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Social-politische Blätter. 2. Jahrgang, 8. Lieferung, Nr. 1. Berlin, 1. August 1874.

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8. Lief. Nr. 1.Berlin, 1. August 1874.2. Jahrgang.
Social-politische Blätter
zur
Unterhaltung u Belehrung
für
die deutschen Arbeiter


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Bestellungen
nehmen alle Postanstalten an; in Berlin
wird bei den Zeitungsspediteuren und
dem Verleger, C. Jhring's Nfgr., Dres-
denerstraße 84, abonnirt.

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Eigenthum der Lassalleaner.

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Diese Blätter
erscheinen regelmäßig jeden Sonnabend
und kosten auf der Post bestellt pro Quar-
tal 10 Sgr.; ein Monatsheft durch Col-
portage bezogen 4 Sgr.

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Das eherne Lohngesetz,

welches von der herrschenden Wissenschaft selbst gefunden
wurde, soll ein "Naturgesetz" sein, womit die herrschende
Richtung sagen will, daß man an dem traurigen Verhält-
niß zwischen Capital und Arbeit nichts ändern könne und
dürfe.

Lassalle hat, indem er das wiedergab, was die herrschende
Wissenschaft selbst aufgestellt hat, den Arbeitern das Lohn-
gesetz wie folgt verkündet:

"Das eherne ökonomische Gesetz, welches unter den
heutigen Verhältnissen, unter der Herrschaft von Ange-
bot und Nachfrage nach Arbeit den Arbeitslohn bestimmt,
ist dieses: daß der durchschnittliche Arbeitslohn immer
auf den nothwendigen Lebensunterhalt reducirt bleibt,
der in einem Volke gewohnheitsmäßig zur Fristung der
Existenz und zur Fortpflanzung erforderlich ist. Dies ist
der Punkt, um welchen der wirkliche Tageslohn in Pen-
delschwingungen jederzeit herum gravitirt, ohne sich je-
mals lange weder über denselben erheben, noch unter
denselben hinunterfallen zu können. Er kann sich nicht
dauernd über diesen Durchschnitt erheben -- denn sonst
entstünde durch die leichtere, bessere Lage der Arbeiter
eine Vermehrung der Arbeiterehen und der Arbeiter-
fortpflanzung, eine Vermehrung der Arbeiterbevölkerung
und somit des Angebots von Händen, welche den Arbeits-
lohn wieder auf und unter seinen früheren Stand herab-
drücken würde."

"Der Arbeitslohn kann auch nicht dauernd tief
unter diesen nothwendigen Lebensunterhalt fallen, denn
dann entstehen -- Auswanderungen, Ehelosigkeit, Ent-
haltung von der Kindererzeugung und endlich eine durch
Elend erzeugte Verminderung der Arbeiterzahl, welche
[Spaltenumbruch] somit das Angebot von Arbeiterhänden noch verringert
und den Arbeitslohn daher wieder auf den früheren
Stand zurückbringt."

"Der wirkliche durchschnittliche Arbeitslohn besteht
somit in der Bewegung, beständig um jenen seinen
Schwerpunkt, in den er fortdauernd zurücksinken muß,
herumzukreisen, bald etwas über demselben ( Periode der
Prosperität in allen oder einzelnen Arbeitszweigen ) , bald
etwas unter ihm zu stehen ( Periode des mehr oder
weniger allgemeinen Nothstandes und der Krisen ) ."

"Die Beschränkung des durchschnittlichen Arbeits-
lohnes auf die in einem Volke gewohnheitsmäßig zur
Fristung der Existenz und zur Fortpflanzung erforderliche
Lebensnothdurft -- das ist also, ich wiederhole es Jhnen,
das eherne und grausame Gesetz, welches den Arbeits-
lohn unter den heutigen Verhältnissen beherrscht."

"Dieses Gesetz kann von Niemand bestritten werden.
Jch könnte Jhnen für dasselbe eben so viele Gewährs-
männer anführen, als es große und berühmte Namen
in der national=ökonomischen Wissenschaft giebt, und zwar
aus der liberalen Schule selbst, denn gerade die liberale
ökonomische Schule ist es, welche selbst dieses Gesetz
entdeckt und nachgewiesen hat."

Als Lassalle auf diese Weise dem arbeitenden Volke
offen verkündet hatte, was bisher gewissermaßen ein Ge-
heimniß der gelehrten Kreise geblieben war, entstanden
Schrecken und Wuth. Anfangs suchte man das Gesetz selbst
zu leugnen; später aber, nachdem Lassalle durch Aussprüche
der anerkanntesten Vertreter der ökonomischen Wissenschaft
nachgewiesen, daß das Gesetz in der That anerkannt ist,
wurde ein anderer Kunstgriff versucht. Man behauptet
nämlich: Dieses Gesetz ist ein Naturgesetz.

Das "eherne Gesetz" steht, wie gesagt, fest und es zu
leugnen kann die liberale Bourgeoisieökonomie, nachdem sie
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nehmen alle Postanstalten an; in Berlin
wird bei den Zeitungsspediteuren und
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Das eherne Lohngesetz,

welches von der herrschenden Wissenschaft selbst gefunden
wurde, soll ein „Naturgesetz“ sein, womit die herrschende
Richtung sagen will, daß man an dem traurigen Verhält-
niß zwischen Capital und Arbeit nichts ändern könne und
dürfe.

Lassalle hat, indem er das wiedergab, was die herrschende
Wissenschaft selbst aufgestellt hat, den Arbeitern das Lohn-
gesetz wie folgt verkündet:

„Das eherne ökonomische Gesetz, welches unter den
heutigen Verhältnissen, unter der Herrschaft von Ange-
bot und Nachfrage nach Arbeit den Arbeitslohn bestimmt,
ist dieses: daß der durchschnittliche Arbeitslohn immer
auf den nothwendigen Lebensunterhalt reducirt bleibt,
der in einem Volke gewohnheitsmäßig zur Fristung der
Existenz und zur Fortpflanzung erforderlich ist. Dies ist
der Punkt, um welchen der wirkliche Tageslohn in Pen-
delschwingungen jederzeit herum gravitirt, ohne sich je-
mals lange weder über denselben erheben, noch unter
denselben hinunterfallen zu können. Er kann sich nicht
dauernd über diesen Durchschnitt erheben — denn sonst
entstünde durch die leichtere, bessere Lage der Arbeiter
eine Vermehrung der Arbeiterehen und der Arbeiter-
fortpflanzung, eine Vermehrung der Arbeiterbevölkerung
und somit des Angebots von Händen, welche den Arbeits-
lohn wieder auf und unter seinen früheren Stand herab-
drücken würde.“

„Der Arbeitslohn kann auch nicht dauernd tief
unter diesen nothwendigen Lebensunterhalt fallen, denn
dann entstehen — Auswanderungen, Ehelosigkeit, Ent-
haltung von der Kindererzeugung und endlich eine durch
Elend erzeugte Verminderung der Arbeiterzahl, welche
[Spaltenumbruch] somit das Angebot von Arbeiterhänden noch verringert
und den Arbeitslohn daher wieder auf den früheren
Stand zurückbringt.“

„Der wirkliche durchschnittliche Arbeitslohn besteht
somit in der Bewegung, beständig um jenen seinen
Schwerpunkt, in den er fortdauernd zurücksinken muß,
herumzukreisen, bald etwas über demselben ( Periode der
Prosperität in allen oder einzelnen Arbeitszweigen ) , bald
etwas unter ihm zu stehen ( Periode des mehr oder
weniger allgemeinen Nothstandes und der Krisen ) .“

„Die Beschränkung des durchschnittlichen Arbeits-
lohnes auf die in einem Volke gewohnheitsmäßig zur
Fristung der Existenz und zur Fortpflanzung erforderliche
Lebensnothdurft — das ist also, ich wiederhole es Jhnen,
das eherne und grausame Gesetz, welches den Arbeits-
lohn unter den heutigen Verhältnissen beherrscht.“

„Dieses Gesetz kann von Niemand bestritten werden.
Jch könnte Jhnen für dasselbe eben so viele Gewährs-
männer anführen, als es große und berühmte Namen
in der national=ökonomischen Wissenschaft giebt, und zwar
aus der liberalen Schule selbst, denn gerade die liberale
ökonomische Schule ist es, welche selbst dieses Gesetz
entdeckt und nachgewiesen hat.“

Als Lassalle auf diese Weise dem arbeitenden Volke
offen verkündet hatte, was bisher gewissermaßen ein Ge-
heimniß der gelehrten Kreise geblieben war, entstanden
Schrecken und Wuth. Anfangs suchte man das Gesetz selbst
zu leugnen; später aber, nachdem Lassalle durch Aussprüche
der anerkanntesten Vertreter der ökonomischen Wissenschaft
nachgewiesen, daß das Gesetz in der That anerkannt ist,
wurde ein anderer Kunstgriff versucht. Man behauptet
nämlich: Dieses Gesetz ist ein Naturgesetz.

Das „eherne Gesetz“ steht, wie gesagt, fest und es zu
leugnen kann die liberale Bourgeoisieökonomie, nachdem sie
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Zitationshilfe: Social-politische Blätter. 2. Jahrgang, 8. Lieferung, Nr. 1. Berlin, 1. August 1874, S. [181]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_social0801_1874/1>, abgerufen am 17.05.2024.