaßregel
gegen derartige Jrrthümer, und schafft die mit Kohle ausgefütterten
Thontiegel, welche noch heut der Eisenprobirkunst unentbehrlich sind.
Neue Metalle, bis dahin unbekannte Erden führt er der Wissenschaft
zu, und zwar genau charakterisirt. Häufig leiten ihn geistreiche und
beziehungsvolle Gründe bei der Wahl von Namen für seine geistigen
Kinder. Als er 1782 in der Pechblende den späteren Konkurrenten
des Silbers in der Photographie entdeckt, schafft er unten im Schooß
der Erde dem von Herrschel in demselben Jahr oben am gestirnten
Himmel erschauten Planeten Uranus einen Zwillingsbruder.

Dem 1794 im Rutil gefundenen Metall giebt er, da ihm keine
Eigenthümlichkeit den Namen wählen hilft, hochangesehene Pathen,
indem er von den Ursöhnen der Erde, den Titanen, seinen metallischen
Täufling "Titan" benennt. Er findet dasselbe Metall noch in einem
Mineral, Anatas, und bestätigt hiermit das Gesetz, daß eine identische
Krystallform auch wesentlich dieselben chemischen Bestandtheile be-
dinge. Einen gleichen Nachweis führt er zwischen dem Kalkspath und
dem Aragonit. Weniger wichtig ist seine mit Berzelius gleichzeitig erfolgte
Entdeckung eines Metalls, das heut Cerium heißt, früher Cererium,
auch Ochorit genannt wurde. Gelingt ihm zwar die Bestimmung von
Erden, ein sehr schwieriges Kapitel der analytischen Chemie, nicht
immer in gleichem Maße vollkommen, so ist doch kaum eine Erde zu
finden, die nicht mit Vortheil für die Wissenschaft in seinem Labora-
torium gewesen. Mehrere Untersuchungen legt er theilweise unbedingt
zur Seite und nimmt sie erst dann wieder auf, als er das Aetzkali
in flüssiger Form als besonders aufschließende Substanz kennen ge-
lernt. Alle, auch die mißlungenen Versuche über die Erden, hat er
[Ende Spaltensatz]

[Beginn Spaltensatz] schwörer zu werden. Er brach deßhalb das Gespräch ab und eilte
nach Haus, um seiner Herrin die merkwürdige Neuigkeit mitzutheilen,
die bei seiner Rückkehr der Oberst und eine Stunde später der Bürger-
meister Hamilton erfuhr. Unverzüglich berief dieser den Stadtrath
zu einer außerordentlichen Sitzung, und um fünf Uhr jenes Abends
schon standen die beiden Sklaven im Verhör. Das war die erste
Warnung, welche die Stadt Charleston vor einem Komplot der Far-
bigen erhielt, dessen Ausdehnung sie bald mit Furcht und Entsetzen
erfüllen sollte.

So gründlich und geheim war die Organisation dieser Verschwörung
betrieben worden, daß zwei Wochen verstrichen, ehe man außer dem
geringen Ergebniß des Verhörs der beiden Sklaven etwas Weiteres
erfahren konnte. Den William Paul hatte man in strengem Ver-
wahr gehalten und täglich durch Ueberredung und Drohungen von ihm
ein Geständniß zu erpressen gesucht. Endlich brach sein Muth, und
er gab zwei Sklaven, Mingo Harth und Peter Poyas, als seine
Auftraggeber an. Beide wurden sofort eingezogen, setzten jedoch der
Anklage ein entschiedenes Leugnen mit so kaltblütigem und leicht-
fertigem Wesen entgegen, daß die Behörde sie wieder in Freiheit
setzen mußte, nachdem eine Durchsuchung ihrer Koffer nichts Verdäch-
tiges ergeben hatte.

( Fortsetzung folgt. )



Ein Bahnbrecher der Chemie.
Von
Bernhard Jahn.

Also sende ich Jhnen erstens den Liquor, der den Samen des
Goldes enthält, zweitens das Salz, so mit diesem Liquor in
der Wärme zu befeuchten ist, und drittens den Baum, dem ich
alle fünf bis sechs Tage das Gold abnehme, jetzt blüht es
unten durch
“. So ungefähr schrieb noch 1787 der hochgelahrte
Professor der Theologie zu Halle, Johann Salomo Semler, an den
berühmtesten deutschen Chemiker jener Zeit, an Klaproth. Nicht un-
gerechtfertigt hätte die Antwort: „ Ne sutor ultra crepidam!“ lauten
können; doch Klaproth sah ein, daß dieser so gefährliche Anlauf des
schon todtgemeinten Wahns, Gold durch Tincturen zu erzeugen, schnell
und kräftig zurückgewiesen werden müsse. Er überzeugte sich bald
durch genaue Untersuchung, daß der Baum wirklich Goldflitterchen
trug, daß aber auch das Salz in ganz hübschen Mengen mit Gold-
flitterchen vermengt war. Ein zweiter von Semler nachgeschickter
Baum schien wunderbar genug zu beweisen, daß die Natur ebenso
wie der Mensch fälsche, da die Goldflitterchen dieses Baumes theil-
weise nur eine Messingzusammensetzung zeigten. Nicht lange nachher
redet Klaproth im Treibhause des frommen Semler dem Gärtner
desselben freundlich lächelnd zu, in Zukunft seinen Herrn durch schöne
duftende Blumen, nicht aber durch Aufstreuen von Gold oder Messing
auf unschöne Pflanzen zu erfreuen. „Messing?“ platzt zornig der
Blumenwärter heraus; „das Messing hast Du, böses Weib“, er
wendet sich an sein zweites Selbst, „anstatt des Goldes, das ich Dir
gab, hinaufgelegt!“ Der verblüffte Semler soll nie mehr chemische
Untersuchungen getrieben haben.

Klaproth, mit Vornamen Martin Heinrich, wurde 1743 zu Wer-
nigerode am Harz geboren, war also in seiner Jugend von Berg-
werken, Eisen= und Kupferhütten umgeben, die ihm wohl Jnteresse
an der später betriebenen Wissenschaft einflößen konnten. Den Weg,
den er, nach einem kaum bis zum siebzehnten Lebensjahre genossenen
Schulunterricht an einer gewöhnlichen Stadtschule, einschlug, gingen
damals und gehen noch heut so Viele aus Lust und Liebe zur Chemie,
nämlich in eine Apotheke. Jn Quedlinburg trat er als Lehrling ein
und mußte dort sieben Jahre seines Lebens hinbringen, nur um den
Lehrkontrakt zu erfüllen, den damals die Habsucht des Prinzipals will-
kürlich diktiren konnte. Seinen Wissensdrang zu befriedigen, gelang
ihm erst, als er 1767—68 in einer Offizin zu Hannover die Einsicht
in vortreffliche Bücher erhielt, und in noch höherem Maße, als er
1769 eine Stelle in Berlin, wo die Repräsentanten der deutschen
Chemie, Pott und Marggraff, lebten, angenommen hatte. Mit kurzer
Unterbrechung — den Winter 1770—71 war er in Danzig — weilte er
dann in der Apotheke Valentin Rose's, dessen Freundschaft er schnell
errungen.

Nach dem schon 1772 eintretenden Ableben Rose's übernahm er
die Erziehung der Söhne desselben, von denen der zweite, Valentin
genannt, ein tüchtiger Chemiker und zugleich Vater jener beiden leuch-
tenden Sterne in der Chemie, der Brüder Heinrich und Gustav
Rose, wurde. Letzterer ist noch heut der rüstige Nestor der lebenden
[Spaltenumbruch] Mineralogen. Klaproth übernahm zugleich die Verwaltung der
Apotheke, und nun beginnt mit der erlangten Selbstständigkeit seine
rastlose Thätigkeit im Dienst der Wissenschaft. Schon 1776 zeigten
mehrere gelehrte Zeitschriften, ja bald darauf die namhaftesten seines
Faches, zahlreiche Beiträge, seiner Feder entflossen. Ein neues Labo-
ratorium, das er 1780 bei Uebernahme einer eigenen Apotheke
baute, giebt ihm Gelegenheit zu einer Fülle von Untersuchungen mit
den lohnendsten Resultaten. Hand in Hand mit Klaproths steigendem
Ruf, der zahlreiche Hörer zu seinen Vorlesungen an die Universität
Berlin lockt, geht die Bemühung der Regierung, seine Kenntnisse zu
verwerthen. Sie ernennt ihn 1782 zum Assessor, zehn Jahre später
zum Rath des medizinischen Ober=Kollegiums. Jn den darauf fol-
genden Jahren als Professor der Chemie an die Artillerieschule, später
an die neu gegründete Universität zu Berlin berufen, wählen ihn die
Akademie der Künste und die der Wissenschaften zu ihrem Mitgliede;
Ernennungen zum Ehrenmitglied von Vereinen und Akademien des
Jn= und Auslandes treffen ihn reichlich. Seiner großen Bescheiden-
heit, seiner Opferfähigkeit wegen von zahlreichen Freunden verehrt, von
den Gelehrten seiner Zeit hoch geschätzt, lebt er bis zu seinem Ende,
d. h. bis zum 1. Januar 1817, zu Berlin.

Ein näheres Eingehen auf Klaproths Eingreifen in die Chemie
nöthigt uns, einen Blick auf den Zustand der Wissenschaft zu jener
Zeit zu werfen. Die Phlogistontheorie, d. h. nach der Redeweise
seiner Vertheidiger die Annahme eines brennbaren Stoffes in allen
Metallen und allen verbrennlichen Dingen, war in Deutschland
allgemein verbreitet und hatte die bevorzugte Stellung des Schwefels,
als alleiniges Agens der Verbrennung dazustehen, gestürzt. Schon
aber wollten die entdeckten Thatsachen, daß Körper nach dem Ver-
brennen schwerer als vordem geworden, und daß Metallkalke allein
durch Applikation von Wärme zu Metallen reduzirt waren, sich nur
durch die lächerlichsten Gründe nach dieser Theorie erklären. Kurz,
die Beweise für und wider die Theorie werden von Gelehrten aller
Länder mit heftigem Kampfgeschrei gegen einander ins Feld geführt.
Die Ausbildung einzelner Gebiete der Chemie wird mit größerer
Schnelligkeit als bisher betrieben, und nur ein Zweig, die quanti-
tative analytische Chemie, d. h. der Nachweis „jedes einzelnen Elements
in seiner ganzen Menge“ in den zu untersuchenden Stoffen, liegt noch
fast ganz darnieder. Schon die ersten veröffentlichten Arbeiten Klap-
roths zeigen den wesentlich höheren Standpunkt seiner Kenntnisse,
seiner Beobachtungsgabe und seiner Geschicklichkeit gegen die seiner
Vorgänger auf diesem Felde. Jn klaren deutschen Worten, denen oft
der poetische Hauch nicht mangelt, theilt er die überraschenden That-
sachen seiner Scheidekunst den Genossen der Wissenschaft mit. Wie
ideal er auch scheinbar seine Forderungen an eine brauchbare Analyse
stellt, seine Lösungen realisiren sie dennoch. Eine glückliche Ueberlegung
bestimmt ihn, die einander schroff gegenüberstehenden Prinzipien der
Mineralogen, Mineral=Chemiker und Krystallographen zu vereinigen.
Hielten die Letzteren zur Bestimmung eines Minerals nur die Kenntniß
der Krystallform für nöthig, so schrieben die Ersteren allein die phy-
sikalischen Eigenschaften, die Zweiten die chemischen Bestandtheile auf
ihre Fahne. Nun drängt eine richtige Erkenntniß zur Entdeckung
anderer neuer Thatsachen. Kaum hat er den Eisengehalt in dem
Thon der Schmelztiegel festgestellt und hieraus die Schwankungen
der in solchen Thontiegeln ausgeführten Analysen gleicher Eisenerze
erklärt, so greift er auch schon zur Holzkohle als Vorsichtsmaßregel
gegen derartige Jrrthümer, und schafft die mit Kohle ausgefütterten
Thontiegel, welche noch heut der Eisenprobirkunst unentbehrlich sind.
Neue Metalle, bis dahin unbekannte Erden führt er der Wissenschaft
zu, und zwar genau charakterisirt. Häufig leiten ihn geistreiche und
beziehungsvolle Gründe bei der Wahl von Namen für seine geistigen
Kinder. Als er 1782 in der Pechblende den späteren Konkurrenten
des Silbers in der Photographie entdeckt, schafft er unten im Schooß
der Erde dem von Herrschel in demselben Jahr oben am gestirnten
Himmel erschauten Planeten Uranus einen Zwillingsbruder.

Dem 1794 im Rutil gefundenen Metall giebt er, da ihm keine
Eigenthümlichkeit den Namen wählen hilft, hochangesehene Pathen,
indem er von den Ursöhnen der Erde, den Titanen, seinen metallischen
Täufling „Titan“ benennt. Er findet dasselbe Metall noch in einem
Mineral, Anatas, und bestätigt hiermit das Gesetz, daß eine identische
Krystallform auch wesentlich dieselben chemischen Bestandtheile be-
dinge. Einen gleichen Nachweis führt er zwischen dem Kalkspath und
dem Aragonit. Weniger wichtig ist seine mit Berzelius gleichzeitig erfolgte
Entdeckung eines Metalls, das heut Cerium heißt, früher Cererium,
auch Ochorit genannt wurde. Gelingt ihm zwar die Bestimmung von
Erden, ein sehr schwieriges Kapitel der analytischen Chemie, nicht
immer in gleichem Maße vollkommen, so ist doch kaum eine Erde zu
finden, die nicht mit Vortheil für die Wissenschaft in seinem Labora-
torium gewesen. Mehrere Untersuchungen legt er theilweise unbedingt
zur Seite und nimmt sie erst dann wieder auf, als er das Aetzkali
in flüssiger Form als besonders aufschließende Substanz kennen ge-
lernt. Alle, auch die mißlungenen Versuche über die Erden, hat er
[Ende Spaltensatz]

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[191/0007] 191 schwörer zu werden. Er brach deßhalb das Gespräch ab und eilte nach Haus, um seiner Herrin die merkwürdige Neuigkeit mitzutheilen, die bei seiner Rückkehr der Oberst und eine Stunde später der Bürger- meister Hamilton erfuhr. Unverzüglich berief dieser den Stadtrath zu einer außerordentlichen Sitzung, und um fünf Uhr jenes Abends schon standen die beiden Sklaven im Verhör. Das war die erste Warnung, welche die Stadt Charleston vor einem Komplot der Far- bigen erhielt, dessen Ausdehnung sie bald mit Furcht und Entsetzen erfüllen sollte. So gründlich und geheim war die Organisation dieser Verschwörung betrieben worden, daß zwei Wochen verstrichen, ehe man außer dem geringen Ergebniß des Verhörs der beiden Sklaven etwas Weiteres erfahren konnte. Den William Paul hatte man in strengem Ver- wahr gehalten und täglich durch Ueberredung und Drohungen von ihm ein Geständniß zu erpressen gesucht. Endlich brach sein Muth, und er gab zwei Sklaven, Mingo Harth und Peter Poyas, als seine Auftraggeber an. Beide wurden sofort eingezogen, setzten jedoch der Anklage ein entschiedenes Leugnen mit so kaltblütigem und leicht- fertigem Wesen entgegen, daß die Behörde sie wieder in Freiheit setzen mußte, nachdem eine Durchsuchung ihrer Koffer nichts Verdäch- tiges ergeben hatte. ( Fortsetzung folgt. ) Ein Bahnbrecher der Chemie. Von Bernhard Jahn. „ Also sende ich Jhnen erstens den Liquor, der den Samen des Goldes enthält, zweitens das Salz, so mit diesem Liquor in der Wärme zu befeuchten ist, und drittens den Baum, dem ich alle fünf bis sechs Tage das Gold abnehme, jetzt blüht es unten durch “. So ungefähr schrieb noch 1787 der hochgelahrte Professor der Theologie zu Halle, Johann Salomo Semler, an den berühmtesten deutschen Chemiker jener Zeit, an Klaproth. Nicht un- gerechtfertigt hätte die Antwort: „ Ne sutor ultra crepidam!“ lauten können; doch Klaproth sah ein, daß dieser so gefährliche Anlauf des schon todtgemeinten Wahns, Gold durch Tincturen zu erzeugen, schnell und kräftig zurückgewiesen werden müsse. Er überzeugte sich bald durch genaue Untersuchung, daß der Baum wirklich Goldflitterchen trug, daß aber auch das Salz in ganz hübschen Mengen mit Gold- flitterchen vermengt war. Ein zweiter von Semler nachgeschickter Baum schien wunderbar genug zu beweisen, daß die Natur ebenso wie der Mensch fälsche, da die Goldflitterchen dieses Baumes theil- weise nur eine Messingzusammensetzung zeigten. Nicht lange nachher redet Klaproth im Treibhause des frommen Semler dem Gärtner desselben freundlich lächelnd zu, in Zukunft seinen Herrn durch schöne duftende Blumen, nicht aber durch Aufstreuen von Gold oder Messing auf unschöne Pflanzen zu erfreuen. „Messing?“ platzt zornig der Blumenwärter heraus; „das Messing hast Du, böses Weib“, er wendet sich an sein zweites Selbst, „anstatt des Goldes, das ich Dir gab, hinaufgelegt!“ Der verblüffte Semler soll nie mehr chemische Untersuchungen getrieben haben. Klaproth, mit Vornamen Martin Heinrich, wurde 1743 zu Wer- nigerode am Harz geboren, war also in seiner Jugend von Berg- werken, Eisen= und Kupferhütten umgeben, die ihm wohl Jnteresse an der später betriebenen Wissenschaft einflößen konnten. Den Weg, den er, nach einem kaum bis zum siebzehnten Lebensjahre genossenen Schulunterricht an einer gewöhnlichen Stadtschule, einschlug, gingen damals und gehen noch heut so Viele aus Lust und Liebe zur Chemie, nämlich in eine Apotheke. Jn Quedlinburg trat er als Lehrling ein und mußte dort sieben Jahre seines Lebens hinbringen, nur um den Lehrkontrakt zu erfüllen, den damals die Habsucht des Prinzipals will- kürlich diktiren konnte. Seinen Wissensdrang zu befriedigen, gelang ihm erst, als er 1767—68 in einer Offizin zu Hannover die Einsicht in vortreffliche Bücher erhielt, und in noch höherem Maße, als er 1769 eine Stelle in Berlin, wo die Repräsentanten der deutschen Chemie, Pott und Marggraff, lebten, angenommen hatte. Mit kurzer Unterbrechung — den Winter 1770—71 war er in Danzig — weilte er dann in der Apotheke Valentin Rose's, dessen Freundschaft er schnell errungen. Nach dem schon 1772 eintretenden Ableben Rose's übernahm er die Erziehung der Söhne desselben, von denen der zweite, Valentin genannt, ein tüchtiger Chemiker und zugleich Vater jener beiden leuch- tenden Sterne in der Chemie, der Brüder Heinrich und Gustav Rose, wurde. Letzterer ist noch heut der rüstige Nestor der lebenden Mineralogen. Klaproth übernahm zugleich die Verwaltung der Apotheke, und nun beginnt mit der erlangten Selbstständigkeit seine rastlose Thätigkeit im Dienst der Wissenschaft. Schon 1776 zeigten mehrere gelehrte Zeitschriften, ja bald darauf die namhaftesten seines Faches, zahlreiche Beiträge, seiner Feder entflossen. Ein neues Labo- ratorium, das er 1780 bei Uebernahme einer eigenen Apotheke baute, giebt ihm Gelegenheit zu einer Fülle von Untersuchungen mit den lohnendsten Resultaten. Hand in Hand mit Klaproths steigendem Ruf, der zahlreiche Hörer zu seinen Vorlesungen an die Universität Berlin lockt, geht die Bemühung der Regierung, seine Kenntnisse zu verwerthen. Sie ernennt ihn 1782 zum Assessor, zehn Jahre später zum Rath des medizinischen Ober=Kollegiums. Jn den darauf fol- genden Jahren als Professor der Chemie an die Artillerieschule, später an die neu gegründete Universität zu Berlin berufen, wählen ihn die Akademie der Künste und die der Wissenschaften zu ihrem Mitgliede; Ernennungen zum Ehrenmitglied von Vereinen und Akademien des Jn= und Auslandes treffen ihn reichlich. Seiner großen Bescheiden- heit, seiner Opferfähigkeit wegen von zahlreichen Freunden verehrt, von den Gelehrten seiner Zeit hoch geschätzt, lebt er bis zu seinem Ende, d. h. bis zum 1. Januar 1817, zu Berlin. Ein näheres Eingehen auf Klaproths Eingreifen in die Chemie nöthigt uns, einen Blick auf den Zustand der Wissenschaft zu jener Zeit zu werfen. Die Phlogistontheorie, d. h. nach der Redeweise seiner Vertheidiger die Annahme eines brennbaren Stoffes in allen Metallen und allen verbrennlichen Dingen, war in Deutschland allgemein verbreitet und hatte die bevorzugte Stellung des Schwefels, als alleiniges Agens der Verbrennung dazustehen, gestürzt. Schon aber wollten die entdeckten Thatsachen, daß Körper nach dem Ver- brennen schwerer als vordem geworden, und daß Metallkalke allein durch Applikation von Wärme zu Metallen reduzirt waren, sich nur durch die lächerlichsten Gründe nach dieser Theorie erklären. Kurz, die Beweise für und wider die Theorie werden von Gelehrten aller Länder mit heftigem Kampfgeschrei gegen einander ins Feld geführt. Die Ausbildung einzelner Gebiete der Chemie wird mit größerer Schnelligkeit als bisher betrieben, und nur ein Zweig, die quanti- tative analytische Chemie, d. h. der Nachweis „jedes einzelnen Elements in seiner ganzen Menge“ in den zu untersuchenden Stoffen, liegt noch fast ganz darnieder. Schon die ersten veröffentlichten Arbeiten Klap- roths zeigen den wesentlich höheren Standpunkt seiner Kenntnisse, seiner Beobachtungsgabe und seiner Geschicklichkeit gegen die seiner Vorgänger auf diesem Felde. Jn klaren deutschen Worten, denen oft der poetische Hauch nicht mangelt, theilt er die überraschenden That- sachen seiner Scheidekunst den Genossen der Wissenschaft mit. Wie ideal er auch scheinbar seine Forderungen an eine brauchbare Analyse stellt, seine Lösungen realisiren sie dennoch. Eine glückliche Ueberlegung bestimmt ihn, die einander schroff gegenüberstehenden Prinzipien der Mineralogen, Mineral=Chemiker und Krystallographen zu vereinigen. Hielten die Letzteren zur Bestimmung eines Minerals nur die Kenntniß der Krystallform für nöthig, so schrieben die Ersteren allein die phy- sikalischen Eigenschaften, die Zweiten die chemischen Bestandtheile auf ihre Fahne. Nun drängt eine richtige Erkenntniß zur Entdeckung anderer neuer Thatsachen. Kaum hat er den Eisengehalt in dem Thon der Schmelztiegel festgestellt und hieraus die Schwankungen der in solchen Thontiegeln ausgeführten Analysen gleicher Eisenerze erklärt, so greift er auch schon zur Holzkohle als Vorsichtsmaßregel gegen derartige Jrrthümer, und schafft die mit Kohle ausgefütterten Thontiegel, welche noch heut der Eisenprobirkunst unentbehrlich sind. Neue Metalle, bis dahin unbekannte Erden führt er der Wissenschaft zu, und zwar genau charakterisirt. Häufig leiten ihn geistreiche und beziehungsvolle Gründe bei der Wahl von Namen für seine geistigen Kinder. Als er 1782 in der Pechblende den späteren Konkurrenten des Silbers in der Photographie entdeckt, schafft er unten im Schooß der Erde dem von Herrschel in demselben Jahr oben am gestirnten Himmel erschauten Planeten Uranus einen Zwillingsbruder. Dem 1794 im Rutil gefundenen Metall giebt er, da ihm keine Eigenthümlichkeit den Namen wählen hilft, hochangesehene Pathen, indem er von den Ursöhnen der Erde, den Titanen, seinen metallischen Täufling „Titan“ benennt. Er findet dasselbe Metall noch in einem Mineral, Anatas, und bestätigt hiermit das Gesetz, daß eine identische Krystallform auch wesentlich dieselben chemischen Bestandtheile be- dinge. Einen gleichen Nachweis führt er zwischen dem Kalkspath und dem Aragonit. Weniger wichtig ist seine mit Berzelius gleichzeitig erfolgte Entdeckung eines Metalls, das heut Cerium heißt, früher Cererium, auch Ochorit genannt wurde. Gelingt ihm zwar die Bestimmung von Erden, ein sehr schwieriges Kapitel der analytischen Chemie, nicht immer in gleichem Maße vollkommen, so ist doch kaum eine Erde zu finden, die nicht mit Vortheil für die Wissenschaft in seinem Labora- torium gewesen. Mehrere Untersuchungen legt er theilweise unbedingt zur Seite und nimmt sie erst dann wieder auf, als er das Aetzkali in flüssiger Form als besonders aufschließende Substanz kennen ge- lernt. Alle, auch die mißlungenen Versuche über die Erden, hat er

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Zitationshilfe: Sonntags-Blatt. Nr. 24. Berlin, 14. Juni 1868, S. 191. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_sonntagsblatt24_1868/7>, abgerufen am 01.06.2024.