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Reichspost. Nr. 140, Wien, 21.06.1904.

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140 Wien, Dienstag Reichspost 21. Juni 1904

[Spaltenumbruch]

geschriebenen, mit 1 Krone gestempelten Gesuche,
welche mit dem Geburtsdokumente, Heimatschein,
Mittellosigkeitszeugnisse und den Zeugnissen über
ihre Vorbildung (absolvierte Bürgerschule) ver-
sehen sein müssen, bis längstens 10. September
bei der Kammer 1. Bezirk, Wipplingerstraße 34,
einzubringen.

Genossenschaft der Gastwirte in Wien.

Am Mittwoch den 6. Juli 1904, nachmittags
präzise 1/24 Uhr findet in der Volkshalle im
Neuen Rathause für das erste Semester 1904 die
feierliche Freisprechung jener Lehrlinge des Gast-
wirtsgewerbes statt, welche mit Ende dieses
Jahres ihre Lehrlingszeit vollendet haben.




Vereinsnachrichten.
§ Christlich-soziale Arbeiter-Bezirksorgani-
sation.

Sonntag den 26. Juni um 1/23 Uhr nach-
mittags findet im Raimundtheater eine Separat-
Vorstellung zu Gunsten obiger Organisation statt.
Zur Aufführung gelangt: "Drei Tage in Schliersee"
Bauernposse mit Gesang und Tanz in drei Aufzügen
von G. G. Bankl. Dargestellt wird dieses Stück
von den Mitgliedern des oberbayrischen Bauern-
theaters unter der Direktion M. Dengg. Da zu
dieser Vorstellung die Preise der Karten enorm
herabgesetzt wurden und außerdem eine schöne
Bauernposse zur Aufführung gelangt, werden alle,
die sich einen vergnügten Nachmittag bereiten und
ein schönes Stück ansehen wollen, aufmerksam ge-
macht, sich schon jetzt an den unten angeführten Ver-
kaufsstellen mit Karten zu versorgen, da jetzt noch
solche zu allen Preisen zu haben sind. Karten sind
zu haben:
In der Verwaltung der christlich-sozialen
Arbeiter-Zeitung, 7. Bezirk, Kaiserstraße 8; ferner
im 5. Bezirke: Witzmanns Gasthaus, Reinprechts-
dorferstraße 53. 6. Bezirk: Gemeinderat Franz
Schwarz, Stumpergasse 6, J. Kunstmüller, Maria-
hilferstraße 27, Franz Josef Schadek, Bezirksvorstand,
Barnabitengasse 6, Maidlinger & Rainer, Gumpen-
dorferstraße 39, R. Rath, Morizgasse 1, A. Anderle,
Mittelgasse 10, A. Schremser, Mollardgasse 10,
Restaurant Laßmann Gumpendorferstraße 144,
F. Kußnik, Millergasse 21, sowie jeden Samstag
von 8 bis 1/210 Uhr abends in den Zahlstellen des
christlich-sozialen Arbeitervereines: Knotz' Gasthaus,
Kaunitzgasse 7 und Treipls Gasthaus, Millergasse 31.
12. Bezirk: Franz Jakesch, Teichackergasse 5. 13. Be-
zirk: J. Zahradnik, Linzerstraße 16.

§ Der Erste Wiener Kneippverein

christlicher Frauen hält am Sonntag den 26. Juni
6 Uhr abends im Sitzungssaale des alten Rat-
hauses 1. Bez., Wipplingerstraße 8, die 34. Vereins-
versammlung ab. Es werden Vorträge über das
Kneippsche Naturheilverfahren und über die in
[Spaltenumbruch] demselben enthaltenen Winke und Ratschläge für
Gesunde und Kranke unverfälscht und rein nur
von wahren Kneippaposteln gehalten. Für die
Damen ist der Jahresbeitrag 1 Krone. Die Herren
als unterstützende Mitglieder entrichten 2 Kronen.
Arme sind von jeder Zahlung enthoben. Beitritts-
erklärungen werden bereitwilligst durch die Buch-
handlung "Austria", Sonnenfelsgasse 21, ferner
in der Vereinskanzlei beim Obmanne Adalbert
Hollas, 2. Bez., Malzgasse 1 und in den Vereins-
versammlungen der letzten Sonntage im Monate
entgegengenommen.




Volkswirtschaftlicher Teil.
Von der Eisenfirma Echinger und
Fernau.

Seitens des Vertreters der Firma
Echinger und Fernau wurden folgende Punkte
behufs Bewilligung eines Moratoriums stipuliert
und den Gläubigern zur Annahme empfohlen:
Der Firma Echinger und Fernau wird ein
Moratorium bis 30. Juni 1906 zur Zahlung
ihrer Schulden samt 5%igen Zinsen in Raten
bewilligt. Bleibt die Firma mit einer Rate im
Rückstande, dann sind die Gläubiger an dieses
Uebereinkommen nicht gebunden. Die Kosten der zu
bestellenden Vertrauensmänner fallen zu Lasten
der notleidenden Firma; das Ueberwachungs-
komitee, die Firmen Gustav Chaudoir u. Co.,
Petzold u. Co., der Wiener Kreditorenverein,
nomine Fritz Fischl und die Niederösterreichische
Eskomptegesellschaft, erklärt, während der Mora-
toriumsdauer keine gerichtlichen Schritte einzu-
leiten und die eingeleiteten einzustellen.

Der Krieg und der Export nach Ost-
asien.

Die Staatsbahnen geben bezüglich der
Uebernahme von Sendungen nach ostasiatischen
Stationen bekannt, daß "bis auf weiteres Sen-
dungen nach Stationen der Sibirischen, der
Transbaikal-Eisenbahn, der Chinesischen Ostbahn
und der Ussuri-Eisenbahn nur dann zur Beförde-
rung anzunehmen sind, wenn hiezu vom Absender
die Genehmigung der Eisenbahnabteilung des
russischen Großen Generalstabes oder des Leiters
der russischen Truppentransporte oder des be-
treffenden russischen Bahnhofskommandanten bei-
gebracht wird." -- Bezüglich der bisherigen Rück-
wirkungen des Krieges auf den Export nach
Ostasien ist einem Berichte des österreichisch-
ungarischen Generalkonsulats in Hamburg zu ent-
nehmen: Die Schiffsexpeditionen konnten nach
Ostasien mit Ausnahme der russischen Häfen, in
[Spaltenumbruch] aller Regelmäßigkeit erfolgen; es hat den An-
schein, daß der russisch-japanische Krieg in mancher
Beziehung in letzter Zeit eher einen vorteilhaften
als schädigenden Einfluß auf den hamburgi-
schen Schiffsdienst und Export ausgeübt hat
und daß mit den Erfolgen der Japaner sich auch
wieder mehr Vertrauen zu den Geschäften Japans
einstellt. Auch nach vorliegenden Nachrichten ist
dort im allgemeinen durchaus kein nennenswerter
Rückgang zu verzeichnen. Fühlbar macht sich die
fortdauernde Unterbrechung des Verkehres mit
den russischen Häfen im fernen Osten; dagegen
werden laut neuester russischer Verfügung im
Eisenbahnverkehre mit Sibirien nunmehr sämt-
liche Eilgüter ohne jeden Aufenthalt bis zur
Station Baikal der Transbailalbahn angenommen
und weiter befördert. Für gewöhnliche Güterzugs-
sendungen ist die letzte Station Krasnojarsk
unweit Jenissej. Das mit dem Ausbruche des
russisch-japanischen Krieges gesteigerte Mißtrauen
zu den Geschäftsverhältnissen in China ist bisher
nicht geschwunden. Die unbestimmte politische
Situation und eine angebliche starke Depression
unter den chinesischen Kaufleuten wirken lähmend
auf den Handel ein; die Transaktionen für China
waren daher sehr beschränkt.

K. k. österreichische Staatsbahnen.

Die
Transporteinnahmen der k. k. österreichischen
Staatsbahnen und der vom Staate für eigene
Rechnung betriebenen Bahnen hatten im Monate
Mai 1904, beziehungsweise in den ersten vier
Monaten d. J., folgendes Ergebnis: Befördert
wurden: 4,760.600 Personen, 2,826.300 Tonnen
Güter. Einnaymen: für Personen und Gepäck
6,066.300 Kronen, für Güter 15,376.800 Kronen.
Die provisorische Ermittlung der Transport-
einnahmen im Monate Mai ergab für das west-
liche Staatsbahnnetz aus dem Personenverkehre
eine Einnahme von 4,388.800 Kronen, aus dem
Güterverkehre von 10,765.600 Kronen, für das
östliche Netz aus dem Personenverkehre von
1 677.500 Kronen, aus dem Güterverkehre von
4 611.200 Kronen. Im Vergleiche mit dem
definitiven Ergebnisse des Monats Mai v. J. er-
brachte der Personenverkehr des Berichtsmonats
eine Mehreinnahme von 355.142 Kronen mit
454.700 Reisenden, wogegen sich im Güterverkehre
eine Mindereinnahme von 332.571 Kvonen ergab.




Lottoziehungen am 18. Juni.

Wien 8 79 50 9 48

Graz 44 3 85 69 16




[Spaltenumbruch]

1 [Nachdruck verboten].

Selma Alraun.

"Aber Friedel", unterbrach ich ihn, "was
sprichst du da? Ich vermisse heute an dir ganz
eine Eigenschaft, die dich sonst immer aus-
zeichnete." "Und die wäre?" "Die richtige
Unterscheidungsgabe. Was haben denn die Blau-
strümpfe, um schon in deinem Idiom zu sprechen,
mit Emanzipation und Frauenrechtlerei zu tun?
Ist geistiges Streben an das Geschlecht gebunden?"

Friedel dachte doch zu richtig, um die Ver-
mengung der Begriffe nicht einzusehen und ent-
gegnete nach kurzer Pause: "Nun gut, im Prinzip
will ich ja dem weiblichen Geschlechte die Be-
rechtigung nicht aberkennen, seine Gefühle durch
Tinte und Druckerschwärze der Welt zu vermitteln.
Aber meinen Beifall wird das nie haben!"

"So würdest du also einen Blaustrumpf, bei-
spielsweise diese Selma Alraun, wenn sie noch zu
erlangen wäre, nicht heiraten?" "Gewiß nicht,
und diese Raben- und Adlerfeindin schon gar nicht,
das schwör ich!" Und Friedel machte ein dem Ernste
entsprechendes Gesicht.

"Und", sprach ich weiter, "wenn du dich in
eine schriftstellernde Dame verlieben würdest, wenn
sie hold, schön, liebenswürdig ...." "Genug,
genug!" unterbrach mich Friedel, "unter keinen
Umständen! Ich hab's beschworen und du kennst
ja Schillers Worte: Ewigkeit geschwornen Eiden!
Aber" und hier fiel Friedel aus dem pathe-
tischen Tone "ich bin nur gekommen, um dir
zu sagen, daß ich morgen Wien auf einige Zeit
verlasse". -- "Auf wie lange" fragte ich, "und
wohin geht die Reise?" -- "Wie lange ich ferne
bleibe, weiß ich nicht, und das Wohin ist mir auch
noch nicht genau bekannt. Vor allem gehe ich
nach Abbazia, das ich trotz meines vielen Umher-
streifens noch nicht kenne. Es liegt etwas abseits
von der gewöhnlichen Reiseroute. Dann geht es
jedenfalls wieder einmal in's wälsche Land. Ich
[Spaltenumbruch] werde dir, wie gewöhnlich, die Orte im voraus
angeben, an welchem ich deine freundlichen Zeilen
erwarte. Und nun leb' wohl!" -- "Leb' wohl!"
rief ich dem Weggehenden nach -- "und wenn du
eine Selma Alraun triffst, erinnere dich!" --
und noch aus dem Vorgemache tönte mir Friedels
Stimme: "Ewigkeit geschwornen Eiden!"

Mehrere Tage vergingen, endlich lief folgen-
der Brief meines Freundes ein:

Abbazia den 9. Februar 1903. Mein lieber
Freund! Morgen gehe ich wieder von hier weg.
Ich habe nun Abbazia vollständig kennen gelernt
und somit ist jeder Grund zu längerem Aufent-
halte verschwunden. Die Masse von Hotels,
Dependencen, Pensionen, Restaurants u. s. w., die
den ohnehin schmalen Küstenstrich unheimlich ver-
engen, haben zu wenig Verlockendes. Vor andern
Kurorten, deren ich ja schon so viele gesehen habe,
zeichnet sich Abbazia nicht aus. Von den Kranken,
die hier Genesung suchen, ist noch nie einer ge-
sund geworden. Die Gesunden, welche die Be-
gleitung der Kranken bilden und die natürlich in
größerer Anzahl hier auftreten, werden auch hier
für die aufopferungsfähigsten Seelen gehalten,
welche den teuren Leidenden nicht verlassen wollen
und in ihrem Samariterwerke "mit bluten-
dem Herzen" jede Unterhaltung mit-
machen. Dabei ist es manchesmal sehr lang-
weilig und immer sehr teuer. Das sind so einige
wenige Aehnlichkeiten, die Abbazia mit anderen
Kurorten z. B. Nizza hat, mit dem es übrigens
in keiner anderen Hinsicht verglichen werden kann.
Ich habe auch einige neu entstandene Seekurorte
an den benachbarten Küsten besucht, denn der
Drang der Einheimischen, auf Kosten der Fremden
zu leben, wird immer mächtiger. Allein diese Kur-
orte verhalten sich, was ihr Aussehen betrifft, zu
Abbazia allenfalls, wie kotige Stallpintscher zu
einem gewaschenen und geschniegelten Windspiel.
Das ist eben der erkennbare Unterschied. Du siehst
also, mich hält hier nichts länger zurück und
morgen geht's von hier. In einem nächsten Briefe
[Spaltenumbruch] werde ich dir den Ort angeben können, an welchem
ich deine Zeilen erwarte. Dein Friedel.

Nach mehr als einer Woche erhielt ich aber-
mals ein Schreiben Friedels. Wie erstaunte ich
aber, daß dieser Brief ebenfalls von Abbazia
datiert war, das er ja schon so lange verlassen
haben sollte. Das Schreiben lautete:

Abbazia den 18. Februar 1893. Mein lieber
Freund! Ich kann mir den staunenden Ausdruck
deines Antlitzes lebhaft vorstellen, wenn du als
Absendungsort dieser Epistel Abbazia liest. Zur
Erklärung des Widerspruches, der zwischen dem
Inhalte meines letzten Schreibens und meinem
verlängerten Aufenthaltsorte hierorts herrscht, ver-
weise ich dich auf eine stattliche Anzahl von dir
jedenfalls bekannten Sprichwörtern, deren hervor-
ragendstes lautet: Der Mensch denkt u. s. w. Doch
ich glaube, daß die Erwähnung dieses Universal-
pflasters, welches über alle gebrochenen Vorsätze
gelegt wird, dich nicht ganz befriedigt und du
darfst von deinem Freunde erwarten, daß er dich
informiert. Mein lieber, lieber Freund! Du siehst
an dem zweifachen Epitheton, daß es mir sehr
darum zu tun ist, in dir eine mir günstige
Stimmung zu erwecken. So höre denn, warum ich
noch am Quarnero weile: sie heißt Laura! Ich
müßte dich nicht kennen, wenn ich nun noch
zweifelte, daß dir die Situation vollständig klar
sei. Doch nun zu näherem Bericht. Am selben Tage
an dem ich dir meinen Entschluß meldete, von
Abbazia wegzugehen schneite der Himmel -- es
schneite an dem Tage wirklich, was für den süd-
lichen Kurort ganz ausnehmend paßte und die
kranken Kurgäste mit ihren sich aufopfernden An-
gehörigen und Freunden hockten in den Zimmern
-- also schneite der Himmel einen Engel zu uns
herab, die vorgenannte Laura. Ich will sie dir
nicht weiter beschreiben, da du sie jedenfalls
kennen lernen wirst. Höchstens verweise ich dich auf
Wielands Schilderung: "Denk dir ein Weib im
reinsten Jugendlicht", und auf weitere [einschlgige]
Zitate.

[Fortsetzung folgt]


140 Wien, Dienstag Reichspoſt 21. Juni 1904

[Spaltenumbruch]

geſchriebenen, mit 1 Krone geſtempelten Geſuche,
welche mit dem Geburtsdokumente, Heimatſchein,
Mittelloſigkeitszeugniſſe und den Zeugniſſen über
ihre Vorbildung (abſolvierte Bürgerſchule) ver-
ſehen ſein müſſen, bis längſtens 10. September
bei der Kammer 1. Bezirk, Wipplingerſtraße 34,
einzubringen.

Genoſſenſchaft der Gaſtwirte in Wien.

Am Mittwoch den 6. Juli 1904, nachmittags
präziſe ½4 Uhr findet in der Volkshalle im
Neuen Rathauſe für das erſte Semeſter 1904 die
feierliche Freiſprechung jener Lehrlinge des Gaſt-
wirtsgewerbes ſtatt, welche mit Ende dieſes
Jahres ihre Lehrlingszeit vollendet haben.




Vereinsnachrichten.
§ Chriſtlich-ſoziale Arbeiter-Bezirksorgani-
ſation.

Sonntag den 26. Juni um ½3 Uhr nach-
mittags findet im Raimundtheater eine Separat-
Vorſtellung zu Gunſten obiger Organiſation ſtatt.
Zur Aufführung gelangt: „Drei Tage in Schlierſee“
Bauernpoſſe mit Geſang und Tanz in drei Aufzügen
von G. G. Bankl. Dargeſtellt wird dieſes Stück
von den Mitgliedern des oberbayriſchen Bauern-
theaters unter der Direktion M. Dengg. Da zu
dieſer Vorſtellung die Preiſe der Karten enorm
herabgeſetzt wurden und außerdem eine ſchöne
Bauernpoſſe zur Aufführung gelangt, werden alle,
die ſich einen vergnügten Nachmittag bereiten und
ein ſchönes Stück anſehen wollen, aufmerkſam ge-
macht, ſich ſchon jetzt an den unten angeführten Ver-
kaufsſtellen mit Karten zu verſorgen, da jetzt noch
ſolche zu allen Preiſen zu haben ſind. Karten ſind
zu haben:
In der Verwaltung der chriſtlich-ſozialen
Arbeiter-Zeitung, 7. Bezirk, Kaiſerſtraße 8; ferner
im 5. Bezirke: Witzmanns Gaſthaus, Reinprechts-
dorferſtraße 53. 6. Bezirk: Gemeinderat Franz
Schwarz, Stumpergaſſe 6, J. Kunſtmüller, Maria-
hilferſtraße 27, Franz Joſef Schadek, Bezirksvorſtand,
Barnabitengaſſe 6, Maidlinger & Rainer, Gumpen-
dorferſtraße 39, R. Rath, Morizgaſſe 1, A. Anderle,
Mittelgaſſe 10, A. Schremſer, Mollardgaſſe 10,
Reſtaurant Laßmann Gumpendorferſtraße 144,
F. Kußnik, Millergaſſe 21, ſowie jeden Samstag
von 8 bis ½10 Uhr abends in den Zahlſtellen des
chriſtlich-ſozialen Arbeitervereines: Knotz’ Gaſthaus,
Kaunitzgaſſe 7 und Treipls Gaſthaus, Millergaſſe 31.
12. Bezirk: Franz Jakeſch, Teichackergaſſe 5. 13. Be-
zirk: J. Zahradnik, Linzerſtraße 16.

§ Der Erſte Wiener Kneippverein

chriſtlicher Frauen hält am Sonntag den 26. Juni
6 Uhr abends im Sitzungsſaale des alten Rat-
hauſes 1. Bez., Wipplingerſtraße 8, die 34. Vereins-
verſammlung ab. Es werden Vorträge über das
Kneippſche Naturheilverfahren und über die in
[Spaltenumbruch] demſelben enthaltenen Winke und Ratſchläge für
Geſunde und Kranke unverfälſcht und rein nur
von wahren Kneippapoſteln gehalten. Für die
Damen iſt der Jahresbeitrag 1 Krone. Die Herren
als unterſtützende Mitglieder entrichten 2 Kronen.
Arme ſind von jeder Zahlung enthoben. Beitritts-
erklärungen werden bereitwilligſt durch die Buch-
handlung „Auſtria“, Sonnenfelsgaſſe 21, ferner
in der Vereinskanzlei beim Obmanne Adalbert
Hollas, 2. Bez., Malzgaſſe 1 und in den Vereins-
verſammlungen der letzten Sonntage im Monate
entgegengenommen.




Volkswirtſchaftlicher Teil.
Von der Eiſenfirma Echinger und
Fernau.

Seitens des Vertreters der Firma
Echinger und Fernau wurden folgende Punkte
behufs Bewilligung eines Moratoriums ſtipuliert
und den Gläubigern zur Annahme empfohlen:
Der Firma Echinger und Fernau wird ein
Moratorium bis 30. Juni 1906 zur Zahlung
ihrer Schulden ſamt 5%igen Zinſen in Raten
bewilligt. Bleibt die Firma mit einer Rate im
Rückſtande, dann ſind die Gläubiger an dieſes
Uebereinkommen nicht gebunden. Die Koſten der zu
beſtellenden Vertrauensmänner fallen zu Laſten
der notleidenden Firma; das Ueberwachungs-
komitee, die Firmen Guſtav Chaudoir u. Co.,
Petzold u. Co., der Wiener Kreditorenverein,
nomine Fritz Fiſchl und die Niederöſterreichiſche
Eskomptegeſellſchaft, erklärt, während der Mora-
toriumsdauer keine gerichtlichen Schritte einzu-
leiten und die eingeleiteten einzuſtellen.

Der Krieg und der Export nach Oſt-
aſien.

Die Staatsbahnen geben bezüglich der
Uebernahme von Sendungen nach oſtaſiatiſchen
Stationen bekannt, daß „bis auf weiteres Sen-
dungen nach Stationen der Sibiriſchen, der
Transbaikal-Eiſenbahn, der Chineſiſchen Oſtbahn
und der Uſſuri-Eiſenbahn nur dann zur Beförde-
rung anzunehmen ſind, wenn hiezu vom Abſender
die Genehmigung der Eiſenbahnabteilung des
ruſſiſchen Großen Generalſtabes oder des Leiters
der ruſſiſchen Truppentransporte oder des be-
treffenden ruſſiſchen Bahnhofskommandanten bei-
gebracht wird.“ — Bezüglich der bisherigen Rück-
wirkungen des Krieges auf den Export nach
Oſtaſien iſt einem Berichte des öſterreichiſch-
ungariſchen Generalkonſulats in Hamburg zu ent-
nehmen: Die Schiffsexpeditionen konnten nach
Oſtaſien mit Ausnahme der ruſſiſchen Häfen, in
[Spaltenumbruch] aller Regelmäßigkeit erfolgen; es hat den An-
ſchein, daß der ruſſiſch-japaniſche Krieg in mancher
Beziehung in letzter Zeit eher einen vorteilhaften
als ſchädigenden Einfluß auf den hamburgi-
ſchen Schiffsdienſt und Export ausgeübt hat
und daß mit den Erfolgen der Japaner ſich auch
wieder mehr Vertrauen zu den Geſchäften Japans
einſtellt. Auch nach vorliegenden Nachrichten iſt
dort im allgemeinen durchaus kein nennenswerter
Rückgang zu verzeichnen. Fühlbar macht ſich die
fortdauernde Unterbrechung des Verkehres mit
den ruſſiſchen Häfen im fernen Oſten; dagegen
werden laut neueſter ruſſiſcher Verfügung im
Eiſenbahnverkehre mit Sibirien nunmehr ſämt-
liche Eilgüter ohne jeden Aufenthalt bis zur
Station Baikal der Transbailalbahn angenommen
und weiter befördert. Für gewöhnliche Güterzugs-
ſendungen iſt die letzte Station Krasnojarsk
unweit Jeniſſej. Das mit dem Ausbruche des
ruſſiſch-japaniſchen Krieges geſteigerte Mißtrauen
zu den Geſchäftsverhältniſſen in China iſt bisher
nicht geſchwunden. Die unbeſtimmte politiſche
Situation und eine angebliche ſtarke Depreſſion
unter den chineſiſchen Kaufleuten wirken lähmend
auf den Handel ein; die Transaktionen für China
waren daher ſehr beſchränkt.

K. k. öſterreichiſche Staatsbahnen.

Die
Transporteinnahmen der k. k. öſterreichiſchen
Staatsbahnen und der vom Staate für eigene
Rechnung betriebenen Bahnen hatten im Monate
Mai 1904, beziehungsweiſe in den erſten vier
Monaten d. J., folgendes Ergebnis: Befördert
wurden: 4,760.600 Perſonen, 2,826.300 Tonnen
Güter. Einnaymen: für Perſonen und Gepäck
6,066.300 Kronen, für Güter 15,376.800 Kronen.
Die proviſoriſche Ermittlung der Transport-
einnahmen im Monate Mai ergab für das weſt-
liche Staatsbahnnetz aus dem Perſonenverkehre
eine Einnahme von 4,388.800 Kronen, aus dem
Güterverkehre von 10,765.600 Kronen, für das
öſtliche Netz aus dem Perſonenverkehre von
1 677.500 Kronen, aus dem Güterverkehre von
4 611.200 Kronen. Im Vergleiche mit dem
definitiven Ergebniſſe des Monats Mai v. J. er-
brachte der Perſonenverkehr des Berichtsmonats
eine Mehreinnahme von 355.142 Kronen mit
454.700 Reiſenden, wogegen ſich im Güterverkehre
eine Mindereinnahme von 332.571 Kvonen ergab.




Lottoziehungen am 18. Juni.

Wien 8 79 50 9 48

Graz 44 3 85 69 16




[Spaltenumbruch]

1 [Nachdruck verboten].

Selma Alraun.

„Aber Friedel“, unterbrach ich ihn, „was
ſprichſt du da? Ich vermiſſe heute an dir ganz
eine Eigenſchaft, die dich ſonſt immer aus-
zeichnete.“ „Und die wäre?“ „Die richtige
Unterſcheidungsgabe. Was haben denn die Blau-
ſtrümpfe, um ſchon in deinem Idiom zu ſprechen,
mit Emanzipation und Frauenrechtlerei zu tun?
Iſt geiſtiges Streben an das Geſchlecht gebunden?“

Friedel dachte doch zu richtig, um die Ver-
mengung der Begriffe nicht einzuſehen und ent-
gegnete nach kurzer Pauſe: „Nun gut, im Prinzip
will ich ja dem weiblichen Geſchlechte die Be-
rechtigung nicht aberkennen, ſeine Gefühle durch
Tinte und Druckerſchwärze der Welt zu vermitteln.
Aber meinen Beifall wird das nie haben!“

„So würdeſt du alſo einen Blauſtrumpf, bei-
ſpielsweiſe dieſe Selma Alraun, wenn ſie noch zu
erlangen wäre, nicht heiraten?“ „Gewiß nicht,
und dieſe Raben- und Adlerfeindin ſchon gar nicht,
das ſchwör ich!“ Und Friedel machte ein dem Ernſte
entſprechendes Geſicht.

„Und“, ſprach ich weiter, „wenn du dich in
eine ſchriftſtellernde Dame verlieben würdeſt, wenn
ſie hold, ſchön, liebenswürdig ....“ „Genug,
genug!“ unterbrach mich Friedel, „unter keinen
Umſtänden! Ich hab’s beſchworen und du kennſt
ja Schillers Worte: Ewigkeit geſchwornen Eiden!
Aber“ und hier fiel Friedel aus dem pathe-
tiſchen Tone „ich bin nur gekommen, um dir
zu ſagen, daß ich morgen Wien auf einige Zeit
verlaſſe“. — „Auf wie lange“ fragte ich, „und
wohin geht die Reiſe?“ — „Wie lange ich ferne
bleibe, weiß ich nicht, und das Wohin iſt mir auch
noch nicht genau bekannt. Vor allem gehe ich
nach Abbazia, das ich trotz meines vielen Umher-
ſtreifens noch nicht kenne. Es liegt etwas abſeits
von der gewöhnlichen Reiſeroute. Dann geht es
jedenfalls wieder einmal in’s wälſche Land. Ich
[Spaltenumbruch] werde dir, wie gewöhnlich, die Orte im voraus
angeben, an welchem ich deine freundlichen Zeilen
erwarte. Und nun leb’ wohl!“ — „Leb’ wohl!“
rief ich dem Weggehenden nach — „und wenn du
eine Selma Alraun triffſt, erinnere dich!“ —
und noch aus dem Vorgemache tönte mir Friedels
Stimme: „Ewigkeit geſchwornen Eiden!“

Mehrere Tage vergingen, endlich lief folgen-
der Brief meines Freundes ein:

Abbazia den 9. Februar 1903. Mein lieber
Freund! Morgen gehe ich wieder von hier weg.
Ich habe nun Abbazia vollſtändig kennen gelernt
und ſomit iſt jeder Grund zu längerem Aufent-
halte verſchwunden. Die Maſſe von Hotels,
Dependencen, Penſionen, Reſtaurants u. ſ. w., die
den ohnehin ſchmalen Küſtenſtrich unheimlich ver-
engen, haben zu wenig Verlockendes. Vor andern
Kurorten, deren ich ja ſchon ſo viele geſehen habe,
zeichnet ſich Abbazia nicht aus. Von den Kranken,
die hier Geneſung ſuchen, iſt noch nie einer ge-
ſund geworden. Die Geſunden, welche die Be-
gleitung der Kranken bilden und die natürlich in
größerer Anzahl hier auftreten, werden auch hier
für die aufopferungsfähigſten Seelen gehalten,
welche den teuren Leidenden nicht verlaſſen wollen
und in ihrem Samariterwerke „mit bluten-
dem Herzen“ jede Unterhaltung mit-
machen. Dabei iſt es manchesmal ſehr lang-
weilig und immer ſehr teuer. Das ſind ſo einige
wenige Aehnlichkeiten, die Abbazia mit anderen
Kurorten z. B. Nizza hat, mit dem es übrigens
in keiner anderen Hinſicht verglichen werden kann.
Ich habe auch einige neu entſtandene Seekurorte
an den benachbarten Küſten beſucht, denn der
Drang der Einheimiſchen, auf Koſten der Fremden
zu leben, wird immer mächtiger. Allein dieſe Kur-
orte verhalten ſich, was ihr Ausſehen betrifft, zu
Abbazia allenfalls, wie kotige Stallpintſcher zu
einem gewaſchenen und geſchniegelten Windſpiel.
Das iſt eben der erkennbare Unterſchied. Du ſiehſt
alſo, mich hält hier nichts länger zurück und
morgen geht’s von hier. In einem nächſten Briefe
[Spaltenumbruch] werde ich dir den Ort angeben können, an welchem
ich deine Zeilen erwarte. Dein Friedel.

Nach mehr als einer Woche erhielt ich aber-
mals ein Schreiben Friedels. Wie erſtaunte ich
aber, daß dieſer Brief ebenfalls von Abbazia
datiert war, das er ja ſchon ſo lange verlaſſen
haben ſollte. Das Schreiben lautete:

Abbazia den 18. Februar 1893. Mein lieber
Freund! Ich kann mir den ſtaunenden Ausdruck
deines Antlitzes lebhaft vorſtellen, wenn du als
Abſendungsort dieſer Epiſtel Abbazia lieſt. Zur
Erklärung des Widerſpruches, der zwiſchen dem
Inhalte meines letzten Schreibens und meinem
verlängerten Aufenthaltsorte hierorts herrſcht, ver-
weiſe ich dich auf eine ſtattliche Anzahl von dir
jedenfalls bekannten Sprichwörtern, deren hervor-
ragendſtes lautet: Der Menſch denkt u. ſ. w. Doch
ich glaube, daß die Erwähnung dieſes Univerſal-
pflaſters, welches über alle gebrochenen Vorſätze
gelegt wird, dich nicht ganz befriedigt und du
darfſt von deinem Freunde erwarten, daß er dich
informiert. Mein lieber, lieber Freund! Du ſiehſt
an dem zweifachen Epitheton, daß es mir ſehr
darum zu tun iſt, in dir eine mir günſtige
Stimmung zu erwecken. So höre denn, warum ich
noch am Quarnero weile: ſie heißt Laura! Ich
müßte dich nicht kennen, wenn ich nun noch
zweifelte, daß dir die Situation vollſtändig klar
ſei. Doch nun zu näherem Bericht. Am ſelben Tage
an dem ich dir meinen Entſchluß meldete, von
Abbazia wegzugehen ſchneite der Himmel — es
ſchneite an dem Tage wirklich, was für den ſüd-
lichen Kurort ganz ausnehmend paßte und die
kranken Kurgäſte mit ihren ſich aufopfernden An-
gehörigen und Freunden hockten in den Zimmern
— alſo ſchneite der Himmel einen Engel zu uns
herab, die vorgenannte Laura. Ich will ſie dir
nicht weiter beſchreiben, da du ſie jedenfalls
kennen lernen wirſt. Höchſtens verweiſe ich dich auf
Wielands Schilderung: „Denk dir ein Weib im
reinſten Jugendlicht“, und auf weitere [einſchlgige]
Zitate.

[Fortſetzung folgt]


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[11/0011] 140 Wien, Dienstag Reichspoſt 21. Juni 1904 geſchriebenen, mit 1 Krone geſtempelten Geſuche, welche mit dem Geburtsdokumente, Heimatſchein, Mittelloſigkeitszeugniſſe und den Zeugniſſen über ihre Vorbildung (abſolvierte Bürgerſchule) ver- ſehen ſein müſſen, bis längſtens 10. September bei der Kammer 1. Bezirk, Wipplingerſtraße 34, einzubringen. Genoſſenſchaft der Gaſtwirte in Wien. Am Mittwoch den 6. Juli 1904, nachmittags präziſe ½4 Uhr findet in der Volkshalle im Neuen Rathauſe für das erſte Semeſter 1904 die feierliche Freiſprechung jener Lehrlinge des Gaſt- wirtsgewerbes ſtatt, welche mit Ende dieſes Jahres ihre Lehrlingszeit vollendet haben. Vereinsnachrichten. § Chriſtlich-ſoziale Arbeiter-Bezirksorgani- ſation. Sonntag den 26. Juni um ½3 Uhr nach- mittags findet im Raimundtheater eine Separat- Vorſtellung zu Gunſten obiger Organiſation ſtatt. Zur Aufführung gelangt: „Drei Tage in Schlierſee“ Bauernpoſſe mit Geſang und Tanz in drei Aufzügen von G. G. Bankl. Dargeſtellt wird dieſes Stück von den Mitgliedern des oberbayriſchen Bauern- theaters unter der Direktion M. Dengg. Da zu dieſer Vorſtellung die Preiſe der Karten enorm herabgeſetzt wurden und außerdem eine ſchöne Bauernpoſſe zur Aufführung gelangt, werden alle, die ſich einen vergnügten Nachmittag bereiten und ein ſchönes Stück anſehen wollen, aufmerkſam ge- macht, ſich ſchon jetzt an den unten angeführten Ver- kaufsſtellen mit Karten zu verſorgen, da jetzt noch ſolche zu allen Preiſen zu haben ſind. Karten ſind zu haben: In der Verwaltung der chriſtlich-ſozialen Arbeiter-Zeitung, 7. Bezirk, Kaiſerſtraße 8; ferner im 5. Bezirke: Witzmanns Gaſthaus, Reinprechts- dorferſtraße 53. 6. Bezirk: Gemeinderat Franz Schwarz, Stumpergaſſe 6, J. Kunſtmüller, Maria- hilferſtraße 27, Franz Joſef Schadek, Bezirksvorſtand, Barnabitengaſſe 6, Maidlinger & Rainer, Gumpen- dorferſtraße 39, R. Rath, Morizgaſſe 1, A. Anderle, Mittelgaſſe 10, A. Schremſer, Mollardgaſſe 10, Reſtaurant Laßmann Gumpendorferſtraße 144, F. Kußnik, Millergaſſe 21, ſowie jeden Samstag von 8 bis ½10 Uhr abends in den Zahlſtellen des chriſtlich-ſozialen Arbeitervereines: Knotz’ Gaſthaus, Kaunitzgaſſe 7 und Treipls Gaſthaus, Millergaſſe 31. 12. Bezirk: Franz Jakeſch, Teichackergaſſe 5. 13. Be- zirk: J. Zahradnik, Linzerſtraße 16. § Der Erſte Wiener Kneippverein chriſtlicher Frauen hält am Sonntag den 26. Juni 6 Uhr abends im Sitzungsſaale des alten Rat- hauſes 1. Bez., Wipplingerſtraße 8, die 34. Vereins- verſammlung ab. Es werden Vorträge über das Kneippſche Naturheilverfahren und über die in demſelben enthaltenen Winke und Ratſchläge für Geſunde und Kranke unverfälſcht und rein nur von wahren Kneippapoſteln gehalten. Für die Damen iſt der Jahresbeitrag 1 Krone. Die Herren als unterſtützende Mitglieder entrichten 2 Kronen. Arme ſind von jeder Zahlung enthoben. Beitritts- erklärungen werden bereitwilligſt durch die Buch- handlung „Auſtria“, Sonnenfelsgaſſe 21, ferner in der Vereinskanzlei beim Obmanne Adalbert Hollas, 2. Bez., Malzgaſſe 1 und in den Vereins- verſammlungen der letzten Sonntage im Monate entgegengenommen. Volkswirtſchaftlicher Teil. Von der Eiſenfirma Echinger und Fernau. Seitens des Vertreters der Firma Echinger und Fernau wurden folgende Punkte behufs Bewilligung eines Moratoriums ſtipuliert und den Gläubigern zur Annahme empfohlen: Der Firma Echinger und Fernau wird ein Moratorium bis 30. Juni 1906 zur Zahlung ihrer Schulden ſamt 5%igen Zinſen in Raten bewilligt. Bleibt die Firma mit einer Rate im Rückſtande, dann ſind die Gläubiger an dieſes Uebereinkommen nicht gebunden. Die Koſten der zu beſtellenden Vertrauensmänner fallen zu Laſten der notleidenden Firma; das Ueberwachungs- komitee, die Firmen Guſtav Chaudoir u. Co., Petzold u. Co., der Wiener Kreditorenverein, nomine Fritz Fiſchl und die Niederöſterreichiſche Eskomptegeſellſchaft, erklärt, während der Mora- toriumsdauer keine gerichtlichen Schritte einzu- leiten und die eingeleiteten einzuſtellen. Der Krieg und der Export nach Oſt- aſien. Die Staatsbahnen geben bezüglich der Uebernahme von Sendungen nach oſtaſiatiſchen Stationen bekannt, daß „bis auf weiteres Sen- dungen nach Stationen der Sibiriſchen, der Transbaikal-Eiſenbahn, der Chineſiſchen Oſtbahn und der Uſſuri-Eiſenbahn nur dann zur Beförde- rung anzunehmen ſind, wenn hiezu vom Abſender die Genehmigung der Eiſenbahnabteilung des ruſſiſchen Großen Generalſtabes oder des Leiters der ruſſiſchen Truppentransporte oder des be- treffenden ruſſiſchen Bahnhofskommandanten bei- gebracht wird.“ — Bezüglich der bisherigen Rück- wirkungen des Krieges auf den Export nach Oſtaſien iſt einem Berichte des öſterreichiſch- ungariſchen Generalkonſulats in Hamburg zu ent- nehmen: Die Schiffsexpeditionen konnten nach Oſtaſien mit Ausnahme der ruſſiſchen Häfen, in aller Regelmäßigkeit erfolgen; es hat den An- ſchein, daß der ruſſiſch-japaniſche Krieg in mancher Beziehung in letzter Zeit eher einen vorteilhaften als ſchädigenden Einfluß auf den hamburgi- ſchen Schiffsdienſt und Export ausgeübt hat und daß mit den Erfolgen der Japaner ſich auch wieder mehr Vertrauen zu den Geſchäften Japans einſtellt. Auch nach vorliegenden Nachrichten iſt dort im allgemeinen durchaus kein nennenswerter Rückgang zu verzeichnen. Fühlbar macht ſich die fortdauernde Unterbrechung des Verkehres mit den ruſſiſchen Häfen im fernen Oſten; dagegen werden laut neueſter ruſſiſcher Verfügung im Eiſenbahnverkehre mit Sibirien nunmehr ſämt- liche Eilgüter ohne jeden Aufenthalt bis zur Station Baikal der Transbailalbahn angenommen und weiter befördert. Für gewöhnliche Güterzugs- ſendungen iſt die letzte Station Krasnojarsk unweit Jeniſſej. Das mit dem Ausbruche des ruſſiſch-japaniſchen Krieges geſteigerte Mißtrauen zu den Geſchäftsverhältniſſen in China iſt bisher nicht geſchwunden. Die unbeſtimmte politiſche Situation und eine angebliche ſtarke Depreſſion unter den chineſiſchen Kaufleuten wirken lähmend auf den Handel ein; die Transaktionen für China waren daher ſehr beſchränkt. K. k. öſterreichiſche Staatsbahnen. Die Transporteinnahmen der k. k. öſterreichiſchen Staatsbahnen und der vom Staate für eigene Rechnung betriebenen Bahnen hatten im Monate Mai 1904, beziehungsweiſe in den erſten vier Monaten d. J., folgendes Ergebnis: Befördert wurden: 4,760.600 Perſonen, 2,826.300 Tonnen Güter. Einnaymen: für Perſonen und Gepäck 6,066.300 Kronen, für Güter 15,376.800 Kronen. Die proviſoriſche Ermittlung der Transport- einnahmen im Monate Mai ergab für das weſt- liche Staatsbahnnetz aus dem Perſonenverkehre eine Einnahme von 4,388.800 Kronen, aus dem Güterverkehre von 10,765.600 Kronen, für das öſtliche Netz aus dem Perſonenverkehre von 1 677.500 Kronen, aus dem Güterverkehre von 4 611.200 Kronen. Im Vergleiche mit dem definitiven Ergebniſſe des Monats Mai v. J. er- brachte der Perſonenverkehr des Berichtsmonats eine Mehreinnahme von 355.142 Kronen mit 454.700 Reiſenden, wogegen ſich im Güterverkehre eine Mindereinnahme von 332.571 Kvonen ergab. Lottoziehungen am 18. Juni. Wien 8 79 50 9 48 Graz 44 3 85 69 16 1 [Nachdruck verboten]. Selma Alraun. Eine Blauſtrumpfgeſchichte von Franz Kerſchbaumer. „Aber Friedel“, unterbrach ich ihn, „was ſprichſt du da? Ich vermiſſe heute an dir ganz eine Eigenſchaft, die dich ſonſt immer aus- zeichnete.“ „Und die wäre?“ „Die richtige Unterſcheidungsgabe. Was haben denn die Blau- ſtrümpfe, um ſchon in deinem Idiom zu ſprechen, mit Emanzipation und Frauenrechtlerei zu tun? Iſt geiſtiges Streben an das Geſchlecht gebunden?“ Friedel dachte doch zu richtig, um die Ver- mengung der Begriffe nicht einzuſehen und ent- gegnete nach kurzer Pauſe: „Nun gut, im Prinzip will ich ja dem weiblichen Geſchlechte die Be- rechtigung nicht aberkennen, ſeine Gefühle durch Tinte und Druckerſchwärze der Welt zu vermitteln. Aber meinen Beifall wird das nie haben!“ „So würdeſt du alſo einen Blauſtrumpf, bei- ſpielsweiſe dieſe Selma Alraun, wenn ſie noch zu erlangen wäre, nicht heiraten?“ „Gewiß nicht, und dieſe Raben- und Adlerfeindin ſchon gar nicht, das ſchwör ich!“ Und Friedel machte ein dem Ernſte entſprechendes Geſicht. „Und“, ſprach ich weiter, „wenn du dich in eine ſchriftſtellernde Dame verlieben würdeſt, wenn ſie hold, ſchön, liebenswürdig ....“ „Genug, genug!“ unterbrach mich Friedel, „unter keinen Umſtänden! Ich hab’s beſchworen und du kennſt ja Schillers Worte: Ewigkeit geſchwornen Eiden! Aber“ und hier fiel Friedel aus dem pathe- tiſchen Tone „ich bin nur gekommen, um dir zu ſagen, daß ich morgen Wien auf einige Zeit verlaſſe“. — „Auf wie lange“ fragte ich, „und wohin geht die Reiſe?“ — „Wie lange ich ferne bleibe, weiß ich nicht, und das Wohin iſt mir auch noch nicht genau bekannt. Vor allem gehe ich nach Abbazia, das ich trotz meines vielen Umher- ſtreifens noch nicht kenne. Es liegt etwas abſeits von der gewöhnlichen Reiſeroute. Dann geht es jedenfalls wieder einmal in’s wälſche Land. Ich werde dir, wie gewöhnlich, die Orte im voraus angeben, an welchem ich deine freundlichen Zeilen erwarte. Und nun leb’ wohl!“ — „Leb’ wohl!“ rief ich dem Weggehenden nach — „und wenn du eine Selma Alraun triffſt, erinnere dich!“ — und noch aus dem Vorgemache tönte mir Friedels Stimme: „Ewigkeit geſchwornen Eiden!“ Mehrere Tage vergingen, endlich lief folgen- der Brief meines Freundes ein: Abbazia den 9. Februar 1903. Mein lieber Freund! Morgen gehe ich wieder von hier weg. Ich habe nun Abbazia vollſtändig kennen gelernt und ſomit iſt jeder Grund zu längerem Aufent- halte verſchwunden. Die Maſſe von Hotels, Dependencen, Penſionen, Reſtaurants u. ſ. w., die den ohnehin ſchmalen Küſtenſtrich unheimlich ver- engen, haben zu wenig Verlockendes. Vor andern Kurorten, deren ich ja ſchon ſo viele geſehen habe, zeichnet ſich Abbazia nicht aus. Von den Kranken, die hier Geneſung ſuchen, iſt noch nie einer ge- ſund geworden. Die Geſunden, welche die Be- gleitung der Kranken bilden und die natürlich in größerer Anzahl hier auftreten, werden auch hier für die aufopferungsfähigſten Seelen gehalten, welche den teuren Leidenden nicht verlaſſen wollen und in ihrem Samariterwerke „mit bluten- dem Herzen“ jede Unterhaltung mit- machen. Dabei iſt es manchesmal ſehr lang- weilig und immer ſehr teuer. Das ſind ſo einige wenige Aehnlichkeiten, die Abbazia mit anderen Kurorten z. B. Nizza hat, mit dem es übrigens in keiner anderen Hinſicht verglichen werden kann. Ich habe auch einige neu entſtandene Seekurorte an den benachbarten Küſten beſucht, denn der Drang der Einheimiſchen, auf Koſten der Fremden zu leben, wird immer mächtiger. Allein dieſe Kur- orte verhalten ſich, was ihr Ausſehen betrifft, zu Abbazia allenfalls, wie kotige Stallpintſcher zu einem gewaſchenen und geſchniegelten Windſpiel. Das iſt eben der erkennbare Unterſchied. Du ſiehſt alſo, mich hält hier nichts länger zurück und morgen geht’s von hier. In einem nächſten Briefe werde ich dir den Ort angeben können, an welchem ich deine Zeilen erwarte. Dein Friedel. Nach mehr als einer Woche erhielt ich aber- mals ein Schreiben Friedels. Wie erſtaunte ich aber, daß dieſer Brief ebenfalls von Abbazia datiert war, das er ja ſchon ſo lange verlaſſen haben ſollte. Das Schreiben lautete: Abbazia den 18. Februar 1893. Mein lieber Freund! Ich kann mir den ſtaunenden Ausdruck deines Antlitzes lebhaft vorſtellen, wenn du als Abſendungsort dieſer Epiſtel Abbazia lieſt. Zur Erklärung des Widerſpruches, der zwiſchen dem Inhalte meines letzten Schreibens und meinem verlängerten Aufenthaltsorte hierorts herrſcht, ver- weiſe ich dich auf eine ſtattliche Anzahl von dir jedenfalls bekannten Sprichwörtern, deren hervor- ragendſtes lautet: Der Menſch denkt u. ſ. w. Doch ich glaube, daß die Erwähnung dieſes Univerſal- pflaſters, welches über alle gebrochenen Vorſätze gelegt wird, dich nicht ganz befriedigt und du darfſt von deinem Freunde erwarten, daß er dich informiert. Mein lieber, lieber Freund! Du ſiehſt an dem zweifachen Epitheton, daß es mir ſehr darum zu tun iſt, in dir eine mir günſtige Stimmung zu erwecken. So höre denn, warum ich noch am Quarnero weile: ſie heißt Laura! Ich müßte dich nicht kennen, wenn ich nun noch zweifelte, daß dir die Situation vollſtändig klar ſei. Doch nun zu näherem Bericht. Am ſelben Tage an dem ich dir meinen Entſchluß meldete, von Abbazia wegzugehen ſchneite der Himmel — es ſchneite an dem Tage wirklich, was für den ſüd- lichen Kurort ganz ausnehmend paßte und die kranken Kurgäſte mit ihren ſich aufopfernden An- gehörigen und Freunden hockten in den Zimmern — alſo ſchneite der Himmel einen Engel zu uns herab, die vorgenannte Laura. Ich will ſie dir nicht weiter beſchreiben, da du ſie jedenfalls kennen lernen wirſt. Höchſtens verweiſe ich dich auf Wielands Schilderung: „Denk dir ein Weib im reinſten Jugendlicht“, und auf weitere einſchlgige Zitate. Fortſetzung folgt

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Zitationshilfe: Reichspost. Nr. 140, Wien, 21.06.1904, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_reichspost140_1904/11>, abgerufen am 26.04.2024.