Reichspost. Nr. 53, Wien, 22.02.1909.[Spaltenumbruch]
Preis 8 h Redaktion: VIII. Strozzigasse 41. Telephon: 18082. Verwaltung: VIII. Strozzig. 42. Telephon: 13870. Druckerei: VIII. Strozzigasse 41. Telephon: 22641. Stadtexpedition sowie Kleiner Anzeiger I. Schulerstraße 21. Telephon 2926. Blattbestellungen übernimmt auch J. Heindl, I. Stefansplatz 7. H. Goldschmied, I. Wollzeile 11. Das Blatt erscheint täglich ein- mal (als Morgenansgabe). Montag erfolgt die Ausgabe um 2 Uhr nachmittags. [Spaltenumbruch] Mittagsblatt. Reichspost. Unabhängiges Tagblatt für das christliche Volk Oesterreich-Ungarns. [Spaltenumbruch] Preis 8 h Bezugspreise: Für Wien und Auswärts (samt Zustellung): ganzjährig ......... 32 K vierteljährig ........ 8 K monatlich ....... 2 K 75 h Für Deutschland: vierteljährig ....... 12 K Länder des Weltpostvereines: vierteljährig ........ 16 K Inserate werden in der Verwaltung der "Reichspost", VIII. Strozzigasse 42, oder I. Schulerstraße 21 sowie in allen Annoncenbureaus des In- und Auslandes angenommen. Nr. 53 Wien, Montag, den 22. Februar 1909. XVI. Jahrgang. [Spaltenumbruch] Die internationale Lage. Die serbischen Konflikte. Die schon für den vorigen Sonntag angekündigte, Gegenwärtig liegt das Schwergewicht der Ent- Die heute vorliegenden Depeschen melden: Belgrad, 21. Februar. Heute vormittag fand das Hierauf nahm die Versammlung einstimmig eine Belgrad, 21. Februar. Das Belgrader Preßbureau, Rom, 21. Februar. (Privattelegramm.) Die Die Belgrader Regierungskrise. Semlin, 21. Februar. (Privattelegramm.) Lebhaft Belgrad, 21. Februar. (Privattelegramm.) Nach- Die Ereignisse in der Türkei. Die Unterzeichnung des Verständigungsprotokolls -- verschoben. Die Meinung, das Verständigungsprotokoll werde [Spaltenumbruch] [9]. Folge. Nachdruck verboten. Die verhängnisvolle Fahrt. "Wenn sie die Tiere nicht noch vor dem Teufel- Noch während des Sprechens war er davongeeilt, "Der Teufel soll mich holen, wenn das nicht eine Aber niemand wollte sich dazu verstehen. Nachdem "Auf der Landstraße, eine Meile weiter nach Bally- "Meine Frau und meine Schwägerin sind darin. "Na, ich denke wohl," erwiderte der stellvertretende "Was für einen Weg ging er?" "Hier die Schafweide hinauf. Hoffentlich ist er zur "Beim Himmel, wenn nicht, so sind sie jetzt Fünftes Kapitel. Die endlos erscheinende Anhöhe übte schließlich doch [Spaltenumbruch] "Ich verstehe nichts von Hemmschuh," brummte er. Mit Aufbietung all ihrer Kräfte brachte Maureen "Das war ohnedies meine Absicht," antwortete er, "Warten Sie nur, mein liebes Fräulein, ich will Aber das Gespann hatte sich bereits wieder in Be- "Nun ist alles in Ordnung", rief er, sich nach rück- (Fortsetzung folgt.) [Spaltenumbruch]
Preis 8 h Redaktion: VIII. Strozzigaſſe 41. Telephon: 18082. Verwaltung: VIII. Strozzig. 42. Telephon: 13870. Druckerei: VIII. Strozzigaſſe 41. Telephon: 22641. Stadtexpedition ſowie Kleiner Anzeiger I. Schulerſtraße 21. Telephon 2926. Blattbeſtellungen übernimmt auch J. Heindl, I. Stefansplatz 7. H. Goldſchmied, I. Wollzeile 11. Das Blatt erſcheint täglich ein- mal (als Morgenansgabe). Montag erfolgt die Ausgabe um 2 Uhr nachmittags. [Spaltenumbruch] Mittagsblatt. Reichspoſt. Unabhängiges Tagblatt für das chriſtliche Volk Oeſterreich-Ungarns. [Spaltenumbruch] Preis 8 h Bezugspreiſe: Für Wien und Auswärts (ſamt Zuſtellung): ganzjährig ......... 32 K vierteljährig ........ 8 K monatlich ....... 2 K 75 h Für Deutſchland: vierteljährig ....... 12 K Länder des Weltpoſtvereines: vierteljährig ........ 16 K Inſerate werden in der Verwaltung der „Reichspoſt“, VIII. Strozzigaſſe 42, oder I. Schulerſtraße 21 ſowie in allen Annoncenbureaus des In- und Auslandes angenommen. Nr. 53 Wien, Montag, den 22. Februar 1909. XVI. Jahrgang. [Spaltenumbruch] Die internationale Lage. Die ſerbiſchen Konflikte. Die ſchon für den vorigen Sonntag angekündigte, Gegenwärtig liegt das Schwergewicht der Ent- Die heute vorliegenden Depeſchen melden: Belgrad, 21. Februar. Heute vormittag fand das Hierauf nahm die Verſammlung einſtimmig eine Belgrad, 21. Februar. Das Belgrader Preßbureau, Rom, 21. Februar. (Privattelegramm.) Die Die Belgrader Regierungskriſe. Semlin, 21. Februar. (Privattelegramm.) Lebhaft Belgrad, 21. Februar. (Privattelegramm.) Nach- Die Ereigniſſe in der Türkei. Die Unterzeichnung des Verſtändigungsprotokolls — verſchoben. Die Meinung, das Verſtändigungsprotokoll werde [Spaltenumbruch] [9]. Folge. Nachdruck verboten. Die verhängnisvolle Fahrt. „Wenn ſie die Tiere nicht noch vor dem Teufel- Noch während des Sprechens war er davongeeilt, „Der Teufel ſoll mich holen, wenn das nicht eine Aber niemand wollte ſich dazu verſtehen. Nachdem „Auf der Landſtraße, eine Meile weiter nach Bally- „Meine Frau und meine Schwägerin ſind darin. „Na, ich denke wohl,“ erwiderte der ſtellvertretende „Was für einen Weg ging er?“ „Hier die Schafweide hinauf. Hoffentlich iſt er zur „Beim Himmel, wenn nicht, ſo ſind ſie jetzt Fünftes Kapitel. Die endlos erſcheinende Anhöhe übte ſchließlich doch [Spaltenumbruch] „Ich verſtehe nichts von Hemmſchuh,“ brummte er. Mit Aufbietung all ihrer Kräfte brachte Maureen „Das war ohnedies meine Abſicht,“ antwortete er, „Warten Sie nur, mein liebes Fräulein, ich will Aber das Geſpann hatte ſich bereits wieder in Be- „Nun iſt alles in Ordnung“, rief er, ſich nach rück- (Fortſetzung folgt.) <TEI> <text> <front> <pb facs="#f0001" n="1"/> <cb/> <div type="jExpedition"> <p><hi rendition="#b">Preis 8 <hi rendition="#aq">h</hi> </hi><lb/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> Redaktion: <hi rendition="#aq">VIII.</hi> Strozzigaſſe 41.<lb/> Telephon: 18082.<lb/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> Verwaltung: <hi rendition="#aq">VIII.</hi> Strozzig. 42.<lb/> Telephon: 13870.<lb/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> Druckerei: <hi rendition="#aq">VIII.</hi> Strozzigaſſe 41.<lb/> Telephon: 22641.<lb/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> Stadtexpedition ſowie Kleiner<lb/> Anzeiger <hi rendition="#aq">I.</hi> Schulerſtraße 21.<lb/> Telephon 2926.<lb/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> Blattbeſtellungen übernimmt auch<lb/> J. 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Bemerkenswert iſt dabei<lb/> nur die Anweſenheit eines <hi rendition="#g">ruſſiſchen</hi> Journaliſten,<lb/> der die Verſammlung namens des ruſſiſchen Volkes mit<lb/> einer auſtachelnden Rede begrüßte, recht im Gegenſatze<lb/> zu der von Rußland immer betonten friedlichen Ein-<lb/> flußnahme auf Serbien.</p><lb/> <p>Gegenwärtig liegt das Schwergewicht der Ent-<lb/> ſcheidungen in der Belgrader Regierungskriſe. Nach der<lb/> erfolgten Demiſſion des Kabinettes Velimirovic<lb/> wird es kaum gelingen, einen Frieden zwiſchen den<lb/> beiden einander leidenſchaftlich befehdenden Parteien<lb/> den Alt- und Jungradikalen herbeizuführen. Es wird<lb/> vorausſichtlich zur Bildung einer altradikalen Regierung<lb/> kommen, die aber allzu ſchwankend ſein wird, um den<lb/> Friedensbeſtrebungen einen ſtarken Rückhalt zu geben.<lb/> Vor allem wäre es eine Täuſchung, von einem alt-<lb/> radikalen Kabinett Paſic die Beilegung der Konflikte mit<lb/> Oeſterreich-Ungarn zu erwarten; Paſic ſtand bisher<lb/> hinter allen Intrigen und Machenſchaften gegen Oeſter-<lb/> reich, er wird auch in Zukunft kein anderer werden.<lb/> Ein Kabinett Paſic bedeutet nur eine Ver-<lb/> langſamung, auf keinen Fall aber eine Be-<lb/> ſeitigung des Konfliktes mit Oeſterreich. Nun<lb/> halten auch die Offiziöſen nicht mehr zurück, an die<lb/> ſerbiſche Adreſſe zu verſtehen zu geben, daß es höchſte<lb/> Zeit iſt, in Belgrad Ordnung zu machen. So ſchreibt<lb/> der „Peſter Lloyd“ bezüglich des Verhältniſſes zu Ser-<lb/> bien: „Serbien iſt Herr ſeines Schickſales. Es kann,<lb/> wenn es will, die Freundſchaft Oeſterreich-Ungarns ſofort<lb/> gewinnen, wenn es das Gegenteil von all dem tut, was<lb/> es bisher getan. Es wird aber gewiß die <hi rendition="#g">donnernde<lb/> letzte Mahnung</hi> von der Monarchie empfangen,<lb/> wenn dieſer Wandel <hi rendition="#g">nicht ſehr bald eintritt.</hi>“</p><lb/> <p>Die heute vorliegenden Depeſchen melden:</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline><hi rendition="#b">Belgrad,</hi> 21. Februar.</dateline> <p>Heute vormittag fand das<lb/> von den Hochſchülern einberufene <hi rendition="#g">Proteſtmeeting<lb/><cb/> gegen den Agramer Hochverratspro-<lb/> zeß</hi> ſtatt, woran gegen 5000 Perſonen teilnahmen.<lb/> Die Redner hoben die rein politiſchen Motive<lb/> hervor, welche die Machthaber in Oeſterreich-Ungarn<lb/> bewogen hätten, unſchuldigen Bürgern einen ſchmach-<lb/> vollen Prozeß zu machen. Dieſes Vorgehen gereiche der<lb/> ziviliſierten Welt des 20. Jahrhunderts zur Schande.<lb/> Die Reden wurden mit ſtürmiſchen Hochrufen auf die<lb/> Serben Kroatiens und auf ein <hi rendition="#g">freies Königreich<lb/> Kroatien,</hi> ſowie mit Abzugrufen auf Oeſterreich-<lb/> Ungarn aufgenommen.</p><lb/> <p>Hierauf nahm die Verſammlung einſtimmig eine<lb/> Reſolution folgenden Inhaltes an: Die Verſammlung<lb/> weiſt mit Entrüſtung die Verleumdungen (!) zurück, welche<lb/> anläßlich des Agramer Hochverratsprozeſſes von Wien<lb/> und Peſt aus gegen Serbien, das ſerbiſche Volk, den<lb/> ſerbiſchen Staat und die ſerbiſche Dynaſtie verbreitet<lb/> wurden. Die Verſammlung iſt überzeugt, daß<lb/> die Serben in Kroatien <hi rendition="#g">nur deshalb</hi> verfolgt<lb/> werden, weil ſie treue Söhne ihrer Heimat (?) und die<lb/> wahren Verteidiger ihres (?) Vaterlandes ſind, welche<lb/> im Vereine (!) mit ihren kroatiſchen Brüdern für die<lb/> primitivſten Menſchenrechte und für die Freiheit ihres<lb/> gemeinſamen Vaterlandes kämpfen müſſen. Auf dem<lb/> Standpunkte des anerkannten Rechtes der Natio-<lb/> nalität und der Humanität ſtehend, erhebt die<lb/> Verſammlung den energiſcheſten Proteſt gegen die<lb/><hi rendition="#g">inquiſitoriſchen Mißhandlungen,</hi><lb/> welchen die unſchuldigen ſerbiſchen Opfer in den Agramer<lb/> Kerkern ausgeſetzt ſind. Indem die Verſammlung an die<lb/> humanen, ziviliſierten Völker Europas appelliert, lenkt<lb/> ſie die Aufmerkſamkeit derſelben auf dieſen Prozeß. Nach<lb/> Annahme der Reſolution begrüßte der hier weilende<lb/> ruſſiſche Journaliſt Fürſt <hi rendition="#g">Amiradjiki (?)</hi> die Ver-<lb/> ſammlung numens des ruſſiſchen Volkes, welches die<lb/> ſlaviſche Solidarität zu wahren wiſſen werde. Ueber<lb/> Aufforderung des Präſidenten des Meetings, Ingenieur<lb/> Jovanovic, löſte ſich ſodann die Verſammlung in voll-<lb/> kommener Ruhe auf.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline><hi rendition="#b">Belgrad,</hi> 21. Februar.</dateline> <p>Das Belgrader Preßbureau,<lb/> das durch ſeine Unwahrheiten berühmt iſt, verbreitet,<lb/> daß die Nachrichten der öſterreichiſchen und der unga-<lb/> riſchen Preſſe über außerordentliche militäriſche Vor-<lb/> kehrungen, über eine Steigerung der kriegeriſchen<lb/> Stimmung und über eine kritiſche Lage des Königs<lb/> Entſtellungen des wahren Sachverhaltes ſeien. Tat-<lb/><cb/> ſächlich habe ſich in der letzten Woche nichts ereignet<lb/> was zu alarmierenden Meldungen Anlaß geben könnte.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline><hi rendition="#b">Rom,</hi> 21. Februar.</dateline> <p>(Privattelegramm.) Die<lb/><hi rendition="#g">„Tribuna“</hi> veröffentlicht unter dem Titel „Der<lb/> Friede wird nicht geſtört“ einen längeren, offenbar<lb/> inſpirierten Artikel, der mit folgenden Worten ſchließt:<lb/> Die Notwendigkeit einer ſchleunigen Löſung liegt auf<lb/> der Hand. Eine Lage, wie die gegenwärtige, kann nicht<lb/> ohne Schaden verlängert werden. Ebenſo liegt es auf<lb/> der Hand, daß <hi rendition="#g">weder für Oeſterreich noch<lb/> Ungarn</hi> noch für <hi rendition="#g">Serbien</hi> der Krieg eine<lb/> logiſche Löſung der Lage iſt. Darum können wir ſicher<lb/> ſein, daß <hi rendition="#g">die Diplomatieſchließlich das<lb/> letzte Wort</hi> behalten wird.“</p> </div><lb/> <div n="3"> <head> <hi rendition="#b">Die Belgrader Regierungskriſe.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="4"> <dateline><hi rendition="#b">Semlin,</hi> 21. Februar.</dateline> <p>(Privattelegramm.) Lebhaft<lb/> beſprochen wird in Belgrad die Tatſache, daß König<lb/><hi rendition="#g">Peter,</hi> bevor er einen der aktiven radikalen Politiker<lb/> zu ſich berief, mit dem ehemaligen Miniſterpräſidenten<lb/><hi rendition="#g">Awakumovic</hi> eine Beratung über die politiſche<lb/> Situation pflog. Wie aus der Umgebung des Königs<lb/> verlautet, riet Awakumovic dem <hi rendition="#g">Könige,</hi> mit der<lb/> Bildung des Kabinetts nur einen friedlich geſinnten<lb/> Politiker zu betrauen. Als ſolcher käme in erſter Linie<lb/><hi rendition="#g">Paſic</hi> in Betracht, da er in den letzten Tagen ſich<lb/> wiederholt in friedlichem Sinne geäußert habe. Wünſchens-<lb/> wert wäre es, in das zu bildendé Kabinett die Vertreter<lb/> aller Parteien einzubeziehen. Sollte ſich dies als unmög-<lb/> lich erweiſen, ſo würde es nach Anſicht des Awakumowic<lb/> dem Paſic auch mit einem rein altradikalen Kabinett ge-<lb/> lingen, den Frieden zu retten.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="4"> <dateline><hi rendition="#b">Belgrad,</hi> 21. Februar.</dateline> <p>(Privattelegramm.) Nach-<lb/> dem geſtern das Miniſterium <hi rendition="#g">Velimirovic</hi><lb/> demiſſioniert hat, wird heute <hi rendition="#g">Paſic</hi> zum Könige be-<lb/> rufen werden. Wie verlautet, ſoll <hi rendition="#g">Paſic</hi> mit der<lb/> Bildung der neuen Regierung betraut werden. In das<lb/> Miniſterium <hi rendition="#g">Paſic</hi> ſollen auch die Führer der Fort-<lb/> ſchrittlichen und der Nationalliberalen eintreten.</p> </div> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Die Ereigniſſe in der Türkei.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <head> <hi rendition="#b">Die Unterzeichnung des Verſtändigungsprotokolls<lb/> — verſchoben.</hi> </head><lb/> <p>Die Meinung, das Verſtändigungsprotokoll werde<lb/> noch am Schluſſe der abgelaufenen Woche unterzeichnet<lb/> werden, die ſich in einem hieſigen liberalen Blatte ſogar</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <cb/> </div> </div> </div> <div type="jFeuilleton" n="1"> <p> <ref><supplied>9</supplied>. Folge.</ref> </p> <p> <hi rendition="#et">Nachdruck verboten.</hi> </p><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Die verhängnisvolle Fahrt.</hi> </head><lb/> <byline>Roman von <hi rendition="#b">B. M. Croker.</hi> </byline><lb/> <p>„Wenn ſie die Tiere nicht noch vor dem Teufel-<lb/> ellenbogen in die Gewalt bekommt, ſo wird ſie wohl<lb/> verunglücken,“ erwiderte der Kutſcher. „Jene Ecke<lb/> iſt ſchon unter günſtigen Umſtänden ein verflucht<lb/> gefährlicher Punkt, mit durchgehenden Pferden aber iſt<lb/> dort eine Kataſtrophe unvermeidlich. Und es ſind<lb/> Frauen dabei — es muß irgend etwas geſchehen,“<lb/> fuhr er, die Hände an die Stirne preſſend, fort. „Eine<lb/> Möglichkeit iſt übrigens noch vorhanden. Hier, Jack,<lb/> nehmen Sie die Zügel!“ rief er und zog in fliegender<lb/> Haſt ſeinen Kutſchermantel aus. „Sie müſſen weiter-<lb/> fahren, aber treiben Sie die Tiere nicht an und<lb/> berühren Sie um Gottes willen das vordere Handpferd<lb/> nicht mit der Peitſche. Ich will über den Berg laufen<lb/> und verſuchen, den Wagen vor dem Hohlweg einzu-<lb/> holen.“</p><lb/> <p>Noch während des Sprechens war er davongeeilt,<lb/> ſetzte über einen naheliegenden, mit Waſſer gefüllten<lb/> Graben und begann nun mit den langen, gleichmäßigen<lb/> Schritten eines erfahrenen Läufers den Abhang zu<lb/> erklimmen.</p><lb/> <p>„Der Teufel ſoll mich holen, wenn das nicht eine<lb/> famoſe Idee iſt!“ murmelte der Mann mit den Zügeln.<lb/> Wäre ich doch auf dieſen Gedanken gekommen — aber<lb/> Terence iſt immer ſo flink mit ſeinen Entſchlüſſen. Fort-<lb/> geſchoſſen iſt er wie ein Pfeil und läßt mich hier mit<lb/> einem zappeligen, aufgeregten Viergeſpann ſitzen.<lb/> Hoffentlich gehen ſie mir nicht auch durch.“ Dann<lb/> wandte er ſich zu den Inſaſſen des Wagens und fragte<lb/> ſcherzend: „Hat vielleicht jemand Luſt zu kutſchieren?“</p><lb/> <p>Aber niemand wollte ſich dazu verſtehen. Nachdem<lb/> die Reiſenden dann eine kurze Strecke zurückgelegt hatten,<lb/> bemerkten ſie einen verſtört ausfehenden Herrn, der in<lb/> atemloſer Haſt auf ſie zugelaufen kam und keuchend die<lb/><cb/> Worte hervorſtieß: „Der Wagen — der Wagen — der<lb/> andere Wagen, haben Sie ihn nicht geſehen, wo iſt er?“</p><lb/> <p>„Auf der Landſtraße, eine Meile weiter nach Bally-<lb/> bay zu.“</p><lb/> <p>„Meine Frau und meine Schwägerin ſind darin.<lb/> Sind ſie unverletzt?“</p><lb/> <p>„Na, ich denke wohl,“ erwiderte der ſtellvertretende<lb/> Roſſelenker. „Der Kutſcher dieſes Poſtwagens iſt über<lb/> den Berg gelaufen, um den Weg abzuſchneiden und die<lb/> Pferde womöglich zum Stillſtehen zu bringen. Wenn<lb/> dies irgend einer in ganz Irland zuſtande bringen kann,<lb/> ſo iſt er es.“</p><lb/> <p>„Was für einen Weg ging er?“</p><lb/> <p>„Hier die Schafweide hinauf. Hoffentlich iſt er zur<lb/> rechten Zeit hingekommen.“</p><lb/> <p>„Beim Himmel, wenn nicht, ſo ſind ſie jetzt<lb/> alle maufetot,“ ſagte ein behäbiger Pächter, „denn<lb/> kein Pferd der Welt kann die Ecke am<lb/> Teufelellenbogen im Galopp nehmen.“ Sir Greville<lb/> hörte dieſe tröſtliche Bemerkung wohl kaum mehr.<lb/> Schon rannte er wieder vorwärts, und zwar in einer<lb/> Gangart, bei deren Anblick ſeine Londoner Freunde vor<lb/> Erſtaunen Mund und Augen aufgeſperrt hätten.</p><lb/> <p> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#g">Fünftes Kapitel.</hi> </hi> </p><lb/> <p>Die endlos erſcheinende Anhöhe übte ſchließlich doch<lb/> eine beruhigende Wirkung auf die Pferde aus. Die nicht<lb/> mehr ganz jungen Stangenpferde fingen an, ſich ihres<lb/> Ungeſtüms zu ſchämen, nur der Schecke und das über-<lb/> mütige Sattelpferd hatten ſich noch nicht ganz von der<lb/> Einwirkung des roten Sonnenſchirms erholt. Trotzdem<lb/> hoffte Maureen, daß die größte Schwierigkeit nun über-<lb/> wunden und ſie imſtande ſein werde, das Fuhrwerk<lb/> ſiegreich an ſeinen Beſtimmungsort zu führen — voraus-<lb/> geſetzt natürlich, daß ſich kein weiterer Zwiſchenfall er-<lb/> eignete. Als ſie die Anhöhe erreicht hatten, wandte ſie<lb/> ſich zu ihrem vor Angſt zitternden Gefährten und ſagte:<lb/> „Ich glaube, ich kann die Pferde jetzt anhalten. Bitte<lb/> ſteigen Sie ab und legen Sie den Hemmſchuh an.“</p><lb/> <cb/> <p>„Ich verſtehe nichts von Hemmſchuh,“ brummte er.</p><lb/> <p>Mit Aufbietung all ihrer Kräfte brachte Maureen<lb/> die Pferde endlich einen Augenblick zum Stillſtehen und<lb/> ſagte dann mit zorniger Miene und in gebieteriſchem<lb/> Tone: „Verlaſſen Sie ſogleich den Wagen.“</p><lb/> <p>„Das war ohnedies meine Abſicht,“ antwortete er,<lb/> blitzſchnell vom Wagen ſpringend. Kaum fühlte er feſten<lb/> Boden unter den Füßen, ſo brach er in wütende Ver-<lb/> wünſchungen über das erbärmliche Fuhrwerk und über<lb/> die ganze Poſteinrichtung aus.</p><lb/> <p>„Warten Sie nur, mein liebes Fräulein, ich will<lb/> den Hemmſchuh ſchon anlegen,“ rief der alte Pfarrer.<lb/> Raſch und geſchickt führte er ſofort ſeinen Vorſatz aus,<lb/> während die beiden vorderen Pferde ungeduldig<lb/> tänzelten und Lady Fanſhawe mit weinerlicher Stimme<lb/> bat: „O, Maureen, Maureen, laß mich ausſteigen.“</p><lb/> <p>Aber das Geſpann hatte ſich bereits wieder in Be-<lb/> wegung geſetzt und trabte jetzt ruhig und langſam bergab.<lb/> Schon war mehr als die Hälfte des Weges zurückgelegt,<lb/> als der Schecke in plötzlich wiedererwachendem Uebermut<lb/> ausſchlug und den Kopf des hinteren Pferdes traf,<lb/> worauf dieſes über den Strang ſchlug. Im Nu entſtand<lb/> ein unlösbar erſcheinender Wirrwarr unter den vier<lb/> Pferden, bei deſſen Anblick auch Maureens Mut zu<lb/> ſchwinden begann. In dieſem verhängnisvollen Augen-<lb/> blick gewahrten die Reiſenden einen Herrn, der in höchſter<lb/> Eile quer über die Felder daherlief, ſich über eine Hecke<lb/> ſchwang und, ehe man ſich’s verſah, den beiden Vorder-<lb/> pferden in die Zügel fiel. Die Wirkung war verblüffend.<lb/> Beruhigend ſprach er auf den Schecken ein, ſtreichelte<lb/> deſſen aufgeregten Kameraden, richtete ein ermutigen-<lb/> des Wort an die Stangenpferde und ſchwang ſich auf<lb/> den Bock.</p><lb/> <p>„Nun iſt alles in Ordnung“, rief er, ſich nach rück-<lb/> wärts wendend. „Die Tiere kennen mich und werden<lb/> jetzt ſo fromm gehen wie die Lämmer. Sie brauchen ſich<lb/> nicht im geringſten mehr zu ängſtigen.“</p><lb/> <p> <ref>(Fortſetzung folgt.)</ref> </p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [1/0001]
Preis 8 h
Redaktion: VIII. Strozzigaſſe 41.
Telephon: 18082.
Verwaltung: VIII. Strozzig. 42.
Telephon: 13870.
Druckerei: VIII. Strozzigaſſe 41.
Telephon: 22641.
Stadtexpedition ſowie Kleiner
Anzeiger I. Schulerſtraße 21.
Telephon 2926.
Blattbeſtellungen übernimmt auch
J. Heindl, I. Stefansplatz 7.
H. Goldſchmied, I. Wollzeile 11.
Das Blatt erſcheint täglich ein-
mal (als Morgenansgabe).
Montag erfolgt die Ausgabe um
2 Uhr nachmittags.
Mittagsblatt.
Reichspoſt.
Unabhängiges Tagblatt für das chriſtliche Volk Oeſterreich-Ungarns.
Preis 8 h
Bezugspreiſe:
Für Wien und Auswärts
(ſamt Zuſtellung):
ganzjährig ......... 32 K
vierteljährig ........ 8 K
monatlich ....... 2 K 75 h
Für Deutſchland:
vierteljährig ....... 12 K
Länder des Weltpoſtvereines:
vierteljährig ........ 16 K
Inſerate
werden in der Verwaltung der
„Reichspoſt“, VIII. Strozzigaſſe 42,
oder I. Schulerſtraße 21 ſowie in
allen Annoncenbureaus des In- und
Auslandes angenommen.
Nr. 53 Wien, Montag, den 22. Februar 1909. XVI. Jahrgang.
Die internationale Lage.
Die ſerbiſchen Konflikte.
Die ſchon für den vorigen Sonntag angekündigte,
dann aber behördlich unterſagte Proteſtverſammlung
gegen den großſerbiſchen Hochverratsprozeß in Agram
hat geſtern in Belgrad nun doch ſtattgefunden, ohne daß
es jedoch zu mehr als den üblichen Entrüſtungs- und
Rachetiraden gekommen wäre. Bemerkenswert iſt dabei
nur die Anweſenheit eines ruſſiſchen Journaliſten,
der die Verſammlung namens des ruſſiſchen Volkes mit
einer auſtachelnden Rede begrüßte, recht im Gegenſatze
zu der von Rußland immer betonten friedlichen Ein-
flußnahme auf Serbien.
Gegenwärtig liegt das Schwergewicht der Ent-
ſcheidungen in der Belgrader Regierungskriſe. Nach der
erfolgten Demiſſion des Kabinettes Velimirovic
wird es kaum gelingen, einen Frieden zwiſchen den
beiden einander leidenſchaftlich befehdenden Parteien
den Alt- und Jungradikalen herbeizuführen. Es wird
vorausſichtlich zur Bildung einer altradikalen Regierung
kommen, die aber allzu ſchwankend ſein wird, um den
Friedensbeſtrebungen einen ſtarken Rückhalt zu geben.
Vor allem wäre es eine Täuſchung, von einem alt-
radikalen Kabinett Paſic die Beilegung der Konflikte mit
Oeſterreich-Ungarn zu erwarten; Paſic ſtand bisher
hinter allen Intrigen und Machenſchaften gegen Oeſter-
reich, er wird auch in Zukunft kein anderer werden.
Ein Kabinett Paſic bedeutet nur eine Ver-
langſamung, auf keinen Fall aber eine Be-
ſeitigung des Konfliktes mit Oeſterreich. Nun
halten auch die Offiziöſen nicht mehr zurück, an die
ſerbiſche Adreſſe zu verſtehen zu geben, daß es höchſte
Zeit iſt, in Belgrad Ordnung zu machen. So ſchreibt
der „Peſter Lloyd“ bezüglich des Verhältniſſes zu Ser-
bien: „Serbien iſt Herr ſeines Schickſales. Es kann,
wenn es will, die Freundſchaft Oeſterreich-Ungarns ſofort
gewinnen, wenn es das Gegenteil von all dem tut, was
es bisher getan. Es wird aber gewiß die donnernde
letzte Mahnung von der Monarchie empfangen,
wenn dieſer Wandel nicht ſehr bald eintritt.“
Die heute vorliegenden Depeſchen melden:
Belgrad, 21. Februar. Heute vormittag fand das
von den Hochſchülern einberufene Proteſtmeeting
gegen den Agramer Hochverratspro-
zeß ſtatt, woran gegen 5000 Perſonen teilnahmen.
Die Redner hoben die rein politiſchen Motive
hervor, welche die Machthaber in Oeſterreich-Ungarn
bewogen hätten, unſchuldigen Bürgern einen ſchmach-
vollen Prozeß zu machen. Dieſes Vorgehen gereiche der
ziviliſierten Welt des 20. Jahrhunderts zur Schande.
Die Reden wurden mit ſtürmiſchen Hochrufen auf die
Serben Kroatiens und auf ein freies Königreich
Kroatien, ſowie mit Abzugrufen auf Oeſterreich-
Ungarn aufgenommen.
Hierauf nahm die Verſammlung einſtimmig eine
Reſolution folgenden Inhaltes an: Die Verſammlung
weiſt mit Entrüſtung die Verleumdungen (!) zurück, welche
anläßlich des Agramer Hochverratsprozeſſes von Wien
und Peſt aus gegen Serbien, das ſerbiſche Volk, den
ſerbiſchen Staat und die ſerbiſche Dynaſtie verbreitet
wurden. Die Verſammlung iſt überzeugt, daß
die Serben in Kroatien nur deshalb verfolgt
werden, weil ſie treue Söhne ihrer Heimat (?) und die
wahren Verteidiger ihres (?) Vaterlandes ſind, welche
im Vereine (!) mit ihren kroatiſchen Brüdern für die
primitivſten Menſchenrechte und für die Freiheit ihres
gemeinſamen Vaterlandes kämpfen müſſen. Auf dem
Standpunkte des anerkannten Rechtes der Natio-
nalität und der Humanität ſtehend, erhebt die
Verſammlung den energiſcheſten Proteſt gegen die
inquiſitoriſchen Mißhandlungen,
welchen die unſchuldigen ſerbiſchen Opfer in den Agramer
Kerkern ausgeſetzt ſind. Indem die Verſammlung an die
humanen, ziviliſierten Völker Europas appelliert, lenkt
ſie die Aufmerkſamkeit derſelben auf dieſen Prozeß. Nach
Annahme der Reſolution begrüßte der hier weilende
ruſſiſche Journaliſt Fürſt Amiradjiki (?) die Ver-
ſammlung numens des ruſſiſchen Volkes, welches die
ſlaviſche Solidarität zu wahren wiſſen werde. Ueber
Aufforderung des Präſidenten des Meetings, Ingenieur
Jovanovic, löſte ſich ſodann die Verſammlung in voll-
kommener Ruhe auf.
Belgrad, 21. Februar. Das Belgrader Preßbureau,
das durch ſeine Unwahrheiten berühmt iſt, verbreitet,
daß die Nachrichten der öſterreichiſchen und der unga-
riſchen Preſſe über außerordentliche militäriſche Vor-
kehrungen, über eine Steigerung der kriegeriſchen
Stimmung und über eine kritiſche Lage des Königs
Entſtellungen des wahren Sachverhaltes ſeien. Tat-
ſächlich habe ſich in der letzten Woche nichts ereignet
was zu alarmierenden Meldungen Anlaß geben könnte.
Rom, 21. Februar. (Privattelegramm.) Die
„Tribuna“ veröffentlicht unter dem Titel „Der
Friede wird nicht geſtört“ einen längeren, offenbar
inſpirierten Artikel, der mit folgenden Worten ſchließt:
Die Notwendigkeit einer ſchleunigen Löſung liegt auf
der Hand. Eine Lage, wie die gegenwärtige, kann nicht
ohne Schaden verlängert werden. Ebenſo liegt es auf
der Hand, daß weder für Oeſterreich noch
Ungarn noch für Serbien der Krieg eine
logiſche Löſung der Lage iſt. Darum können wir ſicher
ſein, daß die Diplomatieſchließlich das
letzte Wort behalten wird.“
Die Belgrader Regierungskriſe.
Semlin, 21. Februar. (Privattelegramm.) Lebhaft
beſprochen wird in Belgrad die Tatſache, daß König
Peter, bevor er einen der aktiven radikalen Politiker
zu ſich berief, mit dem ehemaligen Miniſterpräſidenten
Awakumovic eine Beratung über die politiſche
Situation pflog. Wie aus der Umgebung des Königs
verlautet, riet Awakumovic dem Könige, mit der
Bildung des Kabinetts nur einen friedlich geſinnten
Politiker zu betrauen. Als ſolcher käme in erſter Linie
Paſic in Betracht, da er in den letzten Tagen ſich
wiederholt in friedlichem Sinne geäußert habe. Wünſchens-
wert wäre es, in das zu bildendé Kabinett die Vertreter
aller Parteien einzubeziehen. Sollte ſich dies als unmög-
lich erweiſen, ſo würde es nach Anſicht des Awakumowic
dem Paſic auch mit einem rein altradikalen Kabinett ge-
lingen, den Frieden zu retten.
Belgrad, 21. Februar. (Privattelegramm.) Nach-
dem geſtern das Miniſterium Velimirovic
demiſſioniert hat, wird heute Paſic zum Könige be-
rufen werden. Wie verlautet, ſoll Paſic mit der
Bildung der neuen Regierung betraut werden. In das
Miniſterium Paſic ſollen auch die Führer der Fort-
ſchrittlichen und der Nationalliberalen eintreten.
Die Ereigniſſe in der Türkei.
Die Unterzeichnung des Verſtändigungsprotokolls
— verſchoben.
Die Meinung, das Verſtändigungsprotokoll werde
noch am Schluſſe der abgelaufenen Woche unterzeichnet
werden, die ſich in einem hieſigen liberalen Blatte ſogar
9. Folge.
Nachdruck verboten.
Die verhängnisvolle Fahrt.
Roman von B. M. Croker.
„Wenn ſie die Tiere nicht noch vor dem Teufel-
ellenbogen in die Gewalt bekommt, ſo wird ſie wohl
verunglücken,“ erwiderte der Kutſcher. „Jene Ecke
iſt ſchon unter günſtigen Umſtänden ein verflucht
gefährlicher Punkt, mit durchgehenden Pferden aber iſt
dort eine Kataſtrophe unvermeidlich. Und es ſind
Frauen dabei — es muß irgend etwas geſchehen,“
fuhr er, die Hände an die Stirne preſſend, fort. „Eine
Möglichkeit iſt übrigens noch vorhanden. Hier, Jack,
nehmen Sie die Zügel!“ rief er und zog in fliegender
Haſt ſeinen Kutſchermantel aus. „Sie müſſen weiter-
fahren, aber treiben Sie die Tiere nicht an und
berühren Sie um Gottes willen das vordere Handpferd
nicht mit der Peitſche. Ich will über den Berg laufen
und verſuchen, den Wagen vor dem Hohlweg einzu-
holen.“
Noch während des Sprechens war er davongeeilt,
ſetzte über einen naheliegenden, mit Waſſer gefüllten
Graben und begann nun mit den langen, gleichmäßigen
Schritten eines erfahrenen Läufers den Abhang zu
erklimmen.
„Der Teufel ſoll mich holen, wenn das nicht eine
famoſe Idee iſt!“ murmelte der Mann mit den Zügeln.
Wäre ich doch auf dieſen Gedanken gekommen — aber
Terence iſt immer ſo flink mit ſeinen Entſchlüſſen. Fort-
geſchoſſen iſt er wie ein Pfeil und läßt mich hier mit
einem zappeligen, aufgeregten Viergeſpann ſitzen.
Hoffentlich gehen ſie mir nicht auch durch.“ Dann
wandte er ſich zu den Inſaſſen des Wagens und fragte
ſcherzend: „Hat vielleicht jemand Luſt zu kutſchieren?“
Aber niemand wollte ſich dazu verſtehen. Nachdem
die Reiſenden dann eine kurze Strecke zurückgelegt hatten,
bemerkten ſie einen verſtört ausfehenden Herrn, der in
atemloſer Haſt auf ſie zugelaufen kam und keuchend die
Worte hervorſtieß: „Der Wagen — der Wagen — der
andere Wagen, haben Sie ihn nicht geſehen, wo iſt er?“
„Auf der Landſtraße, eine Meile weiter nach Bally-
bay zu.“
„Meine Frau und meine Schwägerin ſind darin.
Sind ſie unverletzt?“
„Na, ich denke wohl,“ erwiderte der ſtellvertretende
Roſſelenker. „Der Kutſcher dieſes Poſtwagens iſt über
den Berg gelaufen, um den Weg abzuſchneiden und die
Pferde womöglich zum Stillſtehen zu bringen. Wenn
dies irgend einer in ganz Irland zuſtande bringen kann,
ſo iſt er es.“
„Was für einen Weg ging er?“
„Hier die Schafweide hinauf. Hoffentlich iſt er zur
rechten Zeit hingekommen.“
„Beim Himmel, wenn nicht, ſo ſind ſie jetzt
alle maufetot,“ ſagte ein behäbiger Pächter, „denn
kein Pferd der Welt kann die Ecke am
Teufelellenbogen im Galopp nehmen.“ Sir Greville
hörte dieſe tröſtliche Bemerkung wohl kaum mehr.
Schon rannte er wieder vorwärts, und zwar in einer
Gangart, bei deren Anblick ſeine Londoner Freunde vor
Erſtaunen Mund und Augen aufgeſperrt hätten.
Fünftes Kapitel.
Die endlos erſcheinende Anhöhe übte ſchließlich doch
eine beruhigende Wirkung auf die Pferde aus. Die nicht
mehr ganz jungen Stangenpferde fingen an, ſich ihres
Ungeſtüms zu ſchämen, nur der Schecke und das über-
mütige Sattelpferd hatten ſich noch nicht ganz von der
Einwirkung des roten Sonnenſchirms erholt. Trotzdem
hoffte Maureen, daß die größte Schwierigkeit nun über-
wunden und ſie imſtande ſein werde, das Fuhrwerk
ſiegreich an ſeinen Beſtimmungsort zu führen — voraus-
geſetzt natürlich, daß ſich kein weiterer Zwiſchenfall er-
eignete. Als ſie die Anhöhe erreicht hatten, wandte ſie
ſich zu ihrem vor Angſt zitternden Gefährten und ſagte:
„Ich glaube, ich kann die Pferde jetzt anhalten. Bitte
ſteigen Sie ab und legen Sie den Hemmſchuh an.“
„Ich verſtehe nichts von Hemmſchuh,“ brummte er.
Mit Aufbietung all ihrer Kräfte brachte Maureen
die Pferde endlich einen Augenblick zum Stillſtehen und
ſagte dann mit zorniger Miene und in gebieteriſchem
Tone: „Verlaſſen Sie ſogleich den Wagen.“
„Das war ohnedies meine Abſicht,“ antwortete er,
blitzſchnell vom Wagen ſpringend. Kaum fühlte er feſten
Boden unter den Füßen, ſo brach er in wütende Ver-
wünſchungen über das erbärmliche Fuhrwerk und über
die ganze Poſteinrichtung aus.
„Warten Sie nur, mein liebes Fräulein, ich will
den Hemmſchuh ſchon anlegen,“ rief der alte Pfarrer.
Raſch und geſchickt führte er ſofort ſeinen Vorſatz aus,
während die beiden vorderen Pferde ungeduldig
tänzelten und Lady Fanſhawe mit weinerlicher Stimme
bat: „O, Maureen, Maureen, laß mich ausſteigen.“
Aber das Geſpann hatte ſich bereits wieder in Be-
wegung geſetzt und trabte jetzt ruhig und langſam bergab.
Schon war mehr als die Hälfte des Weges zurückgelegt,
als der Schecke in plötzlich wiedererwachendem Uebermut
ausſchlug und den Kopf des hinteren Pferdes traf,
worauf dieſes über den Strang ſchlug. Im Nu entſtand
ein unlösbar erſcheinender Wirrwarr unter den vier
Pferden, bei deſſen Anblick auch Maureens Mut zu
ſchwinden begann. In dieſem verhängnisvollen Augen-
blick gewahrten die Reiſenden einen Herrn, der in höchſter
Eile quer über die Felder daherlief, ſich über eine Hecke
ſchwang und, ehe man ſich’s verſah, den beiden Vorder-
pferden in die Zügel fiel. Die Wirkung war verblüffend.
Beruhigend ſprach er auf den Schecken ein, ſtreichelte
deſſen aufgeregten Kameraden, richtete ein ermutigen-
des Wort an die Stangenpferde und ſchwang ſich auf
den Bock.
„Nun iſt alles in Ordnung“, rief er, ſich nach rück-
wärts wendend. „Die Tiere kennen mich und werden
jetzt ſo fromm gehen wie die Lämmer. Sie brauchen ſich
nicht im geringſten mehr zu ängſtigen.“
(Fortſetzung folgt.)
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