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Sonntags-Blatt. Nr. 18. Berlin, 3. Mai 1868.

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[Beginn Spaltensatz] Aussehen der Erde zu jener Zeit der Steinkohlenformation und der
Flora, die damals über die Erde verbreitet war, entwerfen.

Es ist kein gerade freundliches, immerhin aber ein originelles
Bild, das sich da vor unserem geistigen Auge entfaltet. Von den
Ländern, die heut aus dem Meer ragen, kaum schwache Ansätze. Ein-
zelne Jnseln nur, unsere heutigen Gebirgsländer, die Alpen, die schle-
sischen Gebirge ragten aus der Wassermasse hervor, nicht als Berg-
landschaften, sondern als sumpfige, vom Wasser bestandene Flachländer,
eingehüllt in eine dicke, neblige Atmosphäre, durch die nie die helle
Sonne, der blaue Himmel blickte.

An den Abhängen dieser Jnseln, an den Küsten oder in den vom
Meer abgeschlossenen Buchten, in beckenartigen Vertiefungen wuchs
unter dem Einfluß eines warmen Klima's und reichen Gehalts der
Atmosphäre an Kohlensäure und Wasserdämpfen eine Pflanzenwelt von
üppiger Fülle und wundersamsten Formen und Gestaltungen. Keine
Waldungen von dem freundlichen Anblick unserer Laubwälder, auch
keine Fichten und Tannenforste. Baumformen fehlten fast ganz jener
Vegetation; nur spärlich standen Nadelhölzer und einzelne Bäume, die
jetzt nur in unseren wärmeren Klimaten wachsen, Palmen und Cycaden.
Darum war aber keineswegs Mangel an Holzgewächsen von beträcht-
licher Größe, nur gehörten sie Familien an, die gegenwärtig als kleine,
krautartige Pflänzchen vorkommen. Bärlappen, Schachtel= und Stern-
[Spaltenumbruch] halme, von denen die größten jetzt vorkommenden Exemplare nicht höher
als drei bis vier Fuß werden, standen zur Kohlenzeit in Stämmen
von sechszig bis siebzig Fuß Höhe bei fünf Fuß Durchmesser. Siegel-
und Schuppenbäume wuchsen in großer Anzahl; baumartige Gräser,
ausgezeichnet durch ihre Leichtigkeit und bewegliche Schlankheit, Farren-
kräuter von palmenartigem Ansehn, aber minder schlank, schuppiger
und rauher als die Palmen und mit feinen und zierlich gezackten
Blättern, standen dicht gedrängt auf dem moorigen Grund; kraut-
artige, aber kräftige, holzreiche Gewächse, zu den Schachtelhalmen ge-
hörig, bedeckten mit ihren geschweiften Blättern die Wasserfläche. Um
die gewaltigen Stämme schlangen sich, reicher als in den sumpfigen
Urwäldern des Amazonenstromes, Schlingpflanzen und parasitische
Gewächse aller Art. Das Unterholz bildeten Farren, mannshohe
Gräser und Stigmarien, die mit ihrem weitverzweigten Wurzelwerk
schwimmende Hecken in den sumpfigen Niederungen bildeten, eine
üppige, aber einförmige, blüthenlose Vegetation. Wälder ohne Blu-
men, ohne Vögel, ohne Hirsche und Rehe, statt dessen belebt von
Scorpionen, Spinnen, Tausendfüßen, Reptilien und sonstigem
Gewürm.

Ein ähnlicher klimatischer Unterschied, wie er heut zwischen den
einzelnen Zonen der Erde stattfindet, kann damals unmöglich be-
standen haben.     ( Schluß folgt. )

[Ende Spaltensatz]

Lose Blätter.
[Beginn Spaltensatz]

W. Lafontaine, der berühmte Fabeldichter, dessen Gedichte sich durch
Eleganz der Sprache und anmuthige Naivetät auszeichnen, war sein ganzes
Leben hindurch ein sorgloses, fröhliches Kind, unbekümmert um den kom-
menden Tag, und -- bei einem Schriftsteller eine Seltenheit -- von Eitel-
keit völlig frei. Bei der ersten Aufführung seiner Oper "Daphne" befand
er sich in einer Loge hinter mehreren Damen, die ihm unbekannt waren.
Bei den meisten Stellen des Stücks rief Lafontaine ein Mal über das
andere Mal: "Das ist ja abscheulich! Das ist erbärmlich!" Die Damen,
welche sich über sein Schimpfen ärgerten, machten ihm Vorstellungen:
"Mein Herr, das ist gar nicht so schlecht; übrigens ist das Stück von
Lafontaine". -- "Ach was, meine Damen! Das hindert gar nicht, daß das
Stück nichts taugt. Der Lafontaine, von welchem Sie reden, ist ein
Dummkopf. Jch kenne ihn; ich bin es selbst". Nach dem ersten Akt
ging er weg und begab sich in das Caf e Marion, wo er in einem Winkel
einschlief. Ein Herr von seiner Bekanntschaft trat ein, und erstaunt
darüber, ihn zu sehen, rief er aus: "Was? Lafontaine hier, und nicht bei
der ersten Aufführung seiner Oper?" Bei diesen Worten erwachte der
Schriftsteller und sagte gähnend: "Jch habe den ersten Akt gesehen; aber
er hat mir so ausnehmend mißfallen, daß ich nichts mehr davon sehen
konnte. Jch bewundere die Geduld der Pariser."



J. Beiderseitiges Jnkognito. Als Friedrich V., König von Däne-
mark, 1760 auf seiner Reise durch Holland in Amsterdam ankam, übergab
ihm eine dortige Magistratsperson ein Geschlechts=Register, durch welches
der Mann beweisen wollte, daß er von mütterlicher Seite her mit dem
Monarchen verwandt sei. "Herr Vetter", erwiderte der König lächelnd,
indem er das Register ungelesen zur Seite schob, "ich bin hier inkognito;
machen Sie es auch so!"



M. L. Nachfolgende Polizei=Verordnung vom Jahre 1335, die uns
einen Einblick in die damaligen Sitten und Gebräuche der alten Berliner
gewährt, wird für unsere Leser nicht ohne Jnteresse sein.



Wir Rathsmänner, alte und neue, von Berlin und Köln, bekennen des
Offenbaren in diesem Briefe, daß wir mit einem gemeinsamen Rathe überein-
gekommen sind, daß wir von Jahr zu Jahr gänzlich solche Stücke und
Dinge halten wollen, wie hernach in diesem Briefe geschrieben sind. Zum
ersten Male wollen wir, daß keine Frau noch Jungfrau an Armspangen
oder an Geschmeide mehr tragen soll, als eine halbe Mark wiegen mag,
und von feinen Perlen sollen sie nicht mehr tragen, als eine halbe Mark
werth sind. Auch soll keine Frau noch Jungfrau golddurchwirkte Tücher
tragen, noch goldene Reifen, und keine Jungfrau mehr tragen, als einen
Kranz über eine Mark werth. Ferner wollen wir, daß keine Frau noch
Jungfrau Zobelpelzwerk oder Borten tragen soll auf ihren Kleidern oder
Mänteln. Ferner wollen wir, daß ein Jeder, er sei Mann oder Frau,
seinem Eide gemäß, bei ihren Hochzeiten nicht mehr als vierzig Schüsseln
auf ihren Tisch setzen sollen, und zehn Schüsseln für das Gesinde und
drei Schüsseln für die Spielleute. Den Spielleuten soll man süßen Wein
geben, und nicht mehr. Und fünf Gerichte soll man zur Hochzeit geben
und zwei Leute zu einer Schüssel setzen, und nicht mehr. So wollen wir
auch, daß wenn eine Jungfrau einem Manne gegeben wird, oder eine Frau
sich verändert, daß man ihnen vergönnt, was ihnen gegeben wird, und
das sollen sie behalten, und Niemandem wiedergeben. Ferner wenn eine
Frau von einem Kinde zur Kirche geht, soll sie von Frauen nicht mehr
[Spaltenumbruch] bitten, als zu drei Schüsseln. Ferner wollen wir, daß Niemand nach der
letzten Glocke offnen Laden halten oder Bier schänken soll. Wo man dies
findet, da soll man den Wirth mit den Gästen pfänden. Nach der letzten
Glocke soll auch Niemand auf der Straße tanzen, es sei Mann oder Frau.
Auch soll Niemand höher oder mehr kegeln oder würfeln, als auf fünf
Schilling. Zum Letzten wollen wir, daß wenn Jemand außerhalb unserer
Stadt eine Frau oder Jungfrau nimmt und diese Frau oder Jungfrau ein
groß Geschmeide in unsere Stadt bringt, so soll sie es einen Monat
tragen, das ist vier Wochen und nicht mehr. Und die dies Statut brechen,
sollen den Rathmännern zehn Mark gehen, und die für die Verbrecher
Fürbitte thun, die sollen auch so viel geben.

Actum et datum Sabatho infra octavam, pace nostrarum Civitatum
sub sigillis. Anno Domini MCCC trigesimo quinto.



M. Die Stadt der Ehemänner. Caillaud, der französische Gelehrte
welcher Afrika vielfach bereist, berichtet von der in der lybischen Wüste
liegenden Stadt Syonah, daß daselbst nur Ehemänner wohnen dürfen.
Sobald die Knaben das Alter der Mannbarkeit erreicht haben, müssen sie
auf ein nahe gelegenes Dorf ziehen, und dürfen erst dann wieder zur
Stadt, wenn sie sich ein Mädchen zur Frau gewählt haben. Einer gleichen
Bestimmung sind auch die Witwer unterworfen.



M. L. Der Freiherr von Strunkede in Kleve beklagte sich im August
1732 bei dem König darüber, daß ein bürgerlicher Regierungsrath Pabst
in der Kirche auf dem den Ritterbürtigen zukommenden Sitze Platz ge-
nommen, und bittet Se. Majestät, dieser unbegrenzten Ambition des be-
treffenden Pabst Einhalt zu thun.

"Dieses sein Thorheit! Jn Berlin ist kein Rang; in Kleve muß keiner
sein. Wenn Pabst über mir sitzt in der Kirche, so bleibe ich doch, was
ich bin. Meine Extraction bleibet allezeit.     F. W."



W. Eine Heiligsprechung. Der Cardinal Mazarin erzählte gern fol-
gende Anekdote. Papst Urban VIII. hatte den Verwandten einer Familie heilig
gesprochen, welche ihm Anlaß zur Unzufriedenheit gab. Der Papst sagte
deshalb: Questa gente e molto ingrata; io ho beatificato uno de loro
parenti, che non lo meritava
. ( Dieses Volk ist doch sehr undankbar;
ich habe einen ihrer Verwandten heilig gesprochen, ohne daß er es verdiente. )



Briefkasten.

Dr. med. H. in H...e: Sie sollen es zurück erhalten. -- M. B. in
Berlin: Wir haben keine Verwendung dafür. -- F. W. Kr. in B.:
Jhre "Empfindungen" sollen durchaus nicht "in den Papierkorb wandern";
Sie müssen nur die Güte haben, uns etwas Zeit zu lassen. -- J. V. in
Düsseldorf: Sie sollen die verlangte Nummer erhalten. Das Gedicht
ist nicht recht geeignet für unser Blatt. -- A. L. in Cöslin und E. B.
in Z.: Wir sind zu überhäuft mit Gedichten.

[Ende Spaltensatz]

Zur Besprechung die Redaktion betreffender Angelegenheiten ist der Redakteur dieses Blattes jeden Montag und Dienstag von
12 bis 2 Uhr in dem Redaktionsbureau, Potsdamerstraße Nr. 20, anwesend, wohin auch alle Zusendungen erbeten werden.



Druck und Verlag von Franz Duncker in Berlin. -- Verantwortlicher Redakteur: Ernst Dohm in Berlin.

[Beginn Spaltensatz] Aussehen der Erde zu jener Zeit der Steinkohlenformation und der
Flora, die damals über die Erde verbreitet war, entwerfen.

Es ist kein gerade freundliches, immerhin aber ein originelles
Bild, das sich da vor unserem geistigen Auge entfaltet. Von den
Ländern, die heut aus dem Meer ragen, kaum schwache Ansätze. Ein-
zelne Jnseln nur, unsere heutigen Gebirgsländer, die Alpen, die schle-
sischen Gebirge ragten aus der Wassermasse hervor, nicht als Berg-
landschaften, sondern als sumpfige, vom Wasser bestandene Flachländer,
eingehüllt in eine dicke, neblige Atmosphäre, durch die nie die helle
Sonne, der blaue Himmel blickte.

An den Abhängen dieser Jnseln, an den Küsten oder in den vom
Meer abgeschlossenen Buchten, in beckenartigen Vertiefungen wuchs
unter dem Einfluß eines warmen Klima's und reichen Gehalts der
Atmosphäre an Kohlensäure und Wasserdämpfen eine Pflanzenwelt von
üppiger Fülle und wundersamsten Formen und Gestaltungen. Keine
Waldungen von dem freundlichen Anblick unserer Laubwälder, auch
keine Fichten und Tannenforste. Baumformen fehlten fast ganz jener
Vegetation; nur spärlich standen Nadelhölzer und einzelne Bäume, die
jetzt nur in unseren wärmeren Klimaten wachsen, Palmen und Cycaden.
Darum war aber keineswegs Mangel an Holzgewächsen von beträcht-
licher Größe, nur gehörten sie Familien an, die gegenwärtig als kleine,
krautartige Pflänzchen vorkommen. Bärlappen, Schachtel= und Stern-
[Spaltenumbruch] halme, von denen die größten jetzt vorkommenden Exemplare nicht höher
als drei bis vier Fuß werden, standen zur Kohlenzeit in Stämmen
von sechszig bis siebzig Fuß Höhe bei fünf Fuß Durchmesser. Siegel-
und Schuppenbäume wuchsen in großer Anzahl; baumartige Gräser,
ausgezeichnet durch ihre Leichtigkeit und bewegliche Schlankheit, Farren-
kräuter von palmenartigem Ansehn, aber minder schlank, schuppiger
und rauher als die Palmen und mit feinen und zierlich gezackten
Blättern, standen dicht gedrängt auf dem moorigen Grund; kraut-
artige, aber kräftige, holzreiche Gewächse, zu den Schachtelhalmen ge-
hörig, bedeckten mit ihren geschweiften Blättern die Wasserfläche. Um
die gewaltigen Stämme schlangen sich, reicher als in den sumpfigen
Urwäldern des Amazonenstromes, Schlingpflanzen und parasitische
Gewächse aller Art. Das Unterholz bildeten Farren, mannshohe
Gräser und Stigmarien, die mit ihrem weitverzweigten Wurzelwerk
schwimmende Hecken in den sumpfigen Niederungen bildeten, eine
üppige, aber einförmige, blüthenlose Vegetation. Wälder ohne Blu-
men, ohne Vögel, ohne Hirsche und Rehe, statt dessen belebt von
Scorpionen, Spinnen, Tausendfüßen, Reptilien und sonstigem
Gewürm.

Ein ähnlicher klimatischer Unterschied, wie er heut zwischen den
einzelnen Zonen der Erde stattfindet, kann damals unmöglich be-
standen haben.     ( Schluß folgt. )

[Ende Spaltensatz]

Lose Blätter.
[Beginn Spaltensatz]

W. Lafontaine, der berühmte Fabeldichter, dessen Gedichte sich durch
Eleganz der Sprache und anmuthige Naivetät auszeichnen, war sein ganzes
Leben hindurch ein sorgloses, fröhliches Kind, unbekümmert um den kom-
menden Tag, und — bei einem Schriftsteller eine Seltenheit — von Eitel-
keit völlig frei. Bei der ersten Aufführung seiner Oper „Daphne“ befand
er sich in einer Loge hinter mehreren Damen, die ihm unbekannt waren.
Bei den meisten Stellen des Stücks rief Lafontaine ein Mal über das
andere Mal: „Das ist ja abscheulich! Das ist erbärmlich!“ Die Damen,
welche sich über sein Schimpfen ärgerten, machten ihm Vorstellungen:
„Mein Herr, das ist gar nicht so schlecht; übrigens ist das Stück von
Lafontaine“. — „Ach was, meine Damen! Das hindert gar nicht, daß das
Stück nichts taugt. Der Lafontaine, von welchem Sie reden, ist ein
Dummkopf. Jch kenne ihn; ich bin es selbst“. Nach dem ersten Akt
ging er weg und begab sich in das Caf é Marion, wo er in einem Winkel
einschlief. Ein Herr von seiner Bekanntschaft trat ein, und erstaunt
darüber, ihn zu sehen, rief er aus: „Was? Lafontaine hier, und nicht bei
der ersten Aufführung seiner Oper?“ Bei diesen Worten erwachte der
Schriftsteller und sagte gähnend: „Jch habe den ersten Akt gesehen; aber
er hat mir so ausnehmend mißfallen, daß ich nichts mehr davon sehen
konnte. Jch bewundere die Geduld der Pariser.“



J. Beiderseitiges Jnkognito. Als Friedrich V., König von Däne-
mark, 1760 auf seiner Reise durch Holland in Amsterdam ankam, übergab
ihm eine dortige Magistratsperson ein Geschlechts=Register, durch welches
der Mann beweisen wollte, daß er von mütterlicher Seite her mit dem
Monarchen verwandt sei. „Herr Vetter“, erwiderte der König lächelnd,
indem er das Register ungelesen zur Seite schob, „ich bin hier inkognito;
machen Sie es auch so!“



M. L. Nachfolgende Polizei=Verordnung vom Jahre 1335, die uns
einen Einblick in die damaligen Sitten und Gebräuche der alten Berliner
gewährt, wird für unsere Leser nicht ohne Jnteresse sein.



Wir Rathsmänner, alte und neue, von Berlin und Köln, bekennen des
Offenbaren in diesem Briefe, daß wir mit einem gemeinsamen Rathe überein-
gekommen sind, daß wir von Jahr zu Jahr gänzlich solche Stücke und
Dinge halten wollen, wie hernach in diesem Briefe geschrieben sind. Zum
ersten Male wollen wir, daß keine Frau noch Jungfrau an Armspangen
oder an Geschmeide mehr tragen soll, als eine halbe Mark wiegen mag,
und von feinen Perlen sollen sie nicht mehr tragen, als eine halbe Mark
werth sind. Auch soll keine Frau noch Jungfrau golddurchwirkte Tücher
tragen, noch goldene Reifen, und keine Jungfrau mehr tragen, als einen
Kranz über eine Mark werth. Ferner wollen wir, daß keine Frau noch
Jungfrau Zobelpelzwerk oder Borten tragen soll auf ihren Kleidern oder
Mänteln. Ferner wollen wir, daß ein Jeder, er sei Mann oder Frau,
seinem Eide gemäß, bei ihren Hochzeiten nicht mehr als vierzig Schüsseln
auf ihren Tisch setzen sollen, und zehn Schüsseln für das Gesinde und
drei Schüsseln für die Spielleute. Den Spielleuten soll man süßen Wein
geben, und nicht mehr. Und fünf Gerichte soll man zur Hochzeit geben
und zwei Leute zu einer Schüssel setzen, und nicht mehr. So wollen wir
auch, daß wenn eine Jungfrau einem Manne gegeben wird, oder eine Frau
sich verändert, daß man ihnen vergönnt, was ihnen gegeben wird, und
das sollen sie behalten, und Niemandem wiedergeben. Ferner wenn eine
Frau von einem Kinde zur Kirche geht, soll sie von Frauen nicht mehr
[Spaltenumbruch] bitten, als zu drei Schüsseln. Ferner wollen wir, daß Niemand nach der
letzten Glocke offnen Laden halten oder Bier schänken soll. Wo man dies
findet, da soll man den Wirth mit den Gästen pfänden. Nach der letzten
Glocke soll auch Niemand auf der Straße tanzen, es sei Mann oder Frau.
Auch soll Niemand höher oder mehr kegeln oder würfeln, als auf fünf
Schilling. Zum Letzten wollen wir, daß wenn Jemand außerhalb unserer
Stadt eine Frau oder Jungfrau nimmt und diese Frau oder Jungfrau ein
groß Geschmeide in unsere Stadt bringt, so soll sie es einen Monat
tragen, das ist vier Wochen und nicht mehr. Und die dies Statut brechen,
sollen den Rathmännern zehn Mark gehen, und die für die Verbrecher
Fürbitte thun, die sollen auch so viel geben.

Actum et datum Sabatho infra octavam, pace nostrarum Civitatum
sub sigillis. Anno Domini MCCC trigesimo quinto.



M. Die Stadt der Ehemänner. Caillaud, der französische Gelehrte
welcher Afrika vielfach bereist, berichtet von der in der lybischen Wüste
liegenden Stadt Syonah, daß daselbst nur Ehemänner wohnen dürfen.
Sobald die Knaben das Alter der Mannbarkeit erreicht haben, müssen sie
auf ein nahe gelegenes Dorf ziehen, und dürfen erst dann wieder zur
Stadt, wenn sie sich ein Mädchen zur Frau gewählt haben. Einer gleichen
Bestimmung sind auch die Witwer unterworfen.



M. L. Der Freiherr von Strunkede in Kleve beklagte sich im August
1732 bei dem König darüber, daß ein bürgerlicher Regierungsrath Pabst
in der Kirche auf dem den Ritterbürtigen zukommenden Sitze Platz ge-
nommen, und bittet Se. Majestät, dieser unbegrenzten Ambition des be-
treffenden Pabst Einhalt zu thun.

„Dieses sein Thorheit! Jn Berlin ist kein Rang; in Kleve muß keiner
sein. Wenn Pabst über mir sitzt in der Kirche, so bleibe ich doch, was
ich bin. Meine Extraction bleibet allezeit.     F. W.“



W. Eine Heiligsprechung. Der Cardinal Mazarin erzählte gern fol-
gende Anekdote. Papst Urban VIII. hatte den Verwandten einer Familie heilig
gesprochen, welche ihm Anlaß zur Unzufriedenheit gab. Der Papst sagte
deshalb: Questa gente e molto ingrata; io ho beatificato uno de loro
parenti, che non lo meritava
. ( Dieses Volk ist doch sehr undankbar;
ich habe einen ihrer Verwandten heilig gesprochen, ohne daß er es verdiente. )



Briefkasten.

Dr. med. H. in H...e: Sie sollen es zurück erhalten. — M. B. in
Berlin: Wir haben keine Verwendung dafür. — F. W. Kr. in B.:
Jhre „Empfindungen“ sollen durchaus nicht „in den Papierkorb wandern“;
Sie müssen nur die Güte haben, uns etwas Zeit zu lassen. — J. V. in
Düsseldorf: Sie sollen die verlangte Nummer erhalten. Das Gedicht
ist nicht recht geeignet für unser Blatt. — A. L. in Cöslin und E. B.
in Z.: Wir sind zu überhäuft mit Gedichten.

[Ende Spaltensatz]

☞ Zur Besprechung die Redaktion betreffender Angelegenheiten ist der Redakteur dieses Blattes jeden Montag und Dienstag von
12 bis 2 Uhr in dem Redaktionsbureau, Potsdamerstraße Nr. 20, anwesend, wohin auch alle Zusendungen erbeten werden.



Druck und Verlag von Franz Duncker in Berlin. — Verantwortlicher Redakteur: Ernst Dohm in Berlin.

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[144/0008] 144 Aussehen der Erde zu jener Zeit der Steinkohlenformation und der Flora, die damals über die Erde verbreitet war, entwerfen. Es ist kein gerade freundliches, immerhin aber ein originelles Bild, das sich da vor unserem geistigen Auge entfaltet. Von den Ländern, die heut aus dem Meer ragen, kaum schwache Ansätze. Ein- zelne Jnseln nur, unsere heutigen Gebirgsländer, die Alpen, die schle- sischen Gebirge ragten aus der Wassermasse hervor, nicht als Berg- landschaften, sondern als sumpfige, vom Wasser bestandene Flachländer, eingehüllt in eine dicke, neblige Atmosphäre, durch die nie die helle Sonne, der blaue Himmel blickte. An den Abhängen dieser Jnseln, an den Küsten oder in den vom Meer abgeschlossenen Buchten, in beckenartigen Vertiefungen wuchs unter dem Einfluß eines warmen Klima's und reichen Gehalts der Atmosphäre an Kohlensäure und Wasserdämpfen eine Pflanzenwelt von üppiger Fülle und wundersamsten Formen und Gestaltungen. Keine Waldungen von dem freundlichen Anblick unserer Laubwälder, auch keine Fichten und Tannenforste. Baumformen fehlten fast ganz jener Vegetation; nur spärlich standen Nadelhölzer und einzelne Bäume, die jetzt nur in unseren wärmeren Klimaten wachsen, Palmen und Cycaden. Darum war aber keineswegs Mangel an Holzgewächsen von beträcht- licher Größe, nur gehörten sie Familien an, die gegenwärtig als kleine, krautartige Pflänzchen vorkommen. Bärlappen, Schachtel= und Stern- halme, von denen die größten jetzt vorkommenden Exemplare nicht höher als drei bis vier Fuß werden, standen zur Kohlenzeit in Stämmen von sechszig bis siebzig Fuß Höhe bei fünf Fuß Durchmesser. Siegel- und Schuppenbäume wuchsen in großer Anzahl; baumartige Gräser, ausgezeichnet durch ihre Leichtigkeit und bewegliche Schlankheit, Farren- kräuter von palmenartigem Ansehn, aber minder schlank, schuppiger und rauher als die Palmen und mit feinen und zierlich gezackten Blättern, standen dicht gedrängt auf dem moorigen Grund; kraut- artige, aber kräftige, holzreiche Gewächse, zu den Schachtelhalmen ge- hörig, bedeckten mit ihren geschweiften Blättern die Wasserfläche. Um die gewaltigen Stämme schlangen sich, reicher als in den sumpfigen Urwäldern des Amazonenstromes, Schlingpflanzen und parasitische Gewächse aller Art. Das Unterholz bildeten Farren, mannshohe Gräser und Stigmarien, die mit ihrem weitverzweigten Wurzelwerk schwimmende Hecken in den sumpfigen Niederungen bildeten, eine üppige, aber einförmige, blüthenlose Vegetation. Wälder ohne Blu- men, ohne Vögel, ohne Hirsche und Rehe, statt dessen belebt von Scorpionen, Spinnen, Tausendfüßen, Reptilien und sonstigem Gewürm. Ein ähnlicher klimatischer Unterschied, wie er heut zwischen den einzelnen Zonen der Erde stattfindet, kann damals unmöglich be- standen haben. ( Schluß folgt. ) Lose Blätter. W. Lafontaine, der berühmte Fabeldichter, dessen Gedichte sich durch Eleganz der Sprache und anmuthige Naivetät auszeichnen, war sein ganzes Leben hindurch ein sorgloses, fröhliches Kind, unbekümmert um den kom- menden Tag, und — bei einem Schriftsteller eine Seltenheit — von Eitel- keit völlig frei. Bei der ersten Aufführung seiner Oper „Daphne“ befand er sich in einer Loge hinter mehreren Damen, die ihm unbekannt waren. Bei den meisten Stellen des Stücks rief Lafontaine ein Mal über das andere Mal: „Das ist ja abscheulich! Das ist erbärmlich!“ Die Damen, welche sich über sein Schimpfen ärgerten, machten ihm Vorstellungen: „Mein Herr, das ist gar nicht so schlecht; übrigens ist das Stück von Lafontaine“. — „Ach was, meine Damen! Das hindert gar nicht, daß das Stück nichts taugt. Der Lafontaine, von welchem Sie reden, ist ein Dummkopf. Jch kenne ihn; ich bin es selbst“. Nach dem ersten Akt ging er weg und begab sich in das Caf é Marion, wo er in einem Winkel einschlief. Ein Herr von seiner Bekanntschaft trat ein, und erstaunt darüber, ihn zu sehen, rief er aus: „Was? Lafontaine hier, und nicht bei der ersten Aufführung seiner Oper?“ Bei diesen Worten erwachte der Schriftsteller und sagte gähnend: „Jch habe den ersten Akt gesehen; aber er hat mir so ausnehmend mißfallen, daß ich nichts mehr davon sehen konnte. Jch bewundere die Geduld der Pariser.“ J. Beiderseitiges Jnkognito. Als Friedrich V., König von Däne- mark, 1760 auf seiner Reise durch Holland in Amsterdam ankam, übergab ihm eine dortige Magistratsperson ein Geschlechts=Register, durch welches der Mann beweisen wollte, daß er von mütterlicher Seite her mit dem Monarchen verwandt sei. „Herr Vetter“, erwiderte der König lächelnd, indem er das Register ungelesen zur Seite schob, „ich bin hier inkognito; machen Sie es auch so!“ M. L. Nachfolgende Polizei=Verordnung vom Jahre 1335, die uns einen Einblick in die damaligen Sitten und Gebräuche der alten Berliner gewährt, wird für unsere Leser nicht ohne Jnteresse sein. Wir Rathsmänner, alte und neue, von Berlin und Köln, bekennen des Offenbaren in diesem Briefe, daß wir mit einem gemeinsamen Rathe überein- gekommen sind, daß wir von Jahr zu Jahr gänzlich solche Stücke und Dinge halten wollen, wie hernach in diesem Briefe geschrieben sind. Zum ersten Male wollen wir, daß keine Frau noch Jungfrau an Armspangen oder an Geschmeide mehr tragen soll, als eine halbe Mark wiegen mag, und von feinen Perlen sollen sie nicht mehr tragen, als eine halbe Mark werth sind. Auch soll keine Frau noch Jungfrau golddurchwirkte Tücher tragen, noch goldene Reifen, und keine Jungfrau mehr tragen, als einen Kranz über eine Mark werth. Ferner wollen wir, daß keine Frau noch Jungfrau Zobelpelzwerk oder Borten tragen soll auf ihren Kleidern oder Mänteln. Ferner wollen wir, daß ein Jeder, er sei Mann oder Frau, seinem Eide gemäß, bei ihren Hochzeiten nicht mehr als vierzig Schüsseln auf ihren Tisch setzen sollen, und zehn Schüsseln für das Gesinde und drei Schüsseln für die Spielleute. Den Spielleuten soll man süßen Wein geben, und nicht mehr. Und fünf Gerichte soll man zur Hochzeit geben und zwei Leute zu einer Schüssel setzen, und nicht mehr. So wollen wir auch, daß wenn eine Jungfrau einem Manne gegeben wird, oder eine Frau sich verändert, daß man ihnen vergönnt, was ihnen gegeben wird, und das sollen sie behalten, und Niemandem wiedergeben. Ferner wenn eine Frau von einem Kinde zur Kirche geht, soll sie von Frauen nicht mehr bitten, als zu drei Schüsseln. Ferner wollen wir, daß Niemand nach der letzten Glocke offnen Laden halten oder Bier schänken soll. Wo man dies findet, da soll man den Wirth mit den Gästen pfänden. Nach der letzten Glocke soll auch Niemand auf der Straße tanzen, es sei Mann oder Frau. Auch soll Niemand höher oder mehr kegeln oder würfeln, als auf fünf Schilling. Zum Letzten wollen wir, daß wenn Jemand außerhalb unserer Stadt eine Frau oder Jungfrau nimmt und diese Frau oder Jungfrau ein groß Geschmeide in unsere Stadt bringt, so soll sie es einen Monat tragen, das ist vier Wochen und nicht mehr. Und die dies Statut brechen, sollen den Rathmännern zehn Mark gehen, und die für die Verbrecher Fürbitte thun, die sollen auch so viel geben. Actum et datum Sabatho infra octavam, pace nostrarum Civitatum sub sigillis. Anno Domini MCCC trigesimo quinto. M. Die Stadt der Ehemänner. Caillaud, der französische Gelehrte welcher Afrika vielfach bereist, berichtet von der in der lybischen Wüste liegenden Stadt Syonah, daß daselbst nur Ehemänner wohnen dürfen. Sobald die Knaben das Alter der Mannbarkeit erreicht haben, müssen sie auf ein nahe gelegenes Dorf ziehen, und dürfen erst dann wieder zur Stadt, wenn sie sich ein Mädchen zur Frau gewählt haben. Einer gleichen Bestimmung sind auch die Witwer unterworfen. M. L. Der Freiherr von Strunkede in Kleve beklagte sich im August 1732 bei dem König darüber, daß ein bürgerlicher Regierungsrath Pabst in der Kirche auf dem den Ritterbürtigen zukommenden Sitze Platz ge- nommen, und bittet Se. Majestät, dieser unbegrenzten Ambition des be- treffenden Pabst Einhalt zu thun. „Dieses sein Thorheit! Jn Berlin ist kein Rang; in Kleve muß keiner sein. Wenn Pabst über mir sitzt in der Kirche, so bleibe ich doch, was ich bin. Meine Extraction bleibet allezeit. F. W.“ W. Eine Heiligsprechung. Der Cardinal Mazarin erzählte gern fol- gende Anekdote. Papst Urban VIII. hatte den Verwandten einer Familie heilig gesprochen, welche ihm Anlaß zur Unzufriedenheit gab. Der Papst sagte deshalb: Questa gente e molto ingrata; io ho beatificato uno de loro parenti, che non lo meritava. ( Dieses Volk ist doch sehr undankbar; ich habe einen ihrer Verwandten heilig gesprochen, ohne daß er es verdiente. ) Briefkasten. Dr. med. H. in H...e: Sie sollen es zurück erhalten. — M. B. in Berlin: Wir haben keine Verwendung dafür. — F. W. Kr. in B.: Jhre „Empfindungen“ sollen durchaus nicht „in den Papierkorb wandern“; Sie müssen nur die Güte haben, uns etwas Zeit zu lassen. — J. V. in Düsseldorf: Sie sollen die verlangte Nummer erhalten. Das Gedicht ist nicht recht geeignet für unser Blatt. — A. L. in Cöslin und E. B. in Z.: Wir sind zu überhäuft mit Gedichten. ☞ Zur Besprechung die Redaktion betreffender Angelegenheiten ist der Redakteur dieses Blattes jeden Montag und Dienstag von 12 bis 2 Uhr in dem Redaktionsbureau, Potsdamerstraße Nr. 20, anwesend, wohin auch alle Zusendungen erbeten werden. Druck und Verlag von Franz Duncker in Berlin. — Verantwortlicher Redakteur: Ernst Dohm in Berlin.

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Deutsches Textarchiv: Metadatenerfassung
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Susanne Haaf, Rahel Hartz, Nicole Postelt: Nachkorrektur und Vervollständigung der TEI/DTABf-Annotation
Rahel Hartz: Artikelstrukturierung

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Zitationshilfe: Sonntags-Blatt. Nr. 18. Berlin, 3. Mai 1868, S. 144. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_sonntagsblatt18_1868/8>, abgerufen am 15.08.2024.