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[N. N.]: Neuer Lust- und Lehrreicher Schau-Platz. Nürnberg, 1685.

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starcken Nach-Geburt läge/ welches sie hernacher durch lecken und beissen von den jungen Bähren hinwegbrächte/ und sie also ihre rechte Gestalt bekämen. Der Bär/ insonderheit aber die Bährin / ist an sich selbst ein geiles und unkeusches Thier/ dahero man von denen/ die in den Wollüsten ersoffen/ das Sprichwort gemacht/ daß sie geiler als die Bären wären. Sie tragen zu ihren Jungen grosse Liebe/ suchen ihren Schutz auf das beste/ und werden gleichsam rasend/ so ihnen eines von denenselben Oseas. entführet wird. Dahero der Prophet Oseas von ihnen das Gleichnüs genommen/ und im Nahmen des HERRN zu den Israeliten gesagt: Ich will sie anfallen wie eine Bährin/ derer ihre Junge geraubet. Deß Bärs Feinde sind der Lötte/ Auer-Ochse/ Stier/ Esel/ Pferd/ und das Meer-Kalb / welches er am meisten fürchtet. Nachdem die Länder/ und Wildnüsse/ nachdem findet man auch grosse und kleine Bäre. Aus Littauen hat man einesmahls Keyser Maximiliano einen Bähren zugeschicket/ welcher 22 1/2 Schuh lang/ und so breit gewesen seyn solle. In den Mitternächtischen Ländern finden sich weisse Bäre / welche das Eis aufbrechen/ und die Fische herfür suchen/ ingleichen in Moscau / und andern Oertern mehr/ so grossen Schaden in dem wilden Honige thun. Insonderheit aber frisst der Bär nebenst dem Honige auch Obst/ Hierse/ Kraut / und allerhand Saat von dem Getreyde/ auch bey grossen Hunger/ das neue ausgeschlagene Laub/ und junge Schößlein von den Bäumen. Er säufft nicht/ wie ein ander Thier/ sondern beisset in das Wasser/ wie in die Speise. Wenn er sich überfüllet/ soll ser einen Ameyß-Hauffen suchen/ seine geifrige Zunge darein stecken/ und so sie voller Ameyssen/ zurükke in den Rachen ziehen. Er ist von Natur tückisch/ und ob man schon ihrer viel findet/ die den Ansehen nach zahm gemacht/ so lassen sie gleichwohl/ ehe man sich dessen versiehet / ihre Tücke zuweilen blicken; So es gegen dem Winter gehet/ macht er sich eine Hütte/ oder Lager von Reissige/ schläfft darinne ganzer 14. Tage/ und wird darüber gantz fett und feiste/ setzet sich hernacher auf die Hinter-Füsse/ und sauget die Klauten oder Tatzen: Beyde das Weiblein und Männlein sollen ihr besonderes Lager haben. Wie sie gefangen werden/ das wissen die in diesen Chur-Sächsischen Landender Tägerey zugethane am besten. In Churland macht man / gleich wie an andern Orten auch gewisse Bähren-Gruben. Denn man füget etliche Balken zusammen/ hänget einen grossen mit Steinen beschwehrten Block daran / und bindet an denselben ein Aas. Sobald nun der Bär darvon fressen will/ und das jenige Zünglein/ so den Block hält/ berühret/ fällt er zu/ und tödtet entweder den Bär/ oder schlägt ihm ein Bein oder Tatze hinweg. Von dem Bäre führet man etliche Sprichwörter: Wann nemlich Einer Widersinnig/ oder mit sich selbsten redet/ so sagt man: Er brumme wie ein Bär: Desgleichen wenn man sich eines Dinges rühmet/ und vermag dasselbe nicht auszuführen/ so spricht man: Er verkaufft die Bären-Haut/ und hat den Bär nicht gestochen: Die Egyptier/ wann sie ein unförmliches Kind sahen/ so hernacher schöner ward/ und dasselbe abbilden wollten/ mahlten sie eine trächtige Bärin/ wodurch sie anzeigen wollten/ daß dieses Thier unzeitige Jungen gebähre/ welche sie durch das Lecken formieren/ und gleichsam von neuen zeitigen müste. Von einem Bauer in Moscau will man erzehlen/ daß/ als er auf einen Baum gestiegen/ und darinne Honig gesucht/ sey er in denselben biß über die Brust gefallen. Wie er nun an die zwey Tage lang daselbst gesteckt/ und sich aller Hülffe verziehen/ wäre ein Bär auf den Baum gestiegen kommen/ und habe allda

starcken Nach-Geburt läge/ welches sie hernacher durch lecken und beissen von den jungen Bähren hinwegbrächte/ und sie also ihre rechte Gestalt bekämen. Der Bär/ insonderheit aber die Bährin / ist an sich selbst ein geiles und unkeusches Thier/ dahero man von denen/ die in den Wollüsten ersoffen/ das Sprichwort gemacht/ daß sie geiler als die Bären wären. Sie tragen zu ihren Jungen grosse Liebe/ suchen ihren Schutz auf das beste/ und werden gleichsam rasend/ so ihnen eines von denenselben Oseas. entführet wird. Dahero der Prophet Oseas von ihnen das Gleichnüs genommen/ und im Nahmen des HERRN zu den Israeliten gesagt: Ich will sie anfallen wie eine Bährin/ derer ihre Junge geraubet. Deß Bärs Feinde sind der Lötte/ Auer-Ochse/ Stier/ Esel/ Pferd/ und das Meer-Kalb / welches er am meisten fürchtet. Nachdem die Länder/ und Wildnüsse/ nachdem findet man auch grosse und kleine Bäre. Aus Littauen hat man einesmahls Keyser Maximiliano einen Bähren zugeschicket/ welcher 22 1/2 Schuh lang/ und so breit gewesen seyn solle. In den Mitternächtischen Ländern finden sich weisse Bäre / welche das Eis aufbrechen/ und die Fische herfür suchen/ ingleichen in Moscau / und andern Oertern mehr/ so grossen Schaden in dem wilden Honige thun. Insonderheit aber frisst der Bär nebenst dem Honige auch Obst/ Hierse/ Kraut / und allerhand Saat von dem Getreyde/ auch bey grossen Hunger/ das neue ausgeschlagene Laub/ und junge Schößlein von den Bäumen. Er säufft nicht/ wie ein ander Thier/ sondern beisset in das Wasser/ wie in die Speise. Wenn er sich überfüllet/ soll ser einen Ameyß-Hauffen suchen/ seine geifrige Zunge darein stecken/ und so sie voller Ameyssen/ zurükke in den Rachen ziehen. Er ist von Natur tückisch/ und ob man schon ihrer viel findet/ die den Ansehen nach zahm gemacht/ so lassen sie gleichwohl/ ehe man sich dessen versiehet / ihre Tücke zuweilen blicken; So es gegen dem Winter gehet/ macht er sich eine Hütte/ oder Lager von Reissige/ schläfft darinne ganzer 14. Tage/ und wird darüber gantz fett und feiste/ setzet sich hernacher auf die Hinter-Füsse/ und sauget die Klauten oder Tatzen: Beyde das Weiblein und Männlein sollen ihr besonderes Lager haben. Wie sie gefangen werden/ das wissen die in diesen Chur-Sächsischen Landender Tägerey zugethane am besten. In Churland macht man / gleich wie an andern Orten auch gewisse Bähren-Gruben. Denn man füget etliche Balken zusammen/ hänget einen grossen mit Steinen beschwehrten Block daran / und bindet an denselben ein Aas. Sobald nun der Bär darvon fressen will/ und das jenige Zünglein/ so den Block hält/ berühret/ fällt er zu/ und tödtet entweder den Bär/ oder schlägt ihm ein Bein oder Tatze hinweg. Von dem Bäre führet man etliche Sprichwörter: Wann nemlich Einer Widersinnig/ oder mit sich selbsten redet/ so sagt man: Er brumme wie ein Bär: Desgleichen wenn man sich eines Dinges rühmet/ und vermag dasselbe nicht auszuführen/ so spricht man: Er verkaufft die Bären-Haut/ und hat den Bär nicht gestochen: Die Egyptier/ wann sie ein unförmliches Kind sahen/ so hernacher schöner ward/ und dasselbe abbilden wollten/ mahlten sie eine trächtige Bärin/ wodurch sie anzeigen wollten/ daß dieses Thier unzeitige Jungen gebähre/ welche sie durch das Lecken formieren/ und gleichsam von neuen zeitigen müste. Von einem Bauer in Moscau will man erzehlen/ daß/ als er auf einen Baum gestiegen/ und darinne Honig gesucht/ sey er in denselben biß über die Brust gefallen. Wie er nun an die zwey Tage lang daselbst gesteckt/ und sich aller Hülffe verziehen/ wäre ein Bär auf den Baum gestiegen kommen/ und habe allda

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[250/0280] starcken Nach-Geburt läge/ welches sie hernacher durch lecken und beissen von den jungen Bähren hinwegbrächte/ und sie also ihre rechte Gestalt bekämen. Der Bär/ insonderheit aber die Bährin / ist an sich selbst ein geiles und unkeusches Thier/ dahero man von denen/ die in den Wollüsten ersoffen/ das Sprichwort gemacht/ daß sie geiler als die Bären wären. Sie tragen zu ihren Jungen grosse Liebe/ suchen ihren Schutz auf das beste/ und werden gleichsam rasend/ so ihnen eines von denenselben entführet wird. Dahero der Prophet Oseas von ihnen das Gleichnüs genommen/ und im Nahmen des HERRN zu den Israeliten gesagt: Ich will sie anfallen wie eine Bährin/ derer ihre Junge geraubet. Deß Bärs Feinde sind der Lötte/ Auer-Ochse/ Stier/ Esel/ Pferd/ und das Meer-Kalb / welches er am meisten fürchtet. Nachdem die Länder/ und Wildnüsse/ nachdem findet man auch grosse und kleine Bäre. Aus Littauen hat man einesmahls Keyser Maximiliano einen Bähren zugeschicket/ welcher 22 1/2 Schuh lang/ und so breit gewesen seyn solle. In den Mitternächtischen Ländern finden sich weisse Bäre / welche das Eis aufbrechen/ und die Fische herfür suchen/ ingleichen in Moscau / und andern Oertern mehr/ so grossen Schaden in dem wilden Honige thun. Insonderheit aber frisst der Bär nebenst dem Honige auch Obst/ Hierse/ Kraut / und allerhand Saat von dem Getreyde/ auch bey grossen Hunger/ das neue ausgeschlagene Laub/ und junge Schößlein von den Bäumen. Er säufft nicht/ wie ein ander Thier/ sondern beisset in das Wasser/ wie in die Speise. Wenn er sich überfüllet/ soll ser einen Ameyß-Hauffen suchen/ seine geifrige Zunge darein stecken/ und so sie voller Ameyssen/ zurükke in den Rachen ziehen. Er ist von Natur tückisch/ und ob man schon ihrer viel findet/ die den Ansehen nach zahm gemacht/ so lassen sie gleichwohl/ ehe man sich dessen versiehet / ihre Tücke zuweilen blicken; So es gegen dem Winter gehet/ macht er sich eine Hütte/ oder Lager von Reissige/ schläfft darinne ganzer 14. Tage/ und wird darüber gantz fett und feiste/ setzet sich hernacher auf die Hinter-Füsse/ und sauget die Klauten oder Tatzen: Beyde das Weiblein und Männlein sollen ihr besonderes Lager haben. Wie sie gefangen werden/ das wissen die in diesen Chur-Sächsischen Landender Tägerey zugethane am besten. In Churland macht man / gleich wie an andern Orten auch gewisse Bähren-Gruben. Denn man füget etliche Balken zusammen/ hänget einen grossen mit Steinen beschwehrten Block daran / und bindet an denselben ein Aas. Sobald nun der Bär darvon fressen will/ und das jenige Zünglein/ so den Block hält/ berühret/ fällt er zu/ und tödtet entweder den Bär/ oder schlägt ihm ein Bein oder Tatze hinweg. Von dem Bäre führet man etliche Sprichwörter: Wann nemlich Einer Widersinnig/ oder mit sich selbsten redet/ so sagt man: Er brumme wie ein Bär: Desgleichen wenn man sich eines Dinges rühmet/ und vermag dasselbe nicht auszuführen/ so spricht man: Er verkaufft die Bären-Haut/ und hat den Bär nicht gestochen: Die Egyptier/ wann sie ein unförmliches Kind sahen/ so hernacher schöner ward/ und dasselbe abbilden wollten/ mahlten sie eine trächtige Bärin/ wodurch sie anzeigen wollten/ daß dieses Thier unzeitige Jungen gebähre/ welche sie durch das Lecken formieren/ und gleichsam von neuen zeitigen müste. Von einem Bauer in Moscau will man erzehlen/ daß/ als er auf einen Baum gestiegen/ und darinne Honig gesucht/ sey er in denselben biß über die Brust gefallen. Wie er nun an die zwey Tage lang daselbst gesteckt/ und sich aller Hülffe verziehen/ wäre ein Bär auf den Baum gestiegen kommen/ und habe allda Oseas.

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Zitationshilfe: [N. N.]: Neuer Lust- und Lehrreicher Schau-Platz. Nürnberg, 1685, S. 250. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_schauplatz_1685/280>, abgerufen am 30.11.2024.