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Reichspost. Nr. 106, Wien, 18.04.1910.

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Nr. 106 Wien, Montag Reichspost 18. April 1910.

[Spaltenumbruch] treffs der Landesbahnen kennen zu lernen. Der Redner
besprach dann die Warenhausfrage und trat schließlich wärm-
stens für den Kandidaten ein.

StR. Brauneiß sprach hierauf über Bezirksangelegen-
heiten, insbesondere die Verbauung der Schmelz, GR. Geb-
hard
über kommunale Fragen.




Kandidatenaufstellung im 16. Bezirk.

Das Bezirkswahlkomitee des 16. Bezirkes hatte für eines
der beiden freigewordenen Mandate des 3. Wahlkörpers den
Handelsminister Dr. Weiskirchner aufgestellt; nachdem
nun vom Zentralkomitee beschlossen worden war, Dr. Weis-
kirchner auf der Landstraße zu kandidieren, mußte vom Be-
zirkswahlkomitee im 16. Bezirk ein anderer Kandidat aufgestellt
werden. Dies ist nun geschehen: Der Kandidat ist Herr
Franz Klaus, Bezirksrat und Hausbesitzer, Galitzinstraße 44.
Die Kandidaten von Ottakring sind: 1. Wahlkörper: Johann
Laux, Monsignore, Pfarrer, Neulerchenfelderstraße 47. (Im
Bericht über die Sitzung des Zentralwahlkomitees war der
Name durch einen Druckfehler entstellt. Anm. d. R.) Leopold
Schmidt, Bezirksrat, Hausbesitzer, Payergasse 2. 3. Wahl-
körper: Rudolf Heffenmeyer, Bezirksrat, Kirchstettern-
gasse 28. Franz Klaus, Bezirksrat, Hausbesitzer, Galitzin-
straße 44.




Wählerversammlung in Jedlesee.

In Jedlesee fand Donnerstag den 14. d. M. um
8 Uhr abends die erste Wählerversammlung des Wähler-
vereines der vereinigten Christen im 21. Bezirke statt. Unter
den zahlreich Erschienenen bemerkte man die Stadträte Hoß
und Knoll, GR. Gussenbauer, die BR. Brosch,
Binder, Molzer, Kandidat Bernhard Richter, Pfarrer
Wenzl u. a. Den Vorsitz führte Bezirksrat Brosch.
Schriftführer Wilim der Zahlstelle Jedlesee des christ-
lichen Wählervereines erstattet den Rechenschaftsbericht. Nach
Genehmigung desselben erfolgte die Wahl der Vereinsleitung
und Ausschusses, und zwar wurden zum Zahlstellenleiter
BR. Brosch, zu dessen Stellvertreter BR. Molzer, zum
Schriftführer Herr Wilim, als Kassier Herr Guttmann
wieder gewählt.

Hierauf sprach lebhaft begrüßt StR. Hoß. Er entschuldigt
den ferngebliebenen GR. Oberleuthner, der einer
dringenden Sitzung halber nicht erscheinen konnte und erstattete
in nahezu zweistündiger Rede Bericht über seine Tätigkeit
sowie über die des GR. Oberleuthner im Gemeinderat und
besprach die Verdienste der christlichsozialen Partei ins-
besonders um die Schaffungen des 21. Bezirkes. Hiebei erörtert
er die wichtigsten Lebensfragen des Bezirksteiles Jedlesee, wie
Bau der Schulen, Erbauung des neuen großen Kindergartens,
Eröffnung der Jedleseerstraße, Wasserleitung, Beleuchtung,
Erweiterung des Jedleseer Friedhofes, Propellerüberfuhr nach
Nußdorf, Postwesen, insbesondere den Ausbau der
Elektrischen nach Jedlesee u. dgl. (Lebhafter Beifall.)

Kandidat Bernhard Richter stellte sich sodann den
Wählern als Mandatswerber für den 3. Wahlkörper des
21. Bezirkes vor; er entwickelte sein wirtschaftliches
Programm und versprach feste Treue zur christlichsozialen
Partei. Es sprechen hierauf BR. Bürder über Bezirks-
angelegenheiten, GR. Gussenbauer und StR. Knoll
über Organisation; sie baten gleichfalls, am Wahltage den
christlichen Kandidaten ihre Stimme zu geben. Es gelangte so-
dann eine Resolution zur Annahme, worin die Zahlstelle Jedlesee
des Wählervereins den bewährten bisherigen Vertretern Hoß
und Oberleuthner den Dank und das Vertrauen aus-
spricht und für die Wiederwahl sowie Wahl des Kandidaten
Bernhard Richter mit aller Energie eintreten wird.




Aus dem Gerichtssaale.
Eine Betrügerkompanie.

Vor dem Schwurgerichte unter Vorsitz des LGR. Dr.
Ender begann heute die für zwei Wochen an-
beraumte Verhandlung gegen die beschäftigungslose Amalie
Liszt, deren Mutter Katharina Oreskovic, den ge-
wesenen Oberleutnant Alois Platzer und den Agenten
August Huber wegen Verbrechens des Betruges, gegen
Platzer auch wegen Diebstahls. Den Angeklagten werden
eine ganze Reihe von Betrugsfakten und schmutzigen Geld-
geschäften, ein Erbschaftsschwindel mit einem gefälschten
Testament, Pfandscheinschwindeleien u. dergl. zur Last
gelegt. Die sehr umfangreiche Anklageschrift schildert zu-
nächst den Lebenslauf der Liszt, die in Sebenico als Tochter
eines Straßenmeisters geboren wurde. Schon mit
15 Jahren betrog sie in Sarajevo Geschäftsleute,
flüchtete nach Ofen-Pest und stahl dort einem Wein-
händler, bei dem sie als Kindergärtnerin bedienstet
war um 11.000 Kronen Wertgegenstände. Sie ging damals
noch straflos aus, ihre Mutter erhielt aber wegen Mitschuld
18 Monate schweren Kerkers. Im März 1899 wurde sie
Erzieherin bei den Kindern des verwitweten Arztes
Dr. Anton Josef Liszt. Da sie ihrer Niederkunft ent-
gegensah, heiratete sie Dr. Liszt, dem sie von einem zu
erwartenden Erbe erzählte. Im Jahre 1902 wurde die
Ehe einverständlich geschieden und die Liszt inserierte in
einem hiesigen Tagblatt, daß eine unglückliche Familie ein
Darlehen von 1000 Kronen erbitte, in welcher Form be-
kanntlich gewisse Abenteuer gesucht werden. Auf diese
Annonce meldete sich ein pensionierter Mittelschul-
professor,
der für eine mühevolle und erfolgreiche
Kuratel ein Legat von 30.000 Kronen erhalten hatte
und von dem Streben erfüllt war, sich als Wohltäter
der Menscheit anerkannt zu sehen. Die Liszt erkannte sofort,
daß der Professor ein willenloses Ausbeutungsobjekt sei,
den sie auch alsbald so unter ihren Bann brachte, daß er
nicht nur nach und nach die 30.000 Kronen opferte, sondern
noch Schulden machte, um ihren immer maßloser werdenden
Geldansprüchen nachkommen zu können. Schon im Jahre
1904 hatte die Liszt den damals noch aktiven Artillerie-
oberleutnant Alois Platzer kennen und lieben gelernt,
der sich bald darauf beurlauben und dann in die Reserve
übersetzen ließ. Er zog zur Liszt, die ihm Wohnung, Ver-
pflegung und ein -- Taschengeld gab. Der leichtsinnig
veranlagte, bis dahin jedoch unbescholtene Platzer, wurde
bald darauf ebenfalls auf die Bahn des Verbrechens ge-
drängt und spielte bei den wiederholten Versuchen, aus dem
Professor immer neue Summen herauszulocken, einen er-
folgreichen Helfer. Der Bruder der Liszt, Viktor
Oreskovic, der als "reicher Verwandter" ebenfalls
mit in die Affäre gezogen wurde, entfloh später nach
Amerika. In diese Zeit, Mitte 1904, fällt ein schwerer
Diebstahl der Liszt an Josef Buchbauer, dem sie
mit Hilfe einer zweiten Person Preziosen und Bargeld um
mehr als 12.000 Kronen entwendete. Buchbauer traf jedoch
die Liszt unmittelbar nach dem Diebstahl in der Wohnung
[Spaltenumbruch] an und sie mußte sich wohl oder übel zur
Rückstellung der Diebsbeute bequemen. Im
Sommer 1907 war der Professor völlig ausgeplündert und
nun verübte Platzer mit Hilfe der Liszt eine ganze Reihe
von Pfandscheinfälschungen und Darlehensschwindeleien.
Platzer wurde auch zweimal deswegen verhaftet, auf Be-
mühen der Liszt jedoch wieder freigelassen. Die Lage des
Paares wurde eine immer verzweifeltere, da diese ver-
hältnismäßig kleinen Beträge den luxuriösen Ansprüchen
der verwöhnten Frau nicht genügten. In dieser
Lage kam dem Paare der Geldagent August
Huber sehr gelegen. Huber, ein geborener
Schweizer, war in Amerika Kellner, Sägemühlen-
besitzer, Goldgräber und Grubenbesitzer gewesen,
verlor in Europa mit verschiedenen Unternehmungen einen
großen Teil des drüben erworbenen Vermögens, beteiligte
sich in Wien an dem Betrieb eines öffentlichen Hauses und
büßte durch waghalsige Spekulationen auch den Rest seines
Vermögens ein. Da er hiedurch wieder europamüde geworden
war, vereinigte er sich mit dem Paare Platzer-Liszt. Zu
einem groß angelegten raffiniert ausgeklügelten Betrug
durch ein auf den Namen "Vinzenz Braun Edler von
Braunwehr, Privatier in Amstetten" gefälschtes Testament,
wobei Platzer, als "Ulanenoberleutnant v. Braun"
den glücklichen Erben spielte. Mit Hilfe zweier Geldagenten
Emil Kramer und Emil Menkes wurde versucht,
auf dieses Testament 50.000 bis 60.000 Kronen zu be-
schaffen, bei dem Bemühen, diesen Betrag um jeden Preis
aufzutreiben, wurde die ganze Gesellschaft verhaftet.
Noch in der Untersuchungshaft gelang es den Beschädigten,
untereinander und mit der Außenwelt in Verbindung zu
treten, ja die Liszt versuchte es sogar, durch gröbliche Be-
schimpfungen und ernstliche Bedrohungen auf
den Untersuchungsrichter einzuwirten. Die Anklage vertritt
Staatsanwalt Dr. Robert Winterstein, die Ver-
teidigung führen Dr. Anton Braß, Dr. Emil Rechert,
Dr. Türkel und Dr. Herzberg-Fränkel.




Kirchliches.
Die Heimkehr des Weihbischofs Dr. Marschall.

Weihbischof Dr. Marschall wird am 19. d. auf
der Rückkehr von seiner Palästinafahrt in Venedig
Station machen. Der Lloyddampfer, der den Kirchen-
fürsten aus dem Orient zurückführt, wird vor der Lan-
dung in Triest in einem großen Bogen an Venedig
vorüberfahren und dort, unfern der italienischen Küste,
einen Lokaldampfer aus Venedig kreuzen. Weihbischof
Dr. Marschall wird auf offener See das Lloydschiff ver-
lassen und mit dem Lokaldampfer in die Markusstadt
fahren, wo er im bekannten "Hotel Bauer u. Grün-
wald", mit dessen Besitzern er seit langen Jahren be-
freundet ist, Absteigquartier nehmen wird.

Der Kirchenfürst wird mehrere Tage in der
Lagunenstadt weilen und dort das Fest des Stadt-
patrones, des hl. Markus, mitfeiern.

Die Ankunft in Wien, die nach ununterbrochener
Fahrt mit der Südbahn erfolgen wird, ist auf den
26. d. festgesetzt.

Kurpriester Zeremonier Forster begibt sich heute
abend zur Begrüßung und Rückbegleitung des Weih-
bischofs Dr. Marschall mit der Südbahn nach Venedig.




-- Wechsel in der Leitung der f.-e. Ordinariats-
kanzlei.

Wie wir erfahren, steht in der Leitung der f.-e.
Ordinariatskanzlei ein Wechsel unmittelbar bevor.
Prälat Dr. Kornheisl, der seit 35 Jahren der
Kanzlei in verdienstvollster Weise vorstand, tritt von
ihrer Leitung zurück. Als sein Nachfolger ist Konsisto-
rialrat Msgre. Dr. Franz Kamprath zum Direktor
der Kanzlei bestimmt.

-- Ungarische Pilger beim Papste.

Man meldet
aus Rom vom 17. d.: Der Papst hat heute dreihundert
ungarische Pilger empfangen, die zur Einweihung des
Denkmals des Papstes Sylvester II. gekommen waren. Auf
eine vom Bischof von Raab, Grafen Nikolaus Szechenyi,
verlesene Ergebenheitsadresse erwiderte der Heilige Vater
und erteilte allen Pilgern den Segen. Der Bischof von
Kaschau, Dr. Fischer-Colbrie, verdolmetschte den
Pilgern die Ansprache des Papstes. Die Pilger haben dem
Heiligen Vater ein Geschenk überreicht, darstellend die unga-
rische Krone und das Szepter in überaus kunstvoller
Arbeit. Dem Empfang der Pilger wohnten der österreichisch-
ungarische Votschafter beim Vatikan Graf Szecsen und
mehrere Mitglieder der ungarischen Aristokratie bei. Vor
der Audienz hatten die Pilger einem Gottesdienst in der
Peterskirche beigewohnt.




Sportnachrichten.
Fußball.
Die Wettspiele des Sonntags.

(Gigenbericht der "Reichspost".)

Deutscher Fußballklub Prag gegen Vienna
5 : 1 (Hohe Warte). Der D. F. K. eröffnet mit dem Winde im
Rücken das Spiel und verlegt sich vom Anfange an auf flinkes
Kombinationsspiel der Dreiinnenspieler, die nur in wenigen
Fällen den Ball den Flügelstürmern überlassen. Ein weiter
Schuß Merz' und die Prager haben das erste Goal erzielt.
Zwei Minuten später sitzt der Ball schon wieder im Netze der
Blau-Gelben. Tischno war der Schütze. Langsam findet sich
nun die Vienna, einige schöne Vorstöße können aber durch die
Schußunsicherheit der Viennastürmer nicht ausgenützt werden,
während bei einem Gedränge vor dem Wiener Tore der
jüngere Merz einen dritten Treffer für die Prager Farben
drückt. Halbzeit 3 : 0. Nach Seitenwechsel ist die Vienna
um Klassen besser, namentlich der linke Flügel zeigte zeitweise
zielbewußtes Kombinationsspiel. Trotzdem erzielen die Prager
aus einem Strafstoß wegen "Hands" ein viertes G[oa]l. Der nun
einsetzende Regen vereitelt fernerhin jedes ordentliche Spiel, der
Boden ist bald in ein Kotmeer verwandelt und von Kombination
kann unter solchen Umständen keine Rede mehr sein. Nachdem
die "Vienna" die unglaublichsten Chancen vergeben, wobei das
Glück des D. F. C.-Tormannes und das Pech der Wiener eine
hervorragende Rolle spielte, erzielt endlich Valenta für die
Wiener das Ehrengoal. Knapp vor Schluß sind die Prager noch
[Spaltenumbruch] einmal erfolgreich. Die Stärke der Gäste lag im Angriff, wäh-
rend die Verteidigung nicht sonderlich sicher erschien. Kurpiel
zehrt von dem Ruhme vergangener Zeiten. Bei der "Vienna"
waren Eipel und Kaltenbrunner im Tor brillant, den Stürmern
fehlt noch immer Schüßvermögen. Schiedsrichter in gewohnter
vortefflicher Weise Herr Meisl.

Wiener Athletiksportklub gegen M. A. C. (Ofen-
Pest) 1:0. Auf dem Praterspitz lieferten die Pester den
Athletikern eine ebenbürtiges Spiel. Es scheint, daß der W. A. C.
seine Gäste anfangs unterschätzt hatte, und als er zu dieser Ein-
sicht kam, waren die Pester schon so im Schwung, daß sie zeit-
weise vollständig das Spiel beherrschten. Vergebens waren aber
ihre Bemühungen, ihre Offensive in Goals auszudrücken; Krof
im Wiener Tor hatte einen glücklichen Tag und so verlief die
erste Halbzeit ergebnislos. Nach der Pause mit einigen Varia-
tionen dasselbe Bild. Einige Minuten vor Schluß ein Angriff der
Athletiker auf das ungarische Tor, wo der Goalmann an-
scheinend nervös einen ganz leichten Ball der Wiener durchläßt.
Der W. A. K. hat gesiegt!

Wiener Sportklub gegen Kricketer 3:3 (Dorn-
bacher Sportplatz). Gleich zu Beginn des Spieles vergeben die
Sportklubleute die Chance eines Strafstoßes. Meiringer ist bald
darauf für den Sportklub zum ersten Male erfolgreich und bald
darauf führen die Dornbacher die Trefferzahl auf 2:0. Die
Kricketer stellen nun für Löwenfeld, der einer Verletzung wegen
ausspringt, einen Ersatzmann ein und sind auch bald in der
Lage, den Ausgleich des Spieles herbeizuführen. Halbzeit 2:2.
Nun werden die Kricketer stark ins eigene Feld zurückgedrängt.
Meiringer sichert seinem Klub abermals die Führung und auch
fernerhin ist der Sportklub überlegen. Prager im Kricketertor
hat Arbeit mehr als genügend und wehrt so u. a. in zehn Se-
kunden zehn Bälle ab; ihm haben die Kricketer es zu verdanken,
daß das Spiel für sie keinen schlechteren Ausgang nahm. Der
Regen beeinträchtigte auch hier den Fortgang des Kampfes sehr
und bei einem Vorstoß der Kricketer rutscht Donhardt auf dem
nassen Boden mit dem Ball ins Tor und die beiden Vereine
mußten sich so mit einem unentschiedenen Ergebnis begnügen.
Schiedsrichter Daubeck.

Der Floridsdorfer A. K. schlug die "Viktoria" 3:0.
-- In Ofen-Pest wurde der Sportklub "Rapid", wie erwartet,
von dem Ferenczvarosi T. C. mit 5:1 sicher besiegt. Halb-
zeit 2:0.




Freudenauer Frühjahrsmeeting.
(Eigenbericht der "Reichspost".)

Der Preis von Marchfeld hat seit seinem
Bestande schon manch überraschendes Resultat gebracht
Auch heuer stimmte die Buchform mit dem Ausgange des
Rennens nicht überein. In Dicsö oder Gouvernante er-
blickte man den mutmaßlichen Gewinner und beide Pferde
erfreuten sich schließlich des gleichen Anhanges. Keines der
beiden vermochte jedoch in die Entscheidung einzugreifen,
sie hielten sich vielmehr im bescheidenen Hintergrunde auf,
Granville, ein Stallgefährte der letzteren, trug den
reichen Preis siegreich heim und hinter ihr placierten
sich Ikaria und Dinom-Danom. Auf dem Sieger saß
Winkfield, der rasch beliebt gewordene Neger,
vielleicht dazu berufen in Tarals Fußstapfen zu treten.
Allerdings trug ihm sein leicht errungener Sieg eine nicht
unempfindliche Strafe ein, denn er wurde wegen Krenzens
beim Start für zwei Tage vom Reiten suspendiert. -- In
dem vorangegangenen Magusrenneu gab es eine
weitere Sensation. Menschlichem Ermessen nach war
Dezentor, der Gewinner des großen Handikaps der
Dreijährigen, hier nicht zu schlagen und er ging mit dem
vollsten Vertrauen seines Besitzers sowohl, als auch des
wettenden Publikums, zum Start. Dezentor kam jedoch vom
letzten Platz nicht hinweg, eine Form, die unmöglich mit
dem wahren Können dieses Pferdes übereinstimmen kann.
Der Ueberraschungen gab es auch sonst noch viele. Die
Freude an dem guten Sport verdarb leider der vor dem
fünften Rennen einsetzende heftige Regen, der bis zum
Schlusse anhielt.

Preis von Laxenburg. 1000 M. 4000 Kr. Fürst
Hohenlohe-Oehringens Ikbal (Hewitt) 1., Fejedelem 2., Lucumon
3. Wesd el magad Bezigue. Nach Kampf mit 1 Länge gew.,
3 Längen zurück der dritte. Tot. Sieg: 87 : 10, 35 : 5;
Platz 48, 33 : 20.

Magusrennen. 2000 M. 6500 Kr. Bar. Gustav
Springers Carabas (Ferguson) 1., Kaiserulan 2., Topper 3.
Dezentor. Leicht mit 3 Längen gew., 5 Längen zurück der
dritte. Tot. Sieg: 38 : 10, 20 : 5. Platz 42, 35 : 20.

Preis vom Marchfeld. 1300 M. 23.000 Kr.
Bar. Gust. Springers Granville (Winkfield) 1., Ikaria 2.,
Dinom-Danom 3. Dicsö, Ridolfi, Nix, Gouvernante. Leicht mit
3 Längen gew., 2 Längen zurück der dritte. Tot. Sieg: 27 : 10,
13 : 5; Platz 52, 41, 42 : 20.

Verkaufsrennen. 1600 M. 3400 Kr. G. Ne-
gropontes Raspberry (Carslake) 1., Bogar 2., Reine 3. Piros
kiraly, Rugany, Ladoga, Temeraire, Edison, Gardonne, Dumb
Bell, Blue Peter, Gallowag. Nach Kampf mit einer Halslänge
gew., ebenso weit zurück die dritte. Tot. Sieg: 32 : 10, 17 : 5;
Platz 32, 86, 96 : 20.

Patiencehandikap. 1600 M. Gf. Heinr. Lambergs
Krikerl (Winkfield) 1., Pagony 2., McLyn 3. Sonnwendstein,
Palatinszki, Tengelice, Palikam, Golf, Ferroniere, Goldregen,
Avar, Sapristi, Piroska. Sicher mit 1/2 Länge gew., 1 Länge
zurück der dritte. Tot. Sieg: 41 : 10, 20 : 5; Platz 33,
45, 69 : 20.

Tribünen-Steeplechase. 3200 M. 8000 Kr.
Herm. Mattauschs Le Breart (Sparkes) 1., L[o]tus 2., Tiny Queen.
Nach Kampf mit einer halben Länge gewonnen, schlechte dritte.
Tot. 47 : 10, 24 : 5.

Handikap. 1200. M. 4000 Kr. L. Egyedis Tintoretto
(Broadwood) 1., Rabagas 2., Mikado 3. Szomszed, Jurgis,
Deux Armoires, Kis-betyar, Osman, Hanum, Kolumbus
Velladonna. Sicher mit einer Länge gewonnen, Fünf-Viertel-
längen zurück der dritte. Tot. Sieg 67 : 10, 25 : 5; Platz 54, 70,,
64 : 20.




Eingesendet.

Nr. 106 Wien, Montag Reichspoſt 18. April 1910.

[Spaltenumbruch] treffs der Landesbahnen kennen zu lernen. Der Redner
beſprach dann die Warenhausfrage und trat ſchließlich wärm-
ſtens für den Kandidaten ein.

StR. Brauneiß ſprach hierauf über Bezirksangelegen-
heiten, insbeſondere die Verbauung der Schmelz, GR. Geb-
hard
über kommunale Fragen.




Kandidatenaufſtellung im 16. Bezirk.

Das Bezirkswahlkomitee des 16. Bezirkes hatte für eines
der beiden freigewordenen Mandate des 3. Wahlkörpers den
Handelsminiſter Dr. Weiskirchner aufgeſtellt; nachdem
nun vom Zentralkomitee beſchloſſen worden war, Dr. Weis-
kirchner auf der Landſtraße zu kandidieren, mußte vom Be-
zirkswahlkomitee im 16. Bezirk ein anderer Kandidat aufgeſtellt
werden. Dies iſt nun geſchehen: Der Kandidat iſt Herr
Franz Klaus, Bezirksrat und Hausbeſitzer, Galitzinſtraße 44.
Die Kandidaten von Ottakring ſind: 1. Wahlkörper: Johann
Laux, Monſignore, Pfarrer, Neulerchenfelderſtraße 47. (Im
Bericht über die Sitzung des Zentralwahlkomitees war der
Name durch einen Druckfehler entſtellt. Anm. d. R.) Leopold
Schmidt, Bezirksrat, Hausbeſitzer, Payergaſſe 2. 3. Wahl-
körper: Rudolf Heffenmeyer, Bezirksrat, Kirchſtettern-
gaſſe 28. Franz Klaus, Bezirksrat, Hausbeſitzer, Galitzin-
ſtraße 44.




Wählerverſammlung in Jedleſee.

In Jedleſee fand Donnerstag den 14. d. M. um
8 Uhr abends die erſte Wählerverſammlung des Wähler-
vereines der vereinigten Chriſten im 21. Bezirke ſtatt. Unter
den zahlreich Erſchienenen bemerkte man die Stadträte Hoß
und Knoll, GR. Guſſenbauer, die BR. Broſch,
Binder, Molzer, Kandidat Bernhard Richter, Pfarrer
Wenzl u. a. Den Vorſitz führte Bezirksrat Broſch.
Schriftführer Wilim der Zahlſtelle Jedleſee des chriſt-
lichen Wählervereines erſtattet den Rechenſchaftsbericht. Nach
Genehmigung desſelben erfolgte die Wahl der Vereinsleitung
und Ausſchuſſes, und zwar wurden zum Zahlſtellenleiter
BR. Broſch, zu deſſen Stellvertreter BR. Molzer, zum
Schriftführer Herr Wilim, als Kaſſier Herr Guttmann
wieder gewählt.

Hierauf ſprach lebhaft begrüßt StR. Hoß. Er entſchuldigt
den ferngebliebenen GR. Oberleuthner, der einer
dringenden Sitzung halber nicht erſcheinen konnte und erſtattete
in nahezu zweiſtündiger Rede Bericht über ſeine Tätigkeit
ſowie über die des GR. Oberleuthner im Gemeinderat und
beſprach die Verdienſte der chriſtlichſozialen Partei ins-
beſonders um die Schaffungen des 21. Bezirkes. Hiebei erörtert
er die wichtigſten Lebensfragen des Bezirksteiles Jedleſee, wie
Bau der Schulen, Erbauung des neuen großen Kindergartens,
Eröffnung der Jedleſeerſtraße, Waſſerleitung, Beleuchtung,
Erweiterung des Jedleſeer Friedhofes, Propellerüberfuhr nach
Nußdorf, Poſtweſen, insbeſondere den Ausbau der
Elektriſchen nach Jedleſee u. dgl. (Lebhafter Beifall.)

Kandidat Bernhard Richter ſtellte ſich ſodann den
Wählern als Mandatswerber für den 3. Wahlkörper des
21. Bezirkes vor; er entwickelte ſein wirtſchaftliches
Programm und verſprach feſte Treue zur chriſtlichſozialen
Partei. Es ſprechen hierauf BR. Bürder über Bezirks-
angelegenheiten, GR. Guſſenbauer und StR. Knoll
über Organiſation; ſie baten gleichfalls, am Wahltage den
chriſtlichen Kandidaten ihre Stimme zu geben. Es gelangte ſo-
dann eine Reſolution zur Annahme, worin die Zahlſtelle Jedleſee
des Wählervereins den bewährten bisherigen Vertretern Hoß
und Oberleuthner den Dank und das Vertrauen aus-
ſpricht und für die Wiederwahl ſowie Wahl des Kandidaten
Bernhard Richter mit aller Energie eintreten wird.




Aus dem Gerichtsſaale.
Eine Betrügerkompanie.

Vor dem Schwurgerichte unter Vorſitz des LGR. Dr.
Ender begann heute die für zwei Wochen an-
beraumte Verhandlung gegen die beſchäftigungsloſe Amalie
Liszt, deren Mutter Katharina Oreskovic, den ge-
weſenen Oberleutnant Alois Platzer und den Agenten
Auguſt Huber wegen Verbrechens des Betruges, gegen
Platzer auch wegen Diebſtahls. Den Angeklagten werden
eine ganze Reihe von Betrugsfakten und ſchmutzigen Geld-
geſchäften, ein Erbſchaftsſchwindel mit einem gefälſchten
Teſtament, Pfandſcheinſchwindeleien u. dergl. zur Laſt
gelegt. Die ſehr umfangreiche Anklageſchrift ſchildert zu-
nächſt den Lebenslauf der Liszt, die in Sebenico als Tochter
eines Straßenmeiſters geboren wurde. Schon mit
15 Jahren betrog ſie in Sarajevo Geſchäftsleute,
flüchtete nach Ofen-Peſt und ſtahl dort einem Wein-
händler, bei dem ſie als Kindergärtnerin bedienſtet
war um 11.000 Kronen Wertgegenſtände. Sie ging damals
noch ſtraflos aus, ihre Mutter erhielt aber wegen Mitſchuld
18 Monate ſchweren Kerkers. Im März 1899 wurde ſie
Erzieherin bei den Kindern des verwitweten Arztes
Dr. Anton Joſef Liszt. Da ſie ihrer Niederkunft ent-
gegenſah, heiratete ſie Dr. Liszt, dem ſie von einem zu
erwartenden Erbe erzählte. Im Jahre 1902 wurde die
Ehe einverſtändlich geſchieden und die Liszt inſerierte in
einem hieſigen Tagblatt, daß eine unglückliche Familie ein
Darlehen von 1000 Kronen erbitte, in welcher Form be-
kanntlich gewiſſe Abenteuer geſucht werden. Auf dieſe
Annonce meldete ſich ein penſionierter Mittelſchul-
profeſſor,
der für eine mühevolle und erfolgreiche
Kuratel ein Legat von 30.000 Kronen erhalten hatte
und von dem Streben erfüllt war, ſich als Wohltäter
der Menſcheit anerkannt zu ſehen. Die Liszt erkannte ſofort,
daß der Profeſſor ein willenloſes Ausbeutungsobjekt ſei,
den ſie auch alsbald ſo unter ihren Bann brachte, daß er
nicht nur nach und nach die 30.000 Kronen opferte, ſondern
noch Schulden machte, um ihren immer maßloſer werdenden
Geldanſprüchen nachkommen zu können. Schon im Jahre
1904 hatte die Liszt den damals noch aktiven Artillerie-
oberleutnant Alois Platzer kennen und lieben gelernt,
der ſich bald darauf beurlauben und dann in die Reſerve
überſetzen ließ. Er zog zur Liszt, die ihm Wohnung, Ver-
pflegung und ein — Taſchengeld gab. Der leichtſinnig
veranlagte, bis dahin jedoch unbeſcholtene Platzer, wurde
bald darauf ebenfalls auf die Bahn des Verbrechens ge-
drängt und ſpielte bei den wiederholten Verſuchen, aus dem
Profeſſor immer neue Summen herauszulocken, einen er-
folgreichen Helfer. Der Bruder der Liszt, Viktor
Oreskovic, der als „reicher Verwandter“ ebenfalls
mit in die Affäre gezogen wurde, entfloh ſpäter nach
Amerika. In dieſe Zeit, Mitte 1904, fällt ein ſchwerer
Diebſtahl der Liszt an Joſef Buchbauer, dem ſie
mit Hilfe einer zweiten Perſon Prezioſen und Bargeld um
mehr als 12.000 Kronen entwendete. Buchbauer traf jedoch
die Liszt unmittelbar nach dem Diebſtahl in der Wohnung
[Spaltenumbruch] an und ſie mußte ſich wohl oder übel zur
Rückſtellung der Diebsbeute bequemen. Im
Sommer 1907 war der Profeſſor völlig ausgeplündert und
nun verübte Platzer mit Hilfe der Liszt eine ganze Reihe
von Pfandſcheinfälſchungen und Darlehensſchwindeleien.
Platzer wurde auch zweimal deswegen verhaftet, auf Be-
mühen der Liszt jedoch wieder freigelaſſen. Die Lage des
Paares wurde eine immer verzweifeltere, da dieſe ver-
hältnismäßig kleinen Beträge den luxuriöſen Anſprüchen
der verwöhnten Frau nicht genügten. In dieſer
Lage kam dem Paare der Geldagent Auguſt
Huber ſehr gelegen. Huber, ein geborener
Schweizer, war in Amerika Kellner, Sägemühlen-
beſitzer, Goldgräber und Grubenbeſitzer geweſen,
verlor in Europa mit verſchiedenen Unternehmungen einen
großen Teil des drüben erworbenen Vermögens, beteiligte
ſich in Wien an dem Betrieb eines öffentlichen Hauſes und
büßte durch waghalſige Spekulationen auch den Reſt ſeines
Vermögens ein. Da er hiedurch wieder europamüde geworden
war, vereinigte er ſich mit dem Paare Platzer-Liszt. Zu
einem groß angelegten raffiniert ausgeklügelten Betrug
durch ein auf den Namen „Vinzenz Braun Edler von
Braunwehr, Privatier in Amſtetten“ gefälſchtes Teſtament,
wobei Platzer, als „Ulanenoberleutnant v. Braun“
den glücklichen Erben ſpielte. Mit Hilfe zweier Geldagenten
Emil Kramer und Emil Menkes wurde verſucht,
auf dieſes Teſtament 50.000 bis 60.000 Kronen zu be-
ſchaffen, bei dem Bemühen, dieſen Betrag um jeden Preis
aufzutreiben, wurde die ganze Geſellſchaft verhaftet.
Noch in der Unterſuchungshaft gelang es den Beſchädigten,
untereinander und mit der Außenwelt in Verbindung zu
treten, ja die Liszt verſuchte es ſogar, durch gröbliche Be-
ſchimpfungen und ernſtliche Bedrohungen auf
den Unterſuchungsrichter einzuwirten. Die Anklage vertritt
Staatsanwalt Dr. Robert Winterſtein, die Ver-
teidigung führen Dr. Anton Braß, Dr. Emil Rechert,
Dr. Türkel und Dr. Herzberg-Fränkel.




Kirchliches.
Die Heimkehr des Weihbiſchofs Dr. Marſchall.

Weihbiſchof Dr. Marſchall wird am 19. d. auf
der Rückkehr von ſeiner Paläſtinafahrt in Venedig
Station machen. Der Lloyddampfer, der den Kirchen-
fürſten aus dem Orient zurückführt, wird vor der Lan-
dung in Trieſt in einem großen Bogen an Venedig
vorüberfahren und dort, unfern der italieniſchen Küſte,
einen Lokaldampfer aus Venedig kreuzen. Weihbiſchof
Dr. Marſchall wird auf offener See das Lloydſchiff ver-
laſſen und mit dem Lokaldampfer in die Markusſtadt
fahren, wo er im bekannten „Hotel Bauer u. Grün-
wald“, mit deſſen Beſitzern er ſeit langen Jahren be-
freundet iſt, Abſteigquartier nehmen wird.

Der Kirchenfürſt wird mehrere Tage in der
Lagunenſtadt weilen und dort das Feſt des Stadt-
patrones, des hl. Markus, mitfeiern.

Die Ankunft in Wien, die nach ununterbrochener
Fahrt mit der Südbahn erfolgen wird, iſt auf den
26. d. feſtgeſetzt.

Kurprieſter Zeremonier Forſter begibt ſich heute
abend zur Begrüßung und Rückbegleitung des Weih-
biſchofs Dr. Marſchall mit der Südbahn nach Venedig.




— Wechſel in der Leitung der f.-e. Ordinariats-
kanzlei.

Wie wir erfahren, ſteht in der Leitung der f.-e.
Ordinariatskanzlei ein Wechſel unmittelbar bevor.
Prälat Dr. Kornheisl, der ſeit 35 Jahren der
Kanzlei in verdienſtvollſter Weiſe vorſtand, tritt von
ihrer Leitung zurück. Als ſein Nachfolger iſt Konſiſto-
rialrat Mſgre. Dr. Franz Kamprath zum Direktor
der Kanzlei beſtimmt.

— Ungariſche Pilger beim Papſte.

Man meldet
aus Rom vom 17. d.: Der Papſt hat heute dreihundert
ungariſche Pilger empfangen, die zur Einweihung des
Denkmals des Papſtes Sylveſter II. gekommen waren. Auf
eine vom Biſchof von Raab, Grafen Nikolaus Szechenyi,
verleſene Ergebenheitsadreſſe erwiderte der Heilige Vater
und erteilte allen Pilgern den Segen. Der Biſchof von
Kaſchau, Dr. Fiſcher-Colbrie, verdolmetſchte den
Pilgern die Anſprache des Papſtes. Die Pilger haben dem
Heiligen Vater ein Geſchenk überreicht, darſtellend die unga-
riſche Krone und das Szepter in überaus kunſtvoller
Arbeit. Dem Empfang der Pilger wohnten der öſterreichiſch-
ungariſche Votſchafter beim Vatikan Graf Szecſen und
mehrere Mitglieder der ungariſchen Ariſtokratie bei. Vor
der Audienz hatten die Pilger einem Gottesdienſt in der
Peterskirche beigewohnt.




Sportnachrichten.
Fußball.
Die Wettſpiele des Sonntags.

(Gigenbericht der „Reichspoſt“.)

Deutſcher Fußballklub Prag gegen Vienna
5 : 1 (Hohe Warte). Der D. F. K. eröffnet mit dem Winde im
Rücken das Spiel und verlegt ſich vom Anfange an auf flinkes
Kombinationsſpiel der Dreiinnenſpieler, die nur in wenigen
Fällen den Ball den Flügelſtürmern überlaſſen. Ein weiter
Schuß Merz’ und die Prager haben das erſte Goal erzielt.
Zwei Minuten ſpäter ſitzt der Ball ſchon wieder im Netze der
Blau-Gelben. Tiſchno war der Schütze. Langſam findet ſich
nun die Vienna, einige ſchöne Vorſtöße können aber durch die
Schußunſicherheit der Viennaſtürmer nicht ausgenützt werden,
während bei einem Gedränge vor dem Wiener Tore der
jüngere Merz einen dritten Treffer für die Prager Farben
drückt. Halbzeit 3 : 0. Nach Seitenwechſel iſt die Vienna
um Klaſſen beſſer, namentlich der linke Flügel zeigte zeitweiſe
zielbewußtes Kombinationsſpiel. Trotzdem erzielen die Prager
aus einem Strafſtoß wegen „Hands“ ein viertes G[oa]l. Der nun
einſetzende Regen vereitelt fernerhin jedes ordentliche Spiel, der
Boden iſt bald in ein Kotmeer verwandelt und von Kombination
kann unter ſolchen Umſtänden keine Rede mehr ſein. Nachdem
die „Vienna“ die unglaublichſten Chancen vergeben, wobei das
Glück des D. F. C.-Tormannes und das Pech der Wiener eine
hervorragende Rolle ſpielte, erzielt endlich Valenta für die
Wiener das Ehrengoal. Knapp vor Schluß ſind die Prager noch
[Spaltenumbruch] einmal erfolgreich. Die Stärke der Gäſte lag im Angriff, wäh-
rend die Verteidigung nicht ſonderlich ſicher erſchien. Kurpiel
zehrt von dem Ruhme vergangener Zeiten. Bei der „Vienna“
waren Eipel und Kaltenbrunner im Tor brillant, den Stürmern
fehlt noch immer Schüßvermögen. Schiedsrichter in gewohnter
vortefflicher Weiſe Herr Meisl.

Wiener Athletikſportklub gegen M. A. C. (Ofen-
Peſt) 1:0. Auf dem Praterſpitz lieferten die Peſter den
Athletikern eine ebenbürtiges Spiel. Es ſcheint, daß der W. A. C.
ſeine Gäſte anfangs unterſchätzt hatte, und als er zu dieſer Ein-
ſicht kam, waren die Peſter ſchon ſo im Schwung, daß ſie zeit-
weiſe vollſtändig das Spiel beherrſchten. Vergebens waren aber
ihre Bemühungen, ihre Offenſive in Goals auszudrücken; Krof
im Wiener Tor hatte einen glücklichen Tag und ſo verlief die
erſte Halbzeit ergebnislos. Nach der Pauſe mit einigen Varia-
tionen dasſelbe Bild. Einige Minuten vor Schluß ein Angriff der
Athletiker auf das ungariſche Tor, wo der Goalmann an-
ſcheinend nervös einen ganz leichten Ball der Wiener durchläßt.
Der W. A. K. hat geſiegt!

Wiener Sportklub gegen Kricketer 3:3 (Dorn-
bacher Sportplatz). Gleich zu Beginn des Spieles vergeben die
Sportklubleute die Chance eines Strafſtoßes. Meiringer iſt bald
darauf für den Sportklub zum erſten Male erfolgreich und bald
darauf führen die Dornbacher die Trefferzahl auf 2:0. Die
Kricketer ſtellen nun für Löwenfeld, der einer Verletzung wegen
ausſpringt, einen Erſatzmann ein und ſind auch bald in der
Lage, den Ausgleich des Spieles herbeizuführen. Halbzeit 2:2.
Nun werden die Kricketer ſtark ins eigene Feld zurückgedrängt.
Meiringer ſichert ſeinem Klub abermals die Führung und auch
fernerhin iſt der Sportklub überlegen. Prager im Kricketertor
hat Arbeit mehr als genügend und wehrt ſo u. a. in zehn Se-
kunden zehn Bälle ab; ihm haben die Kricketer es zu verdanken,
daß das Spiel für ſie keinen ſchlechteren Ausgang nahm. Der
Regen beeinträchtigte auch hier den Fortgang des Kampfes ſehr
und bei einem Vorſtoß der Kricketer rutſcht Donhardt auf dem
naſſen Boden mit dem Ball ins Tor und die beiden Vereine
mußten ſich ſo mit einem unentſchiedenen Ergebnis begnügen.
Schiedsrichter Daubeck.

Der Floridsdorfer A. K. ſchlug die „Viktoria“ 3:0.
— In Ofen-Peſt wurde der Sportklub „Rapid“, wie erwartet,
von dem Ferenczvaroſi T. C. mit 5:1 ſicher beſiegt. Halb-
zeit 2:0.




Freudenauer Frühjahrsmeeting.
(Eigenbericht der „Reichspoſt“.)

Der Preis von Marchfeld hat ſeit ſeinem
Beſtande ſchon manch überraſchendes Reſultat gebracht
Auch heuer ſtimmte die Buchform mit dem Ausgange des
Rennens nicht überein. In Dicſö oder Gouvernante er-
blickte man den mutmaßlichen Gewinner und beide Pferde
erfreuten ſich ſchließlich des gleichen Anhanges. Keines der
beiden vermochte jedoch in die Entſcheidung einzugreifen,
ſie hielten ſich vielmehr im beſcheidenen Hintergrunde auf,
Granville, ein Stallgefährte der letzteren, trug den
reichen Preis ſiegreich heim und hinter ihr placierten
ſich Ikaria und Dinom-Danom. Auf dem Sieger ſaß
Winkfield, der raſch beliebt gewordene Neger,
vielleicht dazu berufen in Tarals Fußſtapfen zu treten.
Allerdings trug ihm ſein leicht errungener Sieg eine nicht
unempfindliche Strafe ein, denn er wurde wegen Krenzens
beim Start für zwei Tage vom Reiten ſuspendiert. — In
dem vorangegangenen Magusrenneu gab es eine
weitere Senſation. Menſchlichem Ermeſſen nach war
Dezentor, der Gewinner des großen Handikaps der
Dreijährigen, hier nicht zu ſchlagen und er ging mit dem
vollſten Vertrauen ſeines Beſitzers ſowohl, als auch des
wettenden Publikums, zum Start. Dezentor kam jedoch vom
letzten Platz nicht hinweg, eine Form, die unmöglich mit
dem wahren Können dieſes Pferdes übereinſtimmen kann.
Der Ueberraſchungen gab es auch ſonſt noch viele. Die
Freude an dem guten Sport verdarb leider der vor dem
fünften Rennen einſetzende heftige Regen, der bis zum
Schluſſe anhielt.

Preis von Laxenburg. 1000 M. 4000 Kr. Fürſt
Hohenlohe-Oehringens Ikbal (Hewitt) 1., Fejedelem 2., Lucumon
3. Wesd el magad Bezigue. Nach Kampf mit 1 Länge gew.,
3 Längen zurück der dritte. Tot. Sieg: 87 : 10, 35 : 5;
Platz 48, 33 : 20.

Magusrennen. 2000 M. 6500 Kr. Bar. Guſtav
Springers Carabas (Ferguſon) 1., Kaiſerulan 2., Topper 3.
Dezentor. Leicht mit 3 Längen gew., 5 Längen zurück der
dritte. Tot. Sieg: 38 : 10, 20 : 5. Platz 42, 35 : 20.

Preis vom Marchfeld. 1300 M. 23.000 Kr.
Bar. Guſt. Springers Granville (Winkfield) 1., Ikaria 2.,
Dinom-Danom 3. Dicſö, Ridolfi, Nix, Gouvernante. Leicht mit
3 Längen gew., 2 Längen zurück der dritte. Tot. Sieg: 27 : 10,
13 : 5; Platz 52, 41, 42 : 20.

Verkaufsrennen. 1600 M. 3400 Kr. G. Ne-
gropontes Raspberry (Carslake) 1., Bogar 2., Reine 3. Piros
kiraly, Rugany, Ladoga, Temeraire, Ediſon, Gardonne, Dumb
Bell, Blue Peter, Gallowag. Nach Kampf mit einer Halslänge
gew., ebenſo weit zurück die dritte. Tot. Sieg: 32 : 10, 17 : 5;
Platz 32, 86, 96 : 20.

Patiencehandikap. 1600 M. Gf. Heinr. Lambergs
Krikerl (Winkfield) 1., Pagony 2., McLyn 3. Sonnwendſtein,
Palatinszki, Tengelice, Palikam, Golf, Ferroniere, Goldregen,
Avar, Sapriſti, Piroska. Sicher mit ½ Länge gew., 1 Länge
zurück der dritte. Tot. Sieg: 41 : 10, 20 : 5; Platz 33,
45, 69 : 20.

Tribünen-Steeplechaſe. 3200 M. 8000 Kr.
Herm. Mattauſchs Le Breart (Sparkes) 1., L[o]tus 2., Tiny Queen.
Nach Kampf mit einer halben Länge gewonnen, ſchlechte dritte.
Tot. 47 : 10, 24 : 5.

Handikap. 1200. M. 4000 Kr. L. Egyedis Tintoretto
(Broadwood) 1., Rabagas 2., Mikado 3. Szomszed, Jurgis,
Deux Armoires, Kis-betyar, Osman, Hanum, Kolumbus
Velladonna. Sicher mit einer Länge gewonnen, Fünf-Viertel-
längen zurück der dritte. Tot. Sieg 67 : 10, 25 : 5; Platz 54, 70,,
64 : 20.




Eingeſendet.

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[5/0005] Nr. 106 Wien, Montag Reichspoſt 18. April 1910. treffs der Landesbahnen kennen zu lernen. Der Redner beſprach dann die Warenhausfrage und trat ſchließlich wärm- ſtens für den Kandidaten ein. StR. Brauneiß ſprach hierauf über Bezirksangelegen- heiten, insbeſondere die Verbauung der Schmelz, GR. Geb- hard über kommunale Fragen. Kandidatenaufſtellung im 16. Bezirk. Das Bezirkswahlkomitee des 16. Bezirkes hatte für eines der beiden freigewordenen Mandate des 3. Wahlkörpers den Handelsminiſter Dr. Weiskirchner aufgeſtellt; nachdem nun vom Zentralkomitee beſchloſſen worden war, Dr. Weis- kirchner auf der Landſtraße zu kandidieren, mußte vom Be- zirkswahlkomitee im 16. Bezirk ein anderer Kandidat aufgeſtellt werden. Dies iſt nun geſchehen: Der Kandidat iſt Herr Franz Klaus, Bezirksrat und Hausbeſitzer, Galitzinſtraße 44. Die Kandidaten von Ottakring ſind: 1. Wahlkörper: Johann Laux, Monſignore, Pfarrer, Neulerchenfelderſtraße 47. (Im Bericht über die Sitzung des Zentralwahlkomitees war der Name durch einen Druckfehler entſtellt. Anm. d. R.) Leopold Schmidt, Bezirksrat, Hausbeſitzer, Payergaſſe 2. 3. Wahl- körper: Rudolf Heffenmeyer, Bezirksrat, Kirchſtettern- gaſſe 28. Franz Klaus, Bezirksrat, Hausbeſitzer, Galitzin- ſtraße 44. Wählerverſammlung in Jedleſee. In Jedleſee fand Donnerstag den 14. d. M. um 8 Uhr abends die erſte Wählerverſammlung des Wähler- vereines der vereinigten Chriſten im 21. Bezirke ſtatt. Unter den zahlreich Erſchienenen bemerkte man die Stadträte Hoß und Knoll, GR. Guſſenbauer, die BR. Broſch, Binder, Molzer, Kandidat Bernhard Richter, Pfarrer Wenzl u. a. Den Vorſitz führte Bezirksrat Broſch. Schriftführer Wilim der Zahlſtelle Jedleſee des chriſt- lichen Wählervereines erſtattet den Rechenſchaftsbericht. Nach Genehmigung desſelben erfolgte die Wahl der Vereinsleitung und Ausſchuſſes, und zwar wurden zum Zahlſtellenleiter BR. Broſch, zu deſſen Stellvertreter BR. Molzer, zum Schriftführer Herr Wilim, als Kaſſier Herr Guttmann wieder gewählt. Hierauf ſprach lebhaft begrüßt StR. Hoß. Er entſchuldigt den ferngebliebenen GR. Oberleuthner, der einer dringenden Sitzung halber nicht erſcheinen konnte und erſtattete in nahezu zweiſtündiger Rede Bericht über ſeine Tätigkeit ſowie über die des GR. Oberleuthner im Gemeinderat und beſprach die Verdienſte der chriſtlichſozialen Partei ins- beſonders um die Schaffungen des 21. Bezirkes. Hiebei erörtert er die wichtigſten Lebensfragen des Bezirksteiles Jedleſee, wie Bau der Schulen, Erbauung des neuen großen Kindergartens, Eröffnung der Jedleſeerſtraße, Waſſerleitung, Beleuchtung, Erweiterung des Jedleſeer Friedhofes, Propellerüberfuhr nach Nußdorf, Poſtweſen, insbeſondere den Ausbau der Elektriſchen nach Jedleſee u. dgl. (Lebhafter Beifall.) Kandidat Bernhard Richter ſtellte ſich ſodann den Wählern als Mandatswerber für den 3. Wahlkörper des 21. Bezirkes vor; er entwickelte ſein wirtſchaftliches Programm und verſprach feſte Treue zur chriſtlichſozialen Partei. Es ſprechen hierauf BR. Bürder über Bezirks- angelegenheiten, GR. Guſſenbauer und StR. Knoll über Organiſation; ſie baten gleichfalls, am Wahltage den chriſtlichen Kandidaten ihre Stimme zu geben. Es gelangte ſo- dann eine Reſolution zur Annahme, worin die Zahlſtelle Jedleſee des Wählervereins den bewährten bisherigen Vertretern Hoß und Oberleuthner den Dank und das Vertrauen aus- ſpricht und für die Wiederwahl ſowie Wahl des Kandidaten Bernhard Richter mit aller Energie eintreten wird. Aus dem Gerichtsſaale. Eine Betrügerkompanie. Vor dem Schwurgerichte unter Vorſitz des LGR. Dr. Ender begann heute die für zwei Wochen an- beraumte Verhandlung gegen die beſchäftigungsloſe Amalie Liszt, deren Mutter Katharina Oreskovic, den ge- weſenen Oberleutnant Alois Platzer und den Agenten Auguſt Huber wegen Verbrechens des Betruges, gegen Platzer auch wegen Diebſtahls. Den Angeklagten werden eine ganze Reihe von Betrugsfakten und ſchmutzigen Geld- geſchäften, ein Erbſchaftsſchwindel mit einem gefälſchten Teſtament, Pfandſcheinſchwindeleien u. dergl. zur Laſt gelegt. Die ſehr umfangreiche Anklageſchrift ſchildert zu- nächſt den Lebenslauf der Liszt, die in Sebenico als Tochter eines Straßenmeiſters geboren wurde. Schon mit 15 Jahren betrog ſie in Sarajevo Geſchäftsleute, flüchtete nach Ofen-Peſt und ſtahl dort einem Wein- händler, bei dem ſie als Kindergärtnerin bedienſtet war um 11.000 Kronen Wertgegenſtände. Sie ging damals noch ſtraflos aus, ihre Mutter erhielt aber wegen Mitſchuld 18 Monate ſchweren Kerkers. Im März 1899 wurde ſie Erzieherin bei den Kindern des verwitweten Arztes Dr. Anton Joſef Liszt. Da ſie ihrer Niederkunft ent- gegenſah, heiratete ſie Dr. Liszt, dem ſie von einem zu erwartenden Erbe erzählte. Im Jahre 1902 wurde die Ehe einverſtändlich geſchieden und die Liszt inſerierte in einem hieſigen Tagblatt, daß eine unglückliche Familie ein Darlehen von 1000 Kronen erbitte, in welcher Form be- kanntlich gewiſſe Abenteuer geſucht werden. Auf dieſe Annonce meldete ſich ein penſionierter Mittelſchul- profeſſor, der für eine mühevolle und erfolgreiche Kuratel ein Legat von 30.000 Kronen erhalten hatte und von dem Streben erfüllt war, ſich als Wohltäter der Menſcheit anerkannt zu ſehen. Die Liszt erkannte ſofort, daß der Profeſſor ein willenloſes Ausbeutungsobjekt ſei, den ſie auch alsbald ſo unter ihren Bann brachte, daß er nicht nur nach und nach die 30.000 Kronen opferte, ſondern noch Schulden machte, um ihren immer maßloſer werdenden Geldanſprüchen nachkommen zu können. Schon im Jahre 1904 hatte die Liszt den damals noch aktiven Artillerie- oberleutnant Alois Platzer kennen und lieben gelernt, der ſich bald darauf beurlauben und dann in die Reſerve überſetzen ließ. Er zog zur Liszt, die ihm Wohnung, Ver- pflegung und ein — Taſchengeld gab. Der leichtſinnig veranlagte, bis dahin jedoch unbeſcholtene Platzer, wurde bald darauf ebenfalls auf die Bahn des Verbrechens ge- drängt und ſpielte bei den wiederholten Verſuchen, aus dem Profeſſor immer neue Summen herauszulocken, einen er- folgreichen Helfer. Der Bruder der Liszt, Viktor Oreskovic, der als „reicher Verwandter“ ebenfalls mit in die Affäre gezogen wurde, entfloh ſpäter nach Amerika. In dieſe Zeit, Mitte 1904, fällt ein ſchwerer Diebſtahl der Liszt an Joſef Buchbauer, dem ſie mit Hilfe einer zweiten Perſon Prezioſen und Bargeld um mehr als 12.000 Kronen entwendete. Buchbauer traf jedoch die Liszt unmittelbar nach dem Diebſtahl in der Wohnung an und ſie mußte ſich wohl oder übel zur Rückſtellung der Diebsbeute bequemen. Im Sommer 1907 war der Profeſſor völlig ausgeplündert und nun verübte Platzer mit Hilfe der Liszt eine ganze Reihe von Pfandſcheinfälſchungen und Darlehensſchwindeleien. Platzer wurde auch zweimal deswegen verhaftet, auf Be- mühen der Liszt jedoch wieder freigelaſſen. Die Lage des Paares wurde eine immer verzweifeltere, da dieſe ver- hältnismäßig kleinen Beträge den luxuriöſen Anſprüchen der verwöhnten Frau nicht genügten. In dieſer Lage kam dem Paare der Geldagent Auguſt Huber ſehr gelegen. Huber, ein geborener Schweizer, war in Amerika Kellner, Sägemühlen- beſitzer, Goldgräber und Grubenbeſitzer geweſen, verlor in Europa mit verſchiedenen Unternehmungen einen großen Teil des drüben erworbenen Vermögens, beteiligte ſich in Wien an dem Betrieb eines öffentlichen Hauſes und büßte durch waghalſige Spekulationen auch den Reſt ſeines Vermögens ein. Da er hiedurch wieder europamüde geworden war, vereinigte er ſich mit dem Paare Platzer-Liszt. Zu einem groß angelegten raffiniert ausgeklügelten Betrug durch ein auf den Namen „Vinzenz Braun Edler von Braunwehr, Privatier in Amſtetten“ gefälſchtes Teſtament, wobei Platzer, als „Ulanenoberleutnant v. Braun“ den glücklichen Erben ſpielte. Mit Hilfe zweier Geldagenten Emil Kramer und Emil Menkes wurde verſucht, auf dieſes Teſtament 50.000 bis 60.000 Kronen zu be- ſchaffen, bei dem Bemühen, dieſen Betrag um jeden Preis aufzutreiben, wurde die ganze Geſellſchaft verhaftet. Noch in der Unterſuchungshaft gelang es den Beſchädigten, untereinander und mit der Außenwelt in Verbindung zu treten, ja die Liszt verſuchte es ſogar, durch gröbliche Be- ſchimpfungen und ernſtliche Bedrohungen auf den Unterſuchungsrichter einzuwirten. Die Anklage vertritt Staatsanwalt Dr. Robert Winterſtein, die Ver- teidigung führen Dr. Anton Braß, Dr. Emil Rechert, Dr. Türkel und Dr. Herzberg-Fränkel. Kirchliches. Die Heimkehr des Weihbiſchofs Dr. Marſchall. Weihbiſchof Dr. Marſchall wird am 19. d. auf der Rückkehr von ſeiner Paläſtinafahrt in Venedig Station machen. Der Lloyddampfer, der den Kirchen- fürſten aus dem Orient zurückführt, wird vor der Lan- dung in Trieſt in einem großen Bogen an Venedig vorüberfahren und dort, unfern der italieniſchen Küſte, einen Lokaldampfer aus Venedig kreuzen. Weihbiſchof Dr. Marſchall wird auf offener See das Lloydſchiff ver- laſſen und mit dem Lokaldampfer in die Markusſtadt fahren, wo er im bekannten „Hotel Bauer u. Grün- wald“, mit deſſen Beſitzern er ſeit langen Jahren be- freundet iſt, Abſteigquartier nehmen wird. Der Kirchenfürſt wird mehrere Tage in der Lagunenſtadt weilen und dort das Feſt des Stadt- patrones, des hl. Markus, mitfeiern. Die Ankunft in Wien, die nach ununterbrochener Fahrt mit der Südbahn erfolgen wird, iſt auf den 26. d. feſtgeſetzt. Kurprieſter Zeremonier Forſter begibt ſich heute abend zur Begrüßung und Rückbegleitung des Weih- biſchofs Dr. Marſchall mit der Südbahn nach Venedig. — Wechſel in der Leitung der f.-e. Ordinariats- kanzlei. Wie wir erfahren, ſteht in der Leitung der f.-e. Ordinariatskanzlei ein Wechſel unmittelbar bevor. Prälat Dr. Kornheisl, der ſeit 35 Jahren der Kanzlei in verdienſtvollſter Weiſe vorſtand, tritt von ihrer Leitung zurück. Als ſein Nachfolger iſt Konſiſto- rialrat Mſgre. Dr. Franz Kamprath zum Direktor der Kanzlei beſtimmt. — Ungariſche Pilger beim Papſte. Man meldet aus Rom vom 17. d.: Der Papſt hat heute dreihundert ungariſche Pilger empfangen, die zur Einweihung des Denkmals des Papſtes Sylveſter II. gekommen waren. Auf eine vom Biſchof von Raab, Grafen Nikolaus Szechenyi, verleſene Ergebenheitsadreſſe erwiderte der Heilige Vater und erteilte allen Pilgern den Segen. Der Biſchof von Kaſchau, Dr. Fiſcher-Colbrie, verdolmetſchte den Pilgern die Anſprache des Papſtes. Die Pilger haben dem Heiligen Vater ein Geſchenk überreicht, darſtellend die unga- riſche Krone und das Szepter in überaus kunſtvoller Arbeit. Dem Empfang der Pilger wohnten der öſterreichiſch- ungariſche Votſchafter beim Vatikan Graf Szecſen und mehrere Mitglieder der ungariſchen Ariſtokratie bei. Vor der Audienz hatten die Pilger einem Gottesdienſt in der Peterskirche beigewohnt. Sportnachrichten. Fußball. Die Wettſpiele des Sonntags. (Gigenbericht der „Reichspoſt“.) Deutſcher Fußballklub Prag gegen Vienna 5 : 1 (Hohe Warte). Der D. F. K. eröffnet mit dem Winde im Rücken das Spiel und verlegt ſich vom Anfange an auf flinkes Kombinationsſpiel der Dreiinnenſpieler, die nur in wenigen Fällen den Ball den Flügelſtürmern überlaſſen. Ein weiter Schuß Merz’ und die Prager haben das erſte Goal erzielt. Zwei Minuten ſpäter ſitzt der Ball ſchon wieder im Netze der Blau-Gelben. Tiſchno war der Schütze. Langſam findet ſich nun die Vienna, einige ſchöne Vorſtöße können aber durch die Schußunſicherheit der Viennaſtürmer nicht ausgenützt werden, während bei einem Gedränge vor dem Wiener Tore der jüngere Merz einen dritten Treffer für die Prager Farben drückt. Halbzeit 3 : 0. Nach Seitenwechſel iſt die Vienna um Klaſſen beſſer, namentlich der linke Flügel zeigte zeitweiſe zielbewußtes Kombinationsſpiel. Trotzdem erzielen die Prager aus einem Strafſtoß wegen „Hands“ ein viertes Goal. Der nun einſetzende Regen vereitelt fernerhin jedes ordentliche Spiel, der Boden iſt bald in ein Kotmeer verwandelt und von Kombination kann unter ſolchen Umſtänden keine Rede mehr ſein. Nachdem die „Vienna“ die unglaublichſten Chancen vergeben, wobei das Glück des D. F. C.-Tormannes und das Pech der Wiener eine hervorragende Rolle ſpielte, erzielt endlich Valenta für die Wiener das Ehrengoal. Knapp vor Schluß ſind die Prager noch einmal erfolgreich. Die Stärke der Gäſte lag im Angriff, wäh- rend die Verteidigung nicht ſonderlich ſicher erſchien. Kurpiel zehrt von dem Ruhme vergangener Zeiten. Bei der „Vienna“ waren Eipel und Kaltenbrunner im Tor brillant, den Stürmern fehlt noch immer Schüßvermögen. Schiedsrichter in gewohnter vortefflicher Weiſe Herr Meisl. Wiener Athletikſportklub gegen M. A. C. (Ofen- Peſt) 1:0. Auf dem Praterſpitz lieferten die Peſter den Athletikern eine ebenbürtiges Spiel. Es ſcheint, daß der W. A. C. ſeine Gäſte anfangs unterſchätzt hatte, und als er zu dieſer Ein- ſicht kam, waren die Peſter ſchon ſo im Schwung, daß ſie zeit- weiſe vollſtändig das Spiel beherrſchten. Vergebens waren aber ihre Bemühungen, ihre Offenſive in Goals auszudrücken; Krof im Wiener Tor hatte einen glücklichen Tag und ſo verlief die erſte Halbzeit ergebnislos. Nach der Pauſe mit einigen Varia- tionen dasſelbe Bild. Einige Minuten vor Schluß ein Angriff der Athletiker auf das ungariſche Tor, wo der Goalmann an- ſcheinend nervös einen ganz leichten Ball der Wiener durchläßt. Der W. A. K. hat geſiegt! Wiener Sportklub gegen Kricketer 3:3 (Dorn- bacher Sportplatz). Gleich zu Beginn des Spieles vergeben die Sportklubleute die Chance eines Strafſtoßes. Meiringer iſt bald darauf für den Sportklub zum erſten Male erfolgreich und bald darauf führen die Dornbacher die Trefferzahl auf 2:0. Die Kricketer ſtellen nun für Löwenfeld, der einer Verletzung wegen ausſpringt, einen Erſatzmann ein und ſind auch bald in der Lage, den Ausgleich des Spieles herbeizuführen. Halbzeit 2:2. Nun werden die Kricketer ſtark ins eigene Feld zurückgedrängt. Meiringer ſichert ſeinem Klub abermals die Führung und auch fernerhin iſt der Sportklub überlegen. Prager im Kricketertor hat Arbeit mehr als genügend und wehrt ſo u. a. in zehn Se- kunden zehn Bälle ab; ihm haben die Kricketer es zu verdanken, daß das Spiel für ſie keinen ſchlechteren Ausgang nahm. Der Regen beeinträchtigte auch hier den Fortgang des Kampfes ſehr und bei einem Vorſtoß der Kricketer rutſcht Donhardt auf dem naſſen Boden mit dem Ball ins Tor und die beiden Vereine mußten ſich ſo mit einem unentſchiedenen Ergebnis begnügen. Schiedsrichter Daubeck. Der Floridsdorfer A. K. ſchlug die „Viktoria“ 3:0. — In Ofen-Peſt wurde der Sportklub „Rapid“, wie erwartet, von dem Ferenczvaroſi T. C. mit 5:1 ſicher beſiegt. Halb- zeit 2:0. Freudenauer Frühjahrsmeeting. (Eigenbericht der „Reichspoſt“.) Der Preis von Marchfeld hat ſeit ſeinem Beſtande ſchon manch überraſchendes Reſultat gebracht Auch heuer ſtimmte die Buchform mit dem Ausgange des Rennens nicht überein. In Dicſö oder Gouvernante er- blickte man den mutmaßlichen Gewinner und beide Pferde erfreuten ſich ſchließlich des gleichen Anhanges. Keines der beiden vermochte jedoch in die Entſcheidung einzugreifen, ſie hielten ſich vielmehr im beſcheidenen Hintergrunde auf, Granville, ein Stallgefährte der letzteren, trug den reichen Preis ſiegreich heim und hinter ihr placierten ſich Ikaria und Dinom-Danom. Auf dem Sieger ſaß Winkfield, der raſch beliebt gewordene Neger, vielleicht dazu berufen in Tarals Fußſtapfen zu treten. Allerdings trug ihm ſein leicht errungener Sieg eine nicht unempfindliche Strafe ein, denn er wurde wegen Krenzens beim Start für zwei Tage vom Reiten ſuspendiert. — In dem vorangegangenen Magusrenneu gab es eine weitere Senſation. Menſchlichem Ermeſſen nach war Dezentor, der Gewinner des großen Handikaps der Dreijährigen, hier nicht zu ſchlagen und er ging mit dem vollſten Vertrauen ſeines Beſitzers ſowohl, als auch des wettenden Publikums, zum Start. Dezentor kam jedoch vom letzten Platz nicht hinweg, eine Form, die unmöglich mit dem wahren Können dieſes Pferdes übereinſtimmen kann. Der Ueberraſchungen gab es auch ſonſt noch viele. Die Freude an dem guten Sport verdarb leider der vor dem fünften Rennen einſetzende heftige Regen, der bis zum Schluſſe anhielt. Preis von Laxenburg. 1000 M. 4000 Kr. Fürſt Hohenlohe-Oehringens Ikbal (Hewitt) 1., Fejedelem 2., Lucumon 3. Wesd el magad Bezigue. Nach Kampf mit 1 Länge gew., 3 Längen zurück der dritte. Tot. Sieg: 87 : 10, 35 : 5; Platz 48, 33 : 20. Magusrennen. 2000 M. 6500 Kr. Bar. Guſtav Springers Carabas (Ferguſon) 1., Kaiſerulan 2., Topper 3. Dezentor. Leicht mit 3 Längen gew., 5 Längen zurück der dritte. Tot. Sieg: 38 : 10, 20 : 5. Platz 42, 35 : 20. Preis vom Marchfeld. 1300 M. 23.000 Kr. Bar. Guſt. Springers Granville (Winkfield) 1., Ikaria 2., Dinom-Danom 3. Dicſö, Ridolfi, Nix, Gouvernante. Leicht mit 3 Längen gew., 2 Längen zurück der dritte. Tot. Sieg: 27 : 10, 13 : 5; Platz 52, 41, 42 : 20. Verkaufsrennen. 1600 M. 3400 Kr. G. Ne- gropontes Raspberry (Carslake) 1., Bogar 2., Reine 3. Piros kiraly, Rugany, Ladoga, Temeraire, Ediſon, Gardonne, Dumb Bell, Blue Peter, Gallowag. Nach Kampf mit einer Halslänge gew., ebenſo weit zurück die dritte. Tot. Sieg: 32 : 10, 17 : 5; Platz 32, 86, 96 : 20. Patiencehandikap. 1600 M. Gf. Heinr. Lambergs Krikerl (Winkfield) 1., Pagony 2., McLyn 3. Sonnwendſtein, Palatinszki, Tengelice, Palikam, Golf, Ferroniere, Goldregen, Avar, Sapriſti, Piroska. Sicher mit ½ Länge gew., 1 Länge zurück der dritte. Tot. Sieg: 41 : 10, 20 : 5; Platz 33, 45, 69 : 20. Tribünen-Steeplechaſe. 3200 M. 8000 Kr. Herm. Mattauſchs Le Breart (Sparkes) 1., Lotus 2., Tiny Queen. Nach Kampf mit einer halben Länge gewonnen, ſchlechte dritte. Tot. 47 : 10, 24 : 5. Handikap. 1200. M. 4000 Kr. L. Egyedis Tintoretto (Broadwood) 1., Rabagas 2., Mikado 3. Szomszed, Jurgis, Deux Armoires, Kis-betyar, Osman, Hanum, Kolumbus Velladonna. Sicher mit einer Länge gewonnen, Fünf-Viertel- längen zurück der dritte. Tot. Sieg 67 : 10, 25 : 5; Platz 54, 70,, 64 : 20. Eingeſendet.

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Zitationshilfe: Reichspost. Nr. 106, Wien, 18.04.1910, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_reichspost106_1910/5>, abgerufen am 21.11.2024.