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Das Pfennig=Magazin der Gesellschaft zur Verbreitung gemeinnütziger Kenntnisse. Nr. 175. Leipzig (Sachsen), 6. August 1836.

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Das Pfennig=Magazin.
[Beginn Spaltensatz] Frauenzimmern Krieg zu führen. Wenn sie sich wegen
der bevorstehenden Reise nicht völlig sicher achten sollte,
so kann sie der Oberstlieutenant bis an die sächsischen
Grenzen begleiten."



Über Blinde, Blindenunterricht und Blinden-
anstalten.

I. Von den Blinden überhaupt.

Zu denjenigen Classen von Menschen, welche die stärk-
sten Ansprüche auf unser Mitleid und eine thätige Bei-
hülfe haben, gehören ohne Zweifel die Blinden. Ein blin-
der Mann, sagt mit dem vollsten Rechte ein altes
Sprüchwort, ein armer Mann! arm nämlich, wenn er
auch Millionen besäße. Denn kann er etwa durch diese
sich die tausendfältigen Genüsse und Freuden, welche uns
Sehenden durch unser Augenlicht täglich zu Theil wer-
den, ersetzen? Kann irgend ein fremdes Auge den Dienst
des eignen ihm leisten? Und wer von uns wollte sich
seiner Augen berauben lassen, auch wenn ihm der Besitz
eines ganzen Königreichs dafür geboten würde? Ent-
nehmen wir hieraus, wie schlimm erst diejenigen Blin-
den daran sind, die keine Reichthümer haben, die in
Verhältnissen leben, in welchen sie sogar bei dem Be-
sitze ihrer Augen sich nur durch Anstrengung aller ihrer
Kräfte den nöthigen Lebensunterhalt von einem Tage
zum andern erwerben könnten. Wie schrecklich, wie an
Verzweiflung grenzend muß das Schicksal der Erblin-
dung nicht erst in solcher Lage werden!

Unter die Blinden aber ist Jeder zu rechnen, der
entweder gar kein Augenlicht hat, oder dessen Augenlicht
so schwach ist, daß es nicht hinreicht, die im gemei-
nen Leben vorkommenden Geschäfte ohne Anstoß, Auf-
enthalt und Gefahr zu verrichten. Manche haben noch
so viel Schein, daß sie nicht nur Tag und Nacht un-
terscheiden, größere Gegenstände wahrnehmen, sondern
manche erkennen auch die Hauptfarben. Gleichwol sind
alle diese mit Recht unter die Blinden zu rechnen, wenn
sie nicht so viel Schein haben, daß sie gewöhnlichen
Druck lesen, schreiben und andere kleine Gegenstände
mittels der Augen unterscheiden können. Denn da fast
bei allen Beschäftigungen des häuslichen und bürger-
lichen Lebens Fälle vorkommen, wo ein ungeschwächtes
Augenlicht erfoderlich ist, so wird ein Solcher in allen
diesen Fällen so lange ganz unbrauchbar sein, bis er,
ebenso wie der ganz Blinde, den fehlenden Gesichtssinn
durch Übertragung auf andere Sinneswerkzeuge zu er-
setzen gelernt hat.

Eigentlich Blindgeborene, d. h. solche, welche ohne
Augen oder ganz ohne Empfänglichkeit für die Licht-
strahlen geboren werden, sind sehr selten. Desto öfter
geschieht es, daß Neugeborene einen Fehler an den
Augen, oder eine Krankheit derselben mit auf die Welt
bringen.

Die meisten Derer, die für Blindgeborene gelten,
sind es durch unvorsichtige und fehlerhafte Behandlung
in der ersten Zeit ihres Daseins geworden. Wenn z. B.
die Augen des Kindes gleich nach der Geburt dem unge-
wohnten hellen Tageslicht an den Fenstern, wol gar
dem Sonnenschein ausgesetzt werden, so muß dieser starke
Lichtreiz auf das dazu nicht vorbereitete Auge des Kin-
des sehr nachtheilig wirken, und kann ganz gesunde Au-
gen für alle Zukunft verderben. Das Kind bekommt
dadurch sehr leicht die höchst gefährliche Augenentzündung
der Neugeborenen, und wenn dieselbe sehr heftig ist, oder
sonst nachtheilige Einflüsse auf dasselbe einwirken, so
[Spaltenumbruch] kann es ganz erblinden. Andere Veranlassungen zu dem
frühzeitigen Erblinden geben außer mehren Ausschlags-
krankheiten besonders die Masern, welche schon bei re-
gelmäßigem Verlaufe die Augen angreifen und ein Ge-
röthetsein, ein Thränen und Hitze derselben veranlassen.
Durch Verletzungen und durch heftige Augenentzündun-
gen kann in jedem Alter das Augenlicht erlöschen.

Aber die wirklich Blindgeborenen oder die ihnen
gleichzusetzenden in den ersten Lebensjahren Erblindeten,
sind sehr verschieden von denen, die später das Augen-
licht verloren haben, sowol in Rücksicht ihrer Eigenschaf-
ten, ihrer Denk= und Handlungsart, als in der Weise,
wie sie behandelt werden müssen, um nützlich auf sie
zu wirken.

Wer das Unglück hat, nach völliger Verstandes-
reife, nach einem geführten thätigen Leben das Augen-
licht zu verlieren, wer folglich mit dem Bewußtsein vor-
hergegangener Anschauungen in den Zustand der Blind-
beit übertritt, der wird, auch wenn der erste Jammer
vorüber ist, und das Gemüth wieder einige Ruhe er-
langt hat, dennoch in jedem einzelnen Falle eine trau-
rige Vergleichung seines jetzigen mit seinem vorigen Zu-
stande anstellen, die bei dem früh Erblindeten zu seinem
Glücke nicht möglich ist. Er sieht sich auf einmal los-
gerissen von andern Menschen, mit denen er in man-
nichfacher Berührung stand. Er wird von ehemaligen
Freunden und Bekannten in Geschäften und Unterhal-
tungen getrennt, daher kälter, nicht selten auch nach-
lässig behandelt, und sieht sich verlassen zu einer Zeit,
wo er ihrer Hülfe am meisten bedarf. Was Wunder,
wenn ein solcher Unglücklicher trübsinnig, verlassen und
mistrauisch wird und sich manchmal nachtheilige und
harte Urtheile über Andere erlaubt!

Ein Blinder hingegen, welcher das Augenlicht schon
sehr frühe und zu einer Zeit verloren hat, wo er sich
der sinnlichen Anschauung entweder gar noch nicht deut-
lich bewußt war, oder wo diese wenigstens keine blei-
benden Eindrücke bei ihm zurückließen, ist den Blind-
geborenen gleich zu rechnen. Die Zeit, wo diese Ein-
drücke bleibend werden, und also in den Zustand der
Blindheit mit übergehen, hängt von der frühern oder
spätern Verstandesentwickelung ab; doch finden sich bei
Solchen, die vor dem zehnten Jahre blind werden, we-
nige Spuren von deutlichem Bewußtsein ehemaliger An-
schauungen. Ein solcher schließt sich innig einigen We-
nigen an, die mit ihm gleich denken, oder die sich frei-
willig ihm und seinem Schicksale widmen; die übrige
Welt berührt ihn nur historisch. Was ihm Angeneh-
mes widerfährt oder aufstößt, ist ihm gleichsam neu und
unverwürzt, und macht ihm ein Leben lieb, an dessen
ruhigen gleichförmigen Gang er von Jugend auf ge-
wöhnt ist. Er vertraut Jedem, weil er selbst ohne
Falsch ist, und weil er außerdem bei seinem Zustande
sich jeden Augenblick dem Betrug ausgesetzt denken
müßte.

Ob im Allgemeinen der Blinde oder der Taub-
stumme unglücklicher sei, läßt sich schwer bestimmen, da
dies von dem innern Gefühle des Gebrechlichen abhängt.
Fragt man sie selbst, so behauptet Jeder, daß er besser
daran sei, als der Andere, und bemitleidet denselben,
wiewol ihm selbst das Bejammern unangenehm ist. Zur
Beantwortung der obigen Frage könnte man mit eini-
gem Rechte anführen, daß bei Armuth die Taubheit,
bei Reichthum die Blindheit erträglicher sei. Jst näm-
lich der Blinde arm, so kann er verhältnißmäßig weni-
ger erwerben, und hat doch mehr Bedürfnisse, z. B.
das eines Führers; ist er reich, so kann er sich Vor-
leser, Gesang, Tonspiel und erheiternde Umgebung ver-
[Ende Spaltensatz]

Das Pfennig=Magazin.
[Beginn Spaltensatz] Frauenzimmern Krieg zu führen. Wenn sie sich wegen
der bevorstehenden Reise nicht völlig sicher achten sollte,
so kann sie der Oberstlieutenant bis an die sächsischen
Grenzen begleiten.“



Über Blinde, Blindenunterricht und Blinden-
anstalten.

I. Von den Blinden überhaupt.

Zu denjenigen Classen von Menschen, welche die stärk-
sten Ansprüche auf unser Mitleid und eine thätige Bei-
hülfe haben, gehören ohne Zweifel die Blinden. Ein blin-
der Mann, sagt mit dem vollsten Rechte ein altes
Sprüchwort, ein armer Mann! arm nämlich, wenn er
auch Millionen besäße. Denn kann er etwa durch diese
sich die tausendfältigen Genüsse und Freuden, welche uns
Sehenden durch unser Augenlicht täglich zu Theil wer-
den, ersetzen? Kann irgend ein fremdes Auge den Dienst
des eignen ihm leisten? Und wer von uns wollte sich
seiner Augen berauben lassen, auch wenn ihm der Besitz
eines ganzen Königreichs dafür geboten würde? Ent-
nehmen wir hieraus, wie schlimm erst diejenigen Blin-
den daran sind, die keine Reichthümer haben, die in
Verhältnissen leben, in welchen sie sogar bei dem Be-
sitze ihrer Augen sich nur durch Anstrengung aller ihrer
Kräfte den nöthigen Lebensunterhalt von einem Tage
zum andern erwerben könnten. Wie schrecklich, wie an
Verzweiflung grenzend muß das Schicksal der Erblin-
dung nicht erst in solcher Lage werden!

Unter die Blinden aber ist Jeder zu rechnen, der
entweder gar kein Augenlicht hat, oder dessen Augenlicht
so schwach ist, daß es nicht hinreicht, die im gemei-
nen Leben vorkommenden Geschäfte ohne Anstoß, Auf-
enthalt und Gefahr zu verrichten. Manche haben noch
so viel Schein, daß sie nicht nur Tag und Nacht un-
terscheiden, größere Gegenstände wahrnehmen, sondern
manche erkennen auch die Hauptfarben. Gleichwol sind
alle diese mit Recht unter die Blinden zu rechnen, wenn
sie nicht so viel Schein haben, daß sie gewöhnlichen
Druck lesen, schreiben und andere kleine Gegenstände
mittels der Augen unterscheiden können. Denn da fast
bei allen Beschäftigungen des häuslichen und bürger-
lichen Lebens Fälle vorkommen, wo ein ungeschwächtes
Augenlicht erfoderlich ist, so wird ein Solcher in allen
diesen Fällen so lange ganz unbrauchbar sein, bis er,
ebenso wie der ganz Blinde, den fehlenden Gesichtssinn
durch Übertragung auf andere Sinneswerkzeuge zu er-
setzen gelernt hat.

Eigentlich Blindgeborene, d. h. solche, welche ohne
Augen oder ganz ohne Empfänglichkeit für die Licht-
strahlen geboren werden, sind sehr selten. Desto öfter
geschieht es, daß Neugeborene einen Fehler an den
Augen, oder eine Krankheit derselben mit auf die Welt
bringen.

Die meisten Derer, die für Blindgeborene gelten,
sind es durch unvorsichtige und fehlerhafte Behandlung
in der ersten Zeit ihres Daseins geworden. Wenn z. B.
die Augen des Kindes gleich nach der Geburt dem unge-
wohnten hellen Tageslicht an den Fenstern, wol gar
dem Sonnenschein ausgesetzt werden, so muß dieser starke
Lichtreiz auf das dazu nicht vorbereitete Auge des Kin-
des sehr nachtheilig wirken, und kann ganz gesunde Au-
gen für alle Zukunft verderben. Das Kind bekommt
dadurch sehr leicht die höchst gefährliche Augenentzündung
der Neugeborenen, und wenn dieselbe sehr heftig ist, oder
sonst nachtheilige Einflüsse auf dasselbe einwirken, so
[Spaltenumbruch] kann es ganz erblinden. Andere Veranlassungen zu dem
frühzeitigen Erblinden geben außer mehren Ausschlags-
krankheiten besonders die Masern, welche schon bei re-
gelmäßigem Verlaufe die Augen angreifen und ein Ge-
röthetsein, ein Thränen und Hitze derselben veranlassen.
Durch Verletzungen und durch heftige Augenentzündun-
gen kann in jedem Alter das Augenlicht erlöschen.

Aber die wirklich Blindgeborenen oder die ihnen
gleichzusetzenden in den ersten Lebensjahren Erblindeten,
sind sehr verschieden von denen, die später das Augen-
licht verloren haben, sowol in Rücksicht ihrer Eigenschaf-
ten, ihrer Denk= und Handlungsart, als in der Weise,
wie sie behandelt werden müssen, um nützlich auf sie
zu wirken.

Wer das Unglück hat, nach völliger Verstandes-
reife, nach einem geführten thätigen Leben das Augen-
licht zu verlieren, wer folglich mit dem Bewußtsein vor-
hergegangener Anschauungen in den Zustand der Blind-
beit übertritt, der wird, auch wenn der erste Jammer
vorüber ist, und das Gemüth wieder einige Ruhe er-
langt hat, dennoch in jedem einzelnen Falle eine trau-
rige Vergleichung seines jetzigen mit seinem vorigen Zu-
stande anstellen, die bei dem früh Erblindeten zu seinem
Glücke nicht möglich ist. Er sieht sich auf einmal los-
gerissen von andern Menschen, mit denen er in man-
nichfacher Berührung stand. Er wird von ehemaligen
Freunden und Bekannten in Geschäften und Unterhal-
tungen getrennt, daher kälter, nicht selten auch nach-
lässig behandelt, und sieht sich verlassen zu einer Zeit,
wo er ihrer Hülfe am meisten bedarf. Was Wunder,
wenn ein solcher Unglücklicher trübsinnig, verlassen und
mistrauisch wird und sich manchmal nachtheilige und
harte Urtheile über Andere erlaubt!

Ein Blinder hingegen, welcher das Augenlicht schon
sehr frühe und zu einer Zeit verloren hat, wo er sich
der sinnlichen Anschauung entweder gar noch nicht deut-
lich bewußt war, oder wo diese wenigstens keine blei-
benden Eindrücke bei ihm zurückließen, ist den Blind-
geborenen gleich zu rechnen. Die Zeit, wo diese Ein-
drücke bleibend werden, und also in den Zustand der
Blindheit mit übergehen, hängt von der frühern oder
spätern Verstandesentwickelung ab; doch finden sich bei
Solchen, die vor dem zehnten Jahre blind werden, we-
nige Spuren von deutlichem Bewußtsein ehemaliger An-
schauungen. Ein solcher schließt sich innig einigen We-
nigen an, die mit ihm gleich denken, oder die sich frei-
willig ihm und seinem Schicksale widmen; die übrige
Welt berührt ihn nur historisch. Was ihm Angeneh-
mes widerfährt oder aufstößt, ist ihm gleichsam neu und
unverwürzt, und macht ihm ein Leben lieb, an dessen
ruhigen gleichförmigen Gang er von Jugend auf ge-
wöhnt ist. Er vertraut Jedem, weil er selbst ohne
Falsch ist, und weil er außerdem bei seinem Zustande
sich jeden Augenblick dem Betrug ausgesetzt denken
müßte.

Ob im Allgemeinen der Blinde oder der Taub-
stumme unglücklicher sei, läßt sich schwer bestimmen, da
dies von dem innern Gefühle des Gebrechlichen abhängt.
Fragt man sie selbst, so behauptet Jeder, daß er besser
daran sei, als der Andere, und bemitleidet denselben,
wiewol ihm selbst das Bejammern unangenehm ist. Zur
Beantwortung der obigen Frage könnte man mit eini-
gem Rechte anführen, daß bei Armuth die Taubheit,
bei Reichthum die Blindheit erträglicher sei. Jst näm-
lich der Blinde arm, so kann er verhältnißmäßig weni-
ger erwerben, und hat doch mehr Bedürfnisse, z. B.
das eines Führers; ist er reich, so kann er sich Vor-
leser, Gesang, Tonspiel und erheiternde Umgebung ver-
[Ende Spaltensatz]

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Ent- nehmen wir hieraus, wie schlimm erst diejenigen Blin- den daran sind, die keine Reichthümer haben, die in Verhältnissen leben, in welchen sie sogar bei dem Be- sitze ihrer Augen sich nur durch Anstrengung aller ihrer Kräfte den nöthigen Lebensunterhalt von einem Tage zum andern erwerben könnten. Wie schrecklich, wie an Verzweiflung grenzend muß das Schicksal der Erblin- dung nicht erst in solcher Lage werden! Unter die Blinden aber ist Jeder zu rechnen, der entweder gar kein Augenlicht hat, oder dessen Augenlicht so schwach ist, daß es nicht hinreicht, die im gemei- nen Leben vorkommenden Geschäfte ohne Anstoß, Auf- enthalt und Gefahr zu verrichten. Manche haben noch so viel Schein, daß sie nicht nur Tag und Nacht un- terscheiden, größere Gegenstände wahrnehmen, sondern manche erkennen auch die Hauptfarben. 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Wenn z. B. die Augen des Kindes gleich nach der Geburt dem unge- wohnten hellen Tageslicht an den Fenstern, wol gar dem Sonnenschein ausgesetzt werden, so muß dieser starke Lichtreiz auf das dazu nicht vorbereitete Auge des Kin- des sehr nachtheilig wirken, und kann ganz gesunde Au- gen für alle Zukunft verderben. Das Kind bekommt dadurch sehr leicht die höchst gefährliche Augenentzündung der Neugeborenen, und wenn dieselbe sehr heftig ist, oder sonst nachtheilige Einflüsse auf dasselbe einwirken, so kann es ganz erblinden. Andere Veranlassungen zu dem frühzeitigen Erblinden geben außer mehren Ausschlags- krankheiten besonders die Masern, welche schon bei re- gelmäßigem Verlaufe die Augen angreifen und ein Ge- röthetsein, ein Thränen und Hitze derselben veranlassen. Durch Verletzungen und durch heftige Augenentzündun- gen kann in jedem Alter das Augenlicht erlöschen. 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Er wird von ehemaligen Freunden und Bekannten in Geschäften und Unterhal- tungen getrennt, daher kälter, nicht selten auch nach- lässig behandelt, und sieht sich verlassen zu einer Zeit, wo er ihrer Hülfe am meisten bedarf. Was Wunder, wenn ein solcher Unglücklicher trübsinnig, verlassen und mistrauisch wird und sich manchmal nachtheilige und harte Urtheile über Andere erlaubt! Ein Blinder hingegen, welcher das Augenlicht schon sehr frühe und zu einer Zeit verloren hat, wo er sich der sinnlichen Anschauung entweder gar noch nicht deut- lich bewußt war, oder wo diese wenigstens keine blei- benden Eindrücke bei ihm zurückließen, ist den Blind- geborenen gleich zu rechnen. Die Zeit, wo diese Ein- drücke bleibend werden, und also in den Zustand der Blindheit mit übergehen, hängt von der frühern oder spätern Verstandesentwickelung ab; doch finden sich bei Solchen, die vor dem zehnten Jahre blind werden, we- nige Spuren von deutlichem Bewußtsein ehemaliger An- schauungen. Ein solcher schließt sich innig einigen We- nigen an, die mit ihm gleich denken, oder die sich frei- willig ihm und seinem Schicksale widmen; die übrige Welt berührt ihn nur historisch. Was ihm Angeneh- mes widerfährt oder aufstößt, ist ihm gleichsam neu und unverwürzt, und macht ihm ein Leben lieb, an dessen ruhigen gleichförmigen Gang er von Jugend auf ge- wöhnt ist. Er vertraut Jedem, weil er selbst ohne Falsch ist, und weil er außerdem bei seinem Zustande sich jeden Augenblick dem Betrug ausgesetzt denken müßte. Ob im Allgemeinen der Blinde oder der Taub- stumme unglücklicher sei, läßt sich schwer bestimmen, da dies von dem innern Gefühle des Gebrechlichen abhängt. Fragt man sie selbst, so behauptet Jeder, daß er besser daran sei, als der Andere, und bemitleidet denselben, wiewol ihm selbst das Bejammern unangenehm ist. Zur Beantwortung der obigen Frage könnte man mit eini- gem Rechte anführen, daß bei Armuth die Taubheit, bei Reichthum die Blindheit erträglicher sei. Jst näm- lich der Blinde arm, so kann er verhältnißmäßig weni- ger erwerben, und hat doch mehr Bedürfnisse, z. B. das eines Führers; ist er reich, so kann er sich Vor- leser, Gesang, Tonspiel und erheiternde Umgebung ver-

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Zitationshilfe: Das Pfennig=Magazin der Gesellschaft zur Verbreitung gemeinnütziger Kenntnisse. Nr. 175. Leipzig (Sachsen), 6. August 1836, S. 254. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_pfennig175_1836/6>, abgerufen am 24.11.2024.