[N. N.]: Neuer Lust- und Lehrreicher Schau-Platz. Nürnberg, 1685.Wie man sich zur Zeit des Krieges in den Schrancken der Neutralität zu verhalten. NIemand vermag länger Friede zu halten/ als sein Nachbar will/ und weit besser ist ein Stücke Brod hinter dem Ofen mit Ruhe/ als die delicatesten Tractamenten bey einem über sich hangendem blosen Schwerdte. Wer ohne Gefahr seines Reiches Neutral zu bleiben vermag/ der thut sehr weislich; wo aber nicht/ der soll sein Schwerdt nicht in der Scheide stecken lassen. Die Neutralität ist zuweilen Judic. c. 21. v. 10. nützlich/ zuweilen auch gefährlich. Da die zu Jabes in Gilead sich in dem jenigen Kriege Neutral verhielten/ welchen das gantze Israel widerden Stamm Benjamin führete/ und diese Letzeren den Kürtzern zogen/ schickten Jene 12000 Mann nach Jabes/ und liessen Alles niederhauen/ 2. lib. Chron. c. 35. v. 20 bis auf vierhundert Jungfrauen. Der fromme König Josias hätte sich der Neutralität/ da der Aegyptische König Necho zu Felde zoge/ gar wohl bedienen können; nichts desto weniger aber blieb Er bey seiner Meinung/ begab sich in die Schlacht/ und büsste darüber sein Leben ein. Christop. Besold. de Foed. jur. de Neutral. c. 8. Ihrer Viel von denen Politicis sind der Meinung/ daß weise Potentaten sich der Neutralität/ so viel Ihnen möglich/ enthalten sollen. Es ist nicht eine geringe Gefahr/ wann sich zwischen benachtbarten Potentaten ein Krieg ereignet / daß man sich uf keine Seite schlage. Da dorten deß Livius lib. 35. 49. Königes Abgesandten die Achdeer überreden wollten/ daß Sie sich in den jenigen Krieg/ welchen die Römer mit dem Antiocho führeten / nicht einflechten/ sondern stille sitzen/ und demselben nur zusehen möchten / widerriethe Ihnen solches der Römische Bürgemeister Titus Quintius Flamminius / und sagte: Daß/ wofern Sie bey dieser Gelegenheit die Waffen nicht ergriffen / sie sich wider ihren Willen/ und mit schlechter Reputation dem Uberwinder zum Raube und Ausbeute geben würden. Die Messiner hatten die Arcadier und Lacedämonier zu Nachbarn. Da nun zwischen diesen Beyden ein hefftiger Krieg entstund/ wollten sich Jene nicht darein mischen/ ungeachtet daß die Lacedämonier hiebevor ihre Feinde/ die Arcadier aber ihre Bunds-Verwandten gewesen/ nachdem aber die Lacedämonier endlich wieder mit ihren Feinden Friede machten/ überzogen sie mit hellen Hauffen die Messiner/ und weil diese sich von ihren Nachbarn den Arcadiern keine Hülffe zu getrösten hatten/ wurden sie von denenselben überwunden/ Der Neutralität Nutzen. geschlagen/ und mit Weibern und Kindern in die Dienstbarkeit geführet. Etliche halten dafür/ daß der jenige/ welcher sich zwischen zweyen benachbarten/ und kriegerischen Theilen unpartheyischer Weise erzeige/ am Boterus de Principe. besten thue: Denn Er würde von Beyden respectiret und gefürchtet/ indem sich ein Jeder besorgte/ Er möchte sich zum Gegentheil schlagen: Er wäre Christop. Weikhman. hierinne gleichsam ein Schiedesmann zwischen Beyden/ und zugleich sein selbst eigener Herr und Meister. Er schaffte sich einen Nutzen mit deme/ was gegenwärtig/ und gebrauchte sich der Zeit und der Gelegenheit/ welche die besten Rathschläge mit sich brächten/ durch welches Mittel dann die Respublic Venedig nicht allein bishero sich erhalten/ sondern auch ihren Staat dadurch vermehret: Zudem so hätte auch ein solcher keinen öffent- Wie man sich zur Zeit des Krieges in den Schrancken der Neutralität zu verhalten. NIemand vermag länger Friede zu halten/ als sein Nachbar will/ und weit besser ist ein Stücke Brod hinter dem Ofen mit Ruhe/ als die delicatesten Tractamenten bey einem über sich hangendem blosen Schwerdte. Wer ohne Gefahr seines Reiches Neutral zu bleiben vermag/ der thut sehr weislich; wo aber nicht/ der soll sein Schwerdt nicht in der Scheide stecken lassen. Die Neutralität ist zuweilen Judic. c. 21. v. 10. nützlich/ zuweilen auch gefährlich. Da die zu Jabes in Gilead sich in dem jenigen Kriege Neutral verhielten/ welchen das gantze Israel widerden Stamm Benjamin führete/ und diese Letzeren den Kürtzern zogen/ schickten Jene 12000 Mann nach Jabes/ und liessen Alles niederhauen/ 2. lib. Chron. c. 35. v. 20 bis auf vierhundert Jungfrauen. Der fromme König Josias hätte sich der Neutralität/ da der Aegyptische König Necho zu Felde zoge/ gar wohl bedienen können; nichts desto weniger aber blieb Er bey seiner Meinung/ begab sich in die Schlacht/ und büsste darüber sein Leben ein. Christop. Besold. de Foed. jur. de Neutral. c. 8. Ihrer Viel von denen Politicis sind der Meinung/ daß weise Potentaten sich der Neutralität/ so viel Ihnen möglich/ enthalten sollen. Es ist nicht eine geringe Gefahr/ wann sich zwischen benachtbarten Potentaten ein Krieg ereignet / daß man sich uf keine Seite schlage. Da dorten deß Livius lib. 35. 49. Königes Abgesandten die Achdeer überreden wollten/ daß Sie sich in den jenigen Krieg/ welchen die Römer mit dem Antiocho führeten / nicht einflechten/ sondern stille sitzen/ und demselben nur zusehen möchten / widerriethe Ihnen solches der Römische Bürgemeister Titus Quintius Flamminius / und sagte: Daß/ wofern Sie bey dieser Gelegenheit die Waffen nicht ergriffen / sie sich wider ihren Willen/ und mit schlechter Reputation dem Uberwinder zum Raube und Ausbeute geben würden. Die Messiner hatten die Arcadier und Lacedämonier zu Nachbarn. Da nun zwischen diesen Beyden ein hefftiger Krieg entstund/ wollten sich Jene nicht darein mischen/ ungeachtet daß die Lacedämonier hiebevor ihre Feinde/ die Arcadier aber ihre Bunds-Verwandten gewesen/ nachdem aber die Lacedämonier endlich wieder mit ihren Feinden Friede machten/ überzogen sie mit hellen Hauffen die Messiner/ und weil diese sich von ihren Nachbarn den Arcadiern keine Hülffe zu getrösten hatten/ wurden sie von denenselben überwunden/ Der Neutralität Nutzen. geschlagen/ und mit Weibern und Kindern in die Dienstbarkeit geführet. Etliche halten dafür/ daß der jenige/ welcher sich zwischen zweyen benachbarten/ und kriegerischen Theilen unpartheyischer Weise erzeige/ am Boterus de Principe. besten thue: Denn Er würde von Beyden respectiret und gefürchtet/ indem sich ein Jeder besorgte/ Er möchte sich zum Gegentheil schlagen: Er wäre Christop. Weikhman. hierinne gleichsam ein Schiedesmann zwischen Beyden/ und zugleich sein selbst eigener Herr und Meister. Er schaffte sich einen Nutzen mit deme/ was gegenwärtig/ und gebrauchte sich der Zeit und der Gelegenheit/ welche die besten Rathschläge mit sich brächten/ durch welches Mittel dann die Respublic Venedig nicht allein bishero sich erhalten/ sondern auch ihren Staat dadurch vermehret: Zudem so hätte auch ein solcher keinen öffent- <TEI> <text> <body> <div> <pb facs="#f0417" n="385"/> <p>Wie man sich zur Zeit des Krieges in den Schrancken der Neutralität zu verhalten.</p> <p>NIemand vermag länger Friede zu halten/ als sein Nachbar will/ und weit besser ist ein Stücke Brod hinter dem Ofen mit Ruhe/ als die delicatesten Tractamenten bey einem über sich hangendem blosen Schwerdte. Wer ohne Gefahr seines Reiches Neutral zu bleiben vermag/ der thut sehr weislich; wo aber nicht/ der soll sein Schwerdt nicht in der Scheide stecken lassen. Die Neutralität ist zuweilen <note place="right">Judic. c. 21. v. 10.</note> nützlich/ zuweilen auch gefährlich. Da die zu Jabes in Gilead sich in dem jenigen Kriege Neutral verhielten/ welchen das gantze Israel widerden Stamm Benjamin führete/ und diese Letzeren den Kürtzern zogen/ schickten Jene 12000 Mann nach Jabes/ und liessen Alles niederhauen/ <note place="right">2. lib. Chron. c. 35. v. 20</note> bis auf vierhundert Jungfrauen. Der fromme König Josias hätte sich der Neutralität/ da der Aegyptische König Necho zu Felde zoge/ gar wohl bedienen können; nichts desto weniger aber blieb Er bey seiner Meinung/ begab sich in die Schlacht/ und büsste darüber sein Leben ein.</p> <p><note place="right">Christop. Besold. de Foed. jur. de Neutral. c. 8.</note> Ihrer Viel von denen Politicis sind der Meinung/ daß weise Potentaten sich der Neutralität/ so viel Ihnen möglich/ enthalten sollen. Es ist nicht eine geringe Gefahr/ wann sich zwischen benachtbarten Potentaten ein Krieg ereignet / daß man sich uf keine Seite schlage. Da dorten deß <note place="right">Livius lib. 35. 49.</note> Königes Abgesandten die Achdeer überreden wollten/ daß Sie sich in den jenigen Krieg/ welchen die Römer mit dem Antiocho führeten / nicht einflechten/ sondern stille sitzen/ und demselben nur zusehen möchten / widerriethe Ihnen solches der Römische Bürgemeister Titus Quintius Flamminius / und sagte: Daß/ wofern Sie bey dieser Gelegenheit die Waffen nicht ergriffen / sie sich wider ihren Willen/ und mit schlechter Reputation dem Uberwinder zum Raube und Ausbeute geben würden. Die Messiner hatten die Arcadier und Lacedämonier zu Nachbarn. Da nun zwischen diesen Beyden ein hefftiger Krieg entstund/ wollten sich Jene nicht darein mischen/ ungeachtet daß die Lacedämonier hiebevor ihre Feinde/ die Arcadier aber ihre Bunds-Verwandten gewesen/ nachdem aber die Lacedämonier endlich wieder mit ihren Feinden Friede machten/ überzogen sie mit hellen Hauffen die Messiner/ und weil diese sich von ihren Nachbarn den Arcadiern keine Hülffe zu getrösten hatten/ wurden sie von denenselben überwunden/ <note place="right">Der Neutralität Nutzen.</note> geschlagen/ und mit Weibern und Kindern in die Dienstbarkeit geführet. Etliche halten dafür/ daß der jenige/ welcher sich zwischen zweyen benachbarten/ und kriegerischen Theilen unpartheyischer Weise erzeige/ am <note place="right">Boterus de Principe.</note> besten thue: Denn Er würde von Beyden respectiret und gefürchtet/ indem sich ein Jeder besorgte/ Er möchte sich zum Gegentheil schlagen: Er wäre <note place="right">Christop. Weikhman.</note> hierinne gleichsam ein Schiedesmann zwischen Beyden/ und zugleich sein selbst eigener Herr und Meister. Er schaffte sich einen Nutzen mit deme/ was gegenwärtig/ und gebrauchte sich der Zeit und der Gelegenheit/ welche die besten Rathschläge mit sich brächten/ durch welches Mittel dann die Respublic Venedig nicht allein bishero sich erhalten/ sondern auch ihren Staat dadurch vermehret: Zudem so hätte auch ein solcher keinen öffent- </p> </div> </body> </text> </TEI> [385/0417]
Wie man sich zur Zeit des Krieges in den Schrancken der Neutralität zu verhalten.
NIemand vermag länger Friede zu halten/ als sein Nachbar will/ und weit besser ist ein Stücke Brod hinter dem Ofen mit Ruhe/ als die delicatesten Tractamenten bey einem über sich hangendem blosen Schwerdte. Wer ohne Gefahr seines Reiches Neutral zu bleiben vermag/ der thut sehr weislich; wo aber nicht/ der soll sein Schwerdt nicht in der Scheide stecken lassen. Die Neutralität ist zuweilen nützlich/ zuweilen auch gefährlich. Da die zu Jabes in Gilead sich in dem jenigen Kriege Neutral verhielten/ welchen das gantze Israel widerden Stamm Benjamin führete/ und diese Letzeren den Kürtzern zogen/ schickten Jene 12000 Mann nach Jabes/ und liessen Alles niederhauen/ bis auf vierhundert Jungfrauen. Der fromme König Josias hätte sich der Neutralität/ da der Aegyptische König Necho zu Felde zoge/ gar wohl bedienen können; nichts desto weniger aber blieb Er bey seiner Meinung/ begab sich in die Schlacht/ und büsste darüber sein Leben ein.
Judic. c. 21. v. 10.
2. lib. Chron. c. 35. v. 20 Ihrer Viel von denen Politicis sind der Meinung/ daß weise Potentaten sich der Neutralität/ so viel Ihnen möglich/ enthalten sollen. Es ist nicht eine geringe Gefahr/ wann sich zwischen benachtbarten Potentaten ein Krieg ereignet / daß man sich uf keine Seite schlage. Da dorten deß Königes Abgesandten die Achdeer überreden wollten/ daß Sie sich in den jenigen Krieg/ welchen die Römer mit dem Antiocho führeten / nicht einflechten/ sondern stille sitzen/ und demselben nur zusehen möchten / widerriethe Ihnen solches der Römische Bürgemeister Titus Quintius Flamminius / und sagte: Daß/ wofern Sie bey dieser Gelegenheit die Waffen nicht ergriffen / sie sich wider ihren Willen/ und mit schlechter Reputation dem Uberwinder zum Raube und Ausbeute geben würden. Die Messiner hatten die Arcadier und Lacedämonier zu Nachbarn. Da nun zwischen diesen Beyden ein hefftiger Krieg entstund/ wollten sich Jene nicht darein mischen/ ungeachtet daß die Lacedämonier hiebevor ihre Feinde/ die Arcadier aber ihre Bunds-Verwandten gewesen/ nachdem aber die Lacedämonier endlich wieder mit ihren Feinden Friede machten/ überzogen sie mit hellen Hauffen die Messiner/ und weil diese sich von ihren Nachbarn den Arcadiern keine Hülffe zu getrösten hatten/ wurden sie von denenselben überwunden/ geschlagen/ und mit Weibern und Kindern in die Dienstbarkeit geführet. Etliche halten dafür/ daß der jenige/ welcher sich zwischen zweyen benachbarten/ und kriegerischen Theilen unpartheyischer Weise erzeige/ am besten thue: Denn Er würde von Beyden respectiret und gefürchtet/ indem sich ein Jeder besorgte/ Er möchte sich zum Gegentheil schlagen: Er wäre hierinne gleichsam ein Schiedesmann zwischen Beyden/ und zugleich sein selbst eigener Herr und Meister. Er schaffte sich einen Nutzen mit deme/ was gegenwärtig/ und gebrauchte sich der Zeit und der Gelegenheit/ welche die besten Rathschläge mit sich brächten/ durch welches Mittel dann die Respublic Venedig nicht allein bishero sich erhalten/ sondern auch ihren Staat dadurch vermehret: Zudem so hätte auch ein solcher keinen öffent-
Christop. Besold. de Foed. jur. de Neutral. c. 8.
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Zitationshilfe: | [N. N.]: Neuer Lust- und Lehrreicher Schau-Platz. Nürnberg, 1685, S. 385. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_schauplatz_1685/417>, abgerufen am 16.02.2025. |