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Das Pfennig=Magazin der Gesellschaft zur Verbreitung gemeinnütziger Kenntnisse. Nr. 169. Leipzig (Sachsen), 25. Juni 1836.

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Das Pfennig=Magazin.
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Staat seinen ausgezeichneten Bürgern setzte, waren frei-
lich in Stoff und Form weit kostbarer; Privatleute aber
begnügten sich mit jenen einfachen Halbsäulen oder
Denksteinen, dergleichen unsere Abbildung zwei verschie-
dene vorstellt. Weit prächtiger ist das andere Grab-
monument, welches wir gleichfalls in der Abbildung ge-
ben, und welches das Museum im Louvre zu Paris
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aufbewahrt. Geschmack und Ausführung an diesem
kostbaren, jeodch nicht überladenen Bauwerke sind gleich
bewundernswerth. Der mittlere Kopf stellt das Haupt
der Gorgo vor, zwischen zwei Schwänen, deren Flügel
auf beiden Seiten des Kopfes stehen und zu diesem
selbst zu gehören scheinen. Weiter oben, auf beiden
Seiten des leergelassenen Feldes, sind Köpfe des Jupi-
ter Ammon mit dem Widderhorne. Unterhalb diesen
halten auf beiden Seiten zwei Adler Kaninchen in ihren
Fängen. Mit ungemeiner Leichtigkeit und Anmuth
sind die Blumenguirlanden gearbeitet, welche von den
Jupitershörnern herabhängen. Unter den Adlern in
zwei Feldern befinden sich Masken mit dem Augur-
stab. Zwischen diesen ist das Basrelief einer Meer-
göttin und dreier Genien, welche auf einem Delphin die
Fluten durchschwimmen, wahrscheinlich auf der Fahrt
nach den Inseln der Seligen begriffen: eine sinnvolle
Anspielung auf das Schicksal des Vollendeten. Der
Umstand, daß das Feld für die Inschrift leer ist, wie-
derholt sich auf sehr vielen alten Grabmälern und er-
klärt sich daraus, daß solche Kunstwerke nicht blos auf
[Spaltenumbruch] Bestellung, sondern auch zum Verkauf gemacht wurden,
wo dann natürlich das Feld leer blieb, um den Namen
Stand u. s. w. des Verstorbenen nachträglich eingraben
zu lassen

Die Römer nannten das gewöhnliche Grab, wor-
in der Todte selbst oder seine Asche lag, sepulcrum.
Die eigentlichen Grabmäler, oft mit ungeheurer Pracht
und außerordentlichem Aufwand errichtet, hießen monu-
menta, mausolea
. Viele waren aus parischem Mar-
mor gearbeitet, wenige hatten mehr als ein Stockwerk.
Das ausgezeichnetste, welches wir kennen, ist das des
Kaisers Hadrian in Rom. Die Pyramide des Cestius,
ebenfalls aus parischem Marmor erbaut, enthielt inwen-
dig ein mit kostbaren Malereien geziertes Gemach. Die
Grabschriften ( epitaphia ) der Römer pflegten im Allgemei-
nen länger zu sein, als die der Griechen. Auf densel-
ben waren Name, Stand, Titel u. s. w. des Verstor-
benen, auch sein Alter, mit großer Genauigkeit, bis
auf Monate und Tage verzeichnet. Die Jnschriften be-
gannen in der Regel mit den Buchstaben D. M. ( Diis
manibus
) , d. i. den Manen, den Todtengöttern des
Verstorbenen geweiht. Grabmäler, welche nur Monu-
mente waren, ohne daß der Leib oder die Asche des
Todten selbst darin enthalten war, nannte man Keno-
taphien; sie unterschieden sich in der Bauart nicht von
den eigentlichen Grabmälern. Reichere römische Fami-
lien hatten in ihren Wohnhäusern und Villen auch
Grabgewölbe ( Familiengrüfte ) , wo in ausgehauenen
Nischen die Urnen mit der Asche der verstorbenen Fa-
milienglieder beigesetzt wurden. Solche Gewölbe nann-
ten die Römer Columbaria, wegen der Ähnlichkeit, die
diese Nischen mit den Löchern hatten, in denen die
Tauben zu nisten pflegen. Auch gibt es antike Grab-
mäler mit den Bildnissen des Todten und seiner Fa-
milie, oft von großer künstlerischer Vollendung.



Der weiße Mohn und das Opium.

Mehre Pflanzen enthalten einen milchigen Saft, der
eine einschläfernde und betäubende Eigenschaft hat, die
besonders in dem Safte des weißen Mohns sehr
wirksam ist. Er liefert das Opium. Diese Pflanze
wird in mehren Gegenden Asiens, vorzüglich im
britischen Jndien, angebaut, gedeiht aber auch im
südlichen Europa, da sie leicht fortkommt und selbst
Kälte nicht scheut. Sie verträgt das Verpflanzen nicht
und muß daher dicker gesäet werden als sie wachsen
soll, da man die Beete später durch Ausjäten lichtet.
Jn Jndien wird der Same im October auf abgetheilte
kleine Beete gesäet, und die Pflanzen werden reichlich
begossen, bis sie acht Zoll hoch sind; später werden sie
sparsamer bewässert, bis die Zeit der Blüte nahet, wo
man sie wieder häufiger begießt und eine salpeterhaltige
Erde und Dünger auf die Beete streut. Wenn die
Samenkapseln halb reif sind, wird die Bewässerung
verstärkt und die Opiumernte beginnt. Jn jede Kap-
sel werden bei Sonnenuntergange zwei Einschnitte von
unten nach oben gemacht, die aber nicht in die Höhlung
der Kapsel eindringen dürfen. Diese Einschnitte werden
jeden Abend wiederholt, bis jede Kapsel sechs bis sieben
Wunden hat, worauf man dann den Samen zur Reife
kommen läßt. Früh am Tage wird der aus den Ein-
schnitten geflossene Saft von Frauen und Kindern ge-
sammelt und in irdene Gefäße gethan, in welchen man
ihn stehen läßt, bis er zu kugelförmigen, gegen vier
Pfund schweren Massen verhärtet ist, die man dann
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Das Pfennig=Magazin.
[Beginn Spaltensatz] [Abbildung]
Staat seinen ausgezeichneten Bürgern setzte, waren frei-
lich in Stoff und Form weit kostbarer; Privatleute aber
begnügten sich mit jenen einfachen Halbsäulen oder
Denksteinen, dergleichen unsere Abbildung zwei verschie-
dene vorstellt. Weit prächtiger ist das andere Grab-
monument, welches wir gleichfalls in der Abbildung ge-
ben, und welches das Museum im Louvre zu Paris
[Abbildung]
aufbewahrt. Geschmack und Ausführung an diesem
kostbaren, jeodch nicht überladenen Bauwerke sind gleich
bewundernswerth. Der mittlere Kopf stellt das Haupt
der Gorgo vor, zwischen zwei Schwänen, deren Flügel
auf beiden Seiten des Kopfes stehen und zu diesem
selbst zu gehören scheinen. Weiter oben, auf beiden
Seiten des leergelassenen Feldes, sind Köpfe des Jupi-
ter Ammon mit dem Widderhorne. Unterhalb diesen
halten auf beiden Seiten zwei Adler Kaninchen in ihren
Fängen. Mit ungemeiner Leichtigkeit und Anmuth
sind die Blumenguirlanden gearbeitet, welche von den
Jupitershörnern herabhängen. Unter den Adlern in
zwei Feldern befinden sich Masken mit dem Augur-
stab. Zwischen diesen ist das Basrelief einer Meer-
göttin und dreier Genien, welche auf einem Delphin die
Fluten durchschwimmen, wahrscheinlich auf der Fahrt
nach den Inseln der Seligen begriffen: eine sinnvolle
Anspielung auf das Schicksal des Vollendeten. Der
Umstand, daß das Feld für die Inschrift leer ist, wie-
derholt sich auf sehr vielen alten Grabmälern und er-
klärt sich daraus, daß solche Kunstwerke nicht blos auf
[Spaltenumbruch] Bestellung, sondern auch zum Verkauf gemacht wurden,
wo dann natürlich das Feld leer blieb, um den Namen
Stand u. s. w. des Verstorbenen nachträglich eingraben
zu lassen

Die Römer nannten das gewöhnliche Grab, wor-
in der Todte selbst oder seine Asche lag, sepulcrum.
Die eigentlichen Grabmäler, oft mit ungeheurer Pracht
und außerordentlichem Aufwand errichtet, hießen monu-
menta, mausolea
. Viele waren aus parischem Mar-
mor gearbeitet, wenige hatten mehr als ein Stockwerk.
Das ausgezeichnetste, welches wir kennen, ist das des
Kaisers Hadrian in Rom. Die Pyramide des Cestius,
ebenfalls aus parischem Marmor erbaut, enthielt inwen-
dig ein mit kostbaren Malereien geziertes Gemach. Die
Grabschriften ( epitaphia ) der Römer pflegten im Allgemei-
nen länger zu sein, als die der Griechen. Auf densel-
ben waren Name, Stand, Titel u. s. w. des Verstor-
benen, auch sein Alter, mit großer Genauigkeit, bis
auf Monate und Tage verzeichnet. Die Jnschriften be-
gannen in der Regel mit den Buchstaben D. M. ( Diis
manibus
) , d. i. den Manen, den Todtengöttern des
Verstorbenen geweiht. Grabmäler, welche nur Monu-
mente waren, ohne daß der Leib oder die Asche des
Todten selbst darin enthalten war, nannte man Keno-
taphien; sie unterschieden sich in der Bauart nicht von
den eigentlichen Grabmälern. Reichere römische Fami-
lien hatten in ihren Wohnhäusern und Villen auch
Grabgewölbe ( Familiengrüfte ) , wo in ausgehauenen
Nischen die Urnen mit der Asche der verstorbenen Fa-
milienglieder beigesetzt wurden. Solche Gewölbe nann-
ten die Römer Columbaria, wegen der Ähnlichkeit, die
diese Nischen mit den Löchern hatten, in denen die
Tauben zu nisten pflegen. Auch gibt es antike Grab-
mäler mit den Bildnissen des Todten und seiner Fa-
milie, oft von großer künstlerischer Vollendung.



Der weiße Mohn und das Opium.

Mehre Pflanzen enthalten einen milchigen Saft, der
eine einschläfernde und betäubende Eigenschaft hat, die
besonders in dem Safte des weißen Mohns sehr
wirksam ist. Er liefert das Opium. Diese Pflanze
wird in mehren Gegenden Asiens, vorzüglich im
britischen Jndien, angebaut, gedeiht aber auch im
südlichen Europa, da sie leicht fortkommt und selbst
Kälte nicht scheut. Sie verträgt das Verpflanzen nicht
und muß daher dicker gesäet werden als sie wachsen
soll, da man die Beete später durch Ausjäten lichtet.
Jn Jndien wird der Same im October auf abgetheilte
kleine Beete gesäet, und die Pflanzen werden reichlich
begossen, bis sie acht Zoll hoch sind; später werden sie
sparsamer bewässert, bis die Zeit der Blüte nahet, wo
man sie wieder häufiger begießt und eine salpeterhaltige
Erde und Dünger auf die Beete streut. Wenn die
Samenkapseln halb reif sind, wird die Bewässerung
verstärkt und die Opiumernte beginnt. Jn jede Kap-
sel werden bei Sonnenuntergange zwei Einschnitte von
unten nach oben gemacht, die aber nicht in die Höhlung
der Kapsel eindringen dürfen. Diese Einschnitte werden
jeden Abend wiederholt, bis jede Kapsel sechs bis sieben
Wunden hat, worauf man dann den Samen zur Reife
kommen läßt. Früh am Tage wird der aus den Ein-
schnitten geflossene Saft von Frauen und Kindern ge-
sammelt und in irdene Gefäße gethan, in welchen man
ihn stehen läßt, bis er zu kugelförmigen, gegen vier
Pfund schweren Massen verhärtet ist, die man dann
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Zitationshilfe: Das Pfennig=Magazin der Gesellschaft zur Verbreitung gemeinnütziger Kenntnisse. Nr. 169. Leipzig (Sachsen), 25. Juni 1836, S. 204. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_pfennig169_1836/4>, abgerufen am 10.06.2024.