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Reichspost. Nr. 18, Wien, 22.01.1901.

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Wien, Dienstag Reichspost 22. Jänner 1901 18

[Spaltenumbruch]
Römischer Brief.


Leo. XIII hat gestern mit dem Empfange
der beim päpstlichen Stuhl beglaubigten Diplo-
maten
begonnen und nahm die Neujahrswünsche
des österreichisch-ungarischen Botschafters Grafen
Revertera, sowie diejenigen des bairischen Gesandten,
Freiherrn von Cetto, entgegen. Die übrigen Bot-
schafter, Gesandten und Geschäftsträger werden eben-
falls in diesen Tagen von Leo XIII. empfangen
werden. -- In Folge des Planes, die Engelsburg
zu einem Museum einzurichten, haben die nöthigen
Unterhandlungen wegen der Ausquartierung der im
alten Castell wohnenden Militärmannschaften, sowie
wegen der Verlegung der dort befindlichen Militär-
gefängnisse bereits begonnen. -- Auf dem hiesigen
Marineministerium sind die beiden von der "Giava"
mitgebrachten chinesischen Fahnen angekommen,
welche die italienischen Bersaglieri den Chinesen bei der
Erstürmung einiger Forts am 2. October v. J. abnahmen.
Die Fahnenstangen sind aus Bambusrohr und sind fast
6 Meter lang; die Fahne selbst ist aus rother Seide
hergestellt und mißt nicht weniger als neun Quadrat-
meter. In der Mitte tragen beide Fahnen das
chinesische Wappen in weißer Seidenstickerei, sowie
eine ebensolche Inschrift, welche so etwas wie "pro
Patria"
bedeutet. Der Marineminister wird die
beiden Fahnen seinem Collegen vom Kriege über-
weisen und dieser sie im "Museum" der Bersaglieri
hierselbst aufhängen lassen. -- Die ökonomische
Krise,
welche Italien gegenwärtig durchmacht,
scheint eine der größten zu sein, welche bereits in so
großer Zahl auf einander gefolgt sind. Nachrichten
aus Livorno zu Folge fanden dort wiederum
Protestversammlungen und allerlei Zusammenrottungen
statt, weil die dortigen großen Industrieetablissements
von Neuem mehrere Tausend Arbeiter entlassen
hatten. Dasselbe wird -- wenn auch in geringerem
Masse -- aus Palermo und Ligurien gemeldet. Dabei
hält das kalte Wetter an, die Kohlenpreise steigen in
Folge dessen fortwährend und der Feld- und Garten-
bau ruht gegenwärtig vollständig.




Generalversammlung des Vereines
zur Heranbildung katholischer Lehrer.

Im Saale des niederösterreichischen Gewerbe-
vereines fand gestern Abends unter starker Betheiligung
die diesjährige Generalversammlung des Vereines zur
Heranbildung katholischer Lehrer statt. Der Präsident
des Vereines Robert Prinz zu Windischgrätz er-
öffnete die Versammlung mit einer herzlichen Be-
grüßung der Erschienenen. Als nächster Redner war
Herr Eichinger berufen, die Nothwendigkeit der
katholischen Erziehung in praktischer Weise darzuthun.
Hierauf erstattete der II. Vicepräsident des Vereines,
Herr Janauschek den Rechenschaftsbericht, nach
welchem ein Cassenstand erübrigt und dem zu ent-
nehmen ist, daß der Verein 19 Anstalten mit 4135
Zöglingen theils erhält, theils unterstützt. Die An-
stalten vertheilen sich auf Oesterreich-Ungarn und das
Ausland, insbesonders die Balkanländer. Als zweiter
Redner sprach Hochw. P. Meßmann. Derselbe be-
tonte gleichfalls die Wichtigkeit der katholischen
Erziehung und empfahl auch in warmen
Worten die Unterstützung des Vereines. (Großer
Beifall.) Bei der hierauf vorgenommenen Neuwahl
des Präsidiums wurden einstimmig gewählt die
Herren: Robert Prinz zu Windischgrätz als
[Spaltenumbruch] Präsident, Bezirksvorsteher Dr. Mattis, I. Viceprä-
sident, Herr Janauschek, II. Vicepräsident, ferner als
Secretär Hochwürden Haubner, als Cassier Herr
Kallner, als Schriftführer Herr Größl. In das
Damen-Hifscomite wurde Prinzessin Fanni Liechten-
stein
als Präsidentin entsendet und die übrigen Mit-
glieder wiedergewählt. Prinz Robert Windischgrätz
dankte sodann allen Erschienenen und schloß die Ver-
sammlung mit einem dreimaligen Hoch auf Kaiser und
Papst, in welches die Versammlung begeistert ein-
stimmte. Die Musikvorträge in den Zwischenpausen
besorgte in trefflicher Weise die Capelle "Lyra" des
katholischen Jugendbündnisses Fünfhaus.




Gemeindezeitung.
Die Beamtenfreundlichkeit der christlich-
socialen Partei

gelangte in der Sitzung des
Wiener Gemeinderathes vom 18. Jänner d. J.
neuerdings zum Ausdruck durch die Annahme des
Stadtrath-Antrages auf Einrechnung der
zweiten Hälfte des Quartiergeldes in die Pension
der städtischen Beamten und Diener. Die Durch-
führung dieses Beschlusses legt der Gemeinde Wien
eine neue Last von 150.000 K auf. Der Gemeinde-
rath hat aber trotzdem den Antrag gebilligt nm da-
durch die Lage der Beamtenschaft, der treuen Mit-
arbeiter an der Gemeindeverwaltung, materiell zu
bessern. Noch vor den Wahlen wurden die judenlibe-
ralen, die deutschradicalen und die rothen Candidaten
und die hinter ihnen stehende Presse nicht müde, der
christlich-socialen Partei, Beamtenfeindlichkeit vorzu-
werfen. Die Entstellungskünstler und Lügenfabrikanten
feierten wahre Orgien. Die Verhetzung der städtischen
Beamtenschaft gelang nicht. In diesen Kreisen hat
der Beschluß des Gemeinderathes allgemein befriedigt.
Eine Deputation städtischer Beamten hat auch bei
dem Bürgermeister Dr. Lueger vorgesprochen, um
ihm, dem Stadtrath und dem Gemeinderathe den
Dank für den erwähnten Beschluß des Gemeinde-
rathes auszusprechen.

Der Gemeinderath

hält in dieser Woche am
Freitag um 5 Uhr Nachmittags eine Plenarsitzung
ab. -- Stadtrathssitzungen finden am Diens-
tag, Donnerstag und Freitag statt.

Eine Deputation der städtischen Beamten

hat beim Bürgermeister Dr. Lueger vorgesprochen
und überbrachte ihm den Dank der Beamten an den
Stadtrath und Gemeinderath für die erfolgte Zuer-
kennung der zweiten Quartiergeldhälfte.

Die hohe Brücke.

Die Hauseigenthümer der
Wipplingerstraße haben sich in einer Eingabe an den
Gemeinderath gewendet, in der das dringende An-
suchen gestellt wird, den Ausbau der "hohen Brücke"
in der Wipplingerstraße entsprechend der gegen-
wärtigen Straßenbreite, der städtischen Baubehörde
zur schleunigen Ausführung zu übertragen.

Armen-Lotterie.

Die am Faschingdienstag statt-
findende Ziehung der städtischen Armen-Lotterie wird
auch heuer im Volkskeller des Rathhauskellers ab-
gehalten.

Ball der Stadt Wien.

Die Vorarbeiten
schreiten rüstig vorwärts. Se. Majestät, der dem Bür-
germeister sein Erscheinen zugesagt und auch die An-
wesenheit zahlreicher Mitglieder des Hofes ist zu er-




[Spaltenumbruch]

nicht," schreibt er an Eoban Hessus, die Zahl der
Schriftsteller, welche Aehnliches schreiben, ist größer
als Du glaubst. Ihr werdet einmal sehen, wie viel
ich von denen, die etwas zu leisten im Stande sind,
gewinnen kann. Luther fühlt sich durch das
kecke Auftreten Hutten's selbst sicherer und
schreibt an Johann Voigt: "Sickingen ver-
spricht mir durch Hutten Schutz gegen alle meine
Feinde. Nun fürchte ich nichts mehr, sondern
gebe schon ein Buch in deutscher Sprache gegen den
Papst heraus von der Kirchenstaatsbesserung. Hier
greife ich den Papst auf das Heftigste an, gleichsam
als den Antichrist." (de Wette 1. 475.) Hutten suchte
nun in seinen Schriften besonders Haß und Erbitte-
rung gegen den Besitz der Kirche anzufachen, worin
Luther dann noch viel radicaler vorging. In diesem
Wirrwar, in dieser Schreiberhetze kam es soweit, daß
Luther offen erklärte: "Wir halten dafür, daß uns
gegen seinen (des Papstes) Betrug und seine Bos-
heit Alles erlaubt ist." (de Wett 1. 476.) Luther er-
klärt aber auch, sowie Hutten, daß auch jede weltliche
Gewalt, die ihre Absichten wahre, "Teufels Gewalt
sei". "Gott selbst", sagt er, "hat alle Schwierigkeit
und alle Gewalt aufgehoben, wo sie wider das Evan-
gelium handelt. (de Wette 2. 192.) Wie entsetzlich
verächtlich, wie gemein und verbissen Luther sich
nicht nur gegen die kirchliche Gewalt, sondern
gegen die Landesfürsten aussprach, spottet
jeder Beurtheilung. Hutten war hiebei der
heimliche Agitator, der das Feuer schürte. So schrieb
Hutten eine Klageschrift an alle Stände "deutscher
[Spaltenumbruch] Nation", die er zuerst an die Churfürsten schickte,
dann aber durch Uebersetzung auch dem gemeinen
Mann zugänglich machte.

Auf die Bannbulle Leo X. gegen Luther ant-
wortete Hutten durch seine "Bulla Leonis X. contra
errores Marthini Lutheri et sequacium"
und "In
incendium lutheranum exclamatio".
Letztere wurde
ebenfalls ins Deutsche übersetzt. Ein wahres Pam-
phlet, wodurch Hutten am meisten die Gemüther
reizte, war "Klage und Ermahnung gegen die über-
mäßige, unchristliche Gewalt des Papstes zu Rom
und der ungeistlichen Geistlichkeit."

Im Sommer 1519 schrieb Hutten mit Freuden:
"Sickingen gehe mit dem allerschönsten Plane um."
Aber bitter beklagt er sich im Herbste 1520 in einem
Briefe, den er von der Ebernburg an Luther
schreibt: "Du würdest auch wahrlich bedauern,
wenn Du Zeuge wärest von meinen Widerwärtig-
keiten hier. So zuverlässig ist die Treue der
Menschen" und vertröstet Luther auf den Wormser
Reichstag. "Dann wird Franz seine Pflicht thun."
Im Winter 1520--21 las Hutten seinem
Freund Sickingen Luthers Schriften vor und
erklärte sie ihm. Er öffnete ihm die Augen über
den römischen Druck, dem Geist, Leib und Beutel
des deutschen Volkes bisher unterlegen. Hutten
hörte übrigens nicht auf, durch seine eigenen Schrif-
ten fort aufzuhetzen. So schrieb er an den päpst-
lichen Legaten Aleander: "er werde Alles thun,
daß er ohne Leben wie eine Leich hinausgeschleppt
werde."     (Schluß folgt.)


[Spaltenumbruch]

warten. Die Stadträthe Dr. Deutschmann und Dr,
Krenn haben ebenso wie die beiden dirigirenden Ca-
pellmeister Johann Strauß jun. und Engelbert
Sitter dem Comite Tanzstücke widmen. Mit der Aus-
sendung der Einladungen wird noch im Laufe der
kommenden Woche begonnen werden.




Kirchliches.
Inthronisation des Lemberger Erzbischofs.

Gestern fand in Lemberg in feierlicher Weise die
Inthronisation des neuernannten Erzbischofs, ritus
latini,
Dr. Bilczewski, statt. An der Feier nahmen
theil: Die Kirchenfürsten aller drei Riten, Statthalter
Graf Pininski, Landmarschall Graf Stanislaus
Badeni, der Corpscommandant, der Bürgermeister
mit den Gemeinderäthen, Universitätsprofessoren, die
Spitzen der Behörden, zahlreiche Abgeordnete und
andere Notabilitäten.




Vereinsnachrichten.
§ Der Sängerbund "Dreizehnlinden"

veranstaltet
morgen Dienstag den 22. Jänner sein diesjähriges
Faschingsfest im Prachtsaale "zum Auge Gott[es"],
9. Bez., Nußdorferstraße 73, unter Mitwirk[ung] einer
Musikcapelle. Zur Aufführung gelangt die [vier]actige
burleske Oper "Die Griechen vor Troja". Hierauf
Tanzkränzchen. Eintrittskarten im Vorverkauf a 1 K
bei: B. Herder Verlag, 1. Bez., Wollzeile 33, J. Ja-
nauschek u. Co., 1. Bez., Singerstraße 18, Restauration
"Regensburgerhof", 1. Bez., Sonnenfelsgasse 2, Papier-
handlung M. Kaunovsky, 4. Bez., Alleegasse 55, Re-
stauration "zum Auge Gottes", 9. Bez., Nußdorfer-
straße 73, Cafe Irrer, 9. Bez., Nußdorferstraße 73. An
der Abendcassa a 1 K 50 h.




Theater, Kunst und Musik.
-- Hofoperntheater.

Herr Leo Slezak vom
Stadttheater in Breslau eröffnet kommenden Mitt-
woch als Arnold in Rossinis "Wilhelm Tell" ein
Gastspiel. Als zweite Rolle hat Herr Slezak den Jo-
hannes Leyden in der Meyerbeer'schen Oper "Der
Prophet"
gewählt.

-- Kaiserjubiläums-Stadttheater.

Morgen,
Diensttag spielt Herr Hofschauspieler Ferdinand Bonn
zum zweiten Male den Shylock im "Kaufmann
von Venedig".
Die nächste Wiederholung des
Märchenspieles "Aschenbrödel" oder "Der gläserne
Pantofel" findet übermorgen Mittwoch, Nachmittags
1/23 Uhr statt.

-- Raimundtheater.

Am Samstag den 26. d.
findet die Erstaufführung des dreiactigen Schwankes
"Großstadtluft" von Oskar Blumenthal und Gust.
Kadelburg mit Dr. Rudolf Tyrolt als Gast statt.
Das von Herru Regisseur Raeder inscenirte Stück
kommt in folgender Besetzung zur Darstellung: Martin
Schröter, Herr Krug. Sabine, Fräulein Petri. Walter
Lenz, Herr Jensen. Antonie, Fräulein Monati. Bern-
hard Gempe, Herr Homma. Fritz Flemming, Herr
Lackner. Dr. Crusius, Herr Dr. Tyrolt als Gast. Frau
Dr. Crusius, Frau Anatour. Rector Arnstedt, Herr
Pollandt. Frau Rector Arnstedt, Fräulein Lichten.
Marthe, Fräulein Hirschhuber. Tapezierer, Herr Knei-
dinger. Diener, Herr Zeigenhofer.

-- Theater in der Josefstadt.

Morgen Dienstag:
Literarischer Abend. Zur Aufführung gelangt das fünf-
actige Schauspiel "Ohne Geläut", von Fedor von
Zobeltitz. Dieses interessante Stück hatte vor einigen
Jahren am Berliner Lessing-Theater bedeutenden
Erfolg. "Ohne Geläut" wird am nächsten Freitag
wiederholt.

-- Jantsch-Theater.

Das Theater hat jetzt sehr
bequeme Verbindungen nach allen Richtungen. Tram-
way- und Omnibushaltestellen befinden sich direct beim
Theater und in unmittelbarer Nähe die Stadtbahn-
station "Praterstern".

-- Ferdinand Bonn

hat für seinen am Freitag
den 25. d. im großen Musikvereinssaale stattfindenden
Vortragsabend folgendes Programm festgesetzt:
Goethe, "Der Sänger", "Hochzeitslied", "Der Fischer";
Shakespeare, Monologe: 1. Heinrich V., 2. Jago,
3. Hamlet, 4. Richard III; Classische Scenen aus
Shakespeare: 1. Othello-Jago, 2. Shylock-Antonio-
Bassanio, 3. Hamlet-Todtengräber. Zum Schlusse folgen
humoristische Vorträge und zwar Franz v. Kobell: "Die
G'schicht vom Boandelkramer und vom Brandner-
kaschper", und Carl Wilkowsky, "Die fünf Sinne".
Bonn recitirt Alles frei aus dem Gedächtnisse. Zwischen
den declamatorischen Vorträgen wird der Künstler einige
Violinpiecen spielen.

-- Die vierte Soiree des Böhmischem Streich-
Quartettes

findet Freitag den 1. Februar im Bösen-
dorfersaale statt. Auf vielseitiges Verlangen veranstaltet
das "Böhmische Streich-Quartett" eine außerordentliche
Soiree zu populären Preisen. Dieselbe findet
Samstag den 2. Februar abends 1/28 Uhr im Bösen-
dorfersaale
statt. -- Oscar Nedbal, der bekannte
Violaspieler des "Böhmischen Streichquartetts" und
Dirigent der philharmonischen Concerte in Prag hat
vergangene Woche in Petersburg und Moskau mit
dem Orchester der kaiserl. russischen Oper zwei
Symphonie-Concerte dirigirt und hatte bei Publikum
und Kritik großen Ersolg. -- Lula Gmeiner veranstaltet
in dieser Saison einen einzigen Liederabend, welchen
Dienstag den 12. Februar im Bösendorfersaale stattfindet
Karten in Gutmanns Hofmusikalienhandlung.

-- K. k. Oesterreichisches Museum.

Montag, den
28. Jänner, 8 Uhr abends wird der Bibliothekar am

Wien, Dienſtag Reichspoſt 22. Jänner 1901 18

[Spaltenumbruch]
Römiſcher Brief.


Leo. XIII hat geſtern mit dem Empfange
der beim päpſtlichen Stuhl beglaubigten Diplo-
maten
begonnen und nahm die Neujahrswünſche
des öſterreichiſch-ungariſchen Botſchafters Grafen
Revertera, ſowie diejenigen des bairiſchen Geſandten,
Freiherrn von Cetto, entgegen. Die übrigen Bot-
ſchafter, Geſandten und Geſchäftsträger werden eben-
falls in dieſen Tagen von Leo XIII. empfangen
werden. — In Folge des Planes, die Engelsburg
zu einem Muſeum einzurichten, haben die nöthigen
Unterhandlungen wegen der Ausquartierung der im
alten Caſtell wohnenden Militärmannſchaften, ſowie
wegen der Verlegung der dort befindlichen Militär-
gefängniſſe bereits begonnen. — Auf dem hieſigen
Marineminiſterium ſind die beiden von der „Giava“
mitgebrachten chineſiſchen Fahnen angekommen,
welche die italieniſchen Berſaglieri den Chineſen bei der
Erſtürmung einiger Forts am 2. October v. J. abnahmen.
Die Fahnenſtangen ſind aus Bambusrohr und ſind faſt
6 Meter lang; die Fahne ſelbſt iſt aus rother Seide
hergeſtellt und mißt nicht weniger als neun Quadrat-
meter. In der Mitte tragen beide Fahnen das
chineſiſche Wappen in weißer Seidenſtickerei, ſowie
eine ebenſolche Inſchrift, welche ſo etwas wie „pro
Patria“
bedeutet. Der Marineminiſter wird die
beiden Fahnen ſeinem Collegen vom Kriege über-
weiſen und dieſer ſie im „Muſeum“ der Berſaglieri
hierſelbſt aufhängen laſſen. — Die ökonomiſche
Kriſe,
welche Italien gegenwärtig durchmacht,
ſcheint eine der größten zu ſein, welche bereits in ſo
großer Zahl auf einander gefolgt ſind. Nachrichten
aus Livorno zu Folge fanden dort wiederum
Proteſtverſammlungen und allerlei Zuſammenrottungen
ſtatt, weil die dortigen großen Induſtrieetabliſſements
von Neuem mehrere Tauſend Arbeiter entlaſſen
hatten. Dasſelbe wird — wenn auch in geringerem
Maſſe — aus Palermo und Ligurien gemeldet. Dabei
hält das kalte Wetter an, die Kohlenpreiſe ſteigen in
Folge deſſen fortwährend und der Feld- und Garten-
bau ruht gegenwärtig vollſtändig.




Generalverſammlung des Vereines
zur Heranbildung katholiſcher Lehrer.

Im Saale des niederöſterreichiſchen Gewerbe-
vereines fand geſtern Abends unter ſtarker Betheiligung
die diesjährige Generalverſammlung des Vereines zur
Heranbildung katholiſcher Lehrer ſtatt. Der Präſident
des Vereines Robert Prinz zu Windiſchgrätz er-
öffnete die Verſammlung mit einer herzlichen Be-
grüßung der Erſchienenen. Als nächſter Redner war
Herr Eichinger berufen, die Nothwendigkeit der
katholiſchen Erziehung in praktiſcher Weiſe darzuthun.
Hierauf erſtattete der II. Vicepräſident des Vereines,
Herr Janauſchek den Rechenſchaftsbericht, nach
welchem ein Caſſenſtand erübrigt und dem zu ent-
nehmen iſt, daß der Verein 19 Anſtalten mit 4135
Zöglingen theils erhält, theils unterſtützt. Die An-
ſtalten vertheilen ſich auf Oeſterreich-Ungarn und das
Ausland, insbeſonders die Balkanländer. Als zweiter
Redner ſprach Hochw. P. Meßmann. Derſelbe be-
tonte gleichfalls die Wichtigkeit der katholiſchen
Erziehung und empfahl auch in warmen
Worten die Unterſtützung des Vereines. (Großer
Beifall.) Bei der hierauf vorgenommenen Neuwahl
des Präſidiums wurden einſtimmig gewählt die
Herren: Robert Prinz zu Windiſchgrätz als
[Spaltenumbruch] Präſident, Bezirksvorſteher Dr. Mattis, I. Viceprä-
ſident, Herr Janauſchek, II. Vicepräſident, ferner als
Secretär Hochwürden Haubner, als Caſſier Herr
Kallner, als Schriftführer Herr Größl. In das
Damen-Hifscomité wurde Prinzeſſin Fanni Liechten-
ſtein
als Präſidentin entſendet und die übrigen Mit-
glieder wiedergewählt. Prinz Robert Windiſchgrätz
dankte ſodann allen Erſchienenen und ſchloß die Ver-
ſammlung mit einem dreimaligen Hoch auf Kaiſer und
Papſt, in welches die Verſammlung begeiſtert ein-
ſtimmte. Die Muſikvorträge in den Zwiſchenpauſen
beſorgte in trefflicher Weiſe die Capelle „Lyra“ des
katholiſchen Jugendbündniſſes Fünfhaus.




Gemeindezeitung.
Die Beamtenfreundlichkeit der chriſtlich-
ſocialen Partei

gelangte in der Sitzung des
Wiener Gemeinderathes vom 18. Jänner d. J.
neuerdings zum Ausdruck durch die Annahme des
Stadtrath-Antrages auf Einrechnung der
zweiten Hälfte des Quartiergeldes in die Penſion
der ſtädtiſchen Beamten und Diener. Die Durch-
führung dieſes Beſchluſſes legt der Gemeinde Wien
eine neue Laſt von 150.000 K auf. Der Gemeinde-
rath hat aber trotzdem den Antrag gebilligt nm da-
durch die Lage der Beamtenſchaft, der treuen Mit-
arbeiter an der Gemeindeverwaltung, materiell zu
beſſern. Noch vor den Wahlen wurden die judenlibe-
ralen, die deutſchradicalen und die rothen Candidaten
und die hinter ihnen ſtehende Preſſe nicht müde, der
chriſtlich-ſocialen Partei, Beamtenfeindlichkeit vorzu-
werfen. Die Entſtellungskünſtler und Lügenfabrikanten
feierten wahre Orgien. Die Verhetzung der ſtädtiſchen
Beamtenſchaft gelang nicht. In dieſen Kreiſen hat
der Beſchluß des Gemeinderathes allgemein befriedigt.
Eine Deputation ſtädtiſcher Beamten hat auch bei
dem Bürgermeiſter Dr. Lueger vorgeſprochen, um
ihm, dem Stadtrath und dem Gemeinderathe den
Dank für den erwähnten Beſchluß des Gemeinde-
rathes auszuſprechen.

Der Gemeinderath

hält in dieſer Woche am
Freitag um 5 Uhr Nachmittags eine Plenarſitzung
ab. — Stadtrathsſitzungen finden am Diens-
tag, Donnerſtag und Freitag ſtatt.

Eine Deputation der ſtädtiſchen Beamten

hat beim Bürgermeiſter Dr. Lueger vorgeſprochen
und überbrachte ihm den Dank der Beamten an den
Stadtrath und Gemeinderath für die erfolgte Zuer-
kennung der zweiten Quartiergeldhälfte.

Die hohe Brücke.

Die Hauseigenthümer der
Wipplingerſtraße haben ſich in einer Eingabe an den
Gemeinderath gewendet, in der das dringende An-
ſuchen geſtellt wird, den Ausbau der „hohen Brücke“
in der Wipplingerſtraße entſprechend der gegen-
wärtigen Straßenbreite, der ſtädtiſchen Baubehörde
zur ſchleunigen Ausführung zu übertragen.

Armen-Lotterie.

Die am Faſchingdienſtag ſtatt-
findende Ziehung der ſtädtiſchen Armen-Lotterie wird
auch heuer im Volkskeller des Rathhauskellers ab-
gehalten.

Ball der Stadt Wien.

Die Vorarbeiten
ſchreiten rüſtig vorwärts. Se. Majeſtät, der dem Bür-
germeiſter ſein Erſcheinen zugeſagt und auch die An-
weſenheit zahlreicher Mitglieder des Hofes iſt zu er-




[Spaltenumbruch]

nicht,“ ſchreibt er an Eoban Heſſus, die Zahl der
Schriftſteller, welche Aehnliches ſchreiben, iſt größer
als Du glaubſt. Ihr werdet einmal ſehen, wie viel
ich von denen, die etwas zu leiſten im Stande ſind,
gewinnen kann. Luther fühlt ſich durch das
kecke Auftreten Hutten’s ſelbſt ſicherer und
ſchreibt an Johann Voigt: „Sickingen ver-
ſpricht mir durch Hutten Schutz gegen alle meine
Feinde. Nun fürchte ich nichts mehr, ſondern
gebe ſchon ein Buch in deutſcher Sprache gegen den
Papſt heraus von der Kirchenſtaatsbeſſerung. Hier
greife ich den Papſt auf das Heftigſte an, gleichſam
als den Antichriſt.“ (de Wette 1. 475.) Hutten ſuchte
nun in ſeinen Schriften beſonders Haß und Erbitte-
rung gegen den Beſitz der Kirche anzufachen, worin
Luther dann noch viel radicaler vorging. In dieſem
Wirrwar, in dieſer Schreiberhetze kam es ſoweit, daß
Luther offen erklärte: „Wir halten dafür, daß uns
gegen ſeinen (des Papſtes) Betrug und ſeine Bos-
heit Alles erlaubt iſt.“ (de Wett 1. 476.) Luther er-
klärt aber auch, ſowie Hutten, daß auch jede weltliche
Gewalt, die ihre Abſichten wahre, „Teufels Gewalt
ſei“. „Gott ſelbſt“, ſagt er, „hat alle Schwierigkeit
und alle Gewalt aufgehoben, wo ſie wider das Evan-
gelium handelt. (de Wette 2. 192.) Wie entſetzlich
verächtlich, wie gemein und verbiſſen Luther ſich
nicht nur gegen die kirchliche Gewalt, ſondern
gegen die Landesfürſten ausſprach, ſpottet
jeder Beurtheilung. Hutten war hiebei der
heimliche Agitator, der das Feuer ſchürte. So ſchrieb
Hutten eine Klageſchrift an alle Stände „deutſcher
[Spaltenumbruch] Nation“, die er zuerſt an die Churfürſten ſchickte,
dann aber durch Ueberſetzung auch dem gemeinen
Mann zugänglich machte.

Auf die Bannbulle Leo X. gegen Luther ant-
wortete Hutten durch ſeine „Bulla Leonis X. contra
errores Marthini Lutheri et sequacium“
und „In
incendium lutheranum exclamatio“.
Letztere wurde
ebenfalls ins Deutſche überſetzt. Ein wahres Pam-
phlet, wodurch Hutten am meiſten die Gemüther
reizte, war „Klage und Ermahnung gegen die über-
mäßige, unchriſtliche Gewalt des Papſtes zu Rom
und der ungeiſtlichen Geiſtlichkeit.“

Im Sommer 1519 ſchrieb Hutten mit Freuden:
„Sickingen gehe mit dem allerſchönſten Plane um.“
Aber bitter beklagt er ſich im Herbſte 1520 in einem
Briefe, den er von der Ebernburg an Luther
ſchreibt: „Du würdeſt auch wahrlich bedauern,
wenn Du Zeuge wäreſt von meinen Widerwärtig-
keiten hier. So zuverläſſig iſt die Treue der
Menſchen“ und vertröſtet Luther auf den Wormſer
Reichstag. „Dann wird Franz ſeine Pflicht thun.“
Im Winter 1520—21 las Hutten ſeinem
Freund Sickingen Luthers Schriften vor und
erklärte ſie ihm. Er öffnete ihm die Augen über
den römiſchen Druck, dem Geiſt, Leib und Beutel
des deutſchen Volkes bisher unterlegen. Hutten
hörte übrigens nicht auf, durch ſeine eigenen Schrif-
ten fort aufzuhetzen. So ſchrieb er an den päpſt-
lichen Legaten Aleander: „er werde Alles thun,
daß er ohne Leben wie eine Leich hinausgeſchleppt
werde.“     (Schluß folgt.)


[Spaltenumbruch]

warten. Die Stadträthe Dr. Deutſchmann und Dr,
Krenn haben ebenſo wie die beiden dirigirenden Ca-
pellmeiſter Johann Strauß jun. und Engelbert
Sitter dem Comité Tanzſtücke widmen. Mit der Aus-
ſendung der Einladungen wird noch im Laufe der
kommenden Woche begonnen werden.




Kirchliches.
Inthroniſation des Lemberger Erzbiſchofs.

Geſtern fand in Lemberg in feierlicher Weiſe die
Inthroniſation des neuernannten Erzbiſchofs, ritus
latini,
Dr. Bilczewski, ſtatt. An der Feier nahmen
theil: Die Kirchenfürſten aller drei Riten, Statthalter
Graf Pininski, Landmarſchall Graf Stanislaus
Badeni, der Corpscommandant, der Bürgermeiſter
mit den Gemeinderäthen, Univerſitätsprofeſſoren, die
Spitzen der Behörden, zahlreiche Abgeordnete und
andere Notabilitäten.




Vereinsnachrichten.
§ Der Sängerbund „Dreizehnlinden“

veranſtaltet
morgen Dienſtag den 22. Jänner ſein diesjähriges
Faſchingsfeſt im Prachtſaale „zum Auge Gott[eſ“],
9. Bez., Nußdorferſtraße 73, unter Mitwirk[ung] einer
Muſikcapelle. Zur Aufführung gelangt die [vier]actige
burleske Oper „Die Griechen vor Troja“. Hierauf
Tanzkränzchen. Eintrittskarten im Vorverkauf à 1 K
bei: B. Herder Verlag, 1. Bez., Wollzeile 33, J. Ja-
nauſchek u. Co., 1. Bez., Singerſtraße 18, Reſtauration
„Regensburgerhof“, 1. Bez., Sonnenfelsgaſſe 2, Papier-
handlung M. Kaunovsky, 4. Bez., Alleegaſſe 55, Re-
ſtauration „zum Auge Gottes“, 9. Bez., Nußdorfer-
ſtraße 73, Café Irrer, 9. Bez., Nußdorferſtraße 73. An
der Abendcaſſa à 1 K 50 h.




Theater, Kunſt und Muſik.
— Hofoperntheater.

Herr Leo Slezak vom
Stadttheater in Breslau eröffnet kommenden Mitt-
woch als Arnold in Roſſinis „Wilhelm Tell“ ein
Gaſtſpiel. Als zweite Rolle hat Herr Slezak den Jo-
hannes Leyden in der Meyerbeer’ſchen Oper „Der
Prophet“
gewählt.

— Kaiſerjubiläums-Stadttheater.

Morgen,
Dienſttag ſpielt Herr Hofſchauſpieler Ferdinand Bonn
zum zweiten Male den Shylock im „Kaufmann
von Venedig“.
Die nächſte Wiederholung des
Märchenſpieles „Aſchenbrödel“ oder „Der gläſerne
Pantofel“ findet übermorgen Mittwoch, Nachmittags
½3 Uhr ſtatt.

— Raimundtheater.

Am Samſtag den 26. d.
findet die Erſtaufführung des dreiactigen Schwankes
„Großſtadtluft“ von Oskar Blumenthal und Guſt.
Kadelburg mit Dr. Rudolf Tyrolt als Gaſt ſtatt.
Das von Herru Regiſſeur Raeder inſcenirte Stück
kommt in folgender Beſetzung zur Darſtellung: Martin
Schröter, Herr Krug. Sabine, Fräulein Petri. Walter
Lenz, Herr Jenſen. Antonie, Fräulein Monati. Bern-
hard Gempe, Herr Homma. Fritz Flemming, Herr
Lackner. Dr. Cruſius, Herr Dr. Tyrolt als Gaſt. Frau
Dr. Cruſius, Frau Anatour. Rector Arnſtedt, Herr
Pollandt. Frau Rector Arnſtedt, Fräulein Lichten.
Marthe, Fräulein Hirſchhuber. Tapezierer, Herr Knei-
dinger. Diener, Herr Zeigenhofer.

— Theater in der Joſefſtadt.

Morgen Dienſtag:
Literariſcher Abend. Zur Aufführung gelangt das fünf-
actige Schauſpiel „Ohne Geläut“, von Fedor von
Zobeltitz. Dieſes intereſſante Stück hatte vor einigen
Jahren am Berliner Leſſing-Theater bedeutenden
Erfolg. „Ohne Geläut“ wird am nächſten Freitag
wiederholt.

— Jantſch-Theater.

Das Theater hat jetzt ſehr
bequeme Verbindungen nach allen Richtungen. Tram-
way- und Omnibushalteſtellen befinden ſich direct beim
Theater und in unmittelbarer Nähe die Stadtbahn-
ſtation „Praterſtern“.

— Ferdinand Bonn

hat für ſeinen am Freitag
den 25. d. im großen Muſikvereinsſaale ſtattfindenden
Vortragsabend folgendes Programm feſtgeſetzt:
Goethe, „Der Sänger“, „Hochzeitslied“, „Der Fiſcher“;
Shakeſpeare, Monologe: 1. Heinrich V., 2. Jago,
3. Hamlet, 4. Richard III; Claſſiſche Scenen aus
Shakeſpeare: 1. Othello-Jago, 2. Shylock-Antonio-
Baſſanio, 3. Hamlet-Todtengräber. Zum Schluſſe folgen
humoriſtiſche Vorträge und zwar Franz v. Kobell: „Die
G’ſchicht vom Boandelkramer und vom Brandner-
kaſchper“, und Carl Wilkowsky, „Die fünf Sinne“.
Bonn recitirt Alles frei aus dem Gedächtniſſe. Zwiſchen
den declamatoriſchen Vorträgen wird der Künſtler einige
Violinpiecen ſpielen.

— Die vierte Soirée des Böhmiſchem Streich-
Quartettes

findet Freitag den 1. Februar im Böſen-
dorferſaale ſtatt. Auf vielſeitiges Verlangen veranſtaltet
das „Böhmiſche Streich-Quartett“ eine außerordentliche
Soirée zu populären Preiſen. Dieſelbe findet
Samſtag den 2. Februar abends ½8 Uhr im Böſen-
dorferſaale
ſtatt. — Oscar Nedbal, der bekannte
Violaſpieler des „Böhmiſchen Streichquartetts“ und
Dirigent der philharmoniſchen Concerte in Prag hat
vergangene Woche in Petersburg und Moskau mit
dem Orcheſter der kaiſerl. ruſſiſchen Oper zwei
Symphonie-Concerte dirigirt und hatte bei Publikum
und Kritik großen Erſolg. — Lula Gmeiner veranſtaltet
in dieſer Saiſon einen einzigen Liederabend, welchen
Dienſtag den 12. Februar im Böſendorferſaale ſtattfindet
Karten in Gutmanns Hofmuſikalienhandlung.

— K. k. Oeſterreichiſches Muſeum.

Montag, den
28. Jänner, 8 Uhr abends wird der Bibliothekar am

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[10/0010] Wien, Dienſtag Reichspoſt 22. Jänner 1901 18 Römiſcher Brief. Rom, 18. Jänner. Leo. XIII hat geſtern mit dem Empfange der beim päpſtlichen Stuhl beglaubigten Diplo- maten begonnen und nahm die Neujahrswünſche des öſterreichiſch-ungariſchen Botſchafters Grafen Revertera, ſowie diejenigen des bairiſchen Geſandten, Freiherrn von Cetto, entgegen. Die übrigen Bot- ſchafter, Geſandten und Geſchäftsträger werden eben- falls in dieſen Tagen von Leo XIII. empfangen werden. — In Folge des Planes, die Engelsburg zu einem Muſeum einzurichten, haben die nöthigen Unterhandlungen wegen der Ausquartierung der im alten Caſtell wohnenden Militärmannſchaften, ſowie wegen der Verlegung der dort befindlichen Militär- gefängniſſe bereits begonnen. — Auf dem hieſigen Marineminiſterium ſind die beiden von der „Giava“ mitgebrachten chineſiſchen Fahnen angekommen, welche die italieniſchen Berſaglieri den Chineſen bei der Erſtürmung einiger Forts am 2. October v. J. abnahmen. Die Fahnenſtangen ſind aus Bambusrohr und ſind faſt 6 Meter lang; die Fahne ſelbſt iſt aus rother Seide hergeſtellt und mißt nicht weniger als neun Quadrat- meter. In der Mitte tragen beide Fahnen das chineſiſche Wappen in weißer Seidenſtickerei, ſowie eine ebenſolche Inſchrift, welche ſo etwas wie „pro Patria“ bedeutet. Der Marineminiſter wird die beiden Fahnen ſeinem Collegen vom Kriege über- weiſen und dieſer ſie im „Muſeum“ der Berſaglieri hierſelbſt aufhängen laſſen. — Die ökonomiſche Kriſe, welche Italien gegenwärtig durchmacht, ſcheint eine der größten zu ſein, welche bereits in ſo großer Zahl auf einander gefolgt ſind. Nachrichten aus Livorno zu Folge fanden dort wiederum Proteſtverſammlungen und allerlei Zuſammenrottungen ſtatt, weil die dortigen großen Induſtrieetabliſſements von Neuem mehrere Tauſend Arbeiter entlaſſen hatten. Dasſelbe wird — wenn auch in geringerem Maſſe — aus Palermo und Ligurien gemeldet. Dabei hält das kalte Wetter an, die Kohlenpreiſe ſteigen in Folge deſſen fortwährend und der Feld- und Garten- bau ruht gegenwärtig vollſtändig. Generalverſammlung des Vereines zur Heranbildung katholiſcher Lehrer. Im Saale des niederöſterreichiſchen Gewerbe- vereines fand geſtern Abends unter ſtarker Betheiligung die diesjährige Generalverſammlung des Vereines zur Heranbildung katholiſcher Lehrer ſtatt. Der Präſident des Vereines Robert Prinz zu Windiſchgrätz er- öffnete die Verſammlung mit einer herzlichen Be- grüßung der Erſchienenen. Als nächſter Redner war Herr Eichinger berufen, die Nothwendigkeit der katholiſchen Erziehung in praktiſcher Weiſe darzuthun. Hierauf erſtattete der II. Vicepräſident des Vereines, Herr Janauſchek den Rechenſchaftsbericht, nach welchem ein Caſſenſtand erübrigt und dem zu ent- nehmen iſt, daß der Verein 19 Anſtalten mit 4135 Zöglingen theils erhält, theils unterſtützt. Die An- ſtalten vertheilen ſich auf Oeſterreich-Ungarn und das Ausland, insbeſonders die Balkanländer. Als zweiter Redner ſprach Hochw. P. Meßmann. Derſelbe be- tonte gleichfalls die Wichtigkeit der katholiſchen Erziehung und empfahl auch in warmen Worten die Unterſtützung des Vereines. (Großer Beifall.) Bei der hierauf vorgenommenen Neuwahl des Präſidiums wurden einſtimmig gewählt die Herren: Robert Prinz zu Windiſchgrätz als Präſident, Bezirksvorſteher Dr. Mattis, I. Viceprä- ſident, Herr Janauſchek, II. Vicepräſident, ferner als Secretär Hochwürden Haubner, als Caſſier Herr Kallner, als Schriftführer Herr Größl. In das Damen-Hifscomité wurde Prinzeſſin Fanni Liechten- ſtein als Präſidentin entſendet und die übrigen Mit- glieder wiedergewählt. Prinz Robert Windiſchgrätz dankte ſodann allen Erſchienenen und ſchloß die Ver- ſammlung mit einem dreimaligen Hoch auf Kaiſer und Papſt, in welches die Verſammlung begeiſtert ein- ſtimmte. Die Muſikvorträge in den Zwiſchenpauſen beſorgte in trefflicher Weiſe die Capelle „Lyra“ des katholiſchen Jugendbündniſſes Fünfhaus. Gemeindezeitung. Die Beamtenfreundlichkeit der chriſtlich- ſocialen Partei gelangte in der Sitzung des Wiener Gemeinderathes vom 18. Jänner d. J. neuerdings zum Ausdruck durch die Annahme des Stadtrath-Antrages auf Einrechnung der zweiten Hälfte des Quartiergeldes in die Penſion der ſtädtiſchen Beamten und Diener. Die Durch- führung dieſes Beſchluſſes legt der Gemeinde Wien eine neue Laſt von 150.000 K auf. Der Gemeinde- rath hat aber trotzdem den Antrag gebilligt nm da- durch die Lage der Beamtenſchaft, der treuen Mit- arbeiter an der Gemeindeverwaltung, materiell zu beſſern. Noch vor den Wahlen wurden die judenlibe- ralen, die deutſchradicalen und die rothen Candidaten und die hinter ihnen ſtehende Preſſe nicht müde, der chriſtlich-ſocialen Partei, Beamtenfeindlichkeit vorzu- werfen. Die Entſtellungskünſtler und Lügenfabrikanten feierten wahre Orgien. Die Verhetzung der ſtädtiſchen Beamtenſchaft gelang nicht. In dieſen Kreiſen hat der Beſchluß des Gemeinderathes allgemein befriedigt. Eine Deputation ſtädtiſcher Beamten hat auch bei dem Bürgermeiſter Dr. Lueger vorgeſprochen, um ihm, dem Stadtrath und dem Gemeinderathe den Dank für den erwähnten Beſchluß des Gemeinde- rathes auszuſprechen. Der Gemeinderath hält in dieſer Woche am Freitag um 5 Uhr Nachmittags eine Plenarſitzung ab. — Stadtrathsſitzungen finden am Diens- tag, Donnerſtag und Freitag ſtatt. Eine Deputation der ſtädtiſchen Beamten hat beim Bürgermeiſter Dr. Lueger vorgeſprochen und überbrachte ihm den Dank der Beamten an den Stadtrath und Gemeinderath für die erfolgte Zuer- kennung der zweiten Quartiergeldhälfte. Die hohe Brücke. Die Hauseigenthümer der Wipplingerſtraße haben ſich in einer Eingabe an den Gemeinderath gewendet, in der das dringende An- ſuchen geſtellt wird, den Ausbau der „hohen Brücke“ in der Wipplingerſtraße entſprechend der gegen- wärtigen Straßenbreite, der ſtädtiſchen Baubehörde zur ſchleunigen Ausführung zu übertragen. Armen-Lotterie. Die am Faſchingdienſtag ſtatt- findende Ziehung der ſtädtiſchen Armen-Lotterie wird auch heuer im Volkskeller des Rathhauskellers ab- gehalten. Ball der Stadt Wien. Die Vorarbeiten ſchreiten rüſtig vorwärts. Se. Majeſtät, der dem Bür- germeiſter ſein Erſcheinen zugeſagt und auch die An- weſenheit zahlreicher Mitglieder des Hofes iſt zu er- nicht,“ ſchreibt er an Eoban Heſſus, die Zahl der Schriftſteller, welche Aehnliches ſchreiben, iſt größer als Du glaubſt. Ihr werdet einmal ſehen, wie viel ich von denen, die etwas zu leiſten im Stande ſind, gewinnen kann. Luther fühlt ſich durch das kecke Auftreten Hutten’s ſelbſt ſicherer und ſchreibt an Johann Voigt: „Sickingen ver- ſpricht mir durch Hutten Schutz gegen alle meine Feinde. Nun fürchte ich nichts mehr, ſondern gebe ſchon ein Buch in deutſcher Sprache gegen den Papſt heraus von der Kirchenſtaatsbeſſerung. Hier greife ich den Papſt auf das Heftigſte an, gleichſam als den Antichriſt.“ (de Wette 1. 475.) Hutten ſuchte nun in ſeinen Schriften beſonders Haß und Erbitte- rung gegen den Beſitz der Kirche anzufachen, worin Luther dann noch viel radicaler vorging. In dieſem Wirrwar, in dieſer Schreiberhetze kam es ſoweit, daß Luther offen erklärte: „Wir halten dafür, daß uns gegen ſeinen (des Papſtes) Betrug und ſeine Bos- heit Alles erlaubt iſt.“ (de Wett 1. 476.) Luther er- klärt aber auch, ſowie Hutten, daß auch jede weltliche Gewalt, die ihre Abſichten wahre, „Teufels Gewalt ſei“. „Gott ſelbſt“, ſagt er, „hat alle Schwierigkeit und alle Gewalt aufgehoben, wo ſie wider das Evan- gelium handelt. (de Wette 2. 192.) Wie entſetzlich verächtlich, wie gemein und verbiſſen Luther ſich nicht nur gegen die kirchliche Gewalt, ſondern gegen die Landesfürſten ausſprach, ſpottet jeder Beurtheilung. Hutten war hiebei der heimliche Agitator, der das Feuer ſchürte. So ſchrieb Hutten eine Klageſchrift an alle Stände „deutſcher Nation“, die er zuerſt an die Churfürſten ſchickte, dann aber durch Ueberſetzung auch dem gemeinen Mann zugänglich machte. Auf die Bannbulle Leo X. gegen Luther ant- wortete Hutten durch ſeine „Bulla Leonis X. contra errores Marthini Lutheri et sequacium“ und „In incendium lutheranum exclamatio“. Letztere wurde ebenfalls ins Deutſche überſetzt. Ein wahres Pam- phlet, wodurch Hutten am meiſten die Gemüther reizte, war „Klage und Ermahnung gegen die über- mäßige, unchriſtliche Gewalt des Papſtes zu Rom und der ungeiſtlichen Geiſtlichkeit.“ Im Sommer 1519 ſchrieb Hutten mit Freuden: „Sickingen gehe mit dem allerſchönſten Plane um.“ Aber bitter beklagt er ſich im Herbſte 1520 in einem Briefe, den er von der Ebernburg an Luther ſchreibt: „Du würdeſt auch wahrlich bedauern, wenn Du Zeuge wäreſt von meinen Widerwärtig- keiten hier. So zuverläſſig iſt die Treue der Menſchen“ und vertröſtet Luther auf den Wormſer Reichstag. „Dann wird Franz ſeine Pflicht thun.“ Im Winter 1520—21 las Hutten ſeinem Freund Sickingen Luthers Schriften vor und erklärte ſie ihm. Er öffnete ihm die Augen über den römiſchen Druck, dem Geiſt, Leib und Beutel des deutſchen Volkes bisher unterlegen. Hutten hörte übrigens nicht auf, durch ſeine eigenen Schrif- ten fort aufzuhetzen. So ſchrieb er an den päpſt- lichen Legaten Aleander: „er werde Alles thun, daß er ohne Leben wie eine Leich hinausgeſchleppt werde.“ (Schluß folgt.) warten. Die Stadträthe Dr. Deutſchmann und Dr, Krenn haben ebenſo wie die beiden dirigirenden Ca- pellmeiſter Johann Strauß jun. und Engelbert Sitter dem Comité Tanzſtücke widmen. Mit der Aus- ſendung der Einladungen wird noch im Laufe der kommenden Woche begonnen werden. Kirchliches. Inthroniſation des Lemberger Erzbiſchofs. Geſtern fand in Lemberg in feierlicher Weiſe die Inthroniſation des neuernannten Erzbiſchofs, ritus latini, Dr. Bilczewski, ſtatt. An der Feier nahmen theil: Die Kirchenfürſten aller drei Riten, Statthalter Graf Pininski, Landmarſchall Graf Stanislaus Badeni, der Corpscommandant, der Bürgermeiſter mit den Gemeinderäthen, Univerſitätsprofeſſoren, die Spitzen der Behörden, zahlreiche Abgeordnete und andere Notabilitäten. Vereinsnachrichten. § Der Sängerbund „Dreizehnlinden“ veranſtaltet morgen Dienſtag den 22. Jänner ſein diesjähriges Faſchingsfeſt im Prachtſaale „zum Auge Gotteſ“, 9. Bez., Nußdorferſtraße 73, unter Mitwirkung einer Muſikcapelle. Zur Aufführung gelangt die vieractige burleske Oper „Die Griechen vor Troja“. Hierauf Tanzkränzchen. Eintrittskarten im Vorverkauf à 1 K bei: B. Herder Verlag, 1. Bez., Wollzeile 33, J. Ja- nauſchek u. Co., 1. Bez., Singerſtraße 18, Reſtauration „Regensburgerhof“, 1. Bez., Sonnenfelsgaſſe 2, Papier- handlung M. Kaunovsky, 4. Bez., Alleegaſſe 55, Re- ſtauration „zum Auge Gottes“, 9. Bez., Nußdorfer- ſtraße 73, Café Irrer, 9. Bez., Nußdorferſtraße 73. An der Abendcaſſa à 1 K 50 h. Theater, Kunſt und Muſik. — Hofoperntheater. Herr Leo Slezak vom Stadttheater in Breslau eröffnet kommenden Mitt- woch als Arnold in Roſſinis „Wilhelm Tell“ ein Gaſtſpiel. Als zweite Rolle hat Herr Slezak den Jo- hannes Leyden in der Meyerbeer’ſchen Oper „Der Prophet“ gewählt. — Kaiſerjubiläums-Stadttheater. Morgen, Dienſttag ſpielt Herr Hofſchauſpieler Ferdinand Bonn zum zweiten Male den Shylock im „Kaufmann von Venedig“. Die nächſte Wiederholung des Märchenſpieles „Aſchenbrödel“ oder „Der gläſerne Pantofel“ findet übermorgen Mittwoch, Nachmittags ½3 Uhr ſtatt. — Raimundtheater. Am Samſtag den 26. d. findet die Erſtaufführung des dreiactigen Schwankes „Großſtadtluft“ von Oskar Blumenthal und Guſt. Kadelburg mit Dr. Rudolf Tyrolt als Gaſt ſtatt. Das von Herru Regiſſeur Raeder inſcenirte Stück kommt in folgender Beſetzung zur Darſtellung: Martin Schröter, Herr Krug. Sabine, Fräulein Petri. Walter Lenz, Herr Jenſen. Antonie, Fräulein Monati. Bern- hard Gempe, Herr Homma. Fritz Flemming, Herr Lackner. Dr. Cruſius, Herr Dr. Tyrolt als Gaſt. Frau Dr. Cruſius, Frau Anatour. Rector Arnſtedt, Herr Pollandt. Frau Rector Arnſtedt, Fräulein Lichten. Marthe, Fräulein Hirſchhuber. Tapezierer, Herr Knei- dinger. Diener, Herr Zeigenhofer. — Theater in der Joſefſtadt. Morgen Dienſtag: Literariſcher Abend. Zur Aufführung gelangt das fünf- actige Schauſpiel „Ohne Geläut“, von Fedor von Zobeltitz. Dieſes intereſſante Stück hatte vor einigen Jahren am Berliner Leſſing-Theater bedeutenden Erfolg. „Ohne Geläut“ wird am nächſten Freitag wiederholt. — Jantſch-Theater. Das Theater hat jetzt ſehr bequeme Verbindungen nach allen Richtungen. Tram- way- und Omnibushalteſtellen befinden ſich direct beim Theater und in unmittelbarer Nähe die Stadtbahn- ſtation „Praterſtern“. — Ferdinand Bonn hat für ſeinen am Freitag den 25. d. im großen Muſikvereinsſaale ſtattfindenden Vortragsabend folgendes Programm feſtgeſetzt: Goethe, „Der Sänger“, „Hochzeitslied“, „Der Fiſcher“; Shakeſpeare, Monologe: 1. Heinrich V., 2. Jago, 3. Hamlet, 4. Richard III; Claſſiſche Scenen aus Shakeſpeare: 1. Othello-Jago, 2. Shylock-Antonio- Baſſanio, 3. Hamlet-Todtengräber. Zum Schluſſe folgen humoriſtiſche Vorträge und zwar Franz v. Kobell: „Die G’ſchicht vom Boandelkramer und vom Brandner- kaſchper“, und Carl Wilkowsky, „Die fünf Sinne“. Bonn recitirt Alles frei aus dem Gedächtniſſe. Zwiſchen den declamatoriſchen Vorträgen wird der Künſtler einige Violinpiecen ſpielen. — Die vierte Soirée des Böhmiſchem Streich- Quartettes findet Freitag den 1. Februar im Böſen- dorferſaale ſtatt. Auf vielſeitiges Verlangen veranſtaltet das „Böhmiſche Streich-Quartett“ eine außerordentliche Soirée zu populären Preiſen. Dieſelbe findet Samſtag den 2. Februar abends ½8 Uhr im Böſen- dorferſaale ſtatt. — Oscar Nedbal, der bekannte Violaſpieler des „Böhmiſchen Streichquartetts“ und Dirigent der philharmoniſchen Concerte in Prag hat vergangene Woche in Petersburg und Moskau mit dem Orcheſter der kaiſerl. ruſſiſchen Oper zwei Symphonie-Concerte dirigirt und hatte bei Publikum und Kritik großen Erſolg. — Lula Gmeiner veranſtaltet in dieſer Saiſon einen einzigen Liederabend, welchen Dienſtag den 12. Februar im Böſendorferſaale ſtattfindet Karten in Gutmanns Hofmuſikalienhandlung. — K. k. Oeſterreichiſches Muſeum. Montag, den 28. Jänner, 8 Uhr abends wird der Bibliothekar am

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Zitationshilfe: Reichspost. Nr. 18, Wien, 22.01.1901, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_reichspost018_1901/10>, abgerufen am 28.03.2024.